• Versionsgeschichte

Universität Dillingen (1551-1803)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Version vom 3. Februar 2022, 15:47 Uhr von imported>Schnupps (→‎Literatur)
Das Wappen der Universität Dillingen, 1580. Abbildung aus: Wilhelm Weiß, Chronik von Dillingen im Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg des Königreichs Bayern, Band 1, Dillingen 1861, 133. (Bayerische Staatsbibliothek, Bavar. 2866 m-1)

von Felicitas Söhner

In der Residenzstadt des Fürstbischofs von Augsburg, Dillingen, bestand von 1551 bis 1803 eine Universität. Aus dem 1549 von Otto Truchsess von Waldburg (reg. 1543-1573) gegründeten Collegium S. Hieronymi hervorgegangen, gilt sie als erste bestandsfähige Universitätsstiftung eines geistlichen Fürsten im deutschen Raum. Ab 1563 bis zur Aufhebung des Jesuitenordens 1773 erlangte sie weitreichende Bedeutung als erste voll ausgeprägte Jesuiten-Universität im Römisch-Deutschen Reich. Ihre Hauptaufgabe war die Ausbildung des klerikalen Nachwuchses und des katholischen Adels. Dadurch entwickelte sich die Universitätsstadt Dillingen im konfessionellen Zeitalter zu einem intellektuellen Zentrum der katholischen Reform. Eine weitere Blütezeit erlebte die Universität nach ihrer Reorganisation durch die Augsburger Fürstbischöfe im 18. Jahrhundert. Mit der Säkularisation wurde die Universität durch den Kurfürsten von Bayern aufgehoben, die theologischen Studien wurden in akademischen Nachfolgeorganisationen bis 1971 weitergeführt.

Vorgeschichte und Gründung (1549–1553)

Ansicht des Collegiums St. Hieronymus in Dillingen. Kupferstich von Daniel Manasser, 1861. (Bayerische Staatsbibliothek, port-003668)

Im Herbst 1549 stiftete der Augsburger Fürstbischof Otto Truchsess von Waldburg (reg. 1543-1573) mit Genehmigung des Papstes Paul III. (reg. 1534-1549) das Collegium ecclesiasticum S. Hieronymi in Dillingen, das seit 1537 fürstbischöfliche Residenzstadt war und nun zum geistigen Zentrum ausgebaut werden sollte. Zum Collegium gehörten neben der Hochschule auch ein Priesterseminar und ein Konvikt. Die bischöfliche Akademie sollte eine qualifizierte Priesterausbildung gewährleisten.

Papst Julius III. (reg. 1550-1555) erhob das Kollegium 1551 in den Rang einer Universität mit zwei Fakultäten und gewährte ihr die damit verbundenen Privilegien. Am 30. Juni 1553 bestätigte Kaiser Karl V. (reg. 1519-1556) die Rechte der Universität. Die feierliche Eröffnung zelebrierte am 21. Mai 1554 Abt Stephan Leuz (gest. 1557) des Klosters Heilig Kreuz von Donauwörth als Vertreter des vom Papst zur Promulgation beauftragten speyerischen Fürstbischofs Rudolf von und zu Frankenstein (reg. 1552-1560).

Die Universität Dillingen diente, wie viele andere Hohe Schulen ihrer Zeit, der Ausbildung von Theologen und juristischen Staatsdienern sowie des katholischen Adels. Die Idee lag darin, mit der neuen Universität in Dillingen im süddeutschen Raum ein Gegengewicht zu den sich zur Reformation bekennenden Universitäten zu bilden und die Ausbildung der Priester zu verbessern.

Frühzeit (1553–1563)

Bereits während der Errichtung des Collegium S. Hieronymi hatte Kardinal von Waldburg finanzielle Schwierigkeiten zu bewältigen. Als eine ausreichende Fundierung der Neugründung hatte der päpstliche Nuntius Alois Lippomanus (1500-1559) einen jährlichen Bedarf von 2.250 fl. ermittelt. Das Anliegen des Bischofs, das Augsburger Domkapitel in die Finanzierung einzubeziehen, konnte nicht realisiert werden. Die guten Beziehungen des Fürstbischofs zur päpstlichen Kurie ermöglichten eine Dotierung der Hochschule aus dem Ertrag mehrerer aufgelöster Klöster, was dem Collegium einen Grundstock von 1.400 fl. jährlich sicherte. Neben Zuschüssen des Kaisers und Spenden von Privatpersonen trugen die regelmäßig erhobenen Gebühren der Studenten zur Aufstockung der Finanzmittel bei. Die noch bestehende Finanzlücke bestritt der Fürstbischof aus seinem Privatvermögen.

