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Erzbergbau im Früh- und Hochmittelalter

Aus Historisches Lexikon Bayerns

von Martin Straßburger


Montanarchäologische Befunde belegen mittelalterlichen Bergbau in Bayern, insbesondere auf Eisenerze, bereits ab dem 7. Jahrhundert. In einzelnen Regionen wie Amberg-Sulzbach ist er seitdem bis in die Neuzeit nachgewiesen. In der Karolingerzeit treten Oberfranken und die Oberpfalz als wichtige Gebiete für Waffenproduktion und -handel hervor, was entsprechende Rohstoffgewinnung voraussetzt. Doch waren im Mittelalter verschiedene Lagerstätten auch in anderen Regionen Bayerns abbauwürdig. Erzgewinnung wie -verarbeitung erfolgte dabei lange im Rahmen grundherrschaftlicher Organisationsstrukturen, wobei auch über den lokalen Bedarf für Handwerk und Gewerbe hinaus produziert wurde. Bereits beim jetzigen Forschungsstand lassen die Fundstellen wie die technischen Befunde darauf schließen, dass dem Bergbau im früh- und hochmittelalterlichen Bayern eine wesentlich größere Bedeutung zukam, als die kaum vorhandene Schriftüberlieferung erkennen lässt.


Einführung: Gegenstand und Quellen

Bischof Arbeo von Freising vermerkt in seiner um 770 verfassten Vita des Hl. Emmeram (Vita vel passio Haimhrammi Martyris), dass Bayern Eisen in Fülle sowie Gold, Silber und Purpur im Überfluss besitze, was als Hinweis auf die Bedeutung der Erze im frühmittelalterlichen Bayern gewertet werden darf. Dies fand allerdings kaum Niederschlag in den Quellen. Eine dichtere Schriftüberlieferung zum Montanwesen setzt im Allgemeinen wie auch in Bayern erst ab dem Spätmittelalter ein. Die wesentlichen Informationen zur frühen Erzgewinnung beruhen daher auf Ergebnissen der Montanarchäologie.

Erze wurden hauptsächlich durch Bergbau gewonnen, worunter alle planmäßigen Arbeiten zur Aufsuchung, Gewinnung, Förderung und Aufbereitung eines mineralischen Rohstoffes verstanden werden. Generell wird zwischen Tage- und Tiefbau unterschieden: Lagerstätten an der Tagesoberfläche können sofort gewonnen werden. Am einfachsten war das Aufsammeln bzw. Klauben geeigneten Erzmaterials, wie es z.B. von den Bohnerzen auf der Schwäbischen Alb bekannt ist. Dicht unter der Oberfläche befindliche Lagerstätten können erst nach Beseitigung der Überdeckung im Tagebau abgebaut werden. Tiefer liegende Vorkommen müssen durch Schächte und Stollen erschlossen werden. Entsprechend gehören zu den Quellen der Montanarchäologie zunächst die über Tage erhaltenen Geländebefunde des Bergbaus, d.h. Halden, Tagesbrüche, Tagebaue, Tagesanlagen, Aufbereitungsplätze und Verkehrswege. Einen weiteren großen Komplex bilden die untertägigen Grubengebäude mit Stollen, Strecken, Schächten und Abbauen. Aber auch Bergbausiedlungen und mit dem Bergbau in Zusammenhang stehende Burganlagen sind Gegenstand der Montanarchäologie.

Aus dem Rahmen der bergtechnischen Erschließung von Erzen fällt die Gewinnung von Gold aus Fließgewässern. Sie wird indirekt durch die Tätigkeit der lat. aurearii, ahd. *goldara genannten Goldwäscher bezeugt, die sich in Ortsnamen wie Golding (Lkr. Landshut und Lkr. Dingolfing) niederschlug, deren mittelalterliche Formen Goldara oder Goldarun ‚bei den Goldwäschern‘ lauteten. Auch erhielten Flüsse, in denen diese Tätigkeit erfolgreich ausgeübt wurde, sprechende Namen wie Goldach (rechts zur Isar, Lkr. Erding, aber auch jüngerer Name der ehem. Schwindach, rechts zur Isen) oder Gollerbach (Lkr. Rottal-Inn) (Puchner 1970). Urkundliche Erwähnung findet das Goldwaschen im 10. Jahrhundert (s. unten).

