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Würzburg, Hochstift: Verwaltung

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Rainer Leng

Da die starke territoriale Zersplitterung den Ausbau einer konsequenten Verwaltungsstruktur behinderte, entstand eine differenzierte Verwaltung des Hochstifts Würzburg erst ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert. Seit Beginn der Neuzeit gab es mit Kanzlei und Kammer unter der strengen Kontrolle von Bischof und Geheimen Rat zentrale Behörden für Gerichtswesen, Finanzen und weltliche Regierung, die die Territorialisierung vorantrieben und ständischen Einfluss zurückdrängten.

Mittelalter

Güterverzeichnis der Würzburger Domkustodie, 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts, in einer Augustinus-Handschrift des Domkapitels, zusammen mit einem Katalog der Dombibliothek um 1000 (UB Würzburg, M. p. th. f. 40, fol. 46v)
Urbar der Würzburger Dompropstei, um 1270, Verzeichnis der Mansen und Ämter. (Staatsarchiv Würzburg, Würzburger Standbücher 5, fol. 98r)

Über die Anfänge der Verwaltung des Hochstifts im Frühmittelalter sind kaum zuverlässige Aussagen möglich. Die Anfänge von Kanzlei und Urkundenwesen im 11. Jahrhundert zeigen, dass die Bischöfe anfangs noch regelmäßig auf die Schreiber der Klöster und Stifte zurückgriffen. Das Domstift mit der Kustodie und den ab dem 14. Jahrhundert belegten zentralen Institutionen Dompfortenamt, Präsenzamt und Bauamt wird die Aufgaben der zentralen Organisation getragen haben. Das älteste aus Franken erhaltene Besitzverzeichnis, ein Güterverzeichnis der Domkustodie aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, das in eine Augustinus-Handschrift des Domkapitels (samt Bibliothekskatalog) eingetragen wurde, zeigt die Überschneidung der Aufgaben, aber auch die Anspruchslosigkeit der Verwaltungsanforderungen bis in das Hochmittelalter (UB Würzburg, M. p. th. f. 40, fol. 46v).

Bei der dezentralen Verwaltung des Hochstiftsbesitzes traten bereits ab dem 11. Jahrhundert die Ministerialen hervor, die noch bis in das 14. Jahrhundert auch in zentraler Funktion als Urteiler am Landgericht und als Träger der Hofämter (bes. Küchenmeister und Bergmeister) belegt sind.

Eine beginnende Binnendifferenzierung ist mit der Scheidung der Archive in ein Domkapitelarchiv (am Domstift) und ein bischöfliches Archiv (auf dem Marienberg) zu beobachten. Die wohl bereits im späten 13. Jahrhundert vorgenommene Trennung wird aber erst im 15. Jahrhundert klarer erkennbar. Daneben führte auch das Landgericht als zentrales Gericht für höherrangige Streitsachen unter starkem bischöflichen Einfluss ein eigenes Archiv.

Im 15. Jahrhundert treten mit der in der Stadt Würzburg angesiedelten Kanzlei und Registratur zentrale Verwaltungsstrukturen deutlicher hervor. In mehreren Amtsbuchserien (Lehenbücher, Salbücher, Gebrechenbücher, Libri diversarum formarum) zeigen sich Ansätze einer verdichteten herrschaftlichen Verwaltung, der eine klare Ordnung jedoch noch fehlte.

Das älteste Würzburger Salbuch um 1470 mit Beschreibung der Rechte und Einnahmen des Hochstifts aus 18 Ämtern, hier Zinseinnahmen aus Seligenstadt und Euerfeld. (Staatsarchiv Würzburg, Würzburger Salbücher 1, fol. 112r)

