Universität Augsburg
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Die 1970 gegründete Universität Augsburg ist die fünfte bayerische Landesuniversität und nach Regensburg die zweite Nachkriegsgründung in Bayern. Von Anfang an begriff sie sich als Reformuniversität, die Neuerungen im Bereich der Lehre und Wissenschaft offen gegenübersteht. Nachdem bereits rund zwölf Monate nach dem Gründungsbeschluss die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften den Lehrbetrieb aufnehmen konnten, wurde das Fächerangebot seitdem kontinuierlich zu einer Volluniversität erweitert. Es bildeten sich acht Fakultäten heraus, zuletzt 2016 die medizinische.
Akademische Traditionen in der Stadt
Augsburg verfügte vor 1970 über keine Universität. Dillingen an der Donau bildete mit seiner 1549 gegründeten Universität und nach deren Auflösung 1803 mit dem Lyzeum und der daraus entstandenen Philosophisch-Theologischen Hochschule von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis weit in das 20. Jahrhundert hinein das intellektuelle Kraftzentrum der Region. Es gab jedoch auch in Augsburg eine weit zurückreichende Bildungstradition, für die beispielhaft etwa das 1531 gegründete protestantische Gymnasium bei St. Anna steht. Im 19. und 20. Jahrhundert wandelte sich die ehemalige Reichsstadt aber vor allem zu einer Industriestadt.1834 wurde in Augsburg am Gymnasium bei St. Stephan ein Lyzeum errichtet, das sich später zu einer Philosophischen Hochschule entwickelte, die ihren Lehrbetrieb im Vorfeld der Errichtung der Universität Augsburg einstellte. 1956 erfolgte die Verlegung des Instituts für Lehrerbildung aus Lauingen nach Augsburg, 1958 wurde es in "Pädagogische Hochschule Augsburg" umbenannt und organisatorisch an die Universität München angebunden.
Die unmittelbare Vorgeschichte
Nach gescheiterten Versuchen einer Universitätsgründung in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs richteten sich die Hoffnungen zunächst auf die Errichtung einer Medizinischen Akademie. Mit einem entsprechenden Beschluss des Bayerischen Landtags vom 12. Juli 1962 schien sie auch schon in greifbarer Nähe. Da sich letztlich aber die Kräfte durchsetzten, die stattdessen eine zweite Medizinische Fakultät in München forderten, beschloss der Bayerische Landtag am 12. Juli 1966 als Ersatz bzw. Kompensation die Errichtung einer Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Hochschule (Wiso-Hochschule) in Augsburg, die 1970 ihren Lehrbetrieb aufnehmen sollte.
Für viele kam der am 5. November 1969 von dem damaligen bayerischen Kultusminister Ludwig Huber (CSU, 1928-2003, Amtszeit als Kultusminister 1964-1970) vorgetragene Vorschlag, in Augsburg statt der Hochschule gleich eine Universität zu gründen, völlig überraschend. Jedoch war dieser Schritt logisch und naheliegend:
- die Pädagogischen Hochschulen – darunter die PH Augsburg – sowie die Philosophisch-Theologischen Hochschulen – unter anderem die Hochschule in Dillingen – sollten in die alten und neuen Landesuniversitäten integriert werden;
- für den Modellversuch einer neuen Form der Juristenausbildung eignete sich eine Neugründung in besonderer Weise;
- eine nahegelegene Universität bot sich als willkommene Entlastung für die überfüllten Geisteswissenschaften an der Universität München an;
- eine bessere Erschließung der Bildungsreserven in Bayerisch-Schwaben war ebenfalls einer der Gründe.
Das Gründungsgesetz für die Universität Augsburg wurde bereits am 18. Dezember 1969 im Landtag beschlossen, zum 1. Januar 1970 war die neue schwäbische Alma Mater, die zunächst nur aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fachbereich (Wiso-Fachbereich) bestand, damit errichtet. Die feierliche Eröffnung fand am 16. Oktober 1970 statt.