Erzvorkommen in Bayern

Ausgehend von den Lagerstätten sind der Oberpfälzer Wald, das Gebiet Amberg-Sulzbach, der Bayerische Wald, die Fränkische Alb und das Tertiäre Hügelland als bedeutendste Gebiete zu nennen. Grundlage dafür sind die vier geologischen, in verschiedenen Erdzeitaltern entstandenen Großeinheiten, aus denen das heutige Bayern besteht und in denen sich zahlreiche Metallerzvorkommen unterschiedlicher Genese finden (Abb. 1). Bedeutend sind vor allem die Eisenerze: Liaserze (Raum Sulzbach-Rosenberg, Amberg und Regensburg-Bodenwöhr), Doggererze (Fränkische Alb), Kreideerze (Amberg-Sulzbach), Siderit- und Brauneisenlager (Fichtelgebirge), oolithische Brauneisenerze des Eozäns (Raum Sonthofen und bei Teisendorf), Eisenerze in der Oberen Süßwassermolasse (Alpenvorland; Abb. 2), Eisenerze im Zusammenhang mit tertiärem Vulkanismus (Raum von Obernburg a. Main) sowie Brauneisen-Oberflächenvererzungen und Verwitterungslagerstätte (insbesondere im nordbayerischen Grundgebirge). Weiter zu nennen sind die Raseneisenerzvorkommen im Donaumoos. Beim Gold sind primäre und sekundäre Vorkommen zu unterscheiden. Zu ersteren zählen die Quarz-Karbonat-Gänge von Goldkronach im Fichtelgebirge sowie die Goldquarzgänge von Neualbenreuth im Stiftsland. Weitere Vererzungen treten in der Böhmischen Masse und im Moldanubikum auf. Zahlenmäßig überwiegen Seifenlagerstätten als sekundäre Bildungen, in denen Gold angereichert wurde, wie beispielsweise im Bayerischen Wald und in der Oberpfalz. In diesem Zusammenhang sind auch die Zinnvorkommen im Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald zu nennen. Kupfervererzungen sind von Kupferberg, Wunsiedel, Bad Steben und Lichtenberg in Oberfranken, von Erbendorf in der Oberpfalz und Sommerkahl in Unterfranken bekannt. Blei-Zink-Silber-Erze finden sich in den Bayerischen Alpen, in Pfaffenreuth (Lkr. Tirschenreuth), Freihung (Lkr. Amberg-Sulzbach), Arzberg (Lkr. Wunsiedel), zwischen Rothenburg ob der Tauber und Würzburg/Werntal sowie im Frankenwald (insbesondere bei Wallenfels, Lkr. Kronach). Eine Sonderrolle nehmen die polymetallischen Sulfiderzlagerstätten von Bodenmais und seiner Umgebung ein, in der neben Blei und Silber auch Kupfer und Zinn vorkommen.

Organisation des früh- und hochmittelalterlichen Bergbaus

Wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen

Die Existenz einer Lagerstätte allein war noch nicht ausreichend als Basis für Bergbauaktivitäten. Neben den technischen Voraussetzungen für die Gewinnung und einer entsprechenden Nachfrage waren ferner eine übergeordnete Organisation und soziale Strukturierung erforderlich, um Bergbau und Verhüttung zu ermöglichen. Ausgehend von den wenigen vorhandenen Schriftquellen kann angenommen werden, dass Bergbau und Metallproduktion zunächst im Rahmen der Grundherrschaften betrieben wurden, die im Mittelalter die vorherrschende organisatorische Struktur des Wirtschaftslebens bildeten. Im Bereich von Handwerk und Gewerbe überstieg die Produktion dabei auch den eigenen Bedarf. Meist handelte es sich um die Gewinnung oder Herstellung von Grundstoffen, wie z.B. von Eisen. In größerem Stil treten hier königliche bzw. herzogliche und kirchliche (v.a. klösterliche) Grundherrschaften in den Vordergrund. Beispielsweise ist für den Herzogs- und Königshof Altenerding aufgrund der Lage an der seifengoldführenden Sempt auch Goldgewinnung in Betracht zu ziehen.

Im 12. Jahrhundert kam es insbesondere für den Edelmetallbergbau zu einer einschneidenden Veränderung: Kaiser Friedrich I. Barbarossa entzog 1158 in der Konstitution von Roncalli unter anderem die Gewinnung von Silber und Salz dem Verfügungsrecht der Grundherren und beanspruchte diese als Regalien. Ohne Erlaubnis des Kaisers oder des Trägers des kaiserlichen Regalrechts (häufig Bischöfe und Landesherren) durfte kein Grundherr auf seinem Grund Bergbau beginnen oder nach der Entdeckung desselben weiterführen. Einem mit dem Bergregal beliehenen Grundeigentümer stand es jedoch frei, den Betrieb entweder in Eigenregie durchzuführen oder denselben an eine Genossenschaft von Bergleuten zu verleihen. Er hatte den regalen Bergwerkszehnt zu entrichten, sofern ihm dieser nicht besonders erlassen wurde. Anders als die Gold-, Silber- und Salzgewinnung verblieb der Eisenerzbergbau offenbar weiter unter grundherrlicher Regie.

