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Reichsstatthalter, 1933-1945: Unterschied zwischen den Versionen

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Gemäß "Reichsstatthaltergesetz" vom 7. April 1933 war es Aufgabe der Reichsstatthalter, vor Ort "für die Beobachtung der vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen" (RGBl I 1933, 173). Neben diesem Auftrag waren den Reichsstatthaltern einige wenige Vollzugsaufgaben übertragen worden. Hierzu gehörten


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* die Ausfertigung und Verkündigung der Landesgesetze,
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== Empfohlene Zitierweise ==
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Bernhard Grau, Reichsstatthalter, 1933-1945, publiziert am 02.11.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <span class="url"><nowiki><http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Reichsstatthalter,_1933-1945></nowiki></span>  ({{CURRENTDAY}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})
Bernhard Grau, Reichsstatthalter, 1933-1945, publiziert am 02.11.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Reichsstatthalter,_1933-1945>  ({{CURRENTDAY}}.{{CURRENTMONTH}}.{{CURRENTYEAR}})


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Aktuelle Version vom 11. Dezember 2023, 12:54 Uhr

2. Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich, 7. April 1933 ("Reichsstatthaltergesetz"). (Reichsgesetzblatt 1933 I, 173)
Reichsstatthalter Franz Xaver Ritter von Epp, 1943. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv, hoff-950)

von Bernhard Grau

Zwischen 1933 und 1945 formal die obersten staatlichen Instanzen in den Ländern, die der Richtlinienkompetenz des Reichskanzlers Gehör verschaffen sollten. Damit dienten sie als Instrument zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich. Aufs Ganze gesehen vermochte der Reichsstatthalter in Bayern, Franz Xaver Ritter von Epp (1868-1947) diesem Anspruch allerdings nicht gerecht zu werden. In dem Bemühen, eigene Machtansprüche durchzusetzen, leistete er vielmehr einen erheblichen Beitrag zu dem für die NS-Zeit kennzeichnenden Kompetenzgerangel zwischen den führenden Organen in Staat und Partei. Da sich seine Befugnisse weitgehend auf Informations- und Mitwirkungsrechte beschränkten, unterlag er in Konflikten mit konkurrierenden Instanzen zumeist. So lebte seine Stellung mehr von der Repräsentation als von konkreten Exekutivfunktionen.

Die Reichsstatthalter als Schnittstellen zwischen Reich und Ländern

Mit den Reichsstatthaltern schufen die Nationalsozialisten unmittelbar nach der "Machtergreifung" einen neuen Behördentypus, der an der Schnittstelle zwischen Reich und Ländern angesiedelt war und sich nur schwer in die gängigen Raster der Verwaltungsorganisation einordnen lässt. Die Reichsstatthalter wurden auf Vorschlag des Reichskanzlers durch den Reichspräsidenten ernannt. Sie waren damit Reichsbehörden und vom Vertrauen der Landesparlamente unabhängig. Dennoch nahmen sie Funktionen wahr, die zu den genuinen Zuständigkeiten der Länder zählten.

Insgesamt wurden 22 Reichsstatthalter eingesetzt. Ihr Amtsbezirk entsprach fast durchweg der Unterteilung des Reichs in Länder. Zum Teil wurden aber auch mehrere kleine Länder zu einem Reichsstatthalterbezirk zusammengefasst. In aller Regel wurde das Amt dem jeweiligen Gauleiter in Personalunion übertragen. Nur in Preußen und Bayern war dies wegen der Größe des Zuständigkeitsbereichs nicht möglich. In Preußen übernahm Adolf Hitler (1889-1945) selbst die Funktionen des Reichsstatthalters, wobei er diese aber größtenteils auf den dortigen Ministerpräsidenten, Hermann Göring (1893-1946), zur Ausübung übertrug.

Aufgabenkreis und Zuständigkeiten

Gemäß "Reichsstatthaltergesetz" vom 7. April 1933 war es Aufgabe der Reichsstatthalter, vor Ort "für die Beobachtung der vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen" (RGBl I 1933, 173). Neben diesem Auftrag waren den Reichsstatthaltern einige wenige Vollzugsaufgaben übertragen worden. Hierzu gehörten

  • die Ernennung und Entlassung des Ministerpräsidenten und - auf Vorschlag des Letzteren - der Minister,
  • das Recht zur Auflösung des Landtags,
  • die Ausfertigung und Verkündigung der Landesgesetze,
  • die Ernennung und Entlassung der unmittelbaren Staatsbeamten, soweit diese bisher durch die Ministerien erfolgt war
  • sowie die Ausübung des Begnadigungsrechts.

Durch das zweite Reichsstatthaltergesetz vom 30. Januar 1935 (RGBl I 1935, 65) und die Auflösung des Landtags wurden diese Funktionen freilich zu reinen Mitwirkungsbefugnissen herabgestuft, wodurch der Reichsstatthalter zu einem reinen Aufsichtsorgan verkümmerte.