Die schwierigen Anfangsjahre (1970-1973)
Geplant und vorbereitet war lediglich die Aufnahme des Forschungs- und Lehrbetriebs im Wiso-Fachbereich. Er basierte auf dem Konzept einer modernen Business School zur Manager-Ausbildung nach amerikanischem und europäischem Vorbild, das der am 1. August 1970 eingesetzte Augsburger Gründungspräsident Louis Perridon (1918-2015, Amtszeit 1970-1973), ein gebürtiger Niederländer, für die ursprünglich geplante Wiso-Hochschule formuliert hatte.
Die Universität Augsburg verstand sich von Anfang an als Reformuniversität. Reformkonzepte bestanden u.a. für den Juristischen Fachbereich (sog. einphasige Juristenausbildung, die die Trennung zwischen Studium und Referendariat aufhob), die Lehrerausbildung (stärkere Gewichtung der Didaktiken) sowie die Fort- und Weiterbildung nach dem Studium (Kontaktstudium Management). Darüber hinaus sollte dem Unterricht in Kleingruppen als Alternative zum Frontalunterricht eine besondere Rolle zukommen.
Die Verantwortlichen um Präsident Perrridon und den seit 1. Oktober 1970 amtierenden Kanzler Dieter Köhler (geb. 1937, Amtszeit 1970-2001) standen vor großen, fast unlösbaren Aufgaben. Nach der Eröffnung des Lehrbetriebs am Wiso-Fachbereich am 12. Oktober 1970 waren die räumliche Unterbringung sowie die juristischen und organisatorischen Voraussetzungen für die nun in rascher Folge errichteten Fachbereiche zu klären: Katholische Theologie (1971, hervorgegangen aus der ehemaligen Philosophisch-Theologischen Hochschule Dillingen), Jura (1971) und Philosophie (1972, zunächst drei Fachbereiche, bald auf zwei reduziert). Zudem war zum 1. August 1972 die aufgelöste Pädagogische Hochschule Augsburg als Erziehungswissenschaftlicher Fachbereich zu integrieren. Von 1971 bis 1974 erarbeitete parallel ein 17-köpfiger Strukturbeirat unter dem Vorsitz des Münchener Juristen Peter Lerche (1928-2016) das grundlegende Strukturkonzept für die junge Universität.
Begleitet wurden diese Bemühungen von einem massiven, auch öffentlichkeitswirksam geführten Konflikt (sog. Satzungsstreit) innerhalb der Universität und zwischen der Universität und dem bayerischen Kultusministerium um die Zusammensetzung der Gremien der akademischen Selbstverwaltung. Dabei setzte sich letztlich der bayerische Kultusminister Hans Maier (CSU, geb. 1931, Amtszeit 1970-1986) mit seiner Vorstellung von einer absoluten Mehrheit der Professorinnen und Professoren in diesen Gremien durch, während Perridon auf der Umsetzung der sog. Drittelparität (Professoren, Assistenten und Studierende) beharrt hatte, die in seinen Augen ein wesentliches Element einer Reformuniversität darstellte.
Die Phase der Konsolidierung (1973-1983)
Nicht zuletzt diese Konflikte in der Anfangszeit führten zur Niederlage des Gründungspräsidenten Perridon bei der ersten Präsidentenwahl 1973. Es lag nun an seinem Nachfolger, dem Juristen Franz Knöpfle (1926-2013, Amtszeit 1973-1979), der beste Kontakte zur Münchner Ministerialbürokratie unterhielt, die auch seine erste berufliche Station gewesen war, für die dringend nötige Konsolidierung innerhalb der Universität zu sorgen.
Zu den bedeutsamsten Ereignissen in der Amtszeit Knöpfles zählen der Beginn der Bauarbeiten auf dem Campus im Oktober 1974 und die Fertigstellung des ersten Gebäudes, in das die beiden Philosophischen Fachbereiche und der Katholisch-Theologische Fachbereich aus ihren bisherigen Provisorien im Jahr 1977 umziehen konnten.
Fast am Ende der Amtszeit Knöpfles zog die Universität 1978 in ihrem ersten Entwicklungsplan eine erste Bilanz und skizzierte ihre Vorstellungen von der weiteren Entwicklung. Darin sollten insbesondere die Naturwissenschaften, aber auch die Medizin Platz finden.
