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Aus Historisches Lexikon Bayerns

Version vom 4. Juli 2022, 12:42 Uhr von imported>Baderm


Abrogans (althochdeutsch) und Samanunga worto

Abrogans K, Südwestdeutschland, Ende 8. Jahrhundert. Seite aus dem "älteste(n) erhaltene(n) Buch in deutscher Sprache" mit althochdeutschen Übersetzungen als Kontextglossen (St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 911; p. 4)

Wolfgang Haubrichs
Das nach seinem ersten Wort ‚Abrogans‘ benannte, zunächst lateinisch-lateinische frühmittelalterliche Synonymen-Wörterbuch wurde ab dem späteren 8. Jahrhundert ins Althochdeutsche übertragen. Es gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen des entstehenden volkssprachig/deutschen Sprachbewusstseins und systematischer Sprachreflexion, deren erstes Ziel wohl die Erschließung der Bibelsprache war. Entgegen älteren Annahmen lag die Initiative zur althochdeutschen Übersetzung eher im alemannischen Raum, allerdings belegen Verbreitung, Formenvielfalt und Zahl der überlieferten und erschlossenen Handschriften ein großes Interesse an den Wörterbüchern im ganzen Süden des späteren deutschen Sprachraums. Das gilt besonders auch für Regensburg im späten 8./frühen 9. Jahrhundert, wo wahrscheinlich unter Bischof Adalwin (792-816) die gekürzte und modernisierte Fassung der ‚Samanunga worto‘ (Sammlung der Wörter) entstand. Weiterlesen


Bestattungsrituale (Frühmittelalter/archäologisch)

Inningen, Stadt Augsburg, Grab 8. Bestattung von vier bewaffneten Männern, die im 7. Jahrhundert gleichzeitig und wohl gemeinsam starben. Ihre demonstrative Haltung verweist auf die Aufbahrung. (Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Stadtarchäologie Dokumentationsarchiv)

Sebastian Brather
Die Verabschiedung der Toten war zu allen Zeiten mit Ritualen verbunden, die unterschiedliche materielle Spuren hinterließen. Sie erlauben der Archäologie die Rekonstruktion von Teilen der komplexen Abläufe bei der Bestattung. Besonders bei frühmittelalterlichen Körpergräbern, sogenannten Reihengräbern, wie sie zahlreich in Bayern zu finden sind, spiegeln ab der Mitte des 6. Jahrhunderts Anlage und Ausstattung die ritualisierten Handlungen von der Aufbahrung über Leichenprozession und Beisetzungsfeier bis zur Grablegung wider. Sie dienten der angemessenen Verabschiedung eines verstorbenen Familienmitglieds bzw. Angehörigen der Lokalgesellschaft, wobei vor allem die Vorstellungen der Hinterbliebenen ihren Ausdruck fanden, die den sozialen Status des oder der Verstorbenen reflektierten. Entgegen älteren Vorstellungen war die Grabausstattung religiös indifferent - auch christliche Gräber erhielten Ausstattungen. Weiterlesen

Bruckmann Verlag

Der Verlagsgründer Friedrich Bruckmann (1814-1898). (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bruckmann Verlagsarchiv 322)

Jürgen Kühnert
Der Bruckmann Verlag wurde 1861 von Friedrich Bruckmann (1814-1898) gegründet. Seit 1863 in München ansässig, entwickelte er sich zu einem der bedeutendsten Kunstverlage Deutschlands. Mit seinem Buch- und Zeitschriftenprogramm sowie durch die hohe Qualität seiner Bildreproduktionen erlangte er auch internationales Renommee. Friedrichs Sohn Hugo Bruckmann (1863-1941) wandte sich früh der NS-Ideologie zu und gehörte zusammen mit seiner Frau Elsa (1865-1946) zu den frühesten Förderern Adolf Hitlers in dessen Münchner Zeit. Weiterlesen

Oberste Baubehörde

Seit 1969 hatte die Behörde ihren Dienstsitz in einem Bürogebäude am Münchner Altstadtring (heute Franz-Josef-Strauß-Ring 4). Seit 2018 ist es der Sitz des Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr. (Foto: Laura Niederhoff)

