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Central Art Collecting Point (1945-1949)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Organisationsplan "MFA&A Organization in US-Zone", 21.11.1945-1.3.1946. (Iris Lauterbach, Der Central Collecting Point in München. Kunstschutz, Restitution, Neubeginn; München/Berlin 2015, Abb. 12)
Der ehemalige Verwaltungsbau der NSDAP in der Nähe des Münchner Königsplatzes wurde nach Kriegsende 1945 zum Central Collecting Point. Wie der benachbarte sog. Führerbau war auch dieses Gebäude weitgehend unbeschädigt geblieben. (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Mitarbeiter des Central Collecting Point München auf einer Fotografie aus dem November 1945. (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Fotoatelier Johannes Felbermeyer im Januar 1946. Kunstwerke v.l.n.r.: "Ruhender Hermes" (Mü.-Nr. 2448, Museo Nazionale Archeologico, Neapel), Gregor Erhart: "Maria Magdalena" ("Belle Allemande", Mü.-Nr. 6666, Musée du Louvre, Paris), Anthonis van Dyck: "Familienporträt Cornelis Vos" (Mü.-Nr. 5177, Sammlung Katz, heute Privatsammlung). (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Ausstellung im Bibliothekssaal des Central Collecting Point 1946/47. (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Central Art Collecting Point, Frühjahr 1947. Ausstellung in der Bibliothek mit Werken aus dem Museo Nazionale di Capodimonte in Neapel und einer "Santa Rufina" von Murillo. (Foto: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Inventar-Nr. 390876)
Abtransport vom Central Collecting Point Anfang 1946. (aus: Iris Lauterbach, Der Central Collecting Point in München. Kunstschutz, Restitution, Neubeginn; München/Berlin 2015, Abb. 94)
"Sitzende Maria mit Kind", Rückseite (Mü.-Nr. 6069 auf einem NSDAP-Formular, heute im Bayerischen Nationalmuseum). (Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. 65/157, Foto-Nr. D69680, Foto: Bastian Krack)
Anzeige des Central Collecting Point in der Zeitschrift "Heute. Amerikansich-deutsche Illustrierte Nr. 71 (1.11.1948). (Bayerische Staatsbibliothek, 2 Z 45.11-1948)

von Iris Lauterbach

Nach Ende des Krieges richteten die Militärbehörden der westlichen Besatzungszonen Sammeldepots für das sicherzustellende Kunst- und Kulturgut ein. Es handelte sich im Wesentlichen um vor Kriegseinwirkungen evakuierte Bestände deutscher Museen, aber auch um Raubgut aus dem In- und Ausland. Beides lagerte vor allem im Bereich der amerikanischen und der britischen Besatzungszone. Dort wurden daher auch die größten Sammelstellen eingerichtet, um das evakuierte Kunstgut zusammenzuführen. Die bedeutendsten dieser Central Collecting Points (CCP) befanden sich für die britische Zone in Celle und in der amerikanischen Zone in Marburg, Offenbach, Wiesbaden sowie München. Der Wiesbadener CCP verwahrte vor allem Werke aus deutschem Museumsbesitz. Der Collecting Point in Offenbach war auf Archivalien, Kunst und Kultgegenstände aus dem jüdischen Kulturkreis spezialisiert. In- und ausländische Raubkunst hingegen wurde hauptsächlich im Munich Central Collecting Point zusammengeführt, der im Juni 1945 im ehemaligen "Verwaltungsbau der NSDAP" und "Führerbau" am Königsplatz in München eingerichtet wurde und bis 1949 bestand.

Überblick

Die Registrierung und Rückgabe von NS-Raubkunst war die wichtigste, aber nicht die einzige Aufgabe des Munich Central Collecting Points (CCP). Auch die deutschen Museumsbestände mussten gesichert werden, und der Umgang mit Werken aus den sog. "Großen deutschen Kunstausstellungen" und mit propagandistischem Material war grundsätzlich zu klären. Aus dem CCP heraus wurde 1946 das Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZI) gegründet. Mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, die durch das Amerika-Haus im CCP veranstaltet wurden ("Kunstschaffen in Deutschland", 1949) und die Ausschreibung eines Förderpreises für junge deutsche Künstler ("Blevins-Davis-Preis", 1949) förderte die amerikanische Militärregierung eine kulturelle Umorientierung im Rahmen der "Re-Education" und den Wiederaufbau der deutschen und Münchner Kunst- und Kulturszene.