In der Gründerzeit betrieben zunächst die Dominikaner unter Leitung des Theologen und kaiserlichen Beraters Pedro de Soto (1500-1563) die Universität. Sowohl die Finanzierung der Hohen Schule, als auch die Formulierung der Statuten und die Berufung der Professoren unterstanden ausschließlich dem Bischof. Die ersten Professoren stammten aus Spanien und von der Universität Leuven (Belgien). Neben Gründungsrektor de Soto gehörten zum ersten Lehrkörper Rektor Cornelius Herlenius von Rosenthal (Philosophie), Wilhelm Damasus Lindanus (ca. 1525-1588, Theologie), Sebastianus Solidus Guntianus (Philologie), Theodoricus Sprangius (gest. 1598, Philologie) sowie Hadrianus Besemerus (Philosophie). Die ersten philosophischen Promotionen fanden im Dezember 1555 statt. Sieben Kandidaten erhielten ihr Licentiat. Die erste theologische Promotion erfolgte im November 1558.

Universität und Jesuitenorden (1563–1773)

Um die starke Fluktuation der Professoren zu bremsen und einen durchgängigen Lehrbetrieb sicherzustellen, wandte sich der Fürstbischof auf Anraten von Pedro de Soto an den neuen Orden der Jesuiten. Dieser leistete vor dem Hintergrund der Reformation ein entscheidendes Engagement bei der Wiederaufrichtung und Festigung der katholischen Theologie und Glaubenspraxis im Sinne der vom Konzil von Trient (1545-1563) beschlossenen Reformen.

Im November 1563 übergab der Fürstbischof die Leitung der Universität und des mit ihr verbundenen Collegiums den Jesuiten. Ein Jahr später bestimmte der Ordensprovinzial Petrus Canisius (1521-1597) den Neffen des Augsburger Fürstbischofs, Heinrich Dionysius, zum neuen Rektor der Universität; von Rosenthal wurde ihr Gubernator. Damit war in Dillingen die erste voll ausgeprägte Jesuitenuniversität im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation entstanden. Diese orientierte sich nun weniger am Prinzip der universitären Selbstverwaltung, sondern an der straffen Organisation der Jesuiten. In erster Linie als Bildungsstätte für die Geistlichkeit verstanden, wurde 1585 von Papst Gregor XIII. (reg. 1572-1585) in den Räumen des Hieronymuskollegs ein päpstliches und 1614 von Bischof Heinrich von Knöringen (reg. 1599-1646) ein bischöfliches Alumnat eingerichtet. Die ersten Jesuiten, die Lehrstühle in Dillingen erhielten, waren Christoph Herrera (Philosophie), Hieronymus Torres (1527-1611, Scholastische Theologie), Alfons Pisanus (1528-1598, Theologie, Philologie) und Gregor de Valencia (1549-1603, Dogmatik, Kontroverstheologie).

Die Jesuiten hatten wesentliches Verdienst daran, dass sich die Universität Dillingen rasch zu einem katholischen Zentrum im süddeutschen Raum entwickelte. Als Ausbildungsort war Dillingen bekannt für seine strenge Disziplin und Religiosität; dort lernten weltliche Studenten wie Ordensangehörige. 1602 waren 75 Mönche aus 32 Klöstern immatrikuliert. Diese erlangten später häufig führende Positionen in ihren Klöstern und beeinflussten diese im jesuitischen Geist. Zu den weltlichen Studenten gehörten zahlreiche Angehörige adeliger Häuser, wie auch begabte Söhne bürgerlicher und bäuerlicher Familien. Der Einzugsbereich der Studierenden reichte im Süden bis nach Tirol, Vorarlberg und Graubünden, im Nordosten bis nach Polen. Die Anzahl der Studenten steigerte sich von 1562 bis 1605 von 300 auf 760; während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) sank diese erheblich. In ihren Extremwerten schwankte die Zahl der Studenten zwischen 67 (1646-1650) und 315 (1611-1615). So war die Zahl der Studierenden unmittelbar vor dem Krieg drei- bis viermal so hoch wie in Freiburg und phasenweise höher als Heidelberg.