Franziska Dunkel
Die 1830 gegründete Oberste Baubehörde stellte als Teil des Innenministeriums die oberste Ebene der technischen Zentralverwaltung für das staatliche Bauwesen in Bayern dar. Sie betreute die staatlichen Bauten, die rechtlichen und technischen Belange des kommunalen und privaten Bauwesens sowohl des Hoch- wie des Tiefbaus (Straßen-, Brücken- und Flussbau) und das Baupolizeiwesen. Sie hatte einen eigenen Sach- und Personalhaushalt und rangierte damit deutlich über einer Ministerialabteilung. In diesem Zuschnitt war sie bundesweit einzigartig. 2018 wurde sie in das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr überführt. Weiterlesen

Seuchen (bis 1800)

Darstellung der Lepra im 1517 erschienenen "Feldbuch der Wundarzney" von Hans von Gersdorff (ca. 1455-1529). Die Seuche wurde auch im Hinblick auf den Verlust der bürgerlichen Existenz von Erkrankten als Prüfung Gottes verstanden, die es mit Würde zu ertragen galt. (Bayerische Staatsbibliothek, Res/2 Alch. 16#Beibd.1)
Felicitas Söhner

Seuchen, gefährliche Infektionskrankheiten mit der Tendenz zur Massenausbreitung, sind in Europa seit der Jungsteinzeit belegt. Bis in die Neuzeit ist die Art der Erkrankungen allerdings oft nur mit Hilfe von Archäologie und Naturwissenschaften zu klären, weil die Schriftquellen begrifflich unscharf bleiben. Neben der Pest, die sich in Bayern seit römischer Zeit immer wieder in regionalen Ausbrüchen manifestiert, traten seit dem Mittelalter Lepra, Cholera, der „Englische Schweiß“, Fleckfieber, Ruhr, Typhus und Pocken, ab dem späten 15. Jahrhundert auch die Syphilis als Seuchen auf. Mangels Kenntnissen zum Infektionsgeschehen bestanden Gegenmaßnahmen lange in Stigmatisierung und Isolierung der Kranken, von Seiten der Bevölkerung in religiösen Ritualen (Wallfahrten, Anrufung der „Pestheiligen“), aber auch in der Suche nach Sündenböcken (z.B. Juden). Weiterlesen

Kunstkönigtum Ludwig I.

König Ludwig I., umgeben von Künstlern und Gelehrten, steigt vom Thron, um die ihm dargebotenen Werke der Plastik und Malerei zu betrachten. Gemälde von Wilhelm von Kaulbach (1805-1874), Datierung 1848. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Inventarnummer WAF 406, lizenziert durch CC BY-SA 4.0)
Hannelore Putz

Der Begriff „Kunstkönigtum“ wurde von dem Historiker Heinz Gollwitzer (1917-1999) geprägt und verdeutlicht, dass König Ludwig I. (1786-1868, reg. 1825-1848) als besonders großer Förderer der Künste in Erinnerung geblieben ist. Er begann bereits 1808 mit seiner breitgefächerten Sammel- und Bautätigkeit und setzte sich dabei durch den engen persönlichen Kontakt mit Künstlern und die bedeutende Einflussnahme auf die Gestaltung von anderen Monarchen ab. Die intensive Kunstförderung resultierte zum einen aus seinem persönlichen Interesse an Kunst, zum anderen diente sie aber auch der fürstlichen Selbsterhöhung, der Vermittlung politischer Ziele durch Kunstwerke sowie der Steigerung der bereits großen Bedeutung Münchens und Bayerns in der europäischen Kunstlandschaft. Weiterlesen

Lebensborn

In Steinhöring befand sich das erste vom Verein Lebensborn e. V. gegründete Entbindungsheim. Das Heim Hochland entstand 1936 und diente als Vorbild für alle weiteren Lebensborn-Heime. Bedeutend war es auch aufgrund seiner Nähe zu München und somit zur Vereinszentrale seit 1938. Foto 1942. (Lebensspuren e. V.)