Der als Lehen ausgegebene Besitz des Hochstifts wurde ab dem Beginn des 14. Jahrhunderts in Lehenbüchern systematisch verzeichnet. Der nicht verliehene und durch bischöfliche Amtsträger verwaltete Besitz wurde seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert in Ämtern zusammengefasst (ältestes Amt Karlstadt 1290). Durch Kauf und Ausübung des Heimfallrechtes bei gleichzeitiger Tendenz, geschlossene Amtsbezirke auszuformen, entstanden bis zur Anlage des ältesten Würzburger Salbuches 1470, das den ersten Versuch einer konsequenten Aufnahme von Einnahmen und Rechtstiteln des Hochstifts darstellte, insgesamt 18 Ämter (StA Würzburg, Würzburger Salbücher 1). Sie waren Anzeichen einer zunehmend im Ausbau begriffenen Territorialherrschaft und lösten den Lehensverband in seiner Bedeutung allmählich ab, ohne dass das Hochstift ganz auf lehnsrechtliche Bindungen insbesondere der Stiftsritterschaft verzichtete. In die Ämter wurden im Laufe des 15. Jahrhunderts die Dorfgerichte integriert oder doch zunehmend der Aufsicht des Amtmanns unterstellt. Territoriale Überschneidungen der Ämter und heterogene Aufgaben bei Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit konnten jedoch nicht gänzlich beseitigt werden.

Die Ämter des Hochstifts Würzburg im 14. und 15. Jahrhundert waren:

Nach Sprandel, Die Ritterschaft und das Hochstift Würzburg, 138-143 mit Ergänzungen von Dems., Die territorialen Ämter des Fürstbistums Würzburg, 46f.

Erste Bemühungen um die Intensivierung der Verwaltung sind mit dem Eintreten studierter Juristen in Verwaltung und Domkapitel zu beobachten. So wurden unter dem bischöflichen Protonotar Michael de Leone (gest. 1355) und dem Offizial Lupold von Bebenburg (gest. 1363 als Bischof von Bamberg) erste Sammlungen von Ordnungen, Polizeisätzen, Eiden, Formularen und Kapialbüchern der Rechte des Hochstifts (Liber Privilegiorum, 1346) angelegt. Die Formularsammlungen zeigen, dass geistliche und weltliche Angelegenheiten noch nicht getrennt waren. Noch unter Gottfried IV. von Limpurg (reg. 1443-1455) existierten lediglich ein Kanzler, ein Kanonikus als Protonotar, ein besoldeter weltlicher Rechtsgelehrter, sowie einige Sekretäre und Schreiber. Sie bildeten einen nicht streng abgeschlossenen bischöflichen Rat mit den Aufgabenfeldern Land- und Hofgericht, Finanzen und Kriegswesen.

Eine Trennung von Hochstifts- und Diözesanverwaltung ist schwerlich zu präzisieren. Zwar treten Institutionen der geistlichen Verwaltung mit den Offizialen früh hervor. Doch zeigt sich vor allem in den Aufgabenbereichen der bischöflichen Räte, dass geistliche und weltliche Angelegenheiten bis in das 15. Jahrhundert hinein nur wenig getrennt waren. Mit einer gewissen Übergangsphase wird jedoch zu rechnen sein, die spätestens mit Rudolf von Scherenberg (reg. 1466-1495) zum Abschluss kam. Ein unter ihm angelegtes Formularbuch seines Rates und Generalvikars Kilian von Bibra (gest. 1494) enthält ausschließlich geistliche Sachen. Spätestens nach der Umorganisation der Kanzlei unter Lorenz Fries (1491-1550) im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts gingen Hochstifts- und Diözesanverwaltung deutlich getrennte Wege.

Zeitgenössische Zeichnung eines Archivschranks nach der Neuordnung von Archiv und Kanzlei durch Lorenz Fries. (Staatsarchiv Würzburg, Ms 43)
Hohe Registratur des Lorenz Fries, hier die Einträge zu Jubach und Juchsheim sowie der Beginn des längeren Sachabschnitts zu den Juden. (Staatsarchiv Würzburg, Würzburger Standbücher 1011, fol. 408v/409r)

Neuorganisation der Kanzlei durch Lorenz Fries

Gegen Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeigte sich eine beginnende Differenzierung der Verwaltung. Die Kanzlei fungierte als oberste Verwaltungsbehörde. Sie umfasste die Ratsstube aus adeligen und nichtadeligen, geistlichen und weltlichen Räten, die aus Domkapitel, Stiftsritterschaft und bestallten Räten bestand, sowie die Schreibstube, in der ein Kanzler dem Gerichtsschreiber, Lehenschreiber, Gebrechenschreiber, Ratsschreiber, Registrator etc. vorstand. Daneben existierte schon die Kammer als eigenständige Finanzbehörde.

