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[[Datei:Krieger-denkmal.jpg|thumb|Foto des ersten bayerischen zum Gedächtnis der Schlacht in Lothringen, errichtet am 15. November 1914 auf dem Tinkelberg bei Saarburg (Rheinland-Pfalz). (Abgedruckt in: Das Bayerland vom 19. Dezember 1914)]] | [[Datei:Krieger-denkmal.jpg|thumb|Foto des ersten bayerischen Kriegerdenkmals zum Gedächtnis der Schlacht in Lothringen, errichtet am 15. November 1914 auf dem Tinkelberg bei Saarburg (Rheinland-Pfalz). (Abgedruckt in: Das Bayerland vom 19. Dezember 1914)]] | ||
Die Schlacht in Lothringen fand in der Anfangsphase des Ersten Weltkrieges, im August 1914 statt. Aufgabe der hauptsächlich aus bayerischen Truppenkontingenten bestehenden Armee war zunächst, möglichst viele französische Kräfte zu binden. Nach anfänglichen Erfolgen der bayerischen Truppen scheiterte ein weiterer Vorstoß an den starken französischen Befestigungsanlagen. | Die Schlacht in Lothringen fand in der Anfangsphase des Ersten Weltkrieges, im August 1914 statt. Aufgabe der hauptsächlich aus bayerischen Truppenkontingenten bestehenden Armee war zunächst, möglichst viele französische Kräfte zu binden. Nach anfänglichen Erfolgen der bayerischen Truppen scheiterte ein weiterer Vorstoß an den starken französischen Befestigungsanlagen. | ||
Version vom 12. August 2025, 15:04 Uhr

Die Schlacht in Lothringen fand in der Anfangsphase des Ersten Weltkrieges, im August 1914 statt. Aufgabe der hauptsächlich aus bayerischen Truppenkontingenten bestehenden Armee war zunächst, möglichst viele französische Kräfte zu binden. Nach anfänglichen Erfolgen der bayerischen Truppen scheiterte ein weiterer Vorstoß an den starken französischen Befestigungsanlagen.
Ausgangslage
In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg hatten sich die europäischen Großmächte in festen Bündnissystemen organisiert. Für das Deutsche Reich bedeutete das, dass es sich im Kriegsfall einem Zweifrontenkrieg mit Frankreich und Russland gegenüber sehen würde. Dieses Problem wollten die Militärplaner dadurch lösen, dass sie das Nebeneinander in ein Nacheinander verwandelten: Zuerst sollte im Westen, gegen Frankreich ein rascher Sieg erfochten werden, der es dann ermöglichen würde, Kräfte für die Auseinandersetzung mit Russland im Osten frei zu machen. Starke Festungen sicherten die französische Ostgrenze, so dass dort eine schnelle Entscheidung nicht zu erzielen war. Deshalb sollte der größte Teil des deutschen Heeres über Belgien und die Niederlande in Frankreich eindringen und so der französischen Armee in den Rücken kommen. Diese Idee hatte Alfred von Schlieffen (1833-1913, Chef des preußischen Großen Generalstabs 1891-1906) entwickelt. Sein Nachfolger Helmuth von Moltke (1848-1916) setzte sie in einen konkreten operativen Plan um, den er nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 zu verwirklichen versuchte. Von acht Armeen, die bei der Mobilmachung gebildet wurden, marschierten sieben im Westen auf. Die Armeen 1 bis 4 sollten den Weg durch Belgien und Luxemburg nehmen. Die Niederlande blieben ausgespart. Dort suchte man die Entscheidung. An der linken Flanke dieses "Schwenkungsflügels" behauptete die 5. Armee den "Drehpunkt" mit der Festung Metz.
Aufmarsch

Im Reichsland Elsaß-Lothringen marschierten die 6. und die deutlich kleinere 7. Armee auf. Die 6. Armee umfasste nahezu das gesamte bayerische Heer. Ihr Oberbefehlshaber war der bayerische Kronprinz Rupprecht (1869-1955) im Rang eines Generalobersten. Die tatsächliche Leitung der Operationen lag allerdings in der Hand seines Generalstabschefs, des Generalmajors Konrad Krafft von Dellmensingen (1862-1953). Dem Armeeoberkommando (AOK) 6 war auch die 7. Armee unterstellt. Die 6. Armee versammelte sich in dichter Massierung zwischen Metz und Saarburg, die 7. südlich davon bis zur Schweizer Grenze. Seit dem 13. August war die 6. Armee in ihrem vorgesehenen Aufmarschraum operationsbereit.