Die in den USA und den europäischen Staaten sowie in der Bundesrepublik Deutschland am Ende des Krieges und seit 1945 bezüglich der Rückgabe der Raubkunst erlassenen Gesetze und Verordnungen und die getroffenen Entscheidungen waren durch die jeweiligen innen- und außenpolitischen Konstellationen und Intentionen beeinflusst. Damals wie heute war und ist die Rückgabe der nationalsozialistischen Raubkunst eine juristische, kunsthistorische und letztlich moralische Angelegenheit sowie eine nach wie vor aktuelle politische Herausforderung. Die Arbeit des Münchner CCP verlief als eine trotz aller Konflikte durchweg gelungene internationale Kooperation der amerikanischen Militärregierung mit den Europäern. Im Rahmen der äußeren und der inneren Restitution wurden über den CCP etwa 90 bis 95 % der geraubten Kunstobjekte an europäische Staaten und an Privatpersonen zurückgegeben. Mit der Rückgabe an die empfangenden Staaten waren allerdings nicht alle eigentumsrechtlichen Fragen abschließend gelöst.

Alliierter Kunstschutz

Seit der Haager Landkriegsordnung von 1907 ist der Kunstschutz im Völkerrecht verankert. Die Registrierung und Rückgabe nationalsozialistischer Raubkunst setzte im Mai 1945 ein, war jedoch durch militärische und zivile Organisationen schon zuvor vorbereitet worden. Die von August 1943 bis Juni 1946 bestehende "American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas" ("Roberts Commission") kooperierte mit Einheiten und Verbänden des US-Militärs, u. a. mit der "Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force", der von London aus agierenden "Art Looting Investigation Unit" des US-Nachrichtendienstes "Office of Strategic Services", die als zentrale alliierte Stelle für Informationen über den nationalsozialistischen Kunstraub galt, sowie mit der 1944 gegründeten "Monuments, Fine Arts, and Archives Section" (MFA&A), der für den Kunstschutz wichtigsten militärischen Einheit. Auch der Münchner CCP war organisatorisch MFA&A zugeordnet.

Aufgrund der Diskrepanz politischer Interessen zwischen den USA einerseits, ihren europäischen Verbündeten andererseits und (später) im Kontext des aufziehenden Ost-West-Konflikts gelang es nicht, in allen Besatzungszonen einheitliche Richtlinien der Alliierten für die Restitutionen zu verabschieden. Die Restitutionspolitik war daher von der Militärbehörde der jeweiligen Besatzungszone zu verantworten. Große Bestände etwa der Berliner Museen waren aufgrund der Befürchtung, sie könnten in russische Hände fallen, nach Mittel- und Westdeutschland gebracht worden. In ländlichen Regionen Süddeutschlands, die nicht von der Bombardierung bedroht waren, lagerten viele Werke, ebenso wie in unterirdischen Minen geologisch geeigneter Gebiete in Mittel- und Süddeutschland und im Salzkammergut. Etwa 80 % der aufgefundenen ausgelagerten Kunst- und Kulturgüter befanden sich auf dem Gebiet der US-Zone. Die USA nahmen daher allein aufgrund der Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle eine Vorreiterrolle ein.

In den anderen Besatzungszonen war die Situation jeweils verschieden. Frankreich, Besatzungsmacht wie die Vereinigten Staaten und zugleich, anders als die USA, in hohem Maße geschädigt durch den NS-Kunstraub, verfolgte auf dem Gebiet der Restitution andere Interessen als die USA. So wurde die Rückgabe der nach Deutschland verschleppten Kulturgüter in Frankreich mit der Forderung nach Reparationen beziehungsweise der "Restitution in kind" verknüpft. Diese wurde jedoch nicht durchgeführt. Es gab Phasen der Zusammenarbeit zwischen der französischen, der britischen und der amerikanischen Besatzungszone und Gemeinsamkeiten im Bemühen um den Wiederaufbau der Museums- und Ausstellungsszene. Auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone lagerte kaum ausländische NS-Kunst. Vielmehr betrachtete die UdSSR deutsche Museumsbestände als Reparationsgut (z. B. "Schatz des Priamos"). Wie viele Werke aus deutschem Museumsbesitz sich noch in Russland befinden, ist nicht bekannt.