Flächen und Größen

Aussagen zu Grubenfeld- und Reviergrößen sind aus dem Vergleich der Ergebnisse in Bayern mit einzelnen urkundlichen Nachrichten aus anderen Regionen zu gewinnen. Nach einem im 10. Jahrhundert gefälschten Privileg soll Kaiser Ludwig der Fromme 816 der Reimser Kirche im westfranzösischen Gimnée (heute Belgien) eine Stelle übereignet haben, die sich zum Abbau von Blei (ad fodiendum minam plumbi) eignete (MGH DD Ludwig d. Fr., Nr. +114, S. 279 Z. 40 f). Die Umrechnung der angegebenen Maße ergibt für die Grube eine Größe von 93, 55 m². Ausgehend von den untersuchten Schachtbefunden auf der Prügelleite bei Wehringen kann für einen Schacht mit Abbau ein Flächenbedarf von 6 m im Durchmesser (d.h. 28,274 m²) angenommen werden (Abb. 3 bis 5). In ein Grubenfeld von der für Gimnèe errechneten Größe würden damit ungefähr drei Schächte inklusive Abbau passen. Dies entspricht auch noch der Schachtzahl eines Grubenfeldes im späten Mittelalter (Večeřa 2009).

Zumindest für flächige Erzvorkommen lassen sich auch zu den Reviergrößen Aussagen machen. So maß im späten 8. Jahrhundert ein Eisenerzrevier (ubi ferrum in terra invenitur) des Klosters Fulda (Hessen) 30 virgae (Ruten) in der Länge wie in der Breite (Dronke 1844, cap. 42, Nr. 291, 113), was unter Zugrundelegung der Königsrute von 4,7 m eine Fläche von 1,9 km² ergibt. Eine ähnliche Größenordnung zeigt die Verteilung der Abbauschächte im Grubet bei Aichach (Abb. 6) auf ungefähr 1,5 km². Allerdings kann die Größe der Abbauflächen je nach Ausdehnung der Vorkommen stark variieren. Befunde in der Oberpfalz wie auf der nördlichen Fränkischen Alb reichen von 24,5 ha (=0,24 km²) über 5 und 9 ha bis hin zu 2,5 und 0,05 ha mit deutlichem Schwerpunkt bei den kleinen Größen (Maße bei Hensch 2020, 390ff. und Lebsack 2020, 20-24). Insbesondere bei den großflächigen Pingenfeldern ist daher zudem in Betracht zu ziehen, dass im archäologischen Befund ein mehrphasiger Abbau dokumentiert sein kann.

Erzbergbau

•in merowingischer Zeit

Abb. 6 – Schummerung und Übersichtskarte des Grubets bei Aichach. (rechts: Frei 1966, Karte 3 ergänzt und geändert M. Straßburger; links: Geobasisdaten © Bayerische Landesvermessungsverwaltung)
Abb. 7 – Schummerung und Vermessung des Trichtergrubenfeldes auf der Prügelleite bei Wehringen-Straßberg. (links: Geobasisdaten © Bayerische Landesvermessungsverwaltung)., rechts: M. Straßburger)

Inwieweit und ob für den merowingischen Bergbau in Bayern eine Kontinuität seit römischer Zeit besteht, konnte bisher nicht geklärt werden, nicht zuletzt, weil nur wenige bzw. keine archäologischen Hinweise auf römischen Bergbau vorliegen. Lediglich die Inschrift des 3. Jahrhunderts auf einem Sarkophag aus St. Ulrich und Afra in Augsburg gibt einen Hinweis (Nuber 1985, 130f.). Diese nennt einen Publius Frontinus Decoratus als manceps ferrariar(um) (Steuerpächter der Eisenbergwerke) für die Provinzen Raetien und Dacien. Er trieb gegen eine prozentuale oder feste Beteiligung die Steuern ein, die die Kleinpächter der einzelnen Eisenerzgruben dem fiscus schuldeten.

