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Deutsche Akademie

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Ansicht des Maximilianeums in München um 1925. Von 1932 bis 1945 war hier der Sitz der Deutschen Akademie. (Bayerische Staatsbiblitothek Bildarchiv port-012308)
Ludwig Siebert (1874-1942) (Bayerische Staatsbibliothek, Fotoarchiv Hoffmann)
Paul Rohrbach (aus: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. 2. Band, Berlin 1931, 1550)
Karl Haushofer (aus: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. 1. Band, Berlin 1931, 680)

von Eckard Michels

Die "Akademie zur Wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums/Deutsche Akademie" wurde am 5. Mai 1925 in München gegründet. Anfangs mit der Förderung der deutschen Minderheiten in Ost-, Mittel- und Südosteuropa und der Erforschung der deutschen Kultur befasst, verschob sich nach 1930 der Schwerpunkt auf die Förderung der deutschen Sprache im Ausland. Dazu baute die Akademie vor allem nach 1940 ein Netz von Sprachschulen in den neutralen, verbündeten und besetzten Ländern Europas auf. Dadurch wurde sie Vorläuferin des heutigen „Goethe-Instituts zur Pflege der deutschen Sprache im Ausland und zur Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit e. V.“ Die US-Besatzungsmacht löste die Deutsche Akademie zum 31. Dezember 1945 auf.

Entstehung und Entwicklung bis 1933

Die Überlegungen zur Schaffung der "Deutschen Akademie" gingen auf das Frühjahr 1923 zurück. Einige Münchner Honoratioren, darunter der Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität Georg Pfeilschifter (1870-1936), der Geopolitiker Karl Haushofer (1869-1946) und der Historiker Hermann Oncken (1869-1845), beschlossen, eine Institution zur Zentralisierung und Intensivierung der Kulturbeziehungen zum Ausland ins Leben zu rufen. In einer Zeit machtpolitischer Hilflosigkeit sollte die internationale Stellung Deutschlands mittels kulturpolitischer Initiativen gestärkt werden.

Die Akademie wurde am 5. Mai 1925 in der Aula der Ludwig-Maximilians-Universität in München offiziell gegründet. Sie nahm ihren Sitz zunächst in der Residenz am Odeonsplatz. 1932 zog sie ins Maximilianeum oberhalb der Isar, wo sie bis zu ihrer Auflösung blieb. In ihren Anfangsjahren verschrieb sich die als privater Verein organisierte Deutsche Akademie vor allem der Förderung der deutschen Minderheiten in Ost-, Mittel- und Südosteuropa und der Erforschung der deutschen Kultur zwecks Festigung der Reichseinheit. Die Deutsche Akademie umfasste daher eine forschende "Wissenschaftliche Abteilung", die sich in vier Sektionen für Deutsche Geschichte, Deutsche Sprache, Literatur, Volks- und Altertumskunde, Deutsche bildende Kunst und Musik sowie Deutsche Staats- und Wirtschaftskunde untergliederte. In den Sektionen waren in ihrem Feld führende Professoren aus ganz Deutschland vertreten, so etwa für die Germanistik Friedrich von der Leyen (1873-1966), für die Volkswirtschaft Otto von Zwiedineck-Südenhorst (1871-1957) und Karl Alexander von Müller (1882-1964) für die Geschichtswissenschaft. Ferner besaß die Deutsche Akademie eine "Praktische Abteilung", die sich um die Verbreitung deutscher Kultur im Ausland kümmerte.

Die anfängliche Konzentration auf die Förderung des Auslandsdeutschtums und ihre gleichzeitige Konzeption als Wissenschaftsakademie führte die Deutsche Akademie allerdings unmittelbar nach ihrer Gründung in die Krise, weil es für beide Tätigkeitsfelder schon genügend andere Institutionen gab. Unter dem Einfluss des neuen Generalsekretärs Franz Thierfelder (1896-1963) rückte ab 1929 die Förderung der deutschen Sprache im Ausland in den Vordergrund der Akademietätigkeit, denn auf diesem Gebiet gab es keine Konkurrenzeinrichtungen. Mit dieser Kursänderung gelang es der Deutschen Akademie ab 1930, Zuschüsse vom Auswärtigen Amt zu erhalten. 1930 errichtete sie die ersten Sprachschulen auf dem Balkan, 1932 entstand als neue Abteilung das "Goethe-Institut zur Fortbildung ausländischer Deutschlehrer".

Expansion im "Dritten Reich"

Die stets deutsch-national ausgerichtete Akademie begrüßte die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der 100-köpfige Senat, eine Art beratendes Kuratorium, wurde im Sommer 1933 von nunmehr politisch missliebigen oder jüdischen Mitgliedern gesäubert, darunter Thomas Mann (1875-1955), Konrad Adenauer (1876-1967) und Max Liebermann (1847-1935).

Die Finanzsituation der Deutschen Akademie blieb trotz steigender Zuschüsse des Auswärtigen Amtes und der zeitweiligen Präsidentschaft Haushofers, der über gute Kontake zum "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß (1894-1987) verfügte, bis Kriegsausbruch prekär, da sie hauptsächlich auf Spenden aus der Wirtschaft und von Privatpersonen angewiesen war.