Annemone Christians-Bernsee
Der Verein Lebensborn e.V. war eine Körperschaft der Schutzstaffel (SS) mit Sitz in Berlin bzw. ab 1938 in München, die zwischen 1935 und 1945 europaweit über 20 Heime für unverheiratete schwangere Frauen, junge Mütter und deren Kinder betrieb. Diese mussten den Maßstäben der nationalsozialistischen „Erb- und Rassenlehre“ genügen und als „wertvoll“ gelten. Mit dem Lebensborn trug die SS in spezifischer Weise zu den pronatalistischen Elementen der NS-Bevölkerungspolitik bei. Bis 1939 wurden sechs Lebensborn-Heime auf dem Gebiet des Großdeutschen Reichs eingerichtet, das erste 1936 im oberbayerischen Steinhöring (Lkr. Ebersberg). Weiterlesen

Sachsen-Coburg (Herzogtum, 1572-1826)

Stadtansicht von Coburg. Radierung, 17. Jahrhundert. (Staatsbibliothek Bamberg, V E 36a, lizenziert durch CC BY-SA 4.0)
Thomas Nicklas

Das Herzogtum Sachsen-Coburg entstand durch den Erfurter Teilungsvertrag vom 6. November 1572, mit dem Johann Casimir (1564-1633, reg. 1572-1633) und Johann Ernst (1566-1638, reg. in Coburg 1572-1596 u. 1633-1638) gemeinsam ein eigenes Herrschaftsgebiet innerhalb des ernestinischen Länderkomplexes im heutigen Thüringen erhielten. Die Stadt Coburg bildete den Mittelpunkt mit residenzstädtischer Funktion. Einheits- und identitätsstiftend waren für das Herzogtum vor allem die von Johann Casimir geschaffenen Behörden und Institutionen, die trotz vieler Herrschaftswechsel und dynastischer Neuverteilungen fortbestanden (1573 Landesregierung, 1598 Obergericht; 1612 Verfassungsurkunde). Nach mehreren Landesteilungen gelangte 1735 die Linie Sachsen-Saalfeld endgültig in den Besitz von Sachsen-Coburg. Ende des 18. Jahrhunderts erlebte das Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld einen dynastischen Aufstieg, u. a. durch die Einheirat von Juliane von Sachsen-Coburg (1781-1860) ins reiche und mächtige russische Kaiserhaus. Weiterlesen

Dreifelderwirtschaft

Schematisch Darstellung der Parzellenverteilung zweier Höfe im Rahmen der Dreizelgenwirtschaft. (Gestaltung: Laura Niederhoff)

Sebastian Grüninger
Die Dreifelderwirtschaft war ein v.a. nördlich der Alpen verbreitetes Fruchtfolgesystem für den Getreidebau. In einem dreijährigen Zyklus wechselten sich dabei Wintergetreide, Sommergetreide und Brache, also die einjährige Erholung des Bodens, ab. Dadurch konnten die gleichen Felder dauerhaft genutzt werden. Zunehmende Siedlungsverdichtung und Intensivierung der Landwirtschaft erforderten eine gleichzeitige Verrichtung der Feldarbeiten in benachbarten Feldern (Flurzwang) und damit eine Zusammenfassung des Ackerlandes einer Siedlung in große Feldeinheiten, sog. Zelgen oder Eschen (Verzelgung). Die Verbreitung dieser Dreizelgenwirtschaft bzw. Dreizelgenbrachwirtschaft als wichtigste Ausprägungsform der Dreifelderwirtschaft war ein Kernstück der agrarwirtschaftlichen Intensivierung des Mittelalters. Weiterlesen


Museum der Arbeit (München)

Maschinenhalle des Arbeitermuseums, 1906. (Foto: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit)
Wilhelm Füßl

Das Museum wurde 1899 unter dem Namen "Museum für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen" von Karl Poellath (1857-1904) in München begründet und bestand unter wechselnden Namen bis 1945. Es war als Lernort konzipiert, wo anhand von Maschinenvorführungen, Schautafeln und Modellen Besuchern die Themen Arbeitsschutz und Hygiene nahegebracht werden sollten. Das Museum konnte trotz Wanderausstellungen, Vorträgen und Lehrfilmen nur eine regionale Bedeutung im Raum München erlangen. Seine Besucherzahl blieb insgesamt gering. Nach dem vollständigen Verlust der Museumsbestände im Zweiten Weltkrieg wurde die Einrichtung in ein Landesinstitut für Arbeitsschutz umgewandelt, das eine Fachausstellung für Vorführungszwecke betreibt.Weiterlesen