Für das Frühmittelalter erwähnt neben der oben zitierten Vita des Hl. Emmeram auch die im 9. Jahrhundert entstandene Vita des Hl. Magnus von Füssen Bergbau. Der Abbau von Eisenerzen im Füssener Land soll demnach am Säuling, Straußberg und an der Hochplatte im 7. Jahrhundert begonnen haben (Schöner et al. 2000; Schöner et al. 2005).

Im Gebiet des heutigen Bayern liegen für die Merowingerzeit mehrere archäologische Bergbaubefunde des 7. und 8. Jahrhunderts vor. Im Tertiären Hügelland ist umfangreiche Eisenerzgewinnung durch Trichtergrubenfelder belegt, insbesondere in den Westlichen Wäldern bei Augsburg (Abb. 7) und im Grubet bei Aichach (Abb. 6; Frei 1966). Bei Neuburg an der Donau wurden Schächte mit Holzausbauten dokumentiert. Aus einem Eisenerzbergbaurevier im Forst Steinkart bei Griesbach hat sich ebenfalls ein hölzerner Schachtausbau des 7. Jahrhunderts erhalten. (Hensch 2020, 379ff.) Im Zuge des Baus einer Gaspipeline 2016/2017 konnten bei Höchensee (Burglengenfeld) neben vier Rennöfen und vier Grubenmeilern auch ein als Prospektionsschacht angesprochener Befund in der Trasse untersucht werden. Im Umfeld liegen mehrere Pingenfelder mit Längsausdehnungen von bis zu 400 m. Aus den genannten Befundkomplexen wurden 17 Holzkohleproben C14-datiert. Die ältesten Ergebnisse reichen bis ins 6. Jahrhundert zurück, der Schwerpunkt befindet sich jedoch im 8./9. Jahrhundert. Auch die Ergebnisse aus dem Schachtbefund liegen hauptsächlich im 8. Jahrhundert. Damit ergibt sich eine Datierung in spätmerowingisch-frühkarolingische Zeit. Auch bei Amberg (Hensch 2018, 47, 67ff., 81ff.) und auf der nördlichen Frankenalb ist Eisenerzbergbau in größerem Umfang durch Eisenerzverhüttung nachgewiesen. Ob in Bodenmais ebenfalls Bergbau betrieben wurde, wie der böhmische Geschichtsschreiber Václav Hájek z Libočan (gest. 1553) berichtet, bedarf der weiteren Überprüfung.

Die Goldseifen im Tal des Weißen Mains oberhalb Bad Berneck sollen bereits um die Mitte des 6. Jahrhunderts bekannt gewesen sein (Bergamt 1980, S. 16 ohne Quellenangabe), jedoch fehlt hier eine Verifizierung durch archäologische Befunde. Auch ein Bergbau auf Blei-Silber-Erze ist dort bisher nicht belegt.

•in karolingischer und ottonischer Zeit

Während der Karolingerzeit sind Eisenerzbergbau und Eisenproduktion in der Oberpfalz vor dem Hintergrund des Diedenhofener Capitulars von 805 zu sehen (Hensch 2018, 11). Karl der Große erließ darin Bestimmungen, um den Handel mit Waffen zwischen dem Fränkischen Reich und den Slawen zu reglementieren. Karolingische Königsboten sollten an namentlich genannten Kontrollorten auf einer Linie zwischen Bardowick bei Lüneburg im Norden und Lorch (-Enns, Oberrösterreich) im Süden die königliche Exekutive ausüben. Auffallend ist, dass mit Hallstadt, Bamberg, Forchheim, Premberg an der Naab und Regensburg diese Kontrollorte in Nordostbayern besonders dicht gestaffelt sind. Dies lässt den Eindruck entstehen, dass hier Rohstoff zur Waffenherstellung im Grenzbereich zur slawischen Besiedlung unmittelbar verfügbar und in hoher Qualität und Quantität vorhanden war.

Der Abbau von Eisenerzen im Allgäu, im Tertiären Hügelland und in der östlichen Frankenalb lief weiter. Die Eisenproduktion auf dem Michelsberg bei Kelheim dürfte über den örtlichen Bedarf hinaus produziert haben. Oberhalb des Klosters Weltenburg fanden sich auf dem Arzberg Hinweise auf Eisenerzbergbau und Eisenproduktion im 10. Jahrhundert. Ferner ist bei Graßlfing der Abbau von Raseneisenerzen belegt, wobei allerdings nur eine sehr allgemeine Datierung in das 7.-12. Jahrhundert vorliegt (Keller 1982).

