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Schilljugend, 1924-1933

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Emblem der Schilljugend. (aus: Flamberg, Heft 4, 1979, 117)
Organisation der Schilljugend (aus: Flamberg, Heft 1, 1927)
Portrait von Hanns Schumann, Gauleiter der bayerischen Schilljugend, 1925. (Flamberg, Heft 14, Juli 1988, 439)
Spielschar Ekkehard, Szenenbild "Der Morgen", nicht datiert. (aus: Flamberg, Heft 2, 1978, 42)

von Tessa Sauerwein

Wehrjugendverband, gegründet 1924 in Salzburg vom ehemaligen Freikorpsführer Gerhard Roßbach (1893-1967) unter dem Namen "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterjugend-Gruppe-Schill-Salzburg" in Erinnerung an den preußischen Major Ferdinand von Schill (1776-1809). 1927 spalteten sich die Freischar Schill und 1931 der Jungpreußische Bund ab. Bedeutung erlangte die Schilljugend als Wegbereiter der Hitlerjugend, denn sie fungierte zwischen Mai 1925 und Oktober 1926 als Ersatz für eine eigene Jugendorganisation der NSDAP. Unter vereinzeltem Protest österreichischer Führer wurde sie am 2. August 1933 aufgelöst und ihre Mitglieder in die Hitlerjugend (HJ) überführt. Ihre Laienspielgruppe "Ekkehard" konnte noch bis März 1934 auftreten.

Ausrichtung und Organisation

Die ideelle Basis der Schilljugend bildeten völkisch-nationale Ideen, verbunden mit einem exklusiven Selbstverständnis. Eine intendierte Militarisierung der Jugendlichen sowie die antisemitische und gegen den Weimarer Staat gerichtete Indoktrination deckten sich weitgehend mit der NS-Ideologie. Seit 1925 verlagerte sich die Ausrichtung der Schilljugend, die ab 1926 den Zusatz "e.V." führte, stärker in die bündische Richtung, nicht zuletzt durch Kontakte mit anderen Gruppen der Jugendbewegung (Adler und Falken, Artamanen). Zu ihren Aktivitäten gehörten neben paramilitärischen Übungen und Sport nun auch Wanderungen, Gruppenabende, die sog. Grenzlandarbeit und die "Ekkehard-Spiele", bei denen öffentlich Volkslieder und –tänze präsentiert wurden. 1929 erfolgte die Umbenennung in "Bund Ekkehard e.V. (Schilljugend)". 1932 kam mit dem Luftschutz ein neues Arbeitsgebiet hinzu.

Organisatorisch war die Schilljugend hierarchisch in Gaue mit Gauführern an der Spitze gegliedert, die direkt der Bundesleitung (mit Sitz in Salzburg, ab 1925 in Berlin) unterstanden. Während Gerhard Roßbachs (1893-1967) Exil in Salzburg (1923-1926), wohin er nach seiner Teilnahme am Hitler-Putsch geflüchtet war, leiteten 1925 der SA-Führer Edmund Heines (1897-1934) und ab August 1926 der spätere Führer der Freischar Schill, Werner Lass (1902-1999), die Schilljugend. Der Bund, v. a. aktiv im süddeutschen Raum, umfasste Mitte der 1920er Jahre insgesamt rund 1.000 Mitglieder. Diese waren in etwa 50 Ortsgruppen in Deutschland (davon zwölf in Bayern unter Hanns Schumann [1892-1963]) und Österreich organisiert. In der Folgezeit litt die Schilljugend wegen der Etablierung stärker populär ausgerichteter Wehrbünde (z. B. Großdeutsche Jugendbewegung [GDJB]) unter latentem Mitgliederschwund. Bis 1929 schrumpfte sie auf rund 250 Personen; die 1925 aus 30-40 Personen bestehende Münchner Ortsgruppe zählte Ende 1928 nur noch zwölf Mitglieder.

Die Schilljugend als Jugendorganisation der NSDAP

Nach dem gescheiterten Putschversuch 1923 in München stagnierte der Aufbau einer NS-Jugendorganisation und wurde 1925 ganz aufgegeben, als ihr ehemaliger Führer Gustav Adolf Lenk (1903-1978) am 6. Mai zurücktrat. Während der Verbotszeit der NSDAP existierten verschiedene Splittergruppen des Jugendbundes unter Decknamen weiter, die sich 1924 unter Kurt Gruber (1904-1943) zur GDJB formierten. Diese zunächst auf Sachsen beschränkte Bewegung unterstellte sich 1925 der neugegründeten NSDAP und konkurrierte mit mehreren Wehrjugendbünden um ihre Anerkennung. Dabei geriet die GDJB zunächst ins Hintertreffen, nicht zuletzt wegen ihrer Kontakte zu Lenk, dem die NSDAP-Führung kritisch gegenüberstand. An die Stelle einer eigenen Parteijugend trat deshalb vorerst die Schilljugend, die als "bedeutendste völkische Jugendorganisation in Bayern" (Rösch) Mitte der 1920er Jahre dabei auch vom legendären Ruf Roßbachs innerhalb des rechten Spektrums profitierten konnte. Am 6. Mai 1925 übertrug Adolf Hitler (1889-1945) ihrem kommissarischen Führer Edmund Heines die Zuständigkeit für alle Jugendangelegenheiten der NSDAP.

Der endgültige Schritt, die gesamte nationalsozialistische Jugend in der Schilljugend zusammenzuschließen, scheiterte an Grubers heftigem Widerstand und am bündisch-elitären Selbstverständnis Roßbachs, das mit dem Ziel der NSDAP auf Massenwirksamkeit nicht vereinbar war. Gruber setzte sich schließlich durch und wurde von Hitler im Oktober 1925 als Führer der nationalsozialistischen Jugendbewegung in Sachsen bestätigt. Obwohl die GDJB durch die Umbenennung in "Hitlerjugend" (HJ) im Juli 1926 zur offiziellen Parteijugend aufstieg, blieb die Schilljugend bis 16. Oktober formal ein Bestandteil der NSDAP.

Literatur

  • Bruce B. Campell, The Schilljugend. From Wehrjugend to Luftschutz, in: Wolfgang R. Krabbe (Hg.), Politische Jugend in der Weimarer Republik (Dortmunder Historische Studien 7), Bochum 1993, 183-201. (Überblick über Entwicklung und Organisation der Schilljugend)

Quellen

  • Flamberg, Monatszeitschrift der Schilljugend, München 1925-1929. (Publizistisches Organ der Schilljugend)
  • Flamberg, Stimme des Bundes Ekkehard e.V. (Schilljugend), Köln 1930.
  • Gerhard Roßbach, Mein Weg durch die Zeit. Erinnerungen und Bekenntnisse, Weilburg an der Lahn 1950. (Autobiographie)

Weiterführende Recherche

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Bund Ekkehard e.V.

Empfohlene Zitierweise

Tessa Sauerwein, Schilljugend, 1924-1933, publiziert am 09.10.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schilljugend,_1924-1933> (19.03.2024)