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Katholischer Preßverein für Bayern

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Version vom 2. Dezember 2019, 10:07 Uhr von imported>Schweigers
Aufruf zum Eintritt in den Katholischen Preßverein von 1902. Das hier genannte Gründungsdatum ist falsch, richtig wäre der 15. Juli 1901. (Bayerische Staatsbibliothek)
Beitrittserklärung zum Katholischen Preßverein. (Bayerische Staatsbibliothek)
Ludwig Müller (aus: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. 2. Band, Berlin 1931, 1288)
Bericht der Eichstätter Volkszeitung vom 19. Juli 1901 über die Gründung des Preßvereins. (Universitätsbibliothek Eichstätt-Ingolstadt, 222/AZ 95976-1901)
Prälat Georg Triller. (aus: Nüßler, Geschichte, vor 29)
Dr. Georg Triller (1855-1926). Abb. aus: Das Bayerland, Jahrgang 37 vom September 1926, 568. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 Bavar. 198 t-37)
Die Gedenktafel für die drei 1933 von den Nationalsozialisten verbotenen Zeitungen "Der gerade Weg", "Münchner Post" und "Münchner Neueste Nachrichten" links neben der Gedenktafel für Fritz Gerlich (Chefredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten 1920-1928, Mitte) am ehemaligen Verlagsgebäude der Süddeutschen Zeitung in München. (Foto: Henning Schlottmann, lizensiert durch CC-BY 4.0 via Wikimedia Commons)

von Franz Heiler

Ziel des 1901 in München gegründeten Vereins war, im Sinne der katholischen Kirche qualitätvolle Literatur zu fördern. Durch den Aufbau von Volksbüchereien und Lesehallen sowie die Durchführung von Bildungsveranstaltungen wurde der Preßverein zum wichtigsten bayerischen Volksbildungsverein. In Südbayern entwickelte er sich bis 1932 zu einem bedeutenden Zeitungsverlag. 1934 erzwangen die Nationalsozialisten den Verkauf der Zeitungen und eine stärkere Beschränkung auf den rein kirchlichen Bereich. Der Verein musste den Namen St. Michaelsbund annehmen, den er bis heute führt. Heute betreut der Michaelsbund zahlreiche (Pfarr-)Bibliotheken und unterhält ein kleines Verlagshaus.

Vorgeschichte

Angesichts einer "überhandnehmenden Verbreitung religionswidriger und unsittlicher Bücher" (aus dem königlichen Genehmigungsdekret für den "Katholischen Bücherverein für Bayern" vom 5. März 1830; zitiert nach Nüßler, Geschichte, 40) gab es bereits seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen überwiegend katholisch geprägten Gebieten des Deutschen Bundes Bestrebungen, dieser Entwicklung durch entsprechende Vereine entgegenzuwirken (wie etwa der "Katholische Bücherverein für Bayern" [1830], der "Verein des hl. Karl Borromäus" - Bonn [1845] oder der "Katholische Preßverein" der Diözese Graz-Seckau [1869]).

Hinzu kam nach 1848 der Gedanke, das katholische Pressewesen gegen die Übermacht der liberalen Zeitungen zu stärken. Angesichts der antikatholischen Tendenzen der Kulturkampfzeit (1871-1878) und der in der Konsequenz zunehmend ultramontanen Ausrichtung des deutschen Katholizismus gewann dieser Aspekt noch mehr an Bedeutung. Weitere Vereinsgründungen waren die Folge (z. B. "Augustinusverein" - Düsseldorf 1878, "Volksverein für das katholische Deutschland" - Köln 1890). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfuhr der Pressvereinsgedanke auch von päpstlicher Seite (Leo XIII., 1810-1903, Papst 1878-1903) lebhafte Unterstützung.

