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Franz Eher Nachf. Verlag (Zentralverlag der NSDAP)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Ein Propagandazentrum der NSDAP: Die Buchhandlung des Eher Verlags um 1930. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv)
Sitz des Parteiverlages Franz Eher Nachfolger in der Münchner Thierschstraße 11, Aufnahme von Oktober 1927. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-40049)
Schalterraum im Verlagsgebäude es Parteiverlages Franz Eher Nachfolger in der Münchner Thierschstraße 11, Aufnahme von Oktober 1927. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-6707)
Max Amann, Leiter des Franz Eher Nachf. Verlags, Reichsleiter für die Presse und Präsident der Reichspressekammer, um 1937/38. (Bayerische Staatsbibliothek, Fotoarchiv Hoffmann)

von Paul Hoser

Münchner Presse- und Buchverlag, gegründet 1901 und benannt nach dem Journalisten und Verleger Franz Xaver Josef Eher (1851-1918). Am 17. Dezember 1920 erwarb die NSDAP das zuvor unbedeutende Unternehmen und gab im Eher Nachf. Verlag das Parteiorgan "Völkischer Beobachter" heraus. Der im Sommer 1923 gegründete eigene Buchverlag bildete bis 1933 das finanzielle Rückgrat. Nach 1933 wurde der Verlag dank seiner privilegierten Stellung vielfach mit Gewaltmethoden zum größten Verlagskonzern Europas ausgebaut. Seine Vermögenswerte gingen nach Kriegsende auf den bayerischen Staat über, der Verlag wurde 1952 liquidiert.

Kauf durch die NSDAP 1920

Am 17. Dezember 1920 ging der Franz Eher Nachf. Verlag in der Münchner Thierschstraße 15 (später Thierschstraße 11-17) aus den Händen völkischer Gesellschafter in die des Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitervereins (NSDAV) über. Hauptaufgabe der "Franz Eher Nachfolger GmbH" war die Herausgabe des Parteiorgans der NSDAP, des "Völkischen Beobachters". Seit 29. Juli 1921 verfügte Adolf Hitler (1889-1945) als Partei- und Vereinsvorsitzender über sämtliche Anteile. Am 4. August 1921 übernahm Max Amann (1891-1957) die Leitung des Unternehmens, das zu dieser Zeit ständig kurz vor dem finanziellen Zusammenbruch stand. Um dem abzuhelfen, gliederte Amann dem Verlag 1923 eine Verlagsbuchhandlung an. Die dort verlegten Schriften erreichten noch im selben Jahr eine Auflagenhöhe von 50.000.

Entwicklung bis 1933

Anders als der Völkische Beobachter unterlag der Buchverlag nach dem gescheiterten Hitlerputsch vom 8./9. November 1923 keinem Verbot. 1924 betrug die Auflagenhöhe seiner Druckerzeugnisse bereits wieder 22.000 Stück. Zum Bestseller entwickelte sich Hitlers Werk "Mein Kampf" (1925/27). Bis zu dessen Regierungsantritt wurden insgesamt 241.000 Stück abgesetzt. 1929 wurde der "Hoheneichen-Verlag" erworben, in dem Bücher nicht parteiamtlichen Charakters erschienen, z. B. Alfred Rosenbergs (1893-1946) "Der Mythus des 20. Jahrhunderts" (1930). Seit 1. November 1930 war der Verlag auch an dem von Joseph Goebbels (1897-1945) geleiteten Berliner Parteiorgan "Der Angriff" beteiligt.

Bereits 1932 konnte Amann aus den Gewinnen des Eher Verlags 3,9 Millionen Mark für Hitlers Wahlkämpfe zuschießen. Ende dieses Jahres betrug die Gesamtauflage aller Bücher und Broschüren ohne die Zeitschriften 14.716.000.

Entwicklung zum Verlagskonzern nach 1933

Die nationalsozialistische Pressepolitik zielte darauf ab, den eigenen Zeitungen die Vorherrschaft zu verschaffen, die Presse der Linken zu vernichten und die bürgerliche Presse politisch und wirtschaftlich zu kontrollieren. Amann, dem Hitler als Vorsitzendem der Reichspressekammer und des Vereins Deutscher Zeitungsverleger völlig freie Hand ließ, baute den Eher Verlag nun zum größen Verlagskonzern Europas aus. Für die notwendigen Transaktionen bediente er sich zweier Spezialisten: Max Winkler (1875-1961) hatte schon seit 1920 als Treuhänder für getarnte Reichsunternehmungen Erfahrung gesammelt. Er operierte bei Übernahmen mit Hilfe der 1929 gegründeten "Cautio GmbH" und der "Cura Revisions- und Treuhand GmbH". Der Jurist Rolf Rienhardt (1903-1975) war der eigentliche Motor von Amanns Pressepolitik, verfasste seine Reden, entwarf alle wichtigen Anordnungen und führte schwierige Verhandlungen.

Kontrolle der nationalsozialistischen Gaupresse

1933 und 1934 nahm Hitler den Gauleitern einen Großteil der Verlage ihrer lokalen Zeitungen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten, aus den Händen und unterstellte sie der Aufsicht und finanziellen Kontrolle des Eher-Verlages. Die Besitzrechte wurden auf Gauverlagsgesellschaften übertragen, die die vom Eher-Verlag beherrschte Holding "Standarte Verlags- und Druckerei GmbH" verwaltete.

