Rheinisch-republikanische Volkspartei (RRVP)
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Separatistische, antipreußische Partei unter Franz Josef Smeets (gest. 1925), gegründet 1919 im Rheinland. Ihr Ziel war eine autonome Rheinische Republik. Seit Sommer 1923 gab es auch Ortsgruppen in der Pfalz, insgesamt hatte die Partei dort jedoch nur geringen Zulauf.
Entstehung und Ziele
Die Partei hat ihre Wurzeln in der Kölner USPD. Der damalige Parteisekretär Franz Josef Smeets (gest. 1925) versuchte, die Organisation auf einen separatistischen Kurs zu bringen, um eine autonome Rheinische Republik als Arbeiterstaat zu gründen. Nach Abstimmungsniederlagen trat Smeets mit seinen Anhängern aus der USPD aus und gründete im August 1919 den "Rheinlandbund", der mangels Erfolg Anfang 1920 in "Rheinisch-Republikanische Volkspartei" (RRVP) umbenannt wurde. Die anfänglich recht schwache Organisation agitierte vor allem in der Arbeiterschaft mit weitaus radikaleren Parolen als die Rheinische Volksvereinigung (RVV) Hans Adam Dortens (1880-1963), die sie als "reaktionär" betrachtete. Die Rheinisch-republikanische Volkspartei strebte einen neutralen, pazifistischen, sozialen und demokratischen Rheinstaat außerhalb des Deutschen Reichs an, weil nur so der preußische Militarismus zerschlagen werden könne. Bis 1923 brachte es die Organisation wie Dortens Rheinische Volksvereinigung auf einige Tausend Mitglieder. Ihr Zentralorgan war die in Köln erscheinende "Rheinische Republik".
Attentat auf Smeets
Die antipreußische Radikalität der Smeets-Partei wurde vor allem zu Beginn des passiven Widerstandes 1923 deutlich, als man in der Parteizeitung unter der Überschrift "Nur nicht gefackelt" (15.2.1923) den Besatzungsmächten "preußische Elemente" unter den Rheinlandbewohnern namentlich zur Ausweisung vorschlug. Die deutschen Behörden leiteten gegen Smeets ein Verfahren wegen Spionage ein. Wenige Tage danach, am 17. März 1923, wurde der Separatistenführer in seinem Kölner Büro niedergeschossen und schwer verletzt; sein Schwager starb bei dem Anschlag. Der Attentäter Hannes Miebach (1902-1934), ein junger Freikorpskämpfer, flüchtete nach München, wo er schließlich in der Organisation Consul (bzw. Bund Wiking) unterkam. Im Januar 1924 war Miebach Mitglied des Schießtrupps, der den pfälzischen Separatistenführer Franz-Joseph Heinz (1884-1924) in Speyer ermordete.
Spaltung der Partei
Schwer verletzt, konnte Smeets seine Partei kaum noch führen. Eine starke Fraktion der Volkspartei unter Führung des Aacheners Leo Decker verbündete sich am 1. Juli 1923 mit dem seit Frühsommer 1923 von Düsseldorf aus agitierenden Joseph Matthes (1886-1943) und dessen separatistischer Neugründung mit beachtlichem Zulauf, dem "Rheinischen Unabhängigkeitsbund". Am 15. August 1923 schloss sich mit dieser neuen Kraft auch Dortens Rheinische Volksvereinigung zur "Vereinigten Rheinischen Bewegung" zusammen. Smeets blieb mit dem Rest seiner Volkspartei auf Distanz. Seine Organisation spielte bei den separatistischen Putschen im Herbst 1923 nur eine geringe Rolle, allerdings trugen Smeets-Anhänger im Sommer 1923 die frühen Organisationsstrukturen der separatistischen Bewegung in der Pfalz. Smeets selbst starb am 25. März 1925 in Metz an den Spätfolgen des Attentats.
Die Rheinisch-republikanische Volkspartei in der Pfalz
In Kaiserslautern, Frankenthal und Ludwigshafen existierten mindestens seit Sommer 1923 Ortsgruppen der Rheinisch-republikanischen Volkspartei, die innerhalb der Erwerbslosenbewegung Anhänger rekrutierte. Noch eine Woche vor dem pfälzischen Putsch ab 5. November 1923 hatten 60 Volksparteiler aus Frankenthal und Ludwigshafen bei den rheinhessischen separatistischen Putsch-Aktionen teilgenommen. Die Ludwigshafener Gruppe um den 26-jährigen Oskar Bischoff näherte sich im Oktober 1923 der inzwischen in der Pfalz sich stark entfaltenden Rheinischen Volksvereinigung an und firmierte dann unter diesem Namen. Im Verlaufe des pfälzischen Separatistenputsches im November 1923 kam es aber zu einem Zerwürfnis, das zu zwei Morden an Mitgliedern der Ludwigshafener Gruppe führte.
Insgesamt hatte die Rheinisch-republikanische Volkspartei in der Pfalz sehr geringen Zulauf. Um so erstaunlicher ist es deshalb, dass die bayerische Abwehrstelle in Heidelberg noch am 2. November 1923 die Ludwigshafener Gruppe um Bischoff in einem Lagebericht mit der völlig übertriebenen Zahlenangabe von 7.864 Mitgliedern als die Zentrale des pfälzischen Separatismus bezeichnete und dabei die konkreten Putschvorbereitungen der zahlreichen Rheinische Volksvereinigung-Ortsgruppen nicht erkannte.
Literatur
- Gerhard Gräber/Matthias Spindler, Revolverrepublik am Rhein. Die Pfalz und ihre Separatisten. 1. Band: November 1918-November 1923, Landau 1992.
- Klaus Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung (1918-1933), Frankfurt am Main 1979.
- Matthias Spindler, Einer fiel aus dem Separatistennest. Schifferstadt und die Autonome Pfalz 1923/24, in: Schifferstadt. Geschichte und Geschichten, hg. von der Stadt Schifferstadt, Red.: Bernhard Kukatzki und Matthias Spindler, Schifferstadt 1998, 215-256. Hier finden sich genauere Informationen zu den Morden an den beiden RRVP-Männern.
Weiterführende Recherche
Empfohlene Zitierweise
Gerhard Gräber, Rheinisch-republikanische Volkspartei (RRVP), publiziert am 09.10.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Rheinisch-republikanische_Volkspartei_(RRVP)> (1.11.2024)