Angeblich im 9. Jahrhundert verlieh Kaiser Arnulf den Goldschmieden der Stadt Passau das Recht, in Gewässern wohl bei Haidmühle mit Erlaubnis des Bischofs Goldwäscherei, gleich den kaiserlichen Goldwäschern, zu treiben (MGH DD Arnolf 163, 247-250, hier 250; vgl. Lehrberger/Herzog 1999, 262). Auch wenn es sich bei dieser Urkunde um eine Fälschung aus dem 10. Jahrhundert handelt, beweist sie doch, dass vor der Jahrtausendwende im Einflussbereich des Bischofs von Passau Gold gewaschen wurde. Kaiser Otto I. soll 968 Goldkronacher Bergleuten wegen ihrer bergmännischen Kenntnisse zur Erschließung der entdeckten Kupfer-Silbererzlagerstätten des Goslarer Rammelsberges in den Harz berufen haben. Hierfür fehlen jedoch gesicherte historische Belege, denn die Schriftquellen für den Goldbergbau bei Goldkronach setzen erst im 14. Jahrhundert ein. Aber auch ein archäologischer Nachweis für Bergbau des 10. Jahrhunderts konnte bisher nicht erbracht werden.

Der erste Abbau in Kupferberg (Oberfranken) wird teilweise in das 9. Jahrhundert datiert (Holhut 2009), ohne dass dafür jedoch sichere Beweise existieren. Ob der Name "Kupferberg", der sich in der unmittelbaren Umgebung von Sulzbach zweimal findet, mit dem Abbau von Kupfererzen in Verbindung steht, ist unsicher.

•im Hochmittelalter

Während des Hochmittelalters nehmen die schriftlichen Belege zum Bergbau zu. In Oberfranken wurde in der Fortsetzung des nördlichen Kalkzuges des Fichtelgebirges in Göpfersgrün vermutlich seit 1135 Abbau betrieben. Die Beierzeche bei Birkach (Markt Ebensfeld, Lkr. Lichtenfels) wird 1057 urkundlich erwähnt. Eisenerze wurden auch bei Rudental am Kordigast (Lkr. Lichtenfels) gewonnen, dessen slawisches Bestimmungswort "ruda" (Raseneisenerz) eine Datierung mindestens vor dem 11. Jahrhundert zulässt. Der Bergbau auf kreidezeitliche Brauneisenerze und die Eisenproduktion um den Königshof Königsfeld (Lkr. Bamberg) besaßen überregionale wirtschaftliche Bedeutung. Die erste schriftliche Erwähnung des Bergbaus bei Amberg 1285 und für Sulzbach 1305 datiert Jahrhunderte nach dem tatsächlichen Beginn der Eisenproduktion (Hensch 2018a, 47ff., 53ff.; Hensch 2018b, 279). Die Häuser im älteren Stadtkern von Amberg stehen auf einer mächtigen, in das 11. Jahrhundert datierten Schlackenschicht, die eine Gewinnung von Eisenerzen anzeigt. Weiterer hochmittelalterlicher Eisenerzbergbau ist bei Grafenöd (Hemau, Lkr. Regensburg) (Straßburger 2018b, 266-267), im Tertiären Hügelland (Frei 1966; Wieser 2018) und im Füssener Land (Schöner/Scholz/Krumm 2002/2003; Schöner/Scholz/Krumm 2003) belegt.

Technische Aspekte des früh- und hochmittelalterlichen Bergbaus

Die bisher bekannten Befunde und Funde des früh- und hochmittelalterlichen Bergbaus in Bayern erlauben in mehrfacher Hinsicht Aussagen zum bergmännischen Know-How.