Die Hauptlast der schriftlichen Verwaltung trug bereits im Spätmittelalter die Kanzlei. Ihr bis heute im Staatsarchiv Würzburg in großer Fülle erhaltenes Schriftgut befand sich jedoch aufgrund der heterogenen Verwaltungsgenese zu Beginn der Neuzeit in einem geradezu chaotischen Zustand und erlaubte wegen der unübersichtlichen Anlage der Urkundenaufbewahrung und der diversen Amtsbuchserien keinen strukturierten Zugriff auf Rechts- und Einnahmetitel.

Eine Neuordnung von Archiv und Registratur ist Lorenz Fries zu verdanken, der Sekretär der Fürstbischöfe Konrad II. von Thüngen (reg. 1519-1540), Konrad III. von Bibra (reg. 1540-1544) und Melchior Zobel von Giebelstadt (reg. 1544-1558) war. Fries ließ nicht nur neue, sinnvoll gegliederte Urkunden- und Aktenschränke anfertigen, von denen noch Zeichnungen vorhanden sind, sondern schuf nach einer systematischen Durcharbeitung und Verzeichnung sämtlicher Amtsbuchbestände auch die dreibändige "Hohe Registratur" (StA Würzburg, Würzburger Standbücher 1011, 1012, 1014). Sie ermöglichte erstmals einen konzentrierten Zugriff auf den außerordentlich komplexen Bestand an Besitzungen und Rechten des Hochstiftes. Die Anlage erfolgte nach Orten in alphabetischer Reihenfolge, ergänzt durch sachthematische Einschübe zu rechts- und verfassungsgeschichtlichen Themen. Sie gestattet tiefe Einblicke in die Funktionsweisen von Archiv und fürstbischöflicher Kanzlei im Wandel vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit und stellt eine vorzügliche Quelle zur Entstehung des frühmodernen Territorialstaates dar. Ihre Bedeutung ist kaum zu überschätzen. Die "Hohe Registratur" setzte Archivwissen in aktive Politik um und bestimmte so den Grad der politischen Aktionsmöglichkeiten mit. Sie wurde bis in das 18. Jahrhundert fortgeführt, 1721 noch einmal kopiert und weiterbenutzt. Eine Edition der Hohen Registratur existiert nicht. Sie wird seit 2007 in einem Datenbankprojekt am Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte der Universität Würzburg erschlossen.

Verwaltung in der Neuzeit - Allgemein

Trotz der Neuorganisation der Kanzlei im 16. Jahrhundert und einer gesteigerten herrschaftlichen Verdichtung und Homogenisierung in zahlreichen Verwaltungsbereichen, die bereits unter Rudolf von Scherenberg spürbar wurde, existierte auch in der Neuzeit noch eine verwirrende Vielfalt hochstiftischer Behörden. Klare Abgrenzungen zwischen Verwaltungsaufgaben, Finanzen und Gerichtswesen waren oftmals nicht möglich. Die komplexe Genese und Struktur des historischen Raumes und seine territoriale Zersplitterung wirkten bis zum Ende des Hochstifts nach.

Gerichtswesen

Zu Beginn der Neuzeit war das Gerichtswesen noch durch eine kaum überschaubare Fülle von Dorfgerichten, Stadtgerichten, vogteilicher Gerichtsbarkeit der zahlreichen Klöster und Stifte und Sondergerichte geprägt. Erste Homogenisierungsbestrebungen wurden unter Rudolf von Scherenberg sichtbar, als den Ämtern des Hochstifts Aufsichtsrechte über lokale Gerichtsbarkeit bzw. eine eigene, mehrere lokale Gerichte zusammenfassende Aufsichtsfunktion zugeschrieben wurde. In der niederen Gerichtsbarkeit blieben jedoch heterogene Strukturen bis an das Ende des alten Reiches erhalten. Bei der Hochgerichtsbarkeit war dagegen eine intensivierte Neuordnung ab Julius Echter (reg. 1573-1617) zu beobachten. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts folgten alle Würzburger Zentgerichte einer einheitlich gehandhabten Strafrechtspflege. Konsequente Schriftlichkeit und Kontrollmechanismen förderten die Durchsetzung des herrschaftlichen Rechtes auf Strafverfolgung. Mit dem 17. Jahrhundert etablierte sich so ein moderner Obrigkeitsstaat mit öffentlichem Strafrecht.