In die Amtszeit des 1979 gewählten Nachfolgers Knöpfles, des Juristen Karl M. Meessen (1939-2015, Amtszeit 1979-1983), fiel die 10-Jahres-Feier der Universität, aus deren Anlass der Freistaat Bayern nicht nur der Universitätsbibliothek die angekaufte Bibliothek der Fürsten Oettingen-Wallerstein mit ihren wertvollen Handschriften, Inkunabeln und Drucken (insgesamt über 150.000 Bände) übergab, sondern der Universität auch ein Wappen verlieh.
Meessen forcierte die Bemühungen um eine Medizinische Akademie bzw. Fakultät noch einmal stark, scheiterte aber an unüberwindbaren Widerständen im Wissenschaftsrat und in der bayerischen Staatsregierung. Zugleich wurde immer deutlicher, dass einige zentrale, aber auch kostenintensive Reformelemente wie etwa das Kleingruppenkonzept angesichts immer knapper werdender Ressourcen nach und nach aufgegeben werden mussten. 1981 überschritt die Zahl der Studierenden an der Universität Augsburg erstmals die Zahl von 5.000.
Neue Schwerpunkte, aber knappe Ressourcen (1983-1999)
Auch wenn die formelle Errichtung der Naturwissenschaftlichen Fakultät (mit den betont anwendungsorientiert konzipierten Fächern Mathematik, Informatik und Physik) bereits zum 1. Oktober 1981 erfolgt war, fiel deren Auf- und Ausbau in die Amtszeit des 1983 neugewählten Präsidenten, des Historikers Josef Becker (1931-2021, Amtszeit 1983-1991).
Mit 10.000 Studierenden überschritt die Universität ihr Ausbauziel von 8.000 schon im Jahr 1988 deutlich. Die Zahl der inzwischen neu errichteten Gebäude auf dem Campus konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass in einzelnen Fakultäten trotzdem eine große Raumnot herrschte. Daneben hatte aber insbesondere die Zahl der Stellen im wissenschaftlichen wie im wissenschaftsstützenden Bereich nicht annähernd mit der starken Zunahme der Studierenden Schritt gehalten, was immer wieder auch studentischen Protest provozierte.
In die Amtszeit Beckers fielen eine Reihe von Ehrungen, insbesondere die Verleihungen von ersten Akademischen Ehrenbürgerwürden. Die Ehrungen von Josef Felder (1900-2000), Hans Herwarth von Bittenfeld (1904-1999) und Friedrich Georg Friedmann (1912-2008) 1989 stehen nicht zufällig im Zusammenhang mit der Einführung des Mottos der Universität ("Scientia et Conscientia", Bedeutung: Wissensmehrung im Bewusstsein der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft). Auch der bedeutende Ausbau der universitätsnahen Stiftungen, unter denen die beiden Kurt-Bösch-Stiftungen, die Studium, Lehre und Forschung an der Universität Augsburg unterstützen, insbesondere durch die Förderung der wissenschaftlichen Beziehungen zum Schweizer Kanton Wallis, besonders herausragen, war ein Kennzeichen der Amtszeit Beckers.
Auf den 1991 in der Nachfolge Beckers nunmehr als Rektor gewählten Ökonomen Reinhard Blum (geb. 1933, Amtszeit 1991-1999) warteten die alten Probleme. Wie wohl an keiner anderen Universität in Bayern bestand in Augsburg ein eklatantes Missverhältnis zwischen den stagnierenden Personalstellen einerseits und den weiter ansteigenden Studierendenzahlen andererseits. Auch die Raumproblematik, insbesondere an der Wiso-Fakultät war nach wie vor ungelöst. Die Fakultät hatte 1992 mit der Einführung des 'Baccalaureus oeconomiae' im Rahmen eines Modellversuchs eine bundesweite Vorreiterrolle übernommen, musste aber nach wie vor mit dem bereits 1970 bezogenen Raumprovisorium in der Memminger Straße Vorlieb nehmen.
Von den staatlichen Überlegungen für eine umfassende Hochschulreform, zu deren Kernelementen eine verstärkte Profilbildung, die Einführung von Hochschulräten sowie die stärkere "Ökonomisierung" der Universitäten zählten, war auch die Universität Augsburg betroffen. Sie bemühte sich erfolgreich darum, trotz einer nach wie vor bestehenden Überlastsituation – im Studienjahr 1992/93 zählte die Universität erstmals über 15.000 Studierende – einerseits die bestehenden Fächerschwerpunkte weitgehend zu erhalten und andererseits neue Perspektiven, etwa im Bereich der Umweltwissenschaften in den Blick zu nehmen.
