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Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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"Herzog Albrecht V. (1528-1579) von Bayern mit einem Löwen ", Gemälde von Hans Mielich (1516-1573), datiert 1556. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, 3846. (©KHM-Museumsverband lizensiert durch CC BY-NC-SA 4.0)

von Gerhard Immler

Die bayerische Verfassung von 1818 bestimmte die bis dahin entstandenen Kunst- und Büchersammlungen der Wittelsbacher zu unveräußerlichem Staatsgut. Im Rahmen der Neuregelung der Vermögensrechte von Staat und abgesetzter Dynastie wurden diese älteren Sammlungen der 1923 errichteten Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft überwiesen.

Der Ursprung

Herzog Albrecht V. von Bayern (1528-1579, reg. 1550-1579) verordnete als erster Wittelsbacher in seinem Testament, dass die von ihm gesammelten Kunstschätze und Bücher einen unteilbaren und unveräußerlichen Hausbesitz bilden sollten. Derartige Bestimmungen finden sich in der Folgezeit mehrfach in Testamenten bayerischer Herzöge bzw. Kurfürsten und auch in den im 18. Jahrhundert abgeschlossenen Hausunionen zwischen der bayerischen und pfälzischen Linie der Wittelsbacher.

Die Rechtslage nach der bayerischen Verfassung von 1818

Zitat des Titel III § 2 der Verfassung des Königreiches Bayern vom 26. Mai 1818. Zitiert nach: Gesetzblatt für das Königreich Bayern, München 1818, Sp. 111-112. Die Verfassungsurkunde gibt es als Digitalisat bei bavarikon. (Bayerische Staatsbibliothek 4 Bavar. 3021 ca-1818)

Diese Kunst- und Büchersammlungen bestimmte Titel III § 2 der Verfassungsurkunde vom 25. Mai 1818 als Bestandteil des "unveräußerliche[n] Staatsgute[s], welches im Falle einer Sonderung des Staats-Vermögens von der Privat-Verlassenschaft in das Inventar der letztern nicht gebracht werden darf"; diese Bestimmung betraf ausdrücklich u. a. "alle Sammlungen für Künste und Wissenschaften, ... die zum öffentlichen Gebrauche oder zur Beförderung der Künste und Wissenschaften bestimmt sind".

Dies galt für die zum Zeitpunkt der Verfassungsgebung vorhandenen Sammlungen, nicht für die später erworbenen, etwa die König Ludwigs I. (1786-1868, reg. 1825-1848), die dieser in einem eigenen Hausgutfideikommiss zusammenfasste. Auch für die so als Staatsgut bestimmten Kunstgegenstände ist jedoch der spezielle Staatsgut-Begriff der Verfassung zu beachten, der auf dem des "Haus- und Staatsfideikommisses" der Fideikommisspragmatik von 1804 beruhte (vgl. Beitrag: Abfindung der Wittelsbacher nach 1918).

Die Gründung der Stiftung

In den Verhandlungen über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach 1918 trafen sich die Interessen des Freistaats Bayern und der abgesetzten Dynastie: Der Freistaat wollte die Sammlungen für öffentliche Zwecke dauernhaft erhalten, Kronprinz Rupprecht (1869-1955), seit 1921 Chef des Hauses Wittelsbach, sah es in Treue zu den Dispositionen der bayerischen Herzöge und Kurfürsten als Verpflichtung an, diese Sammlungen ungeschmälert zu erhalten.

Aus diesen beiderseitigen Zielen ergab sich die Lösung, das Eigentum an den Sammlungen in eine Stiftung zu überführen. Daher bestimmte § 7 des Übereinkommens über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen Staat und ehemaligem Königshaus vom 24. Januar 1923, dass der Kronprinz auf die Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft übertragen werde:

  1. die familieneigene Handschriftensammlung der Hof- und Staatsbibliothek,
  2. die Gemälde aus der kurbayerischen Galerie,
  3. die aus der Düsseldorfer, Mannheimer und Zweibrücker Galerie stammenden Gemälde,
  4. die Schatzkammer,
  5. das Porzellankabinett,
  6. die zum Hausgut gehörigen Gegenstände des Bayerischen Nationalmuseums und der Staatlichen Münzsammlung,
  7. die Handzeichnungen der ehemaligen kurpfälzischen Sammlung.