Die Universität Dillingen bestand zunächst aus einer theologischen und einer philosophischen Fakultät. 1625 wurde die Universität durch eine Fakultät für Kirchenrecht erweitert, 1629 wurde eine Professur für Zivilrecht gestiftet. Das Fachgebiet entwickelte sich weiter bis zur Einrichtung einer juristischen Fakultät im Jahr 1743. Der Fächerkanon erweiterte sich wenige Jahre später auch durch eine medizinisch-chirurgische Abteilung, die sich aber nicht mehr zu einer vollgültigen medizinischen Fakultät entwickeln konnte.

Die Universität Dillingen wirkte im deutschsprachigen Raum als geistiges Bildungszentrum der Katholischen Reform, das eng mit der römisch-katholischen Kirche vernetzt war. Die Jesuiten entsandten in ihre Universitäten namhafte Professoren von internationalem Rang. Zu den in Dillingen wirkenden bedeutenden Gelehrten gehörten: Hieronymus Torres (Philosophie), Gregor de Valencia, Paul Laymann (1575-1635, Moraltheologie, Kirchenrecht), Franz Schmalzgrueber (1663-1735, Logik, Kanonisches Recht), Jakob Bidermann (1578-1639, Philosophie), Jakob Pontanus (1542-1626, Philologie) oder Christoph Scheiner (1573-1650, Astronomie). Mit ihrem hohen wissenschaftlichen Niveau galten die Bildungszentren Dillingen und Ingolstadt als "Bollwerk der Gegenreformation" (Söhner, Universität), was sowohl anerkennende als auch ablehnende Stimmen hervorrief.

Akademische Druckerei

Die pädagogischen Ziele der Universität wurden maßgeblich gestützt durch die Erzeugnisse der in Dillingen ansässigen Buchdrucker. 1560 erwarb Kardinal von Waldburg die Buchdruckerei von Sebald Mayer (gest. 1575), die dieser weiter als Pächter betrieb. 1568 übernahmen die Jesuiten die Druckerei, die ganz im Dienst der katholischen Reform gestellt wurde. Damit waren sie in der Lage, eigene Lehrbücher für ihre Ausbildungsstätten zu erstellen.

Die Dillinger Buchdrucker gehörten mit zu den traditionsreichsten Wirtschaftsunternehmen der Residenzstadt des Hochstifts Augsburg und waren mit einem erstaunlich weiten Kreis an Gelehrten, Publizisten, Mäzenen und Herrschenden vernetzt. Die international rezipierten Bücher aus Dillingen behandelten ein breites Spektrum in mehreren Sprachen - von theologischen und geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Abhandlungen bis hin zu Belletristik.

Unter den ältesten Ausgaben sind Werke des Gegenreformators und Dominikaners Johannes Fabri (1504-1558), des Jesuiten Petrus Canisius, des Jesuiten und Latinisten Jacobus Pontanus (1542-1626), des gegenreformatorischen Erbauungsschriftstellers Adam Walasser (gest. 1581), des Pastoraltheologen und Pädagogen Tobias Lohner (1619-1680) wie auch des Predigers Ignatius von Trauner (1638-1694) zu nennen. In der akademischen Buchdruckerei erschien eine Dillinger Ausgabe des Neuen Testaments in der Bearbeitung des Pariser Theologen Jean Benoit wie auch die erste im deutschen Sprachraum gedruckte Ausgabe der beliebten Welthistorie (1696) des Jesuiten Philippe Briet (1601-1668), die der Pariser Erstausgabe (1662) und der Ausgabe Venedig (1692) folgte.