Ministerpräsident Edmund Stoiber (geb. 1941) beim Festakt zum 25-jährigen Universitätsjubiläum 1995 mit studentischem Protest angesichts der Studienbedingungen. Foto: Agnes Hagg. (Universität Augsburg, Universitätsarchiv, Selekt Fotos (Negative zu Rep. 0682))
Die Notwendigkeit zur Profilbildung und -schärfung (2000-2011)
Mit einem neuen Rektor, dem 1999 gewählten Juristen Wilfried Bottke (1947-2010, Amtszeit 1999-2010), startete die Universität Augsburg in das neue Jahrtausend. Eine der ersten Aufgaben war die Formulierung eines Profils, das als konstitutive Elemente die orientierenden Gesellschaftswissenschaften, die reformorientierte Lehrerbildung sowie die innovativen Technologien als jüngste und dritte Sparte vorsah.
Als besonderes Kennzeichen sah man die "bewusste Verzahnung" der drei Bereiche, die bis hin zu institutionellen Zusammenschlüssen von Fächern und Fachgruppen weiterentwickelt werden sollte. Mit dem angestrebten Profil gelang es, den Natur- und Technikwissenschaften einen immer größeren Stellenwert einzuräumen, ohne jedoch andere zentrale Aufgabenbereiche wie etwa die Lehrerbildung, bei der Augsburg innerhalb der bayerischen Universitätslandschaft traditionell eine besondere Bedeutung zukam, zu vernachlässigen. Im Zusammenhang dieser Profilbildung bzw. -schärfung erfolgte auch die Umbenennung der Philosophischen Fakultäten I und II in 'Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät' bzw. 'Philologisch-Historische Fakultät' (2001) sowie die Gründung der Fakultät für Angewandte Informatik im Jahre 2003, die die bisherigen Institute für Informatik und Geographie aus der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät in sich vereinigte.
In diesen Jahren gelang es der Universität Augsburg, von Offensiven der bayerischen Staatsregierung zur Förderung von Hochtechnologie massiv zu profitieren, nicht zuletzt mit einem neuen Schwerpunkt in den Bereichen Material- und Umweltforschung, für den zwei im Jahr 2000 errichtete Einrichtungen exemplarisch stehen: das Anwenderzentrum Material- und Umweltforschung (AMU) sowie das Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU).
Den im Rahmen des Optimierungskonzepts 2008 neu an die bayerischen Universitäten herangetragenen Anforderungen begegnete man in Augsburg mit dem Konzept, die vorhandenen Exzellenzbereiche zu drei interdisziplinär übergreifenden Kompetenzzentren zu vernetzen:
- Forschungs- und Lehrverbund Global Business and Law,
- Forschungsverbund Material Sciences und Angewandte Informatik,
- Forschungs- und Lehrverbünde für Geistes- und Kulturwissenschaften unter dem Projekttitel 'Vernetzte Geistes- und Kulturwissenschaften' nach dem Vorbild des Instituts für Europäische Kulturgeschichte oder des Zentralinstituts für Didaktische Forschung und Lehre, zwei zentralen Einrichtungen der Universität Augsburg.
Ein Spezifikum, weil sie auch die künstlerische Ausbildung einschloss, war die Integration des Augsburger Teils der aufgelösten Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg zum Jahresbeginn 2008. Sie wurde zunächst als 'Leopold-Mozart-Zentrum für Musik und Musikpädagogik' in die Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät eingegliedert und firmiert seit 2023 als 'Leopold Mozart College of Music'.
Nachdem an der Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät bereits 1992 probeweise ein Bachelorstudium eingeführt worden war, erfolgte im Wintersemester 2008/09 für die gesamte Universität die Umstellung auf die Bachelor-Master-Struktur im Zuge des Bologna-Prozesses.
Noch vor der Feier zum 40. Gründungsjubiläum der Universität verstarb der amtierende Präsident Wilfried Bottke völlig überraschend ein Jahr vor dem Ende seiner dritten Amtszeit am 8. August 2010. 2007 war wieder die Präsidialverfassung eingeführt worden. Bottke hatte u.a. dafür gesorgt, dass in Augsburg die Studierenden ein einzigartiges Mitsprache- bzw. Vetorecht hinsichtlich der Verwendung der auch hier eingeführten Studiengebühren hatten.