Lagerstättenprospektion und -erschließung

Nach Auffindung einer Lagerstätte wurde diese teilweise offenbar systematisch prospektiert, dann für den Abbau beispielsweise Schächte oder Stollen erschlossen (ausgerichtet) und anschließend zum Abbau vorbereitet, ehe sie schließlich gewonnen werden konnte. Die Reihenfolge Ausrichtung, Vorrichtung, Abbau stellt einen festgeschriebenen technischen Ablauf in Form einer relativ-chronologischen Abfolge dar. So wurden für die Erschließung der Eisenerze im Tertiären Hügelland in ihren tieferen Teilen und im flachen oder welligen Gelände Schächte abgeteuft. Da die Talhänge steil anstiegen, war es günstiger von oben her Schächte zu graben, um an die Erzknollen zu gelangen. Die Schächte konnten bis zu 12 m tief sein. Sie waren trichterförmig, damit die Wände nicht einstürzten. Abstützungen mit Holz gab es meist nicht, weshalb sie nur kurz genutzt werden konnten. Die Anzahl der in einem Schachtfeld abzuteufenden Schächte richtete sich nach der Größe des Feldes, die durch folgende Faktoren bestimmt wird: Wirtschaftlichkeit (mit der ein Schachtfeld abgebaut werden kann), Förderkapazität der Schachtanlagen, anstehender Lagerstättenvorrat, Abbauverlust, natürliche Grenzen der Lagerstätte und rechtliche Grenzen. Wenn das Erz so weit wie es die Standsicherheit und Belüftung zuließen, abgebaut war, wurde ein neuer Schacht angelegt. Der alte wurde mit dem Aushub verfüllt. Insgesamt konnte nur ein kleiner Bereich der Lagerstätte abgebaut werden, so dass ein beträchtlicher Abbauverlust entstand.

Schachtenausbau

Abb. 8 – Verbrochene Schächte (Trichtergruben) mit Halden auf der Prügelleite bei Wehringen-Straßberg. (Foto M. Straßburger)

In einigen Fällen waren die Schächte mit Holz ausgebaut, wie frühmittelalterliche Beispiele im Forst Steinkart bei Griesbach und auf dem Hainberg bei Neuburg an der Donau zeigen (Abb. 8). Im Forst Steinkart kamen an zwei Plätzen Reste von alten Ausbauten zu Tage (Frei 1966). 1964 wurde beim Bau eines Entwässerungskanales für die Straße zwischen Bad Griesbach im Rottal (Lkr. Passau) und St. Salvator ein Trichtergrubenfeld im Forst Steinkart teilweise zerstört und dabei ein mindestens 1,5 m breiter Schacht mit einem sorgfältig gesetzten Holzausbau (aus Eiche, Buche und Tanne) angeschnitten. Ein weiterer Schacht konnte im Brunnholz (ebenfalls im Forst Steinkart) untersucht werden. Er bildete im Querschnitt ein etwas unregelmäßiges Rechteck mit maximaler Seitenlänge von 4 x 2 m, verengte sich konisch und hatte unterhalb der ersten fündigen Tonschicht noch eine Weite von 2 x 1 m. Die senkrecht gearbeiteten Stöße waren mit dicht nebeneinander stehenden, 4-5 cm dicken Brettern gestützt, deren untere Enden zum Einschlagen zugespitzt waren. Zur Sicherung der Bretter dienten Innenverstrebungen. Einen halben Meter über der Schachtsohle fand sich in situ ein sorgfältig eingebauter, an den Ecken verzapfter Rahmen aus 15 cm dicken Balken. Die Querbalken waren an beiden Enden mit sorgfältig zugerichteten rechteckigen Zapfen versehen, die ihrerseits in die eingelassenen Nuten der Längsbalken eingepasst waren, so dass Ecken des Rahmens verzahnt waren. Von der Schachtsohle ging eine verzimmerte Strecke aus, die jedoch nur noch einen halben Meter weit verfolgt werden konnte. Eine Untersuchung von 18 Holzproben unterschiedlicher Zimmerungselemente ergab, dass es sich durchweg um Tannenholz handelt. Sie konnten auf das Jahr 693 n. Chr. datiert werden.

Abb. 9 – Zwei Seiten eines frühmittelalterlichen Schachtausbaus vom Hainberg bei Neuburg an der Donau. (Mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Foto M. Straßburger)

Weitere Schächte des 7./8. Jahrhunderts mit Holzausbau wurden auf dem Hainberg bei Neuburg a. d. Donau 1973 beim Kieselkreideerdeabbau angeschnitten (Abb. 9). Die Bolzen aus bis zu 2,5 m langen Stämmen mit einem Durchmesser von 11,5-12 cm wurden mit Schlitzen (28-50 cm lang, maximal 4 cm breit) zur Aufnahme von Querriegeln versehen. Die Bolzen wurden mittels einer Verzapfung miteinander verbunden und durch die Querriegel gegeneinander versteift. Auf einer Seite sind diese in Zapfen eingelassen und auf der anderen von oben in eine Nut gedrückt. Horizontal übereinander gestellte, bis 1,2 m lange und 2-7 cm dicke Spältlinge sowie ein wohl sekundär verwendetes Brett wurden als Verzugshölzer eingebracht.