Kronprinz Rupprecht kam der vertraglich eingegangenen Verpflichtung durch Errichtung der Stiftung mittels Urkunde vom 12. Mai 1923 nach.

Die Wittelsbacher Landesstiftung ist somit Eigentümerin der vor 1800 erworbenen Kunstschätze der Dynastie. Jüngere Kunstsammlungen, die auf den Hausgutfideikommiss König Ludwigs I. (1786-1868, reg. 1825-1848) zurückgingen und 1919 Privatbesitz der Wittelsbacher geworden waren, übergab Kronprinz Rupprecht dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds.

Zweck und Verwaltung der Stiftung

"Vier Apostel: Hl. Markus und Hl. Paulus", Gemälde von Albrecht Dürer (1471-1528), datiert 1526. (Bayerische Staatsgemäldesammlung - Alte Pinakothek München Inv. 540, lizensiert durch CC BY-SA 4.0)

Zweck der Stiftung ist die dauernde und ungeschmälerte Erhaltung der Sammlungsbestände. Die Verwaltung obliegt gemäß der Verwaltungsordnung vom 14. Juli 1923 einem Stiftungsvorstand aus drei Personen:

  • Ein Vertreter des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (ursprünglich: Staatsministerium für Unterricht und Kultus),
  • ein von diesem ernannter Museumsfachmann,
  • ein vom Chef des Hauses benannter Vertreter des Hauses Wittelsbach.

Die Wittelsbacher Landesstiftung ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Vergleichbare Stiftungen entstanden nach 1918 in verschiedenen deutschen Ländern, zum Beispiel die Coburger Landesstiftung. Die Stiftungsaufsicht führt das erwähnte Ministerium.

Da sämtliche Gegenstände des Stiftungsvermögens den staatlichen Museen und wissenschaftlichen Sammlungen zur Aufbewahrung anvertraut sind, tritt die Stiftung selbst in der Regel nur dann an die Öffentlichkeit, wenn über die Verlagerung oder Ausleihe prominenter Sammlungsgegenstände, etwa der "Apostel" Albrecht Dürers (1471-1528) aus der Alten Pinakothek oder des "Fränkischen Herzogsschwerts", zu entscheiden ist.

Literatur

  • Cajetan von Aretin, Vom Umgang mit gestürzten Häuptern. Zur Zuordnung der Kunstsammlungen in deutschen Fürstenabfindungen 1918-1924, in: Thomas Biskup/Martin Kohlrausch (Hg.), Das Erbe der Monarchie. Nachwirkungen einer deutschen Institution seit 1918, Frankfurt am Main/New York 2008,161-183.
  • Walter Ziegler, Das Testament Herzog Albrechts V. von Bayern (1578), in: Egon Johannes Greipl/Alois Schmid/Walter Ziegler (Hg.), Aus Bayerns Geschichte. Forschungen als Festgabe zum 70. Geburtstag von Andreas Kraus, Sankt Ottilien 1992, 259-309.
  • Reinhold Baumstark, Albrecht V. Der Renaissancefürst und seine Sammlungen, in: Alois Schmid/Katharina Weigand (Hg.), Die Herrscher Bayerns. 25 historische Portraits von Tassilo III. bis Ludwig III., München 2. Auflage 2006, 173-188.

Quellen

  • Verhandlungen des Bayerischen Landtags. III. Tagung 1922/23, Beilagen-Band XI, Beilage Nr. 3298.
  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, MF 71430.

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Gerhard Immler, Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft, publiziert am 24.07.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wittelsbacher_Landesstiftung_für_Kunst_und_Wissenschaft> (29.03.2024)