• Versionsgeschichte

Rheinische Volksvereinigung, 1920-1923/24: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Lexikon Bayerns

imported>Schnupps
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
imported>Twolf
(VGWort-Link auf https umgestellt)
 
Zeile 56: Zeile 56:
|ArtikelID=44941
|ArtikelID=44941
|LetzteAenderung={{REVISIONDAY2}}.{{REVISIONMONTH}}.{{REVISIONYEAR}}
|LetzteAenderung={{REVISIONDAY2}}.{{REVISIONMONTH}}.{{REVISIONYEAR}}
|VGWort=http://vg09.met.vgwort.de/na/b5b1d63bda6d41afaea49856325b26
|VGWort=https://vg09.met.vgwort.de/na/b5b1d63bda6d41afaea49856325b26
}}
}}


  <html><img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/b5b1d63bda6d41afaea49856325b26" id="vgwort" alt="" /></html>
  <html><img src="https://vg09.met.vgwort.de/na/b5b1d63bda6d41afaea49856325b26" id="vgwort" alt="" /></html>

Aktuelle Version vom 23. September 2021, 14:51 Uhr

Dr. Hans Adam Dorten (1880-1963), Foto um 1924. (Source gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France)
Joseph Friedrich Matthes (1886-1943). Foto um 1923. (Library of Congress, LC-DIG-ggbain-15992)

von Rudolf Morsey

Am 22. Januar 1920 unter maßgeblicher Mitwirkung von Hans Adam Dorten (1880-1963) gegründete separatistische Organisation. Sie vertrat insbesondere den katholischen Bevölkerungsteil des Rheinlandes. Ihre Ziele waren ein unabhängiger Rheinstaat und der Ausbau der Rechte der katholischen Kirche. Die Rheinische Vereinigung löste sich nach den gescheiterten Putschversuchen von 1923/24 im Rheinland und in der Pfalz auf.

Vorgeschichte 1919

Der frühere Düsseldorfer Staatsanwalt und Rennstallbesitzer Hans Adam Dorten (1880-1963) zählte nach seiner Rückkehr aus dem Krieg von 1914-1918 als Hauptmann d.R. zu den aktivsten Verfechtern der Rheinlandbewegung. Ihre Anhänger, überwiegend aus Kreisen der Zentrumspartei in den besetzten linksrheinischen Gebieten, erstrebten angesichts der revolutionär veränderten Situation im Reich eine Trennung der Rheinlande von Preußen. Sie fanden sich aber mit dem status quo ab, nachdem die neue Reichsverfassung vom 11. August 1919 die Möglichkeit bot, durch Volksabstimmung eine Neugliederung des Reichsgebiets vorzunehmen, allerdings erst nach zweijähriger Sperrfrist. Dorten hingegen drängte weiter auf die Errichtung eines eigenen Rheinstaats. Er hatte bereits am 1. Juni 1919 in Wiesbaden, seinem Wohnort, mit Unterstützung der französischen Besatzungsmacht eine "selbständige Rheinische Republik", allerdings noch "im Verbande des Reiches", proklamiert. Sie umfasste auch die Pfalz, fand jedoch in der Bevölkerung nur geringe Unterstützung und löste sich bald auf. Ein vom Reichsgericht in Leipzig gegen Dorten erlassener Haftbefehl wegen Hoch- und Landesverrats war im besetzten Gebiet nicht zu vollstrecken.

Gründung 1920

Er gab jedoch seine Pläne nicht auf, und gründete am 22. Januar 1920 in Boppard eine Rheinische Volksvereinigung als "außerparlamentarische Lobby zur Realisierung eines Rheinstaats" (Klaus Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung [1918-1933], Frankfurt 1979, 219). Sie forderte für das besetzte Gebiet eine eigene gewählte Vertretung bei der Hohen Interalliierten Rheinlandkommission in Koblenz. Den Vorsitz der kurzlebigen Volksvereinigung, die antipreußische Stimmungen besonders in der kleinbäuerlichen katholischen Bevölkerung nutzte, übernahm zunächst der Kölner Oberpfarrer Bertram Kastert (1868-1935). Er war im Vorjahr wegen eigenmächtiger Verhandlungen mit den Franzosen aus der Zentrumsfraktion des Preußischen Landtags ausgeschlossen worden. Alle Parteien im Rheinland grenzten sich von den „Hochverrätern“ ab. Die französische Besatzungsmacht förderte die Wochenzeitung der Volksvereinigung, Deutsche Warte (1920/21), und kleinere Lokalzeitungen ebenso wie Dortens sonstige politische Aktivitäten. Sein zeitweiliges Zusammengehen mit dem bayerischen Separatisten Karl Graf Bothmer (1881-1947), mit Georg Heim (1865-1938), dem Mitgründer der Bayerischen Volkspartei (BVP), und mit rheinischen Sonderbündlern endete nach der ersten Reichstagswahl von 1920. Die Dorten-Bewegung verschwand aus der Öffentlichkeit.