Gründung, Zielsetzung und Organisation des "Katholischen Preßvereins"

Gründer und langjähriger Spiritus rector des am 15. Juli 1901 in München ins Leben gerufenen Preßvereins war der Eichstätter Generalvikar Dr. Georg Triller (1855-1926). Seine in erster Linie seelsorgerlich motivierte Initiative zielte darauf ab, "das Volk zu schützen vor den Gefahren der schlechten Presse und beizuhelfen, dass demselben eine gesunde literarische Nahrung geboten werde" (aus der programmatischen Rede Trillers "Was will der katholische Preßverein für Bayern?" vom 2. Juni 1902; zitiert nach Nüßler, Geschichte, 76/77). Daraus resultierte zunächst das Bestreben, ein möglichst dichtes Netz von Ortsvereinen entstehen zu lassen, deren Hauptaufgabe im Auf- und Ausbau katholischer Volksbüchereien bestand (zu den Zielen des Vereins siehe im Detail den "Aufruf zum Eintritt in den katholischen Preßverein für Bayern" von 1902).

Bald jedoch dehnte der Verein seine Aktivitäten auf die allgemeine Volksbildungsarbeit sowie auf die Förderung jedweder Art von katholischen Presseerzeugnissen aus. Die in München ansässige Zentrale des Preßvereins mit dem Vorstand und einem ihm beigeordneten Ausschuss bildete eine Art Dachverband, dem neben der Vertretung des Gesamtvereins die Beratung, Information und Unterstützung der ansonsten relativ eigenständig agierenden Ortsvereine oblag.

In den Anfangsjahren ruhte die organisatorische Arbeit vor allem auf Triller, obwohl dieser lediglich im Ausschuss, nicht jedoch im Vorstand des Zentralvereins vertreten war. Erst 1904 wurde der Landshuter Kaplan Anton Kreutmeier (gest. 1944) zum ersten ständigen Landessekretär berufen. Ihm wurde 1907 mit dem Eichstätter Diözesanpriester Dr. Ludwig Müller (1876-1934) ein zweiter Landessekretär zur Seite gestellt. Da der Verein weiter wuchs, war es nötig, bis zum Anfang der 1920er Jahre zusätzliche Landessekretariate zu errichten. Als Generalsekretär (ab 1912) bzw. Generaldirektor (ab 1920, bis zu seinem gesundheitlich bedingten Ausscheiden 1932) avancierte Müller zur zentralen Figur des Preßvereins.

Entwicklung und Bedeutung des Vereins

Nach mühsamen Anfängen konnte der Preßverein beachtliche Erfolge erringen, wenngleich seine Bemühungen in den einzelnen Bistümern auf recht unterschiedliche Resonanz stießen. So zeichnete sich Eichstätt als kleinste bayerische Diözese durch einen relativ hohen Mobilisierungsgrad aus, während der Preßverein in Speyer durchweg von eher marginaler Bedeutung blieb. Erstaunlicherweise gelang es der Vereinsleitung, den Verein weitgehend unbeschadet durch den Ersten Weltkrieg und die anschließende Inflationszeit zu bringen. Trotz aller Widrigkeiten konnten in manchen Bereichen sogar noch Zuwächse erzielt werden. Besondere Verdienste erwarb sich der Preßverein im Krieg durch die massenhafte Verteilung von kostenlosen Büchern und Zeitungen an die Frontsoldaten.

Seinen Höchststand erreichte der Preßverein um die Mitte der 1920er Jahre (1924: 952 Ortsvereine - 1925: knapp 66.000 Mitglieder). Die Zahl der Volksbüchereien wuchs auf zeitweise über 1.000 an, die der dort bereitgestellten Bücher auf über 850.000. Demgegenüber spielten die ebenfalls vom Preßverein unterhaltenen Lesehallen und Lesezirkel immer nur eine untergeordnete Rolle. Volksbüchereien wie Lesehallen standen den Angehörigen aller Konfessionen offen. Trotz einer gewissen Bevorzugung katholischer Autoren nahmen die Volksbibliotheken "alles auf, was literarisch wertvoll und nicht gegen christlichen Glauben, christliche Sitte und Vaterlandsliebe verstößt" (Jahresbericht 1911, 8). Die zahlreichen Vorträge, Konzerte und sonstigen kulturellen Veranstaltungen machten den Preßverein bereits 1920 zum bedeutendsten Volksbildungsverein Bayerns.