Dillingen im Jahrhundert der Aufklärung (1740–1803)

Beeinflusst durch den Zeitgeist der Aufklärung setzte Fürstbischof Joseph von Hessen-Darmstadt (reg. 1740-1768) an der Universität Dillingen Neuerungen durch: So wurden Lehrkanzeln der Geschichte sowie des Natur- und Völkerrechts (1744) eingerichtet. Um dem Unterricht in der aristotelischen Physik durch die neue Experimentalphilosophie eine Ergänzung zu geben, wurden ein mathematisch-physikalisches Museum (1757) und ein Observatorium (1765) eingerichtet. Mit einem fürstbischöflichen Dekret (1745) forderte der Fürstbischof den Rektor und das Professorenkollegium zu Reformvorschlägen auf. Eine durchgreifende Reform fand allerdings erst während des Pontifikats seines Nachfolgers Clemens Wenzeslaus von Sachsen (reg. als Fürstbischof 1768-1803) statt. Dieser übernahm nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahr 1773 die Leitung von Universität und Gymnasium. Unter dem Einfluss seines Beraters und zeitweiligen Generalvikars Franz Heinrich Beck (1740-1828) leitete der Fürstbischof eine Epoche aufgeklärter Kultur- und Wirtschaftspolitik ein.

Kongregationssaal der ehemaligen Universität in Dillingen (Rokokoschmuck 1761-64). (Foto von Jkü lizensiert durch CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Im Oktober 1773 erließ der Fürstbischof ein Reskript zur Reorganisation der Universität nach dem Vorbild der Erlanger Universität. Nun stand an der Spitze der Universität ein Prorektor (nach dem Bischof als eigentlichem Rektor). Als erster bekleidete Christian Anton von Sichlern (1714-1799) dieses Amt. Zu den wesentlichen Aspekten der Neuorganisation gehörte die Ausrichtung der universitären Studien auf ihre Nutzung und Anwendbarkeit für staatlich-politischen Interessen des Hochstifts Augsburg. Die Hauptaufgabe einer "hohen Schule" wurde in der Ausbildung von Juristen, Geistlichen, Beamten und Ärzten gesehen. Die Reform war verbunden mit einer strengeren Bindung der Lehre an Lehrbücher und obrigkeitlichen Kontrolle des Lehrbetriebes. Der Fürstbischof betraute den Juristen Joseph Thomas von Haiden (1739-1813), einen führenden Vertreter der aufgeklärten Reformbewegung im Bistum Augsburg, mit der Aufsicht der Dillinger Universität.

Die 1786 verfassten neuen Statuten enthielten insbesondere Neuerungen zu Studienplan und personellen Neubesetzungen mit den Professoren Joseph von Weber (1753-1831, Naturwissenschaft), Patritius Benedikt Zimmer (1752-1820, Dogmatik) und Johann Michael Sailer (1751-1832, Theologie). Die "Haidensche Reform" trug bei zu einer Lockerung bislang strenger Strukturen und stärkte die Eigenständigkeit der Fakultäten. An sämtlichen Fakultäten wurden Dekanate eingerichtet, die im jährlichen Wechsel besetzt wurden und das Recht zur Ausübung der Disziplinargewalt auf unterster Ebene erhielten. Während die Lehre bislang überwiegend auf Latein vorgetragen wurde, ging nun eine Reihe der Dozenten zur deutschen Sprache über, was zu großen Kontroversen führte.

1778 wurde an der Universität des Hochstifts ein Lese-Institut eingerichtet, in dem die Studenten mit Hilfe naturwissenschaftlicher und philosophischer Kenntnisse im Erfassen von Sachverhalten und Verfassen von Dokumenten und Urteilen ausgebildet wurden.

Um für das Gesundheitswesen qualifiziertes Personal zu rekrutieren und die Ausbildung der Hebammen und Wundärzte im Hochstift Augsburg zu verbessern, ließ der Fürstbischof 1778 ein medizinisch-chirurgisches Institut einrichten. Berufene Professoren waren Georg von Hößle (1746-1807, Pharmazie) und Franz Joseph Hofer (1745-1794, Anatomie, Chirurgie). Im März 1780 fand die erste Promotion zum Doktor der Medizin statt. Die beiden hatten sich dazu verpflichtet, nach Vorbild der Hohen Karlsschule in Stuttgart (Baden-Württemberg) Lehre in der Geburtshilfe anzubieten.