Es war eine Besonderheit des lothringischen Kriegsschauplatzes, dass er von starken Festungen umschlossen war: auf französischer Seite Toul und Épinal, auf deutscher Metz und Straßburg. Festungen waren nicht bloß passive betonierte Sperrwerke, sondern Stapelplätze für enorme Mengen von Kriegsgerät, insbesondere von schwerer Artillerie.
Die Aufgabe
Während die eigentliche Entscheidung im Norden erfochten werden sollte, war den Truppen südlich von Metz eine dienende Aufgabe zugewiesen. Sie sollten möglichst starke französische Kräfte binden und so verhindern, dass diese in den Norden verlegt werden konnten. Um einen passiven Feind zum Einsatz starker Kräfte zu zwingen, musste man ihn angreifen. Das entsprach auch der Neigung im AOK 6, zumal die deutsche Armee wie alle Vorkriegsarmeen dazu erzogen worden war, operative Aufgaben angriffsweise zu lösen. Eine solche Offensive sollte zusammen mit der 7. Armee unternommen werden. Diese aber hatte sich im südlichen Elsaß in schwere Kämpfe verwickeln lassen und benötigte Zeit zur Wiederherstellung ihrer Operationsfähigkeit.
Aus deutscher Sicht war eine französische Offensive in Lothringen hoch erwünscht, denn dadurch hätte sich die Bindung französischer Kräfte von selbst ergeben. Tatsächlich begann am 14. August ein solcher Angriff. Das führte zur sofortigen Einstellung aller Offensivabsichten auf deutscher Seite. Stattdessen zog sich die 6. Armee vorsichtig zurück, in der Hoffnung, den Gegner so in den Raum zwischen den Festungen Metz und Straßburg locken zu können, wo er sich in einer äußerst bedrohten Lage befunden hätte. Diese Gefahr, in einen "Sack" zu laufen, war dem französischen Oberkommando bewusst. Entsprechend bedächtig gestaltete sich der Vormarsch. Das passive Verhalten der Deutschen ermunterte ihren Gegner nicht zu rascherem Zugreifen, sondern machte ihn vorsichtig.
Der Schlag
Dem französischen Angriff fehlte der Nachdruck, was das AOK 6 nervös machte. Wenn sich die Armee vor einer Scheinoffensive schwacher Kräfte zurückzog, wären statt der feindlichen die eigenen starken Kräfte gebunden gewesen. In dieser Lage entschlossen sich Krafft und Rupprecht, zur Klärung der Lage selbst die Offensive zu ergreifen. Die Oberste Heeresleitung (OHL) hätte einen weiteren Rückzug bevorzugt, ließ dem "bayerischen" AOK aber ausdrücklich freie Hand. Am 20. August brach die deutsche Offensive los und warf die völlig überraschten Franzosen weit zurück. Das war ein Sieg, aber nur das, was die Militärs einen "ordinären Sieg" nannten, also ein bloßes frontales Zurückdrängen, das keine größeren operativen Folgen hatte.