Schachtförderung

Beim Bau der Erdgas-Loopleitung zwischen Schwandorf und Forchheim konnte im Trassenabschnitt bei Grafenöd (-Hemau) Eisenerzbergbau des 12. Jahrhunderts erfasst werden. In einer Doppelschachtanlage fand sich eine dendrochronologisch auf 1144 datierte Vollholzhaspelwelle (Abb. 10 u. 11), die wertvolle Informationen zur Fördertechnik im Hochmittelalter liefert: Bei einer oder einem Haspel handelt es sich um eine Konstruktion, die im Bergbau zur Schachtförderung eingesetzt wurde. Sie bestand aus einem Haspelgerüst, das sich aus Haspelgeviere und -stützen sowie einer mit einem oder zwei Haspelhörnern (Kurbeln) betriebenen horizontal gelagerten Welle bzw. einem Rundbaum zusammensetzt (Abb. 12 u. 13). Das Seil mit dem daran befestigten Fördergefäß wurde über die Welle geführt, an deren beiden Enden sich je ein Zapfen zur Befestigung des Haspelhorns befand. Zur Aufnahme in Haspelstützen wurden Vertiefungen ausgearbeitet. Die Stützen waren starke Bohlen, die je in einen so genannten Pfuhlbaum eingezapft wurden. Auf diese waren Querhölzer geblattet, um Stabilität zu gewährleisten. Über Tage konnte die Konstruktion je nach Bedarf von einem Schacht zum nächsten versetzt werden. Vollholzhaspeln scheinen nach dem derzeitigen Kenntnisstand vor allem für das Mittelalter typisch zu sein. Erst in der Frühneuzeit ist die zunehmende Verwendung von eisernen Bauelementen zu beobachten. Diese Entwicklung dürfte von Revier zu Revier allerdings deutlich variieren. So wurden Vollholzhaspeln im Graphitbergbau bei Passau offenbar noch im 19. Jahrhundert eingesetzt (Gohla 1986, 36, Abb. 8).

Bewetterung

Der Doppelschacht von Grafenöd (-Hemau) gibt ferner wichtige Informationen zur Bewetterung im hochmittelalterlichen Bergbau. Genutzt wurde in diesem Fall die natürliche Bewetterung: Sobald sich in einem Schacht durch die Arbeit die Luft erwärmte, entwickelte sich eine asymmetrische Temperatur zwischen den beiden Luftsäulen in den Schächten; dadurch wurde der Luftdruck am Boden des kalten höher als am Boden des warmen Schachtes. Durch die Differenz entstand ein Luftzug (Castelain/Stalinsky 1934). Inwieweit auch die bekannten Techniken der künstlichen Bewetterung zu Anwendung kam, ist beim derzeitigen Forschungstand noch unklar.

Forschungslage und Beurteilung

Der montanarchäologisch-historische Forschungsstand zum früh- und hochmittelalterlichen Bergbau ist generell als heterogen zu bezeichnen, nicht nur in Bayern. Es zeigen sich regionale Schwerpunkte sowie auch Unterschiede in den Nachweisen für die einzelnen Epochen und in den gewonnenen Rohstoffen. Teilweise ist dies auf die Forschungssituation zurückzuführen, dann aber auch auf die mengenmäßige Verteilung der Metallerzvorkommen. Dominierend ist der Abbau von Eisenerzen, so dass für deren Gewinnung allein schon deswegen weit mehr Informationen vorliegen als für andere Erze. Das zeigt sich besonders deutlich für die Merowingerzeit. Gerade für diese Zeit stechen im Vergleich zu anderen Bergbaugebieten auch Regionen in Bayern hervor, unter anderem mit den einzigen erhaltenen frühmittelalterlichen Holzausbauten aus Bergbauschächten in Europa.

Eisenerzbergbau vom 7. Jahrhundert an bis in die Neuzeit ist im Raum Amberg-Sulzbach nachgewiesen. Im Tertiären Hügelland ist er dagegen nur bis um 1200 belegt und bei Grafenöd (-Hemau) konnte Eisenerzabbau des 12. Jahrhunderts erfasst werden. Für andere Erzvorkommen fällt eine Beurteilung beim derzeitigen Forschungsstand schwer. Das betrifft Blei, Silber, Zinn und Kupfer. Hier ist anzumerken, dass bisher fehlende Nachweise für die Gewinnung eines bestimmten Metallerzes nicht automatisch mit fehlendem Bergbau gleichgesetzt werden können.

