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Rheinische Republik: Unterschied zwischen den Versionen

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Bestrebungen, einen eigenen Staat an Mittel- und Niederrhein zu bilden, entweder im oder auch außerhalb des Reichsverbandes. Erstmals 1793 proklamiert, lebte die Idee nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erneut auf, zum Teil unterstützt von der französischen Besatzungsmacht. Weder diplomatische noch gewaltsame Aktionen in Form von Putschversuchen führten jedoch zu einer dauerhaften Abtrennung des Rheinlandes.
Bestrebungen, einen eigenen Staat an Mittel- und Niederrhein zu bilden, entweder im oder auch außerhalb des Reichsverbandes. Erstmals 1793 proklamiert, lebte die Idee nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erneut auf, zum Teil unterstützt von der französischen Besatzungsmacht. Weder diplomatische noch gewaltsame Aktionen in Form von Putschversuchen führten jedoch zu einer dauerhaften Abtrennung des Rheinlandes.
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Version vom 4. Februar 2020, 14:45 Uhr

Kollage mit Zeitungstitelseite, der verschiedenen separatistischen Blätter, darunter auch die Rheinische Republik. Abb. aus: Dokumente aus dem Befreiungskampf der Pfalz, Ludwigshafen 1930, 34. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 H.un.app. 252)
General Gérard nach dem Einzug der Besatzung. Abb. aus: Dokumente aus dem Befreiungskampf, Ludwigshafen 1930, 21. (Bayerische Staatsbiblibliothek, 4 H.un.app. 252)
Dr. Hans Adam Dorten (1880-1963), Foto um 1924. (Source gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France)
Joseph Friedrich Matthes (1886-1943). Foto um 1923. (Library of Congress, LC-DIG-ggbain-15992)
Konrad Adenauer (1876-1967, Zentrum, CDU), Oberbürgermeister von Köln 1917-1933 und Bundeskanzler 1949-1963. Foto um 1930. Abb. aus: Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Bd.1, 1930, 8. (Bayerische Staatsbibliothek, Hbks/Z 35-1)

von Gerhard Gräber

Bestrebungen, einen eigenen Staat an Mittel- und Niederrhein zu bilden, entweder im oder auch außerhalb des Reichsverbandes. Erstmals 1793 proklamiert, lebte die Idee nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erneut auf, zum Teil unterstützt von der französischen Besatzungsmacht. Weder diplomatische noch gewaltsame Aktionen in Form von Putschversuchen führten jedoch zu einer dauerhaften Abtrennung des Rheinlandes.

Die Rheinische Republik von 1793

Eine kurzlebige "Rheinische Republik", symbolisiert durch die grün-weiß-rote Trikolore, wurde erstmals am 18. März 1793 vom Rheinischen Nationalkonvent in Mainz proklamiert, nachdem französische Revolutionstruppen das linke Rheinufer besetzt hatten. Danach tauchte das Konzept eines Rheinstaates erst wieder im Zusammenhang föderalistischer und separatistischer Bestrebungen nach dem Ersten Weltkrieg auf.

Bestrebungen für eine Rheinische Republik 1918/19

Am 10. November 1918, noch einen Tag vor dem Waffenstillstand und einen Tag nach der Ausrufung der Republik in Berlin, begann die "Kölnische Volkszeitung", ein Organ der katholischen Zentrumspartei, eine Kampagne für eine Rheinische Republik im Rahmen des Reichs. Schutz vor einer möglichen französischen Annexion war ein Hauptmotiv, aber auch Furcht vor einem sozialistischen Preußen und insbesondere seit dem Kulturkampf gepflegte antipreußische Ressentiments wurden in der Parole: "Los von Berlin!" deutlich. Der damalige Kölner Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) wurde zu einem der prominentesten Köpfe dieser Bewegung, zog sich aber mit anderen führenden Zentrumspolitikern im Laufe des Frühjahrs 1919 wieder zurück, weil deutlich wurde, dass eine solche Republik auf legalem Wege nicht erreichbar war.

Putschversuche 1919

Übrig blieb der Wiesbadener Staatsanwalt a.D. Dr. Hans Adam Dorten (1880-1963), der am 1. Juni 1919 mit Unterstützung des französischen Besatzungsgenerals Charles Mangin (1866-1925) auf gewaltsamem Weg eine Rheinische Republik innerhalb des Deutschen Reichs in Wiesbaden proklamierte, die neben der preußischen Rheinprovinz auch Rheinhessen, Nassau, Birkenfeld und die bayerische Rheinpfalz einschließen sollte. Die Aktion scheiterte nach vier Tagen kläglich, da in den rheinischen Städten eine breite Streikbewegung entstand. Dorten musste mit seinen Anhängern das Regierungsgebäude in Wiesbaden am 4. Juni 1919 unter französischem Geleitschutz angesichts einer Massendemonstration verlassen. Das Konkurrenzunternehmen "Freie Pfalz" (eine Republik außerhalb des Reichs), vom dortigen General Augustin Grégoire Arthur Gérard gefördert, war aufgrund breiter Proteste in Speyer am 1. Juni schon im Ansatz gescheitert.