Finanzverwaltung

Durch die zunehmende Zusammenfassung herrschaftlicher Rechts- und Einnahmetitel im Laufe des Spätmittelalters in den Ämtern, die Entschuldung des Hochstifts unter Rudolf von Scherenberg und die verbesserte Funktionsweise der Kanzlei im 16. Jahrhundert waren die Voraussetzungen für eine konzentriertere Finanzverwaltung geschaffen worden. Bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren Kanzlei und Schatzkammer getrennt. Spätestens seit 1550 existiert ein Hochfürstlich-würzburgisches Kammerdikasterium, aus dem sich das Hofkammerzahlamt entwickelte.

In den 53 Ämtern des Hochstifts liefen die Einnahmen aus Hochstiftsgütern, Abgaben, Zinsen, Zöllen etc. zusammen. Die Überweisungen der Ämter fielen dem Hofkammerzahlamt zu, das einem Domkapitular als Hofkammerpräsidenten unterstand. Die Behörde verfügte im 18. Jahrhundert außerdem über einen Hofkammerdirektor mit einem Consulenten, 16 Hofkammerräte, drei Sekretäre und ca. 60 Beamte. Sie führte eine eigene Kanzlei und vereinigte in sich weitere Unterbehörden (Akzisamt, Bauamt, Futteramt, Hofspital, Waagamt, Zollamt etc.). Aus den Einnahmen, die 1729-1744 zwischen ca. 250.000 und 650.000 Gulden schwankten, wurden der Unterhalt des Fürstbischofs, die Besoldung und Pension der Beamten, Hofhaltung und Gebäude bestritten. Seit Bischof Johann Gottfried von Guttenberg (reg. 1684-1698) führte das Hofkammerzahlamt eine eigene Kasse für die sog. Obereinnahme, der Schatzung, Quartier- und Servicegeld etc. zuflossen. Die jährlichen Einnahmen in Höhe von durchschnittlich 414.000 Gulden wurden vorwiegend zur Begleichung der Militärlasten aufgewendet.

Weltliche Regierung

Als Besonderheit des Hochstifts Würzburg kann die Nachrangigkeit politischer Leitungsgremien gelten. Zwar existiert bereits früh (erstmals 1260 nachweisbar) ein vom Domkapitel bestimmter "engerer Rat" aus Dompropst, Domdechant und zwei Kapitularen; mit dem "Runden Vertrag" vom 8. Januar 1435 wird für kurze Zeit ein ständisch besetzter Rat greifbar. Gottfried von Limpurg und Johann III. von Grumbach (reg. 1455-1466) mussten sich in Wahlkapitulationen verpflichten, Räte in unterschiedlicher Besetzung aus Domkapitel und Stiftsadel einzusetzen, die für geistliche und weltliche Sachen gleichermaßen zuständig waren. Ihr Einfluss blieb jedoch beschränkt. Eine Institutionalisierung des Rates tritt erst in den Kanzleiordnungen von 1506 und deutlicher 1526 hervor. Der anfangs täglich zusammentretende Rat bestand aus gelehrten und adeligen Mitgliedern und war ausschließlich für weltliche Angelegenheiten zuständig. Er blieb stets in die Kanzlei integriert oder bestand bestenfalls neben der Kanzlei. Die Mitglieder sind unter den Titeln bischöflicher Rat oder Hofrat greifbar. Der Rat tagte noch im 18. Jahrhundert (bestehend aus 13 adeligen und 13 gelehrten geheimen Räten) gelegentlich, trat gegenüber der Geheimen Kanzlei deutlich in den Hintergrund.