Die Einsetzung eines Reichsstatthalters in Bayern 1933

Die ehemalige preußische Gesandtschaft neben der Schackgalerie in der Münchener Prinzregentenstraße 9 wurde als Sitz des Reichsstatthalters genutzt. Postkarte um 1915. (Bayerische Staatbibliothek, Bildarchiv port-009484)

Der Ernennung des Reichsstatthalters ging in Bayern die Einsetzung eines Reichskommissars am 9. März 1933 voraus. Sie hatte ihre Ursache darin, dass sich die bayerische Regierung unter Heinrich Held (BVP, 1868-1938) standhaft weigerte, dem Druck aus Berlin nachzugeben und zurückzutreten. In dem seit der Zerschlagung der Münchner Räterepublik mit großer Popularität ausgestatteten General Franz Xaver Ritter von Epp (1927 BVP, seit 1928 NSDAP, 1868-1947) fanden die Nationalsozialisten eine geeignete Persönlichkeit, um bei der Bevölkerung Akzeptanz für die Machtübernahme im Land zu wecken. Kurze Zeit schien es so, als sollte Epp auch die Leitung der neuen bayerischen Regierung übernehmen. Dass ihm stattdessen am 12. April 1933 rückwirkend zum 10. April durch Paul von Hindenburg (1847-1934) das Amt des Reichsstatthalters übertragen wurde, kam unter machtpolitischen Gesichtspunkten einer Degradierung gleich.

Seinen Amtssitz hatte Epp kurzzeitig im Prinz-Carl-Palais. Schon Anfang August 1933 konnte er die etwas großzügiger bemessenen Räumlichkeiten der vormaligen preußischen Gesandtschaft in der Prinzregentenstraße beziehen.

Die strukturelle Schwäche des Reichsstatthalters in Bayern

Die Schwäche des Reichsstatthalters in Bayern hatte ihre Ursache nicht nur in seinen begrenzten Befugnissen, sondern beruhte auch auf der geringen Verankerung in der NSDAP. Diese hing damit zusammen, dass er nicht wie in den übrigen Ländern zugleich die Funktion eines Gauleiters bekleidete. Folge war, dass Epp nicht nur die Mitglieder der bayerischen Staatsregierung, sondern – in Gestalt der Gauleiter - zugleich sechs selbstbewusste Regionalfürsten sowie weitere Parteiführer gegen sich hatte. Einige dieser Parteigrößen hatten zugleich Ministerämter inne (Adolf Wagner, 1890-1944; Hans Schemm, 1891-1935) oder waren wegen ihrer Brutalität gefürchtet (Ernst Röhm, 1887-1934; Heinrich Himmler, 1900-1945; Julius Streicher, 1885-1946). Hinzu kam, dass Epp, der christlich-konservative Neigungen nie ganz zu verleugnen mochte, in der Partei als unsicherer Kantonist galt.

Josef Bürckel, Reichsstatthalter der sog. Westmark, Aufnahme um 1943. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-654)

Der Reichsstatthalter in der Westmark

Die schwache Position Epps als Reichsstatthalter in Bayern zeigte sich besonders deutlich 1941, als Josef Bürckel (1895-1944), Gauleiter in der Pfalz, ab 1935 im Gau Pfalz-Saar (1936: Saarpfalz) zum Reichsstatthalter der "Westmark" ernannt wurde. Letztere umfasste neben der Rheinpfalz und dem Saarland inzwischen auch das besetzte Lothringen. Da sich die Pfalz seit 1940 zwar administrativ immer stärker vom Mutterland gelöst hatte, staatsrechtlich aber weiterhin zu Bayern gehörte, amtierten in Bayern fortan zwei Reichsstatthalter nebeneinander.

Der Reichsstatthalter in Bayern als Bollwerk christlich-konservativer Werte

Dass Epp trotz des Kleinkriegs mit seinen Widersachern bis zum Ende des "Dritten Reiches" im Amt blieb, hatte er wohl allein seiner großen Popularität zu verdanken. Sie machte ihn als Aushängeschild in Bayern für die Nationalsozialisten unentbehrlich. Dies erlaubte es ihm auch, seine Stimme gegen die Auswüchse der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu erheben. So prangerte er nach der "Machtergreifung" die massenhafte Verhängung von "Schutzhaft" an und verwendete sich für einzelne Oppositionelle aus dem kirchlichen, dem bürgerlichen, ja selbst dem sozialdemokratischen Umfeld. Die Erfolge, die er dabei erzielte, waren freilich bescheiden. Die Verhältnisse in Bayern können deshalb als Beleg dafür dienen, dass das Amt des Reichsstatthalters zwar Prestige vermittelte, für sich gesehen aber wenige Ansatzpunkte zur Entfaltung einer starken Machtposition bot.

Das Ende des Reichsstatthalters in Bayern

In den letzten Kriegstagen hatte die "Freiheitsaktion Bayern" Kontakt zu Franz Xaver Ritter von Epp aufgenommen, doch konnte sich dieser nicht nicht dazu durchringen, den Aufständischen seine Stimme zu leihen. Nach Kriegsende wurde er festgenommen. Er starb schon wenig später in einem Münchner Internierungslager.

Mit dem Untergang des "Dritten Reichs" verschwanden auch die Reichsstatthalter von der Bildfläche. Der Charakter als NS-Sonderbehörde und die Schaffung einer föderalistischen Grundordnung verhinderten, dass das Amt in der Bundesrepublik in neuem Gewande wiedererstehen konnte.

Literatur

  • Bernhard Grau, Der Reichsstatthalter in Bayern: Schnittstelle zwischen Reich und Land, in: Hermann Rumschöttel/Walter Ziegler (Hg.), Staat und Gaue in der NS-Zeit. Bayern 1933-1945, München 2004, 129-169.
  • Volker Rödel, Die Behörde des Reichsstatthalters der Westmark, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 10 (1984), 287-319.
  • Katja Maria Wächter, Die Macht der Ohnmacht. Leben und Politik des Franz Xaver Ritter von Epp (1868-1946) (Europäische Hochschulschriften III 824), Frankfurt am Main 1999.

Quellen

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Bernhard Grau, Reichsstatthalter, 1933-1945, publiziert am 02.11.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Reichsstatthalter,_1933-1945> (1.11.2024)