Einer anfänglichen Nähe zum Geist der Aufklärung und den daraus erwachsenen pädagogischen und kulturellen Anstrengungen folgte deren Rücknahme unter dem Eindruck der Französischen Revolution. So endete die öffentliche Nutzung und Anwendung des literarischen Fundus der Lesegesellschaft per fürstbischöflichem Dekret im Jahr 1792. Die Aufgeschlossenheit des Herrschers gegenüber einem gemäßigt-aufklärerischem Kurs wich zunehmend restaurativen Tendenzen. Dies führte nicht zuletzt zur Entlassung der reformorientierten Professoren um Johann Michael Sailer im November 1794.

Clemens Wenzeslaus ordnete eine Untersuchungskommission zur Kontrolle der Dillinger Universität an, die als Entscheidungsgrundlage für sein "Regulativ" im September 1793 diente. Gerade erst errungene Freiheiten, wie die Lektüre nichtreligiöser Literatur oder die Lehre in deutscher Sprache wurden nun streng reglementiert. Das Amt des Provikars wurde aufgehoben. Die Angelegenheiten der Universität unterstanden nun dem Generalvikar, Johann Nepomuk August Ungelter von Deisenhausen (1731-1804). Dieser veranlasste in den folgenden Jahren weitere Visitationen (1795, 1796, 1799), ein Zeichen der verstärkten Kontrolle des Universitätsbetriebs.

Gleichzeitig befand sich die Universität in prekärer finanzieller Lage. Der Besitz, der sich größtenteils in auswärtigen Territorien befand und bis zur Auflösung der Jesuiten als Grundlage für die laufenden Einkünfte diente, wurde nach intensiven Verhandlungen den jeweiligen Landesherren zugesprochen. Eine Kompromisslösung ließ lediglich einen Teil der daraus erzielten Einkünfte und Zinsen der Universität zufließen. Im Herbst 1798 verhandelte der Fürstbischof mit dem Benediktinerorden in der Absicht, die Universität an deren Kongregation zu übertragen; eine rasch gebildete Kommission kam zu dem Schluss, dass an eine einfache Lösung nicht zu denken sei. Auch die Verhandlungen im folgenden Jahr (1799) mit dem noch jungen Orden der Fideisten kamen zu keinem positiven Ergebnis.

Säkularisation und Nachfolge (nach 1803)

Als infolge der Säkularisation das Hochstift Augsburg an Bayern fiel, stand das Ende der Universität bevor. Kurfürst Maximilian IV. Joseph (reg. 1799-1825, ab 1806 als König) hob im Zuge einer völligen Neuordnung des Bildungswesens im November 1803 die bisherige Universität auf und wandelte sie 1804 in ein Lyzeum von akademischem Rang um, das bis 1849 mit dem Gymnasium organisch verbunden blieb. 1923 erfolgte die Umbenennung des Lyzeums in "Philosophisch-Theologische Hochschule". Diese Hochschulen wurden 1959 durch die neuen Satzungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus den bayerischen theologischen Fakultäten angeglichen und verselbständigt. Am 27. Februar 1971 endete der Lehrbetrieb an der Dillinger Hochschule zugunsten des katholisch-theologischen Fachbereichs an der neu gegründeten Universität Augsburg. Am 31. Oktober 1973 löste das Kultusministerium die Hochschule endgültig auf. In den Gebäuden befindet sich seitdem die 1971 gegründete "Akademie für Lehrerfortbildung" (seit 1996 "Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung").

Quellenüberlieferung und Forschungsgeschichte

Ehemalige Universitätsbibliothek (um 1738) in Dillingen. (Bayerische Staatsbibliothek, H.-R. Schulz)

Die Überlieferungen, die über die Geschichte des Collegiums Hieronymi wie der Universität Dillingen und ihrer Fakultäten Auskunft geben, befinden sich in erster Linie in der Studienbibliothek Dillingen, im Archiv des Bistums Augsburg, in der Bibliothèque Cantonale et Universitaire Fribourg und in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Sowohl Quellenüberlieferung als auch Forschungsstand lassen sich als sehr gut einordnen.