Über Verwaltung, Gerichtswesen und Finanzen etablierte sich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert als oberste weltliche Verwaltungsbehörde das Kabinett, auch Geheimes Referendariat oder Geheime Kanzlei genannt. Kabinettssekretär, Registraturverwalter, zahlreiche Kanzlisten (darunter bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch der Hofkanzler) gehörten ihr an. An der Spitze stand der Geheime Referendar, der in täglichen Berichten und Absprachen mit dem Fürstbischof Entscheidungen vorbereitete bzw. Weisungen an die Verwaltung zurückgab. Das Kabinett bzw. die Geheime Kanzlei bildete gegen Ende des alten Reiches das zentrale Organ, das in beständiger Nähe zum Fürstbischof auch über die oftmals verwirrende Struktur der Behörden hinweg die Entscheidungen des Regenten vorbereitete. Seine Funktion blieb dabei stets beratend. Zu einer regelrechten kabinetthaften Mitregierung gelangte es nie. Die letzte Entscheidungsbefugnis blieb stets dem Fürstbischof vorbehalten. Von seiner Persönlichkeit hing es ab, inwieweit er - oft in Zusammenarbeit mit dem häufig bürgerlicher Herkunft entstammenden geheimen Referendar - behördliche oder ständische Interessen berücksichtigte. Seit Julius Echter zeigt sich dabei regelmäßig das durchaus erfolgreiche Bestreben, Räte und Beamte ausschließlich vom Fürstbischof abhängig zu machen.

Archivüberlieferung und Forschungsstand

Zuständig für die archivalische Überlieferung der Verwaltung des 1802/03 säkularisierten Hochstifts Würzburg mit allen seinen Institutionen ist das Staatsarchiv Würzburg. Ihm fielen neben dem Schriftgut der Behörden, Ämter und Gerichte auch das des Domkapitels, der Stifte, Klöster und weiterer Institutionen zu. Maßgeblich sind insbesondere die Bestände Würzburger Urkunden (ca. 37.500) und Würzburger Lehenurkunden (ca. 1200), Würzburger Standbücher (ca. 1200 Bände), Rechnungen (ca. 40.600 Archiveinheiten), sowie die Würzburger Risse und Pläne (905 Stücke). Der Zweite Weltkrieg brachte erhebliche Verluste mit sich. Das nach Auslagerungen in der Residenz verbliebene Schriftgut wurde am 16. März 1945 vernichtet, ebenso die im Schloss Wässerndorf bei Seinsheim ausgelagerten Bestände. Die Verluste betreffen hauptsächlich frühneuzeitliches Aktenmaterial sowie Säkularisationsakten. Die noch vorhandene Überlieferung erlaubt insbesondere anhand der Amtsbuchserien sowie der Verordnungen einen guten Einblick in die weltliche herrschaftliche Verwaltung zu. Problematisch ist dagegen der nichtweltliche Bereich, da sämtliche 1803 dem bischöflichen Archiv (Manualakten) sowie der geistlichen Verwaltung zugeordneten Bestände im damaligen Bischöflichen Ordinariatsarchiv (ca. 6000 Urkunden und umfangreiche Amtsbuchserien) zusammen mit der Registratur des Ordinariats verbrannten.

Die Verwaltung des Hochstifts Würzburg ist relativ gut erforscht. Bei den dezentralen Strukturen in Ämtern und Ritterschaft ist die Historische Atlasforschung hervorzuheben sowie die Arbeiten von Rolf Sprandel. Die zahlreichen spätmittelalterlichen Besitzverzeichnisse sind in den Listen der Ubare von Bünz/Rödel/Rückert/Schöffler (1998) greifbar. Vereinzelt sind Salbücher und Lehenbücher in Editionen zugänglich. Die Datenbank zu den Lehnbüchern des Hochstifts Würzburg stellt weiteres Material zur Verfügung. Die Herausbildung zentraler Institutionen im späten Mittelalter bleibt dennoch weitgehend von Einzelbeobachtungen abhängig. Mit der Neuordnung der Kanzlei von Lorenz Fries und dem Hervortreten der Kanzleiordnungen ab dem 16. Jahrhundert bessert sich das Bild deutlich. Einen Überblick der Verwaltungsgeschichte über größere Zeiträume (1495-1642) bietet jedoch nur die Arbeit von Reuschling (1964, mit gutem Verzeichnis der ungedruckten Quellen für diesen Zeitraum). Für die Zeit danach liegen nur Arbeiten zu einzelnen Fürstbischöfen vor, die nicht selten größere Umstrukturierungen des Behördenapparats und des Amtspersonals vornahmen. Insgesamt zeigt sich auch eine gelegentlich einseitige Fokusierung auf die Gerichtsorganisation.