Das Vorgehen gegenüber der linken und der konfessionellen Presse

1933 wurde die linke Presse durch Gewaltakte, Verbote und Konfiskationen zerstört. In den folgenden Machtkampf um die wirtschaftliche Kontrolle der konfessionellen Presse griff Amann seit April 1935 systematisch ein. Nach seinen Verordnungen durften anonyme Kapitalgesellschaften oder konfessionelle Organisationen keine Zeitungsverlage mehr besitzen. Überdies konnte er mit Hilfe des Reichskulturkammergesetzes jedem missliebigen Verleger Berufsverbot erteilen. Als erstes war die katholische Presse an der Reihe, die zum Teil eingestellt, zum Teil über die "Phönix GmbH" dem Eher-Konzern einverleibt wurde.

Die Übernahme bürgerlicher Zeitungen

Nichtkonfessionelle Zeitungen wie die berühmte "Frankfurter Zeitung" erfasste die "Herold Verlagsanstalt GmbH". Schon 1934 hatte der Eher-Verlag das Berliner Verlagsgroßunternehmen Ullstein an sich gerissen, über Winklers Cautio GmbH bediente man sich auch aus der Konkursmasse des Mosse-Verlages.

Besonderen Wert legten die Nationalsozialisten überdies auf den billigen Ankauf der lukrativen und politisch farblosen Generalanzeigerpresse. Hier erwarb der Eher-Verlag die "Vera Verlagsanstalt GmbH", bis dahin die Holding des deutschnational orientierten Hugenberg-Konzerns für dessen Provinzzeitungen.

Im September 1937 waren 54 % der deutschen Zeitungen Eigentum des Parteiverlags oder von ihm abhängig. Der Eher-Verlag war jetzt eines der größten deutschen Unternehmen. In Bayern kontrollierte er neben den größten Zeitungen in München und Augsburg zahlreiche weitere über die entsprechenden Gauverlage.

Der Eher-Verlag als Buchverlag

Auch das Buchverlagsgeschäft florierte. Goebbels und Reichspressechef Dr. Otto Dietrich (1897-1952) waren Bestsellerautoren, doch erschienen auch Romane im Eher-Verlag. Der Hoheneichen-Verlag wurde 1938 als Verlag für weltanschauliche Schriften der Partei unter der Aufsicht Alfred Rosenbergs ausgebaut. Nach der Angliederung Österreichs im März 1938 eignete sich der Eher-Verlag dort ebenfalls bedeutende Zeitungs- und Buchverlage an.

Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg

Am Vorabend des Krieges befanden sich fast nur noch Kleinstadtzeitungen in Privatbesitz. 1940 startete der zum Eher-Konzern gehörende "Deutsche Verlag" zwei sehr erfolgreiche neue Unternehmungen: Die für das Militär bestimmte Propagandaillustrierte "Signal" und eine Wochenzeitung, "Das Reich", die mit gemäßigtem Ton und höherem Niveau auch ein intellektuelles Leserpublikum ansprach. 1944 kaufte Amann mit Alfred Hugenbergs (1865-1951) Berliner Scherl-Konzern das letzte bedeutende private Zeitungsunternehmen. Auch in den besetzten Gebieten hatte der Eher-Verlag über seine Unterfirma "Europa Verlag GmbH" und die dieser angeschlossene "Metropress GmbH" diverse Verlage unter Kontrolle gebracht. Im Februar 1943 übernahm der Eher-Konzern mit der "Hanseatischen Verlagsanstalt" einen großen Zeitschriften- und Buchverlag, zu dem auch Langen-Müller aus München gehörte.

Pressekonzentration im Zweiten Weltkrieg und Ende des Verlags

Knappe Ressourcen und die Zerstörung von Gebäuden durch Luftangriffe während des Krieges bedingten die Einstellung zahlreicher Blätter. Es setzte ein gewaltiger Konzentrationsprozess ein. Die Zahl der Zeitungen sank von 2.075 im Jahr 1937 auf 975 im Jahr 1944. Die Gesamtauflage stieg dagegen von 16,9 auf 20,4 Millionen, wobei allerdings der Umfang der Zeitungen gewaltig schrumpfte. Die Privatverleger hatten daran nur noch einen Anteil von einem Fünftel. Dank der steigenden Anzeigenpreise und Auflagen, der eingesparten Löhne und der ihm eingeräumten Steuervorteile arbeitete der Eher-Verlag weiter mit großem Gewinn.

Nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 gingen die Vermögenswerte an den bayerischen Staat über, der aber von den Alliierten die Auflage erhielt, sie zu verkaufen. 1952 wurde der Verlag aus dem Handelsregister gelöscht.

Literatur

  • Die Verlagserscheinungen des Zentralverlages der NSDAP, München [1942].
  • Oron J. Hale, Presse in der Zwangsjacke 1933-1945, Düsseldorf 1965.
  • Othmar Plöckinger, Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers "Mein Kampf" 1922-1945, München 2006.
  • Thomas Tavernaro, Der Verlag Hitlers und der NSDAP. Die Franz Eher Nachfolger GmbH, Wien 2004.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Franz Eher Verlag

Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser, Franz Eher Nachf. Verlag (Zentralverlag der NSDAP), publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Franz_Eher_Nachf._Verlag_(Zentralverlag_der_NSDAP) (28.03.2024)