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Aufmarsch der Truppen vor der Schlacht in Lothringen. (Abb. aus: Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen, Bd. 1, Lageskizzen, Blatt 1, a)
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Karte mit Truppenbewegungen vom 19. August 1914. (Abb. aus: Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen, Bd. 1, Lageskizzen, Blatt 1, d)
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Karte mit Truppenbewegungen vom 22. August 1914. (Abb. aus: Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen, Bd. 1, Lageskizzen, Blatt 1, e)
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Karte mit Truppenbewegungen vom 27. August 1914. (Abb. aus: Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen, Bd. 1, Lageskizzen, Blatt 1, g)
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Karte mit Truppenbewegungen vom 5. September 1914. (Abb. aus: Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen, Bd. 1, Lageskizzen, Blatt 1, h)
Der Angriffsentschluss des AOK 6 ist später scharf kritisiert worden. Es habe sich um eine "dynastische Luxusschlacht" (Eugen Bircher, 1927) gehandelt, begonnen, um dem Prestigebedürfnis der bayerischen Krone zu genügen. Dass solche Überlegungen den Entscheidungsprozess im AOK 6 beeinflussten, ist möglich. Schließlich erwartete man einen Erfolg der großen Offensive des rechten Heeresflügels, an der alle anderen Kontingente des Reichsheeres beteiligt waren – Preußen, Sachsen und Württemberger –, während die bayerische Armee zum Sieg nicht mehr beigetragen hätte als eine geglückte Rückzugsdefensive. Allerdings gab es auch militärische Gründe dafür, das Schattenboxen in Lothringen zu beenden und die Franzosen in ernsthafte Kämpfe zu verwickeln.
Stagnation
Nach gängiger militärischer Lehre musste sich an ein Zurückwerfen des Gegners eine energische "Verfolgung" anschließen, um den erzielten Erfolg auszubeuten. Das versuchten die Deutschen auch, stießen dabei aber auf starken Widerstand. Nach wenigen Tagen machten die Franzosen Halt und schritten ab dem 24. August ihrerseits zu heftigen Gegenstößen.
Die OHL entwickelte nun die Idee einer neuen großen Offensive in Lothringen mit dem Ziel, zwischen den französischen Festungen Nancy und Épinal vorzudringen, um so in den Rücken der französischen Front zu gelangen. Wie sich zeigen sollte, war das mit den bereits stark erschöpften Kräften nicht zu leisten. Inzwischen holten beide Seiten die schweren Geschütze aus ihren Festungen. An Munition herrschte vorläufig noch kein Mangel. In wenigen Tagen erfolgte eine radikale und dabei noch kaum verstandene Änderung der Kampfweise. Begonnen hatte der Feldzug in Lothringen als Bewegungskrieg, wie man sich ihn vor 1914 vorgestellt hatte. Rasch aber erzwang die Wirkung der modernen Waffen, insbesondere der Artillerie, das Eingraben der Infanterie. Es entwickelte sich ein Stellungskrieg, der in wenigen Tagen zur Materialschlacht eskalierte. So etwas geschah 1914 nur in Lothringen. Grund dafür waren die Festungen – nicht ihre eigentlichen Befestigungsanlagen, aber ihre Reserven an Geschützen und Geschossen. Diese waren ursprünglich dazu bestimmt, die Festung gegen einen Angreifer zu behaupten, der selbst über eine mächtige Artilleriemasse verfügte. Sie konnten aber auch aus der Festung entnommen und dem Feldkrieg zugeführt werden.
Beendigung der Schlacht
Die OHL drängte auf eine Fortsetzung der Offensive und verstand nicht, warum es trotz einer beispiellosen Artillerieausstattung nicht gelang, den französischen Widerstand zu brechen. Beim AOK 6 war man verärgert, weil die OHL offenbar nicht begreifen wollte, vor welchen Schwierigkeiten man in Lothringen stand. Gleichzeitig machte Krafft aber seinen unterstellten Korps Vorwürfe, weil es ihnen an "Angriffslust" fehlte. Als die Dinge nicht nach Plan liefen, brachen sogleich alte Vorurteile wieder auf: In der "preußischen" OHL bezweifelte man die militärische Tüchtigkeit der Bayern, und im "bayerischen" AOK klagte man über preußische Arroganz. Zudem wurde inzwischen die Artilleriemunition knapp.
Sowohl beim AOK 6 in Dieuze (Lothringen) wie bei der OHL in Luxemburg reifte die Erkenntnis, dass die Offensive einzustellen sei und die Truppen in haltbare Stellungen zurückgenommen werden müssten. Darin aber lag das Eingeständnis einer Niederlage, und das wollte weder das AOK 6 vorschlagen noch die OHL ausdrücklich befehlen. Die schwindenden eigenen Ressourcen und der hartnäckige französische Widerstand führten indes am 9. September beim AOK 6 zum Entschluss, den Angriff einzustellen. Beide Seiten zogen jetzt starke Kräfte aus Lothringen ab und verlegten sie in den Norden. Auch das AOK 6 gelangte nach Nordfrankreich, wo es für den Rest des Krieges bleiben sollte. Die Armee selbst wurde aufgelöst. Von den vier bayerischen Armeekorps behielt Rupprecht nur eines (I. Reservekorps), bekam dafür aber sechs nichtbayerische (vier preußische, ein sächsisches und das württembergische Armeekorps). Nur ein bayerisches Armeekorps blieb im Süden (III.). Zwei (I., II.) kamen zur 4. Armee nach Flandern.
