Konstitution des Königreichs Bayern (1808)
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Am 25. Mai 1808 wurde die „Konstitution für das Königreich Baiern“ erlassen. Sowohl außen- als auch innenpolitische Motive lagen der Einführung dieser Konstitution zugrunde. Einerseits sollte auf diese Weise jene gemeinsame Verfassung verhindert werden, die Napoleon für den Rheinbund, das Bündnis der Mittel- und Kleinstaaten mit Frankreich, wünschte. Eine solche Verfassung hätte die gerade gewonnene Souveränität des Königreichs Bayern gefährdet. Andererseits bot die Konstitution die Chance, die bis 1808 in Bayern verabschiedeten Reformen zusammenzufassen, die Basis für weitere Reformen zu bereiten, das aus alt- und neubayerischen Teilen bestehende Königreich in einen Gesamtstaat umzuformen sowie die Integration der neubayerischen Teile zu befördern. Die Konstitution von 1808 wurde 1818 von der Verfassung des Königreichs Bayern abgelöst.
Die außenpolitische Situation Bayerns 1808
Mit dem vom bayerischen Außenminister Maximilian von Montgelas (1759-1838) initiierten Vertrag von Bogenhausen vom 25. August 1805 vollzog Bayern einen spektakulären Bündniswechsel. Es verließ die gegen das revolutionäre Frankreich gerichtete Koalition und schloss sich Napoleon (1769-1821) an. Bayerns Motive waren u.a. Sorge vor österreichischen Expansionsplänen und die Hoffnung, an der Seite des bisher so gut wie immer militärisch siegreichen Napoleon als eigenständiges Territorium überleben zu können. Zu dieser Zeit wechselten weitere mittlere und kleinere Reichsstände zu Frankreich, darunter auch Baden und Württemberg.
Es lag im Interesse des französischen Kaisers, diese insgesamt 16 deutschen Territorien und ihre Fürsten eng an sich zu binden. Daher ließ er sie die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 unterzeichnen, die aber nicht nur ein völkerrechtliches und militärisch wirksames Bündnis beinhaltete. Gleichzeitig erklärten nämlich die deutschen Bündnispartner ihren dauerhaften Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und erkannten Napoleon als den Protektor des Rheinbundes an. Außerdem erklärten sie sich damit einverstanden, dass ein sogenanntes Fundamentalstatut erarbeitet werden sollte, um das Verhältnis zwischen dem französischen Kaiser und den Mitgliedern des Rheinbundes noch weiter zu präzisieren. Trotz Napoleons Versicherung, den Mitgliedern dieses Bundes die volle staatliche Souveränität zuzubilligen, war zu befürchten, dass der französische Kaiser in die innenpolitischen Verhältnisse seiner Bündnispartner hineinregieren wollte.
Symbolische Darstellung der Beeidigung der Rheinbundakte durch Napoleon (1769-1821) und die 15 konföderierten Fürsten auf einer Illustration von Thomas Charles Naudet (1773-1810), 1806. (Rijksmuseum, gemeinfrei via Wikimedia Commons)
Karl Theodor Reichsfreiherr von und zu Dalberg (1744-1817), 1787 Koadjutor des Erzbischofs von Mainz, von 1802 bis 1806 Kurfürst von Mainz bzw. Regensburg und ab 1806 Fürstprimas des Rheinbundes. Gemälde von Johann Friedrich Tischbein (1750-1812), 1796. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, 8997, lizenziert duch CC BY-SA 4.0)
Deutschland 1806. Die Karte verdeutlicht die Lage Anfang August 1806. (Gestaltung: Stefan Schnupp; Grundlage: „Karte des Rheinbundes 1806“ von ziegelbrenner lizenziert durch CC BY 2.5 via Wikimedia Commons)
Die innenpolitische Situation Bayerns 1808
Seit dem Regierungsantritt von Kurfürst Max IV. Joseph 1799 agierte Maximilian von Montgelas nicht nur als bayerischer Außenminister, sondern er unterzog das Kurfürstentum auch einer rigorosen Reformpolitik gemäß den Idealen der Aufklärung. Seinen diesbezüglichen Reformplan hatte Montgelas bereits 1796, im Ansbacher Exil, dem künftigen bayerischen Kurfürsten vorgelegt. Der bayerische Außenminister war ebenso wie Max IV. Joseph davon überzeugt, in den unruhigen Zeiten des Umbruchs seit 1789 eine Revolution von oben betreiben zu müssen, um das fast zwangsläufig mit einer Revolution von unten einhergehende Chaos zu vermeiden.