Bis zur turnusmäßig 2011 anstehenden Neuwahl führte der dienstälteste Vizepräsident, der Physiker Alois Loidl (geb. 1945) die Amtsgeschäfte als Ständiger Vertreter des Präsidenten. Bei der Wahl, bei der er auch selbst kandidierte, unterlag er der Lehrstuhlinhaberin für Europäische Ethnologie/Volkskunde, Sabine Doering-Manteuffel (geb. 1957). Mit ihr stand erstmals eine Frau an der Spitze einer staatlichen Universität in Bayern.
Eine große Herausforderung: Der Aufbau der Augsburger Universitätsmedizin
Zum dominierenden Thema ihrer Amtszeit sollte der Aufbau der Augsburger Universitätsmedizin werden, in deren Folge allein die Zahl der Professorinnen und Professoren um fast die Hälfte anwächst. Nach der bereits 2009 erfolgten Ankündigung durch Ministerpräsident Horst Seehofer (geb. 1949) im Goldenen Buch der Stadt Augsburg konnte am 1. Dezember 2016 die Errichtung der Medizinischen Fakultät gefeiert werden, das bislang kommunale Klinikum Augsburg ging zum Jahresbeginn 2019 als Universitätsklinik in die Trägerschaft des Freistaats Bayern über. Zum Wintersemester 2018/19 begann das Studium im Fach Medizininformatik und ein Jahr später auch im Fach Humanmedizin.
Dass die Universität Augsburg, die im Wintersemester 2015/16 erstmals die Zahl von 20.000 Studierenden überschritt, neben der Medizin eine mögliche Erweiterung ihres Fächerspektrums im Bereich der technischen bzw. Ingenieur-Wissenschaften anstrebt, zeigt nicht zuletzt die bereits 2014 erfolgte Umbenennung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät in 'Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät'. Stellvertretend für diese Schwerpunktsetzung stehen etwa das 2009 gegründete Institut für Materials Ressource Management und das seit 2021 bestehende KI-Produktionsnetzwerk.
Universitätsklinikum Augsburg, 2023. (Foto: Tastendrücker1 lizenziert durch CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)
Standorte und Architektur
In den Anfangsjahren litt die Universität sehr unter ihrer überstürzten, ohne vorherige Planungen unternommenen Gründung. So konnte lediglich der Wiso-Fachbereich darauf aufbauen, dass für die ursprünglich geplante Hochschule bereits Gebäude an der Memminger Straße zur Anmietung als provisorische Unterkunft vorgesehen waren. In deren Umfeld entwickelte sich durch weitere Anmietungen und Immobilienkäufe der Standort "Alte Universität", der seit 1999 nur noch aus dem staatseigenen Gebäudekomplex (Eichleitnerstraße 30) besteht. Hinzu kamen weitere temporäre Anmietungen in verschiedenen Stadtvierteln und das Gebäude der ehemaligen Pädagogischen Hochschule (Schillstraße 100) ganz im Norden Augsburgs, das seit dem Auszug der Fächer Kunstpädagogik und Musikpädagogik in einen Neubau auf dem Campus 2014 nicht mehr von der Universität genutzt wird.
Mit der Gründung der Universität begann auch eine neuerliche Debatte über den Standort des zukünftigen Campus, wobei sich das Gelände des ehemaligen Flugplatzes der Firma Messerschmitt im Süden Augsburgs, das auch schon für die Wiso-Hochschule vorgesehen war, gegen alle Widerstände durchsetzte. An den Campus sollte sich nach Osten unmittelbar ein neues Wohngebiet ("Universitätsviertel") anschließen, das auch realisiert wurde.
Auf dem Campus, der durch einen markanten, in Nord-Süd-Richtung angelegten Grünzug mit zwei kleinen Seen unterhalb einer Hangkante geprägt ist, entstanden seit dem ersten Spatenstich 1974 nach und nach zahlreiche Gebäude. Da sie über knapp 50 Jahre verteilt gebaut und von verschiedenen Architekten bzw. vom Staatlichen Bauamt Augsburg entworfen wurden, stellt der Augsburger Universitätscampus einen Querschnitt durch die Hochschularchitektur des vergangenen halben Jahrhunderts dar und zeigt eine "Vielfalt von Konzepten und Architektursprachen" (Klaus Tragbar, geb. 1959).