Die Handschriften, Inkunabeln, Frühdrucke und Drucke, die in den verschiedenen Bibliotheken Dillinger Institute und Klöster zur Verfügung standen, liegen überwiegend vor im Bestand der heutigen Studienbibliothek Dillingen. Der Bücherbestand der ehemaligen Universität Dillingen enthält viele hochrangige, meist handschriftliche Dokumente, die einen sich über Jahrhunderte erstreckenden Einblick in die Abläufe der universitären Lehre und die verwaltungstechnischen Gepflogenheiten geben und auch wertvolle Informationen über die dort lehrenden und studierenden Personen liefern. In drei Sammelbänden sind dort Einblattdrucke, die den Studienbetrieb betreffen, vereinigt: Es handelt sich um Promotionskataloge, Gratulationsgedichte, Lektionskataloge und Thesenblätter. Sie decken den Zeitraum von etwa 1555 bis 1760 ab. Eine Besonderheit ist, dass das Tagebuch, das vom jeweiligen Rektor geführt worden ist, lückenlos für die Jahre von 1551 bis 1716 erhalten ist. Dies ermöglicht wertvolle Einblicke in den Studienablauf. Wesentliche offizielle Dokumente (Bulle, Privileg, Statuten, Taxordnungen der Universität) sind, geschrieben oder gedruckt auf Pergament, ebenfalls in einem Sammelband vereinigt. Als wichtiges Hilfsmittel für verwaltungstechnische Abläufe sind erhalten das Formularbuch für Zeugnisse, Erlasse und Bekanntmachungen, das die Jahre von 1572 bis 1631 umfasst, sowie der Sammelband mit Gebührenordnungen, Erlassen, Bekanntmachungen und Statuten für die Jahre von 1598 bis 1699. Eine historische Auseinandersetzung mit der Frühphase der Hohen Schule setzt 1784 mit einem Beitrag des Historikers Johann Georg Meusel (1743–1820) ein.

Materialien zur Geschichte der ehemaligen Universität erscheinen erstmals 1821 posthum, verfasst vom Theologen und Historiker Franz Dionys Reithofer (1767–1819). Auf der umfassenden Materialsammlung der ehemaligen Universitätsbibliothek aufbauend setzt sich 1833 der Theologe und Bibliothekar Lorenz Stempfle (1798–1844) mit der Gründung der Universität und ihrer ersten Blütezeit auseinander. Joseph Haut befasst sich darauf basierend 1854 mit der Geschichte der königlichen Studien-Anstalt in Dillingen. Der Universitätshistoriker Ewald Horn (1856–1923) untersucht 1897 im Rahmen seiner Studien zu einer Bibliographie der deutschen Universitäten die Promotionen an der Dillinger Universität von 1555 bis 1760.

Karl M. Mayer, Priester und Mitglied des Historischen Vereins Dillingen, stellt 1896 die Reihe Rektoren der Universität Dillingen im ersten Jahrhundert ihres Bestehens vor. Der Bibliothekar und Theologe befasst sich über mehrere Jahre mit zahlreichen Aspekten der Geschichte der ehemaligen Universität, wie deren Privilegien (1895), ältesten deutschen Statuten (1897), der geplanten Überlassung an die Orden der Benediktiner und Fideisten (1898), den Rektoren (1899) oder dem königlichen Lyzeum (1904). Diese Beiträge erscheinen in den Jahrbüchern des Historischen Vereines Dillingen. Einen gesamten Überblick über die Geschichte der Universität von 1549 bis 1804 und der mit ihr verbundenen Lehr- und Erziehungsanstalten (1902) und die Matrikel der Universität (1909–1915) veröffentlicht Thomas Specht (1847-1918) in gesonderten Bänden.

Die Erforschung der Geschichte Dillingens erfuhr in den Nachkriegsjahren erneute Aufmerksamkeit; Beiträge befassten sich mit zeitgeschichtlichen Prozessen während der Gründung der Dillinger Universität, der Rolle von Petrus de Soto als Mitbegründer der Universität sowie der Pflege der Bibelwissenschaft an der ehemaligen Universität.