Bis zum Jahr 1808 hatte Montgelas bereits diverse Reformen umgesetzt: die Einführung von Ressortministerien; die Trennung von Justiz und Verwaltung (ausgenommen die unterste Verwaltungsebene); die Einführung von Parität und Toleranz, also die Gleichberechtigung der drei christlichen Konfessionen (Katholiken, Lutheraner, Reformierte) im vormals ausschließlich katholischen Bayern; die Aufhebung der Klöster; die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht; die Verabschiedung der sogenannten Staatsdienerpragmatik, mit der eine neue, aufgrund von Qualifikation und Leistung berufene sowie staatsloyal agierende Beamtenschaft entstand; die Entmachtung der Stände; die Aufhebung der Binnenzölle in Bayern; Maßnahmen zur Liberalisierung des Handwerks sowie zur Steigerung der landschaftlichen Produktivität. Ein Ende dieser Reformpolitik war damit freilich noch nicht in Sicht, galt es doch in Montgelas’ Augen, den gesamten Staat streng hierarchisch auf die Staatsspitze, also auf den Monarchen und seine Regierung auszurichten.
Karte Bayerns von 1808. Sie zeigt die Einteilung des Landes in 15 Kreise, wie sie durch die Konstitution (Tit. I, § 4) neu geregelt wurde. (Bayerische Staatsbibliothek, Mapp. XI, 49 ab)
Max I. Joseph (1756-1825, reg. 1799-1825), Staatsporträt im Krönungsornat. Kopie von einem unbekannten Künstler nach einem Gemälde von Moritz Kellerhoven (1758-1830), um 1806. (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, 13449 lizenziert durch CC BY-SA 4.0)
Die Entstehung der Konstitution und die Motive
Am 4. August 1806 legte Karl Theodor von Dalberg (1744-1817), der vom französischen Kaiser zum Fürstprimas von Deutschland ernannt worden war, den ersten Entwurf eines Fundamentalstatuts für den Rheinbund vor. Wäre der Entwurf, der für den französischen Kaiser eine große Machtfülle vorsah, umgesetzt worden, hätte dies eine starke Einschränkung der Handlungsspielräume der Mitgliedsstaaten nach sich gezogen. In diesem Fall wäre freilich mit dem Widerstand der meisten Rheinbundstaaten, die sich ihre neu erlangte Souveränität nicht schon wieder nehmen lassen wollten, zu rechnen gewesen. Daher lehnten auch der französische Kaiser sowie sein Außenminister Charles Maurice de Talleyrand (1754-1838) den Entwurf ab. Angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen mit Preußen und Russland 1806/07 sowie mit Schweden 1807 war Napoleon zu dieser Zeit eher daran interessiert, dass die Rheinbundstaaten ihren militärischen Verpflichtungen nachkamen.
Zu Beginn des Jahres 1808 stand allerdings ein neuer, rein französischer Entwurf für ein Fundamentalstatut zur Debatte. Dessen Umsetzung hätte Napoleon nun doch erhebliche Eingriffsmöglichkeiten in die innenpolitischen Verhältnisse seiner Verbündeten ermöglicht. Zudem wäre die Post zu einer Angelegenheit des Bundes geworden – eine Chance für Paris, den gesamten Briefverkehr auf dem Kontinent noch gezielter überwachen zu können. Besonders bedrohlich aber musste es der bayerischen Regierung erscheinen, dass alle Rheinbundstaaten den Code Napoléon einführen sollten, was zu einer Gefährdung der materiellen Basis des bayerischen Adels hätte führen können. Das aber wollten Max Joseph und Montgelas unbedingt verhindern. Der Adel sollte weiterhin eine Stütze der monarchischen Herrschaft in Bayern bleiben.