Über den ganzen Campus verteilt, sowohl in Gebäuden wie im Freien finden sich zahlreiche Kunstwerke. Beispielhaft genannt sei der im Foyer der Juristischen Fakultät hängende 'Flying Man/I dream I could fly' von Jonathan Borofsky (geb. 1942).
Neben dem Universitätscampus gibt es weitere kleinere, teilweise nur provisorische Standorte. Im Stadtteil Kriegshaber entsteht beim Universitätsklinikum ein eigener Medizin-Campus.
Amtszeit | Name | Lehrstuhl | Amt |
---|---|---|---|
1970-1973 | Prof. Dr. Louis Perridon | Betriebswirtschaftslehre | Präsident |
1973-1979 | Prof. Dr. Franz Knöpfle | Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre | Präsident |
1979-1983 | Prof. Dr. Karl M. Meessen | Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht und Europarecht | Präsident |
1983-1991 | Prof. Dr. Josef Becker | Neuere und Neueste Geschichte | Präsident |
1991-1999 | Prof. Dr. Reinhard Blum | Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschafts- und Unternehmenspolitik | Rektor |
1999-2010 | Prof. Dr. Wilfried Bottke | Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie | Rektor (seit 2007 Präsident) |
2010-2011 | Prof. Dr. Alois Loidl | Experimentalphysik V | Ständiger Vertreter des Präsidenten |
seit 2011 | Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel | Europäische Ethnologie/Volkskunde | Präsidentin |
Literatur
- Rainer Feuerstack, Reformkonzept der Universität Augsburg. Freiheit von Lehre und Forschung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung - Rückblick nach 40 Jahren, in: Mitteilungen / Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg 20 (2011), 13-33.
- Werner Lengger/Stefan Paulus/Wolfgang E. J. Weber (Hg.), Stätte des Wissens. Die Universität Augsburg 1970-2010. Traditionen, Entwicklungen, Perspektiven, Regensburg 2010.
- Werner Lengger, Von der Wiso-Hochschule zur Volluniversität: Ein Rückblick auf 50 Jahre Universität Augsburg, in: Wissenschaft-Kreativität-Verantwortung. 50 Jahre Universität Augsburg, hg. von Hubert Zapf, Regensburg 2020, 22–50.
- Werner Lengger/Martina Kadmon/Anna Magdalena Ruile-Soentgen: Der lange Weg zur Augsburger Universitätsmedizin, in: Wissenschaft-Kreativität-Verantwortung. 50 Jahre Universität Augsburg, hg. von Hubert Zapf, Regensburg 2020, 200-219.
- Werner Lengger, Die Geschichte der Universität Augsburg: Bemerkungen zum Forschungsstand und zu den Forschungsperspektiven mit Blick auf die archivalische Überlieferung, in: Universitätsgeschichte als Projekt und Programm: Kategorien und Perspektiven, hg. von Katharina Weigand (Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 12), München 2021, 217-233.
- Stefan Paulus, Eine kurze Planungs- und Baugeschichte der Universität Augsburg, in: Wissenschaft-Kreativität-Verantwortung. 50 Jahre Universität Augsburg, hg. von Hubert Zapf, Regensburg 2020, 51-64.
Quellen
- Jahresbericht des Präsidenten der Universität Augsburg 1970-1972, 1972/73, 1973/74.
- Jahrbuch der Universität Augsburg 1981, 1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987, 1988, 1989, 1990, 1991, 1992, 1992/93, 1993/94, 1994/95, 1995/96, 1996/97.
- UniPress. Zeitschrift der Universität Augsburg (erschienen 1972-2005).
Weiterführende Recherche
- Schlagwortsuche im Online-Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern
- Stichwortsuche in bavarikon
- Schlagwortsuche in der Bayerischen Bibliographie
Externe Links
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Empfohlene Zitierweise
Werner Lengger, Universität Augsburg, publiziert am 02.08.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Universität_Augsburg> (8.09.2024)