Friedrich Zoepfl (1885–1973) publizierte unter anderem einen Beitrag zur institutionellen Entwicklung der Universität Dillingen (1965) sowie zur Funktion des Fachs 'Geschichte' an ihren Nachfolgeeinrichtungen (1972). Auch ehemalige Schüler und Studierende aus Dillingen, wie Franz Machilek (geb. 1934) und Andreas Kraus (1922–2012) behandeln die historische Rolle der Universität Dillingen. Laetitia Boehm (1930–2018) und Rainer A. Müller (1944–2004) befassten sich im Rahmen ihrer Studien zur Geschichte der katholischen Universität Ingolstadt mit deren Verhältnis zu Dillingen.

Auf den Vorarbeiten von Specht aufbauend beschreiben Adolf Layer (1920–1984), Hans Böhm (1921–1982) und Peter Rummel (1927–2014) die Geschichte und Rolle der Universität. 1999 befasst sich eine Jubiläums-Festschrift, herausgegeben von Rolf Kießling (1941–2020), mit Stationen und Aspekten der Universität Dillingen und ihrer Nachfolger. In jüngerer Vergangenheit wurden neben einzelnen wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten vor allem einzelne Teilinstitutionen wie die geplante medizinische Fakultät oder fachliche Diskurse wie naturphilosophische Kontroversen des 17. Jahrhunderts in den Blick genommen. Mit der Bibliographie zur Dillinger Hochschulgeschichte (2014) bietet Rüdiger May (geb. 1961) einen ausführlichen Blick in die verfügbaren Publikationen und damit eine wertvolle Grundlage zur historischen Beschäftigung mit der Geschichte der ehemaligen Universität Dillingen.

Literatur

  • Laetitia Boehm, "Usus Dilingae" – Modell oder Ärgernis? in: Pankraz Fried (Hg.), Probleme der Integration Ostschwabens in den bayerischen Staat, Sigmaringen 1982, 245-268.
  • Ewald Horn, Die Promotionen an der Dilinger Universität von 1555–1760, in: Zeitschrift für katholische Theologie 21 (1897), 448-475.
  • Rolf Kießling (Hg.), Die Universität Dillingen und ihre Nachfolger, Dillingen 1999.
  • Adolf Layer, Universität und Stadt Dillingen, in: Erich Maschke/Jürgen Sydow (Hg.), Stadt und Universität im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, Sigmaringen 1977, 84-98.
  • Rüdiger May, Bibliographie zur Dillinger Hochschulgeschichte. Universität – Lyceum – Philosophisch Theologische Hochschule, Dillingen 2014.
  • Rainer A. Müller, Wirtschaftliche und soziale Probleme der Geschichte der Universität Dillingen im 1. Jahrhundert ihres Bestehens, in: Pankraz Fried (Hg.), Bayerisch-schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg 1975-1977. Vorträge, Aufsätze, Berichte (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft 1), Sigmaringen 1979, 163-192.
  • Peter Rummel, Dillingen - Universität, in: Theologische Realenzyklopädie. 8. Band, Berlin 1981, 750-752.
  • Christine Schneider, Kirche und Kolleg der Jesuiten in Dillingen an der Donau. Regensburg 2014.
  • Felicitas Söhner, Die Universität Dillingen als Bollwerk der Gegenreformation, München 2007.
  • Felicitas Söhner, Die geplante Gründung einer medizinischen Fakultät im Hochstift Augsburg, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen (2022) (submitted).
  • Thomas Specht, Geschichte des königlichen Lyceums Dillingen 1804–1904, Regensburg 1904.
  • Wolfgang Wüst, Hochstift Augsburg, Stadt Dillingen und Universität, in: Rolf Kießling (Hg.), Die Universität Dillingen und ihre Nachfolger. Dillingen 1999, 407-447.

Quellen

  • Historia Collegii Dilingani, 1. Band (1549 – 1692) [Bibliothèque Cantonale et Universitaire Fribourg, L 89].
  • Johann Georg Meusel, Historische Litteratur für das Jahr 1784, Erlangen 1784.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Verwandte Artikel

Hier alternative Titel für die Suchfunktion eintragen!

Empfohlene Zitierweise

Felicitas Söhner, Universität Dillingen (1551-1803), publiziert am 1.9.2020; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Universität_Dillingen_(1551-1803) (28.03.2024)