Montgelas schlug daher vor, rasch eine eigene Konstitution zu verabschieden. Sie sollte eng angelehnt sein an diejenige des Königreichs Westphalen, die Napoleon selbst konzipiert hatte. Man war in München aber gleichzeitig darauf bedacht, den gesellschaftlichen Aufbau des Königreichs beizubehalten. Darüber hinaus bot eine eigene Konstitution Montgelas die Chance, seine bisherigen Reformen noch einmal festzuschreiben und zudem weitere geplante Schritte auf dem Weg, ein modernisiertes, straff hierarchisch organisiertes Bayern entstehen zu lassen, in den Konstitutionstext einfließen zu lassen. Letztendlich gehörte auch die Abschaffung der Landstände als solche zu seinen innenpolitischen Zielen.
Montgelas hätte am liebsten bereits wesentlich früher ein neues bayerisches Staatsrecht eingeführt, das u.a. zur Integration der neubayerischen Gebiete beitragen sollte. Doch ließ sich dies vor dem Ende des Alten Reichs 1806 nicht realisieren. Dazu kam noch, dass das Finanzjahr 1806/07 die katastrophale finanzielle Situation Bayerns überdeutlich machte. Es galt daher, den Adel zwar als solchen zu erhalten, aber dessen Steuerprivilegien aufzuheben und zuerst die traditionelle Steuer- und Schuldenverwaltung der Landschaft zu beseitigen. Max Joseph, seit 1806 König von Bayern, ging auf Montgelas’ Rat hin mit gutem Beispiel voran und zahlte seit 1807 für seinen persönlichen Grundbesitz Steuern an den bayerischen Staat.
Angesichts der 1808 noch einmal akut werdenden Gefahr, Napoleon könnte auf einer Rheinbundverfassung bestehen, reagierte Bayern Mitte Januar 1808 einerseits mit einem eigenen Entwurf für ein Fundamentalstatut, das die Souveränität aller Rheinbundstaaten unangetastet ließ. Da Napoleon aber im Laufe des Jahres 1808 erneut außenpolitisch gefordert war – der Kaiser versuchte auch Spanien und Portugal unter seine Herrschaft zu zwingen, was zu einem Aufstand auf der Iberischen Halbinsel führte -, kam er nicht mehr auf die bayerische Initiative und schließlich gar nicht mehr auf die Idee eines Fundamentalstatuts zurück. Andererseits äußerte Max I. Joseph zu Beginn des Jahres 1808 den Wunsch, dass Bayern eine eigenständige Konstitution bekomme, die dazu beitragen würde, die einzelnen bayerischen Provinzen in einen Gesamtstaat umzuformen. Kurze Zeit später, am 13. Februar 1808, legte Montgelas in der Geheimen Staatskonferenz einen ersten Entwurf vor. Nur sieben Tage später genehmigte der König diesen Entwurf im Großen und Ganzen, der Ende Februar nur geringfügig ergänzt wurde: um die Aufhebung der Leibeigenschaft sowie um die Absichtserklärung, ein neues Straf- sowie ein neues Zivilrecht für ganz Bayern erarbeiten zu lassen. Mit Datum vom 25. Mai 1808 wurde die Konstitution den bayerischen Untertanen zur Kenntnis gebracht, ab dem 1. Oktober 1808 war sie in Kraft.
Inhalt der Konstitution
Nach einleitenden Worten, die die Absicht des bayerischen Königs darlegen, was er mit dieser Konstitution bezweckte (die Schaffung eines bayerischen Gesamtstaates, die Einführung gleicher Gesetze für alle Untertanen, die Herbeiführung eines hierarchisch gegliederten Staates), folgen sechs Titel mit insgesamt 45 Paragraphen.