Literatur

  • Christiane Birr, Konflikt und Strafgerichtsbarkeit. Der Ausbau der Zentgerichtsbarkeit der Würzburger Fürstbischöfe zu Beginn der frühen Neuzeit (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Fallstudien 5), Köln 2002.
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  • Dieter Michael Feineis, Untersuchungen zur Finanz- und Wirtschaftsgeschichte des Hochstifts Würzburg im 18. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 49), Würzburg 1996.
  • Hildegunde Flurschütz, Die Verwaltung des Hochstifts Würzburg unter Franz Ludwig von Erthal (1779-1795) (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. IX. Reihe: Darstellungen aus der fränkischen Geschichte 19), Würzburg 1965.
  • Thomas Frenz, Kanzlei, Registratur und Archiv des Hochstifts Würzburg im 15. Jahrhundert, in: Gabriel Silagi (Hg.), Landesherrliche Kanzleien im Spätmittelalter (Münchener Beiträge zur Mittelalter- und Renaissanceforschung 35), München 1984, 139-146.
  • Thomas Heiler, Die Finanzen des Hochstifts Würzburg im 18. Jahrhundert, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 47 (1985), 159-189.
  • Friedrich Heinrich, Das fürstlich würzburgische Gebrechenamt. Ein Beitrag zur Organisation der Zentralbehörden im Hochstift Würzburg vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis zur Säkularisation, in: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg 68 (1929), 1-142.
  • Peter Johanek, Die Frühzeit der Siegelurkunde im Bistum Würzburg (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 20), Würzburg 1969.
  • Friedrich Merzbacher, Johann von Allendorf. Stiftspropst von St. Burkard und bischöflicher Kanzler (1400-1496). Ein Lebensbild aus dem spätmittelalterlichen Würzburg (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 11), Würzburg 1955.
  • Friedrich Merzbacher, Iudicium provinciale ducatus Franconiae. Das kaiserliche Landgericht des Herzogtums Franken-Würzburg im Spätmittelalter, München 1956.
  • Johanna Reimann, Die Ministerialen des Hochstifts Würzburg in sozial-, rechts- und verfassungsgeschichtlicher Sicht, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 16 (1964), 1-266.
  • Heinzjürgen Reuschling, Die Regierung des Hochstifts Würzburg 1495-1642. Zentralbehörden und führende Gruppen eines geistlichen Staates (Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte 10), Würzburg 1984.
  • Erwin Riedenauer, Ämter, Orte und Hintersassen im Hochstift Würzburg um 1530/ Riedenauer, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 55 (1993) 249-266.
  • Dieter Rödel, Das erste Salbuch des Hochstifts Würzburg. Agrargeschichtliche Analyse einer spätmittelalterlichen Quelle (Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte 13), München 1987.
  • Ernst Schubert, Die Landstände des Hochstifts Würzburg (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte XI, 22), Würzburg 1967.
  • Walter Schwaegermann, Der Staat der Fürstbischöfe von Würzburg um 1700, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 3 (1951) 330-335.
  • Hans Eugen Specker, Die Kanzleiordnung Fürstbischof Julius Echters von 1574, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 35/36 (1974), 275-317.
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  • Walter Ziegler, Würzburg, in: Anton Schindling/Walter Ziegler (Hg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. Land und Konfession 1500-1650 (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 52), Münster 1992, 98-126.

Quellen

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  • Wilhelm Engel, Urkundenregesten zur Geschichte der kirchlichen Verwaltung des Bistums Würzburg im hohen und späten Mittelalter (1136-1488) (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 9), Würzburg 1954.
  • Dieter Michael Feineis, Untersuchungen zur Finanz- und Wirtschaftsgeschichte des Hochstifts Würzburg im 18. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 49), Würzburg 1996.
  • Hermann Hoffmann, Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg. 2 Bände (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 25) Würzburg 1973.
  • Hermann Hoffmann, Das Lehenbuch des Fürstbischofs Albrecht von Hohenlohe. 2 Bände (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 33), Würzburg 1982.
  • Alfred Wendehorst, Tabula Formarum Curie Episcopi. Das Formularbuch der Würzburger Bischöfe von ca. 1324 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 13), Würzburg 1957.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Rainer Leng, Würzburg, Hochstift: Verwaltung, publiziert am 10.03.2010; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Würzburg,_Hochstift:_Verwaltung> (28.03.2024)