Erst ab 1940 erhielt sie eine großzügige, sich jährlich steigernde Unterstützung aus dem Reichshaushalt, da nun auswärtige Kulturpolitik als kriegswichtig galt. 1941 wurde auf Drängen des seit 1939 amtierenden Präsidenten der Akademie, dem bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert (1874-1942), der bislang private Verein zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach dem Tode Sieberts übernahm Anfang 1944 der Reichskommissar für die besetzten Niederlande, Arthur Seyss-Inquart (1892-1946), die Präsidentschaft. Dabei stockte man den Etat der Akademie nochmals auf. Zugleich geriet sie in der zweiten Kriegshälfe zunehmend unter die Kontrolle des Reichspropagandaministeriums, was sich auch in ihrer Auslandsarbeit niederschlug. Diese sollte sich nach dem Willen von Joseph Goebbels (1897-1945) und Seyss-Inquart nicht mehr auf bloße Sprachförderung beschränken, sondern das Ausland direkt politisch beeinflussen.

Bis Sommer 1944 expandierte die Akademie von etwa 45 Sprachschulen bei Kriegsausbruch auf etwa 250, die Gesamtzahl der Mitarbeiter stieg von weniger als 100 auf schließlich etwa 1.000. Der Etat betrug 1944 mit etwa 9 Mio. Reichsmark das 18-fache des Haushalts der Preußischen Akademie der Wissenschaft, der traditionell größten deutschen Wissenschaftsakademie, und war mehr als 40-mal höher als jener der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Auflösung und Wiedergründung als Goethe-Institut

Durch die prominenten Nationalsozialisten an ihrer Spitze sowie ihre Expansion im Gefolge der Siege der Wehrmacht geriet die Deutsche Akademie schon 1944 auf die anglo-amerikanische Liste der nach dem Krieg aufzulösenden NS-Institutionen. Sie galt den Alliierten als europaweit agierende Propaganda- und Spionagezentrale. Die offizielle Auflösung durch die US-Besatzungsmacht erfolgte zum 31. Dezember 1945. 1951 entstand auf Betreiben Thierfelders aus der finanziellen Hinterlassenschaft der Akademie das "Goethe-Institut" als privater Verein. Es wies in seinen Anfangsjahrzehnten in personeller Hinsicht starke Kontinuitäten zur Deutschen Akademie auf. Der Name "Deutsche Akademie" wurde 1962 endgültig aus dem Münchner Vereinsregister getilgt, nachdem Thierfelder diesen dort 1950 erneut hatte eintragen lassen, um das Restguthaben der 1945 aufgelösten Organsiation für das neue Projekt "Goethe-Institut" nutzen zu können.

Das Führungspersonal der Deutschen Akademie 1923-1945
Präsidenten der Gesamtakademie 1. Vizepräsidenten und Präsident der Wissenschaftlichen Abteilung 2.Vizepräsidenten (bis 1930 zugleich Präsident der Praktischen Abteilung) Generalsekretäre
Georg Pfeilschifter (1923-1927) Hermann Oncken (1923-1930) Hanns Dorn (1923/24) Ulrich Frey (1923-26)
Friedrich von Müller (1927-1934) Arnold Oskar Meyer (1930-1936) Karl Haushofer (1924/25) Franz Thierfelder (1926-1937)
Karl Haushofer (1934-1937) Arnold Oskar Meyer (1930-1936) Hans von Welser (1925-1927) Georg Fochler-Hauke (1937-1941/43)
Leopold Kölbl (1937-1939) Otto von Zwiedineck-Südenhorst (1936-1937) Paul Rohrbach (1927-1930) Fritz Siebert (1941/42 kommissarisch)
Ludwig Siebert (1939-1942) Friedrich von der Leyen (1937-1939) 1930-1939 nicht besetzt Matthias Schmitz (1943-1945)
Walther Wüst (1943 kommissarisch) Walther Wüst (1939-1945) Emil Georg von Stauss (1939-1942) Franz Thierfelder (1945 kommissarisch)
Arthur Seyss-Inquart (1944-1945) 1943-1945 nicht besetzt
Otto von Zwiedineck-Südenhorst (1945 kommissarisch)

Dokumente

Literatur

  • Edgar Harvolk, Eichenzweig und Hakenkreuz. Die Deutsche Akademie in München (1924-1962) und ihre volkskundliche Sektion (Münchner Beiträge zur Volkskunde), München 1990.
  • Edgar Harvolk, Zentrale Wissenschaftsorganisationen in München im Umfeld von Partei und Staat, in: Münchner Stadtmuseum (Hg.), München - "Hauptstadt der Bewegung". Bayerns Metropole und der Nationalsozialismus, München 1993, 374-377.
  • Eckard Michels, Deutsch als Weltsprache? Franz Thierfelder, the Deutsche Akademie in Munich and the promotion of the German language abroad. 1923-1945, in: German History 22/2 (2004), 206-228.
  • Eckard Michels, Von der Deutschen Akademie zum Goethe-Institut. Sprach- und auswärtige Kulturpolitik 1923-1960 (Studien zur Zeitgeschichte 70), München 2005.


Quellen

Weiterführende Recherche

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Akademie zur Wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums

Empfohlene Zitierweise

Eckard Michels, Deutsche Akademie, 1925-1945, publiziert am 31.10.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Deutsche_Akademie,_1925-1945 (29.03.2024)