Schon frühzeitig begnügte sich der Verein nicht mit der finanziellen Unterstützung katholischer Blätter und strebte zunehmend eine Beteiligung an Zeitungen und Verlagen an. 1914 übernahm der Ortsverein München den "Bayerischen Kurier", ein Jahr später auch das "Neue Münchener Tagblatt". Bis 1932 gelangte der Preßverein in den alleinigen Besitz von zehn Druckhäusern und 15 Provinzblättern. Hinzu kamen Beteiligungen an zehn weiteren Zeitungsverlagen mit noch einmal 24 Blättern. Regionaler Schwerpunkt waren Oberbayern mit München und das südliche Schwaben.

Im Unterschied zu vergleichbaren Vereinen (Borromäusverein, Augustinusverein u. a.) beschränkte der Preßverein seine Aktivitäten stets auf Bayern. Dennoch wirkte er weit über die bayerischen Grenzen hinaus. Nach seinem Vorbild (z. T. mit wörtlicher Übernahme der Vereinsstatuten) entstanden ähnliche Vereine in anderen deutschen Gebieten, aber auch im europäischen Ausland (wie etwa in Italien, Spanien, Ungarn oder Polen) und sogar in Übersee (USA, Brasilien und Japan).

Das Ende des Preßvereins und der Michaelsbund

Gegen Ende der 1920er Jahre geriet der Preßverein mehr und mehr in v. a. finanzielle Schwierigkeiten. Die Gründe hierfür waren einmal die allgemeine Verschlechterung der Wirtschaftslage (Weltwirtschaftskrise), zum anderen auch die nach wie vor andauernde Zersplitterung der katholischen Presselandschaft, die sich einem gleichzeitigen Erstarken deutsch-nationaler Blätter (Hugenberg-Presse) gegenübersah. Außerdem wirkte sich die zunehmende Bedeutung von Radio und Kino nachhaltig negativ auf das Leseverhalten wie auf den Besuch der Volksbildungsveranstaltungen aus.

Nach der "Machtübernahme" durch die Nationalsozialisten nahm auch der Druck auf den Preßverein zu. Im September 1934 wurde er zum Verkauf der vereinseigenen Zeitungen (mit Ausnahme der katholischen Kirchenzeitungen) gezwungen und zugleich in "St. Michaels-Bund zur Pflege des katholischen Schrifttums in Bayern" umbenannt. Die staatlichen Schikanen gipfelten 1940 in der Beschlagnahme der belletristischen Literatur (zugunsten der gemeindlichen Volksbibliotheken). Ab dem 1.1.1941 durften die Pfarrbüchereien des Michaelsbundes nur noch rein religiös-erbauliche Werke besitzen und verleihen.

Literatur

  • Winfried Becker, Neue Freiheit vom Staat - Bewährung im Nationalsozialismus: 1918-1945, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte. 3. Band: Vom Reichsdeputationshauptschluß bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Sankt Ottilien 1991, 337-392, hier: 358-359.
  • Leo Koep/Alfons Vodermayer, Die katholischen Volksbüchereien in Deutschland, in: Johannes Langfeldt (Hg.), Handbuch des Büchereiwesens. 2. Halbbände, Wiesbaden 1965, 387-420.
  • Erich Naab, Georg Triller, in: Traugott Bautz (Hg.), Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. 12. Band, Nordhausen 1997, Sp. 486-487.
  • Karola Nüßler, Geschichte des Katholischen Preßvereins für Bayern 1901-1934, Diss. masch. München 1954.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Franz Heiler, Katholischer Preßverein für Bayern, publiziert am 04.12.2008; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Katholischer_Preßverein_für_Bayern > (28.03.2024)