Teil | Titel | Inhalt |
---|---|---|
Erster Teil | Hauptbestimmungen | Bayerns Mitgliedschaft im Rheinbund; die Aufhebung aller Verfassungen und Privilegien der mediatisierten Territorien; Einführung eines einheitlichen Steuersystems; Aufhebung der Leibeigenschaft; neue Kreiseinteilung; Stellung des Adels und der Geistlichkeit; Garantie der bürgerlichen Rechte der Untertanen (Sicherheit der Person, des Eigentums und Gewissensfreiheit); Pressefreiheit; Pflicht der Untertanen, dem Monarchen den Treueid zu leisten usw. |
Zweiter Teil | Von dem königlichen Hause | Sukzessionsbedingungen; materielle Ausstattung verwitweter Königinnen; Heiratsgut der Prinzessinnen; Volljährigkeit der Prinzen; Regentschaftseinsetzung bei minderjährigen Thronfolgern; Organisation des Hofstaates usw. |
Dritter Teil | Von der Verwaltung des Reiches | Organisation der Ministerien, des Geheimen Rates, der Kreise und der Landgerichte; Pflichten der Beamten usw. |
Vierter Teil | Von der Nationalrepräsentation | geplante Organisation und Zusammensetzung: Modalitäten der Wahl von jeweils sieben Mitgliedern aus jedem Kreis; Recht des Königs, den Präsidenten und vier Sekretäre zu ernennen; Bedingungen des Zusammentritts der Nationalrepräsentation, der Vertagung bzw. Auflösung; Wahl von Kommissionen; Bedingungen der Gesetzgebung usw. |
Fünfter Teil | Von der Justiz | Organisation der Gerichte; Rechte des Königs bei Gnadenerlassen; weitgehende Unabhängigkeit der Justiz; Ankündigung eines neuen gesamtbayerischen Straf- sowie eines neuen Zivilgesetzbuches usw. |
Sechster Teil | Von dem Militärstande | das neue stehende Heer; Rekrutierung der Soldaten; Einsatzmöglichkeiten der Armee; Militärgerichtsbarkeit; Nationalgarde; Polizei usw. |
Zur Konstitution des Jahres 1808 gehören ferner die sogenannten Organischen Edikte, die Montgelas seit 1808 auf den Weg brachte. Nach Eberhard Weis (1925-2013) bildete die Konstitution gewissermaßen den Rahmen des bereits Erreichten und sie formulierte allgemeine Grundsätze für die innere Fortentwicklung Bayerns seit dem Ende des Alten Reiches. Weitere konkrete Reformen wurden anschließend mit den Organischen Edikten umgesetzt.
Datum | Titel | Veröffentlichung im Königlich Bayerischen Regierungsblatt (RBL) |
---|---|---|
4.6.1808 | Organisches Edikt, die Bildung des geheimen Raths betr. | RBL 28 (22.6.1808), Sp. 1329-1335 |
21.6.1808 | Verordnung, die Territorial-Einteilung des Königreichs Baiern betr. | RBL 33 (13.7.1808), Sp. 1481-1502 |
7.7.1808 | Edikt über die Lehens-Verhältnisse im Königreich Baiern | RBL 48 (7.9.1808), Sp. 1893-1932 |
17.7.1808 | Instruktion über die General-Kreis-Kommissäre | RBL 39 (10.8.1808), Sp. 1649-1682 |
24.7.1808 | Organisches Edikt, die Gerichts-Verfassung betr. | RBL 43 (24.8.1808), Sp. 1785-1800 |
28.7.1808 | Organisches Edikt über die gutsherrlichen Rechte | RBL 45 (31.8.1808), Sp. 1833-1852 |
28.7.1808 | Organisches Edikt über die Bildung der Gemeinden | RBL 70 (14.12.1808), Sp. 2789-2797 |
28.7.1808 | Edikt über den Adel im Königreich Baiern | RBL 51 (14.9.1808), Sp. 2029-2044 |
28.7.1808 | Reglement, die Kron-Ämter des Reiches betr. | RBL 53 (21.9.1808), Sp. 2109-2112 |
28.7.1808 | Königliches Familien-Gesetz | RBL 46 (26.9.1810), Sp. 777-796 |
8.8.1808 | Organisches Edikt, die Anordnung der Kreis-Finanz-Direktionen betr. | RBL 47 (7.9.1808), Sp. 1869-1892 |