Einrichtung des Central Collecting Point in München

Die 7. US-Armee beschlagnahmte nach ihrem Einmarsch am 30. April 1945 die am Münchner Königsplatz 1933 bis 1937 errichteten, im Bombenkrieg weitgehend intakt gebliebenen Hauptgebäude der "Reichsleitung der NSDAP". Am 14. Juni 1945 bestätigte die Militärregierung die Entscheidung der 3. US-Armee, den CCP im "Verwaltungsbau" (ehem. Arcisstraße 10, jetzt Katharina-von-Bora-Straße 10), und im "Führerbau" (Arcisstraße 12) einzurichten, die in "Galerie I" und "Galerie II" umbenannt wurden. Unter der Bezeichnung "Galerie III" wurde 1947–1948 auch das Prinz-Carl-Palais am Englischen Garten durch den Collecting Point genutzt. Bereits im Juni 1945 begann der Abtransport der aufgefundenen Kunstwerke aus ihren vielen provisorischen Lagerstätten – u. a. Schlössern wie Neuschwanstein (Lkr. Ostallgäu) oder Unterdießen (Lkr. Landsberg am Lech) und Klöstern wie Buxheim (Lkr. Unterallgäu) oder Ettal (Lkr. Garmisch-Partenkirchen) und aus Bergwerkstollen wie der Salzmine Altaussee (Österreich) – zum Münchner CCP.

Personal

Im CCP arbeiteten unter amerikanischer Leitung deutsche Kunsthistoriker mit Vertretern der ausländischen Kunstschutzkommissionen zusammen. Alle deutschen Angestellten des CCP sowie die Reparaturen und der Unterhalt der Gebäude wurden nicht von der US-Militärregierung, sondern von deutscher Seite bzw. ab Herbst 1945 vom wiedergegründeten Freistaat Bayern bezahlt. Die amerikanischen Direktoren wurden durch die Militärregierung ausgewählt. Der erste Direktor des CCP München, der Kunsthistoriker Craig Hugh Smyth (1915–2006), traf am 4. Juni 1945 in München ein und kehrte im April 1946 in die USA zurück.

Auf Smyth folgte für eine Übergangsphase von März bis Mai 1946 Edgar Breitenbach (1903–1977), auch er Kunsthistoriker, als Geschäftsführender Direktor. Noch bis 1949 fahndete er von dort aus als "Specialist Officer" nach gestohlenen Kunstwerken.

Von Juni bis November 1946 leitete der Ethnologe Frederick R. Pleasants (1906–1978) den CCP, der anschließend direkt der seit 1945 von dem Kunsthistoriker Hauptmann Edwin C. Rae (1911–2002) geleiteten MFA&A-Abteilung von OMGBY unterstand.

Raes Nachfolger als Chef von MFA&A bei OMGBY und Leiter des CCP war bis September 1948 der Kunsthistoriker Herbert Stewart Leonard (1908–1952). Zum 31. August 1948 übergab der "Land Director" der US-Militärregierung, Murray D. Van Wagoner (1898-1986), die Treuhänderschaft und Obhut für die Objekte und Akten im CCP an den bayerischen Ministerpräsidenten. Die Leitung des CCP übernahm damit Eberhard Hanfstaengl (1886–1973), seit Juli 1945 Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Leonards Nachfolger als Chef der MFA&A-Abteilung bei OMGBY und damit Repräsentant der Kulturpolitik der US-Militärregierung in Bayern wurde im Herbst 1948 Stefan P. Munsing (1915–1994). Er leitete neben dem CCP auch das 1948 in Galerie II, dem ehemaligen "Führerbau", eingerichtete "US Information Center" (Amerika-Haus) und veranstaltete Kunstausstellungen im benachbarten CCP.

S. Lane Faison Jr. (1907–2006) war von Dezember 1950 bis September 1951 der letzte Direktor des Münchner CCP, der kurzzeitig wieder unter amerikanischer Leitung etabliert worden war, um die endgültige Übergabe der Restbestände des CCP in deutsche Verantwortung vorzubereiten.