Nach Unterzeichung des Versailler Friedensvertrags und Inkrafttreten eines Besatzungsstatuts für das linke Rheinufer sowie der Verabschiedung der Weimarer Verfassung war eine "Rheinische Republik" oder eine "Freie Pfalz" auch für die französische Besatzungsmacht zunächst kein Thema mehr. Allerdings wurde im rheinischen Raum (nicht in der Pfalz) die Bewegung von 1919 in Form von separatistischen Organisationen und Parteien am Leben gehalten (Dortens Rheinische Volksvereinigung, Smeets' Rheinisch-Republikanische Volkspartei und Matthes' Rheinischer Unabhängigkeitsbund).

Bestrebungen für eine Rheinische Republik 1923

Die Bewegung für eine Rheinische Republik bekam erst wieder 1923 neue Nahrung, als der passive Widerstand gegen die Ruhrbesetzung durch Frankreich und Belgien verheerende ökonomische und moralische Auswirkungen für die Bevölkerung der besetzten Gebiete zeitigte. Nach Abbruch des passiven Widerstandes am 26. September 1923 durch die Regierung Stresemann entstand für die rheinischen Gebiete eine ähnlich unsichere Situation wie im Frühjahr 1919. Die Inflation war enorm gestiegen, die Wirtschaft des besetzten Gebietes fast zusammengebrochen und das Reich befand sich in einer veritablen Staatskrise. In diesem Zusammenhang wurden in Berlin Pläne diskutiert, das Rheinland "versacken" zu lassen, den Besatzungsmächten gleichsam die Verantwortung für das besetzte Gebiet zu übergeben und sich von der Belastung zu befreien. Rheinische Politiker der etablierten Parteien, allen voran wieder Konrad Adenauer, loteten erneut die Möglichkeit eines selbständigen Weges für die rheinischen Gebiete aus. Sie zogen sich aber wieder zurück, als die Reichsregierung keine staatsrechtlichen Spielräume für direkte Verhandlungen mit den Besatzungsmächten ermöglichte und auch die französische Politik auf Maximalforderungen beharrte – Abtrennung einer Rheinischen Republik bzw. rheinischer Republiken vom Reich.

Separatistenputsche von Aachen bis Speyer

Damit wurde im Oktober 1923 der Weg frei für die radikalen Separatisten um Dorten, Joseph Friedrich Matthes (1886-1943) und Franz Josef Smeets, die mit bewaffneten Truppen (Rheinlandschutz) unter Duldung und Förderung Frankreichs erneut eine Rheinische Republik, diesmal außerhalb des Reichsverbandes, zu errichten suchten. Überraschend preschte am 21. Oktober in Aachen in der belgischen Zone der Fabrikant Leo Deckers vor, besetzte zentrale öffentliche Gebäude und rief die Rheinische Republik aus. Dorten und Matthes waren damit unter Zugzwang gesetzt und ließen ebenfalls zahlreiche rheinische Rathäuser und Regierungsgebäude besetzen, am 25. Oktober 1923 ferner das Koblenzer Schloss, und bildeten eine "Vorläufige Regierung der Rheinischen Republik".

Die Putschregierung scheiterte aber mangels Zustimmung in der Bevölkerung und aufgrund innerer Machtkämpfe. Dorten versuchte am 18. November 1923, ein eigenständiges Machtzentrum in Bad Ems aufzubauen und Matthes kapitulierte im Koblenzer Schloss vor der Meuterei seiner eigenen Truppen. Am 29. November 1923 verkündete er offiziell die Auflösung der Vorläufigen Regierung der Rheinischen Republik. Auch Dorten konnte in Bad Ems keine Macht aufbauen und verließ am 30. Dezember 1923 Deutschland, um sich in Nizza niederzulassen.

Einzig in Form der Autonomen Pfalz, die der pfälzische Bauernführer Franz Josef Heinz (1884-1924) am 12. November 1923 in Speyer als Teil einer Rheinischen Republik proklamiert hatte, konnte das separatistische Projekt eine gewisse Macht entfalten. Die Autonome Republik wurde erst am 17. Februar 1924 von einem Komitee der Rheinlandkommission abgewickelt.

Die Länderneuordnung nach 1945

Die Neuordnung der Länder durch die Alliierten nach 1945 trug zum Teil einigen Vorstellungen der rheinischen Bewegung Rechnung. Preußen wurde zerschlagen, die neu geschaffenen Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erinnern an Grenzvorstellungen, wie sie bereits 1919 und 1923 angedacht waren.

Vor allem im Hinblick auf die "Deutsche Frage" tat die DDR-Geschichtsforschung alles, um der SED-Führung Propagandamaterial gegen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dessen Westbindungspolitik an die Hand zu geben. Adenauer wurde immer wieder als Protagonist der Rheinstaatsbewegung 1919 und 1923 gekennzeichnet, um so die Bundesrepublik als eine etwas vergrößerte Rheinische Republik geißeln zu können, als Verwirklichung früherer Adenauerscher Ziele.

Literatur

  • Karl Dietrich Erdmann, Der "entmythologisierte" Adenauer, in: Historische Zeitschrift 243 (1986), 627-637.
  • Gerhard Gräber/Matthias Spindler, 100 Tage "Autonome Pfalz" (1923/24), in: Wilhelm Kreutz/Karl Scherer (Hg.), Die Pfalz unter französischer Besetzung (1918/19-1930), Kaiserslautern 1999, 187-200.
  • Henning Köhler, Adenauer und die rheinische Republik, Opladen 1986.
  • Klaus Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung (1918-1933), Frankfurt am Main 1979.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Gerhard Gräber, Rheinische Republik, publiziert am 30.08.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Rheinische_Republik> (28.03.2024)