25.8.1808 | Organisches Edikt, die Anordnung einer Lehens- und Hoheits-Sektion bei dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten betr. | RBL 49 (14.9.1808), Sp. 1939-1953 |
25.8.1808 | Organisches Edikt, die Anordnung einer Polizei-Sektion bei dem Ministerium des Innern betr. | RBL 49 (14.9.1808), Sp. 1953-1964 |
25.8.1808 | Organisches Edikt über die Anordnung einer Steuer- und Domänen-Sektion bei dem königlichen geheimen Finanzministerium | RBL 52 (14.9.1808), Sp. 2045-2058 |
29.8.1808 | Edikt über die Konfiskationen | RBL 49 (14.9.1808), Sp. 1937-1939 |
31.8.1808 | Edikt über die Aufhebung der Leibeigenschaft | RBL 49 (14.9.1808) Sp. 1933-1936 |
8.9.1808 | Organisches Edikt über das Medizinalwesen im Königreiche | RBL 56 (28.9.1808), Sp. 2189-2210 |
8.9.1808 | Organisches Edikt über die Patrimonial-Gerichtsbarkeit | RBL 57 (28.9.1808), Sp. 2245-2257 |
8.9.1808 | Organisches Edikt über die Anordnung einer Sektion in Kirchen-Gegenständen bei dem Ministerium des Innern | RBL 58 (5.10.1808), Sp. 2271-2278 |
15.9.1808 | Organisches Edikt über die Sektion des Ministeriums des Innern für die öffentlichen Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten | RBL 62 (26.10.1808), Sp. 2461-2471 |
17.9.1808 | Organisches Edikt über die Anordnung der General-Post-Direktion als Sektion des auswärtigen Ministeriums | RBL 58 (5.10.1808), Sp. 2261-2271 |
24.9.1808 | Edikt über das Gemeinde-Wesen | RBL 61 (19.10.1808), Sp. 2405-2431 |
24.3.1809 | Religions-Edikt | RBL 40 (14.6.1809), Sp. 897-920 |
Bedeutung und Wirksamkeit der Konstitution
Unübersehbar ist die – aus bayerischer Sicht – Notwendigkeit, sich innerhalb des Rheinbundes mit einer eigenen Verfassung zu positionieren. Das sollte die bayerische Eigenstaatlichkeit hervorheben. Letztlich trug die Konstitution dazu bei, Bayern gegen Napoleons geplante Eingriffe abzuschirmen. Außerdem gelang es der bayerischen Regierung, auf der Basis der Konstitution diverse weitere Reformvorhaben umzusetzen: die Abschaffung der vormaligen Ständeverfassungen, die verfassungsmäßige Verankerung der bürgerlichen Freiheiten und deren Ausdehnung auf alle Teile Neubayerns, die Steigerung der Effektivität der Verwaltung, die Möglichkeit, mehr Steuern erheben zu können, die zentralistische Ausrichtung Bayerns auf die Staatsspitze.
Ein Manko, das anschließend den Kronprinzen Ludwig (1786-1868, reg. 1825-1848), den späteren König Ludwig I., umtreiben sollte, war der Umstand, dass es nie zur Einberufung der in der Konstitution beschriebenen Kreisversammlungen, Kreisdeputationen sowie der National-Repräsentation kommen sollte. Montgelas dürfte dafür verantwortlich gezeichnet haben, da er die Bayern selbst noch 1818/19 längst nicht für reif genug hielt, an den (innen)politischen Entscheidungen des Königreichs Bayern teilzuhaben. Gleichwohl unterwarf sich die Krone 1808 gewissen politischen Bindungen, hinter die sie anschließend nicht mehr zurückkonnte. Bayern war unumkehrbar auf dem Weg zur Staatsform einer ausdifferenzierten konstitutionellen Monarchie. Zehn Jahre blieb die bayerische Konstitution von 1808 im Kraft. 1818 wurde sie von der Verfassung des Königreichs Bayern abgelöst.
Literatur
- Hartwig Brandt, Die Verfassung des Königreichs Bayern von 1808, in: Ders. / Ewald Grothe (Hgg.), Rheinbündischer Konstitutionalismus, Frankfurt am Main 2007, 53-63.