Wiederaufleben 1923 und Auflösung

Erst im Zuge der Staats- und Wirtschaftskrise des Reiches und speziell des Rheinlands im Spätsommer 1923 trat die Rheinische Vereinigung wieder auf den Plan. Sie warb seit Anfang September zusammen mit anderen auf staatsrechtliche Abtrennung abzielenden Gruppierungen in einer Vereinigten Rheinischen Bewegung für einen Rheinstaat. Nach Putschen, die von der belgischen und französischen Besatzungsmacht in zahlreichen Orten des Rheinlands zugelassen worden waren, proklamierten Separatisten am 22. Oktober 1923 in Aachen eine Rheinische Republik und am 12. November 1923 in Speyer eine "Autonome Pfalz". Dorten, der seit August, nach der Rückkehr von einer viermonatigen "Pariser Forschungsreise", auch in der Pfalz Sympathisanten geworben hatte, bildete mit dem von Joseph Friedrich Matthes (1886-1943) geführten "Rheinischen Unabhängigkeitsbund" am 20. Oktober 1923 in Koblenz zunächst eine "Vorläufige Regierung der rheinischen Republik". Nachdem die beiden Separatisten in Streit geraten waren, proklamierte Dorten am 15. November 1923 in Bad Ems eine "Vorläufige Regierung" für die südlichen Rheinlande unter Einschluss der Pfalz. Als die französische Regierung jedoch seit Ende November die Separatisten fallen ließ, brach ihre inhomogene Anhängerschaft rasch auseinander. Dorten musste in der Sylvesternacht das Rheinland verlassen. Er lebte seitdem in Nizza, "in der Stadt, die man mir als Wohnort zugewiesen hatte" (J.A. Dorten, Die rheinische Tragödie, Bad Kreuznach 1981, 125). Die letzten Putschisten verschwanden bis Februar 1924 aus den von ihnen okkupierten Rathäusern.

Literatur

  • Erwin Bischof, Rheinischer Separatismus 1918-1924. Hans Adam Dortens Rheinstaatsbestrebungen (Europäische Hochschulschriften III 4), Bern 1969. (Inzwischen überholte Arbeit)
  • Helmut Gembries, Verwaltung und Politik in der besetzten Pfalz zur Zeit der Weimarer Republik, Kaiserslautern 1992. (Quellengestützte verwaltungsgeschichtliche Darstellung)
  • Gerhard Gräber/Matthias Spindler, 100 Tage „Autonome Pfalz“ (1923/24), in: Wilhelm Kreutz/Karl Scherer (Hg.), Die Pfalz unter französischer Besetzung (1918/19-1930), Kaiserslautern 1999, 187-200.
  • Gerhard Gräber/Matthias Spindler, Die Pfalzbefreier. Volkes Zorn und Staatsgewalt im bewaffneten Kampf gegen den pfälzischen Separatismus 1923/24, Ludwigshafen 2005. (Mit neuen Ergebnissen über die Niederschlagung des Separatismus)
  • Gerhard Gräber/Matthias Spindler, Revolverrepublik am Rhein. Die Pfalz und ihre Separatisten. 1. Band: November 1918 – November 1923, Landau 1992. (Dicht belegter, „flott“ geschriebener Text)
  • Gerhard Nestler, Freie Pfalz, Rheinische Republik oder blau-weiße Bayerntreue. Die territorialen Neuordnungskonzepte der pfälzischen BVP in den Jahren 1918 bis 1920 und die französische Besatzungspolitik, in: Wilhelm Kreutz/Karl Scherer (Hg.), Die Pfalz unter französischer Besetzung (1918/19-1930), Kaiserslautern 1999, 105-122.
  • Klaus Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung (1918-1933) (Europäische Hochschulschriften III 119), Frankfurt am Main 1979. (Umfangreichste Behandlung des Themas)
  • Martin Schlemmer, "Los von Berlin". Die Rheinstaatbestrebungen nach dem Ersten Weltkrieg (Rheinisches Archiv. Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande), Köln u. a. 2007.
  • Martin Schlemmer, Rheinstaatbestrebungen, in: Jahrbuch für den Rhein-Kreis Neuss (Dormagen) 2015, 120-141.

Quellen

  • J. A. Dorten, Die rheinische Tragödie. Übersetzung und Nachwort: W[illy] Münch, Bad Kreuznach 2. Auflage 1981. (Unkommentierte Übersetzung von Dortens Memoiren)

Weiterführende Recherche

Externe Links

Verwandte Artikel

Empfohlene Zitierweise

Rudolf Morsey, Rheinische Volksvereinigung, 1920-1923/24, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Rheinische_Volksvereinigung,_1920-1923/24 (29.03.2024)