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Großdeutsche Zeitung

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Ausschnitt aus der ersten Ausgabe, 29. Januar 1924, Titelseite.
Ausschnitt aus dem Titelblatt vom 2. April 1924, dem Tag nach der Urteilsverkündung im Hitler-Ludendorff-Prozess.

von Paul Hoser

Die "Großdeutsche Zeitung" war der erste von mehreren Versuchen der Anhänger Adolf Hitlers (1889-1945), nach dem Verbot des "Völkischen Beobachters" im November 1923 einen Ersatz zu schaffen. Sie erschien zwischen dem 29. Januar und dem 22. Mai 1924 als Sprachrohr der Großdeutschen Volksgemeinschaft (GVG), erlangte jedoch keine Bedeutung.

Redaktion und Verlag

Am 29. Januar 1924 erschien die erste Nummer der "Großdeutschen Zeitung". Leitender Redakteur war der aus Österreich stammende ehemalige Redakteur des "Völkischen Beobachters" Josef Cerny (1869-1942), der sich als Schriftsteller "Stolzing-Cerny" nannte. An seine Stelle trat später der Schriftsteller, Ingenieur und völkische Redner Paul Tafel (1872-1953). Ständige Mitarbeiter waren Anton Drexler (1884-1942) und der vorherige Chefredakteur des "Völkischen Beobachters", Alfred Rosenberg (1893-1946).

Das Gesellschaftskapital von 5.000 Reichsmark verteilte sich auf sechs Personen, die nur Nebenfiguren der nationalsozialistischen Bewegung waren. Einer von ihnen war der spätere bayerische Staatssekretär Dr. Ernst Boepple (1887-1950), Inhaber des ersten nationalsozialistischen Verlags "Deutscher Volksverlag Dr. E. Boepple", in dem bereits zahlreiche antisemitische Schriften erschienen waren. Am 29. Februar 1924 wurde das Gesellschaftskapital verdoppelt. Den neuen Anteil übernahm der mit Hitler bekannte völkische Schriftsteller und Schwiegersohn Richard Wagners (1813-1883), Houston Stewart Chamberlain (1855-1927), der ihn dann an den Berliner Pianofabrikanten Edwin Bechstein (1859-1934), einen finanziellen Förderer Hitlers, abtrat. Geschäftsführer des Zeitungsverlags war der spätere Präsident der Industrie- und Handelskammer München, Dr. Hans Buchner (1896-1971), seit 1920 Mitarbeiter des "Völkischen Beobachters". Das Blatt war in ständigen Geldnöten.

Politische Linie

Die Zeitung war das Sprachrohr der "Großdeutschen Volksgemeinschaft", einer der rivalisierenden Gruppierungen in der Nachfolge der nach dem Hitlerputsch verbotenen NSDAP. Vorherrschend waren antisemitische und antikapitalistische Agitation. Hitler schätzte den Wert der Zeitung gering ein.

Das Blatt erschien zuletzt am 22. Mai 1924. Wichtigstes Konkurrenzorgan war der an Erich Ludendorff (1865-1937) orientierte "Völkische Kurier". Im November 1924 entstand als neues Organ der "Großdeutschen Volksgemeinschaft" die Zeitung "Der Nationalsozialist", die bis Mitte Februar 1925 erschien.

Literatur

  • Paul Hoser, Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934. Methoden der Pressebeeinflussung (Europäische Hochschulschriften III 447). 2 Bände, Frankfurt am Main u. a. 1990.

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser, Großdeutsche Zeitung, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Großdeutsche_Zeitung> (29.03.2024)