Bilanz

Die Schlacht in Lothringen und den Vogesen war in gewisser Weise die letzte Schlacht der bayerischen Armee, denn nie wieder traten nahezu alle ihre Truppenteile vereint und unter bayerischem Oberkommando ins Gefecht. Zugleich war dies die größte bayerische Streitmacht, die jemals auftrat. Annähernd 300.000 bayerische Soldaten standen und kämpften in Lothringen und in den Vogesen.
Nie hat eine bayerische Armee in einer einzelnen Kampfhandlung größere Verluste erlitten. Ihre Höhe wurde nie genau festgestellt. Karl Deuringer (1879-1946) errechnete eine Zahl von 17.000 Gefallenen. Da auf einen Gefallenen statistisch etwa drei Verwundete kommen, kann von einem Gesamtverlust von annähernd 70.000 Mann ausgegangen werden. Diese Verluste betrafen vor allem die Infanterie, die ca. 60 % ihrer ursprünglichen Stärke einbüßte. Wer Kriegerdenkmäler bayerischer Dörfer besucht, wird dort meistens schon ein Todesdatum vor dem 9. September 1914 finden.
Literatur
- Daniel Burger, Die bayerische Armee im Kriegsjahr 1914, in: Krieg! Bayern im Sommer 1914 (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 56), München 2014, 73-94.
- Der Weltkrieg 1914-1918, bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande, Band 1, Die Grenzschlachten im Westen, Berlin 1925.
- Der Weltkrieg 1914-1918, bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande, Band 3, Der Marne-Feldzug von der Sambre zur Marne, Berlin 1926.
- Der Weltkrieg 1914 bis 1918, bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande, Band 4, Der Marne-Feldzug. Die Schlacht, Berlin 1926.
- Karl Deuringer, Die Schlacht in Lothringen und in den Vogesen. Die Feuertaufe der Bayerischen Armee, 2 Bände, herausgegeben vom Bayerischen Kriegsarchiv, München 1929.
- Konrad Krafft von Dellmensingen, Der Durchbruch. Studie an Hand der Vorgänge des Weltkrieges 1914‑1918, Hamburg 1937.
- Hermann Mertz von Quirnheim, Der Führerwille in Entstehung und Durchführung. Erläutert an den Vorgängen beim Gemeinsamen Oberbefehl in den Reichslanden August – September 1914, Oldenburg 1932.
- Thomas Müller, Konrad Krafft von Dellmensingen (1862-1953). Porträt eines bayerischen Offiziers, München 2002.
- Dieter Storz, "Dieser Stellungs- und Festungskrieg ist scheußlich!" Zu den Kämpfen in Lothringen und in den Vogesen im Sommer 1914, in: Hans Ehlert (Hg.), Der Schlieffenplan. Analysen und Dokumente (Zeitalter der Weltkriege 2), Paderborn u.a. 2006, 161-204.
- Dieter Storz, Kronprinz Rupprecht von Bayern – dynastische Heeresführung im Massenkrieg, in: Winfried Heinemann/Markus Pöhlmann (Hg.), Monarchen und ihr Militär, 2010, 45-57.
- Dieter J. Weiß, Kronprinz Rupprecht von Bayern (1869-1955). Eine politische Biographie, Regensburg 2007.
- Rudolf von Xylander, Deutsche Führung in Lothringen 1914. Wahrheit und Kriegsgeschichte, Berlin 1935.
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Empfohlene Zitierweise
Dieter Storz, Schlacht in Lothringen (1914), publiziert am 11.08.2025; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schlacht_in_Lothringen_(1914)> (5.12.2025)