- Walter Demel, Der bayerische Staatsabsolutismus 1806/08-1817. Staats- und gesellschaftspolitische Motivationen und Hintergründe der Reformära in der ersten Phase des Königreichs, München 1983.
- Michael Doeberl, Rheinbundverfassung und bayerische Konstitution (Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1924,5), München 1924.
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.), Bayerns Anfänge als Verfassungsstaat. Die Konstitution von 1808. Eine Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 49), München 2008.
- Rudolf M. Kloos (Hg.), Bayerns Weg zum modernen Staat. Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München zum 150. Jahrestag der Verfassung des Königreichs Bayern vom 26. Mai 1818, München 1968.
- Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918. Eine Dokumentensammlung nebst Einführungen, Bd. 2, Bayern/Berlin/Heidelberg 2007.
- Karl Möckl, Der moderne bayerische Staat. Eine Verfassungsgeschichte vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Reformepoche (Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern 3,1) , München 1979.
- Karl Möckl, Die bayerische Konstitution von 1808, in: Eberhard Weis (Hg.), Reformen im rheinbündischen Deutschland, München 1984, 151-166.
- Alois Schmid (Hg.), Die bayerische Konstitution von 1808. Entstehung – Zielsetzung – Europäisches Umfeld ( Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte: Beiheft 35), München 2008.
- Peter Wegelin, Die bayerische Konstitution von 1808, in: Schweizer Beiträge zur Allgemeinen Geschichte 16 (1958), 142-206.
- Eberhard Weis, Napoleon und der Rheinbund, in: Ders., Deutschland und Frankreich um 1800. Aufklärung, Revolution, Reform, München 1990, 186-217.
- Eberhard Weis, Die Begründung des modernen bayerischen Staates unter König Max I. (1799-1825), in: Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, begründet von Max Spindler, Bd. IV: Das Neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik, München 2. Aufl. 2003, 3-126.
- Eberhard Weis, Montgelas, Bd. 2: Der Architekt des modernen bayerischen Staates 1799-1838, München 2005.
- Dietmar Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, § 29, Verfassungsurkunden und Verfassungspraxis im Vormärz, 8. Aufl. München 2019, 231-241.
- Fritz Zimmermann, Bayerische Verfassungsgeschichte vom Ausgang der Landschaft bis zur Verfassungsurkunde von 1818, Teil 1: Vorgeschichte und Entstehung der Konstitution von 1808, München 1940.
Quellen
- ungedruckte Quellen:
- gedruckte Quellen:
- Constitution für das Königreich Baiern, 1808. (gedruckte Fassung)
- Rolf Kießling / Anton Schmid (Bearb.), Die bayerische Staatlichkeit, München 1976.
- Esteban Mauerer (Bearb.), Die Protokolle des Bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817, Bd. 2: 1802 bis 1807, München 2008.
- Esteban Mauerer (Bearb.), Die Protokolle des Bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817, Bd. 3: 1808 bis 1810, München 2015.
- Königlich-baierisches Regierungsblatt 1808-1810
- Alfons Wenzel (Bearb.), Bayerische Verfassungsurkunden. Dokumentation zur bayerischen Verfassungsgeschichte, Stamsried 4. Aufl. 2002.
Weiterführende Recherche
- Schlagwortsuche im Online-Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern
- Stichwortsuche in bavarikon
- Suche in der Bayerischen Bibliographie
Externe Links
- www.verfassungen.de: Verfassung des Königreichs Bayern
- Verfassung des Königreichs Westphalen, 15.11.1807
- bavarikon-Ausstellung: Die Verfassung des Königreichs Bayern 1818–1918; Vorgeschichte: Die Konstitution vom 20. April 1808
- Haus der bayerischen Geschichte: Portal Königreich Bayern 1806-1918:Die bayerischen Verfassungen der Jahre 1808 und 1818
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- Verfassung des Freistaats Bayern (1946)
- Regierung unter Max I. Joseph
Empfohlene Zitierweise
Katharina Weigand, Konstitution des Königreichs Bayern (1808) publiziert am 11.12.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Konstitution_des_Königreichs_Bayern_(1808)> (17.01.2025)