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Bund der Landwirte in Bayern (BdL), 1910-1924

Aus Historisches Lexikon Bayerns

(Weitergeleitet von Bund der Landwirte in Bayern (BdL), 1910-1924)
Titelblatt der Nr. 1 der bayerischen Sonderausgabe der Vereinsschrift "Bund der Landwirte" vom 7. Januar 1900

von Elina Kiiskinen

Fränkischer bäuerlich-protestantischer Interessenverband, gegründet 1893 im Zuge der bayerischen Bauernbundbewegung als Fränkischer Bauernbund. Die Bauernvereinigung schloss sich 1910 dem norddeutschen, der Konservativen Partei nahe stehenden Bund deutscher Landwirte an und beteiligte sich unter dem Namen "Bund der Landwirte in Bayern" mit einer eigenen Liste an den Wahlen. Nach dem Umbruch von 1918 bestand das eigenständige organisatorische Gefüge des BdL in Bayern zwar weiterhin, als Partei trat er bei den Wahlen jedoch nicht mehr an. Seine politische Vertretung fand er in der im November 1918 gegründeten national-konservativen Bayerischen Mittelpartei (DNVP in Bayern). 1924 wurde der Bund analog zur Entstehung des Reichs-Landbundes im Jahr 1921 als reichsweite Vereinigung des Bundes der Landwirte und des Deutschen Landbundes in "Bayerischer Landbund" umbenannt.

Entstehung der fränkischen Bauernbewegung - 1893 – Bayerischer Bauernbund 1895

In den 1860er Jahren entstanden in Bayern bäuerliche Vereinigungen, die die Wirtschaftsinteressen der Landwirte vertraten. Diese bäuerliche Versammlungstätigkeit verstärkte sich in den 1880er Jahren während der Agrarkrise, die in erster Linie durch den Abbau der Getreideeinfuhrzölle und die Getreideimporte der nordamerikanischen Agrarindustrie ausgelöst worden war. Hinzu kam, dass die Bauern mit der Politik des Bayerischen Zentrums unzufrieden waren. So entstanden zu Beginn der 1890er Jahre örtliche bäuerlich-politische Interessenvereinigungen. Neben dem Fränkischen Bauernbund wurden 1893 auch in Ober- und Niederbayern sowie in Schwaben Bünde der Landwirte und Gewerbetreibenden gegründet. 1895 schlossen sich diese Bauernbünde – der oberbayerische 1897 – zum Bayerischen Bauernbund zusammen, um vorzugsweise (klein)bäuerliche Interessen bei Wahlen geltend zu machen.

Entstehung des Bundes der Landwirte in Bayern 1910

Es gelang dem Bayerischen Bauernbund jedoch nicht, sich als Sprachrohr der bäuerlichen Interessen in Bayern durchzusetzen. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Flügeln und deren Führungspersönlichkeiten sowie aufgrund der ständig sinkenden Wahlergebnisse schieden die Franken 1910 aus dem Bayerischen Bauernbund aus. Teils gingen sie unter dem Namen "Bund der Landwirte in Bayern" zum ostelbisch-großagrarischen, antisemitisch geprägten, 1893 gegründeten Bund deutscher Landwirte über, teils zu dem den Liberalen nahe stehenden Deutschen Bauernbund. Vor allem der Bund der Landwirte profitierte von dieser Entwicklung und erzielte in den Reichstagswahlen von 1912 im protestantischen Franken örtlich erhebliche Gewinne. Während die Liberalen lediglich in den nördlichen Wahlkreisen Mittelfrankens ihre starke Stellung beibehielten, avancierte der BdL zur stärksten Partei der ländlich strukturierten Wahlkreise im südlichen Mittelfranken sowie in Oberfranken um Bayreuth und Kulmbach.

Bund der Landwirte und Gründung der Bayerischen Mittelpartei (DNVP in Bayern)

Luitpold Weilnböck (aus: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. 2. Band, Berlin 1931, 2006)

Nach 1918 kam die starke Stellung des Bundes der Landwirte im ländlichen Franken der Bayerischen Mittelpartei (BMP/DNVP) zugute. Bereits bei der Entstehung dieser deutschnational-konservativen Partei spielte die Bauernorganisation eine zentrale Rolle. So stammten mehrere wichtige Parteigründer und spätere Vorstände – unter anderen Friedrich Beckh (1843-1927) und Luitpold Weilnböck (1865-1944) – aus dem Bund der Landwirte. Darüber hinaus war die Mittelpartei vor der Gründung der Parteizeitung "Blätter der Bayerischen Mittelpartei" im Januar 1920 praktisch ohne eigenes Presseorgan und angesichts einer fehlenden eigenen Parteibasis organisatorisch wie finanziell weitgehend vom Bund der Landwirte abhängig. Bezeichnenderweise erschienen sowohl der Gründungsaufruf als auch das erste Parteiprogramm der Mittelpartei im BdL-Presseorgan "Bund der Landwirte im Königreich Bayern".

Bund der Landwirte und DNVP im Bayern der Weimarer Jahre -– eine spannungsgeladene Zusammenarbeit

Das parteipolitische Gewicht des Bundes der Landwirte innerhalb der Mittelpartei wurde selbst durch deren Anschluss an die Reichs-DNVP im März 1920 und die damit zusammenhängende Stärkung des städtisch-mittelständischen Parteiflügels nur um etwas verringert. Nach wie vor war die bayerische DNVP insbesondere in ländlichen Wahlkreisen Frankens, wo der Bund seine starke Stellung nach 1918 weiterhin beibehielt, vielfach gleichzusetzen mit dem Bund der Landwirte. Somit war die Stärke der Bauernorganisation durch die Weimarer Jahre hindurch kennzeichnend für die bayerische DNVP-Land- und Reichstagsfraktion: Durchgehend gehörten rund die Hälfte der bayerischen Mitglieder beider Fraktionen dem Agrarverband an. In Bayern stand und fiel die DNVP mit dem Bund der Landwirte.

Nachdem sich im Januar 1921 der Bund der Landwirte und der Deutsche Landbund auf Reichsebene zum Reichs-Landbund zusammengeschlossen hatten, benannte sich auch der Bund der Landwirte in Bayern 1924, nun als Landesverband des Reichs-Landbundes, in "Bayerischer Landbund" um.

Literatur

  • Johann Kirchinger, Die Bauern, ihre Verbände und der Staat. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Partizipation und Administration (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 186), Düsseldorf 2023.
  • Stephanie Merkenich, Grüne Front gegen Weimar. Reichs-Landbund und agrarischer Lobbyismus 1918-1933 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 113), Düsseldorf 1998.
  • Karl Möckl, Die Prinzregentenzeit. Gesellschaft und Politik während der Ära des Prinzregenten Luitpold in Bayern, München 1972.
  • Markus Müller, Die Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei 1928-1933 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 129), Düsseldorf 2001.
  • Elina Kiiskinen, Die Deutschnationale Volkspartei (Bayerische Mittelpartei) in der Regierungspolitik des Freistaats während der Weimarer Zeit (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 145), München 2005.
  • Dirk Gessner, Agrarverbände in der Weimarer Republik. Wirtschaftliche und soziale Voraussetzungen agrarkonservativer Politik vor 1933, Düsseldorf 1976.

Quellen

  • Bundesarchiv, Berlin: R 8001 (Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei).
  • Bundesarchiv, Berlin: R 8034 I-III (Reichslandbund).

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Elina Kiiskinen, Bund der Landwirte in Bayern (BdL), 1910-1924, publiziert am 31.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bund_der_Landwirte_in_Bayern_(BdL),-1910-1924 (19.03.2024)