Da archäologische Untersuchungen weitgehend fehlen und nur vereinzelte Schriftquellen vorliegen ist der tatsächliche Umfang des früh- und hochmittelalterlichen Bergbaus noch unklar. Weitere und intensivere Forschungen scheinen aufgrund des Zusammenhangs von Bergbau und Herrschaftsbildung umso wichtiger. Nach den Agilolfingern und Karolingern sind hier auch die hochmittelalterlichen Adelsgeschlechter zu nennen, wie z.B. die Grafen von Sulzbach oder auch die Wittelsbacher. Abgesehen von dem in Bayern bisher hauptsächlich untersuchten Eisenerzbergbau sind dabei weitere Erzlagerstätten zu berücksichtigen, aufgrund der großräumigen Verteilung insbesondere von Gold.

Literatur

  • Bayerisches Oberbergamt, Der Bergbau in seinem Bezirk und die sonstigen ihm übertragenen Aufgabenbereiche (Internationale Industrie-Bibliothek 114/209), Berlin 1980.
  • Michel Castelain/Eugène Stalinsky, Technologie minière; cours pratique d'exploitation des mines et carrièrs, Paris 1934.
  • Hans Frei, Der frühe Eisenerzbergbau und seine Geländespuren im nördlichen Alpenvorland, in: Münchener Geographische Hefte 28 (1966).
  • Karlheinz Gohla, Graphit im Raum Passau. Geologie – Geschichte – Bergbau, in: Helmut Wolf (Red.), Bergbau in Ostbayern. Geschichte – Geologie – Bergtechnik (Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern 7), Theuern 1986, 28-45.
  • Mathias Hensch, Bemerkungen zur mittelalterlichen Montanlandschaft zwischen Premberg, Schmidmühlen und Amberg, in: Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz und in Regensburg 13 (2020), 351-394.
  • Mathias Hensch, Erz - Feuer - Eisen. Eine kleine Geschichte des frühen Montanwesens in der mittleren Oberpfalz, Berlin 2018.
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  • Gerhard Lehrberger/Thomas Herzog, Montanhistorische Bodendenkmäler der mittelalterlichen und neuzeitlichen Goldgewinnung in der Oberpfalz, in: Andreas Tillmann (Hg.), Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz 3 (1999), 479-527.
  • Hans U. Nuber, Ein Bergwerkspächter in Rätien, in: Die Römer in Schwaben. Jubiläumsausstellung 2000 Jahre Augsburg (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsheft 27) München 1985, 130-131.
  • Robert Schöner/Herbert Scholz/Hans Krumm, Die mittelalterliche Eisengewinnung im Füssener Land (Ostallgäu und Außerfern): Neue Ergebnisse zum Abbau und zur Verhüttung der Eisenerze aus dem Wettersteinkalk, in: Archiv für Lagerstättenforschung der Geologischen Bundesanstalt 24 (2003), 193-218.
  • Robert Schöner/Herbert Scholz/Hans Krumm, Die mittelalterliche Rennfeuer-Verhüttung von Eisenerzen bei Füssen im Allgäu, in: Berichte der Bayerischen Bodendenkmalpflege 43/44 (2002/2003), 289-305.
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  • Martin Straßburger/Valerie S. Chitate, Early and high medieval iron production in the Grubet near Aichach, in: Jacquo Silvertant (Hg.), Mining Archaeology - perspectives, conflicts, challenges. 10th International Symposium on archaeological Mining History, Aichach/Gulpen 2015, 22-35.
  • Martin Straßburger, Montanarchäologie in einer Trasse im Tangrintel und in der Oberpfalz, in: Bericht der Bayerischen Bodendenkmalpflege 59 (2018), 265-269.
  • Rudolf Thiem, Zur Geschichte des Zinnbergbaus im Fichtelgebirge (Das Fichtelgebirge - Schriftenreihe zu seiner Geschichte, Natur und Kultur 8), Wunsiedel 1998.
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  • Florian Wieser, Ein mittelalterlicher Verhüttungsplatz in Sulzbach (Landkreis Aichach-Friedberg), (Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 313), Bonn 2018.
  • Helmut Wolf, Eisenerzbergbau und Eisenverhüttung in der Oberpfalz von den Anfängen bis zur Gegenwart (Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 5), München 1986.

Quellen

Weiterführende Recherche

Verwandte Artikel

Empfohlene Zitierweise

Martin Straßburger, Erzbergbau im Früh- und Hochmittelalter, publiziert am 14.10.2021; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Erzbergbau_im_Früh-_und_Hochmittelalter (29.03.2024)