Von Juni 1945 an wurden zur Arbeit am CCP sowohl erfahrene Museumskuratoren von bayerischen Museen zum CCP delegiert als auch junge deutsche Kunsthistoriker eingestellt. Erika Hanfstaengl (1912–2003) wurde als Smyths Assistentin eingestellt; von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wurden Karl Theodor Müller (1905-1996), Thomas Muchall-Viebrook (1881–1963), Peter Halm (1900–1966) und Ordenberg Bock von Wülfingen (1914–1960) an den CCP abgeordnet. Hans Konrad Röthel (1909–1982) vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg stieg zum "Chief Curator" des CCP auf. Weitere Kunsthistoriker am CCP waren u. a. Renate Haars, Anton Eckart, Walter Tunk, Karl M. Birkmeyer (geb. 1918) und Wiltrud Mersmann (geb. 1919). Auch Fotografen, Restauratoren, Bibliothekare und Archivare zählten zu den deutschen Mitarbeitern des CCP. Sie wurden erst nach der Überprüfung mittels der Spruchkammerverfahren eingestellt. Die meisten der am CCP tätigen Kunsthistoriker waren nachweislich unbelastet. Nur in zwei Fällen - Erika Hanfstaengl und Wiltrud Mersmann - lässt sich nachweisen, dass eine frühere Mitgliedschaft in NS-Organisationen der Einstellung durch den CCP nicht im Wege stand.

Arbeit

Im Juni 1945 führte Smyth die Registrierung der eingetroffenen Kisten und einzelnen Objekte mit einem Nummernsystem ein: Eine fortlaufende Eingangsnummer (Arrival Number), bekannt als "Münchner Nummer" (Munich Number), bezeichnete die Kisten oder Objekte beim Eintreffen im CCP. Auf "Property Cards" in einer weiteren Kartei wurden Angaben u. a. zu Provenienz, Lagerort, Gegenstand, Eingang- und Ausgangsdatum festgehalten. Zur Identifikation der Objekte trugen aufgefundene Dokumente und Fotos aus den nationalsozialistischen Sammlungs- und Akquisitionszusammenhängen und den beraubten staatlichen und Privatsammlungen bei. Protagonisten des Kunstraubs wurden verhört. Viele der Werke waren durch die Organisation "Sonderauftrag Linz" und den "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg" für das von Adolf Hitler (1889-1945, Reichskanzler 1933-1945) in Linz geplante, aber nie errichtete Kunstmuseum und für andere Museen und für die Sammlung Hermann Görings (1893-1946) erworben oder beschlagnahmt worden. Vor der Restitution wurden die prominentesten Werke im Bibliothekssaal des CCP für ein Fachpublikum ausgestellt.

Äußere und innere Restitution

Der umfangreichste Arbeitskomplex des Münchner CCP betraf die Restitution ins Ausland, die sogenannte äußere Restitution. Nach dem Ende der deutschen Besatzung und meistens schon vor Ende des Krieges hatten viele der betroffenen Staaten nationale Kommissionen eingerichtet, die für die Suche nach verlorenen Kunstwerken zuständig waren. Begründete und mit Beweismaterial versehene Ansprüche auf Rückerstattung ausländischen Kunstguts konnten beim CCP nicht von Privatpersonen, sondern im allgemeinen nur von Vertretern von Staaten im Namen der jeweiligen staatlichen Restitutionskommission erhoben werden. Der Zeitpunkt der deutschen Besetzung eines Staates wurde als das maßgebliche Datum festgehalten, nach dem Kunst-Erwerbungen im jeweiligen Land als unrechtmäßig angesehen wurden. In den Staaten Ostmittel- und Osteuropas wurden restituierte private Kulturgüter in den meisten Fällen nicht an die Eigentümer oder ihre Erben zurückgeben, sondern verstaatlicht. Auf Einladung der US-Behörden trafen seit August 1945 die ersten ausländischen Vertreter im CCP München ein.

Die meisten Restitutionen des CCP gingen nach Frankreich - Werke Alter Meister, Impressionisten, Skulpturen wie die "Belle Allemande" (Maria Magdalena von Gregor Erhart) aus dem Louvre -, gefolgt von den Niederlanden, Belgien - Tafeln des "Genter Altars" der Gebrüder van Eyck, Michelangelos "Brügger Madonna" - und Luxemburg, der Sowjetunion, Ungarn, Polen - die "Dame mit dem Hermelin" von Leonardo da Vinci (1452-1519), der Krakauer Marienaltar von Veit Stoß -, der Tschechoslowakei und Jugoslawien und wenigen Rückgaben an weitere Staaten. Hinzu kamen die durch die Alliierten rechtlich gesondert behandelten, kontrovers beurteilten Rückgaben an die "ehemals feindlichen Staaten" Italien - u. a. der antike "Diskuswerfer" - und Österreich. Ein Abschlussbericht der "Treuhandverwaltung von Kulturgut" (TVK) führt 33.188 Objekte zuzüglich 58 laufenden Metern Archivguts auf, die zwischen August 1945 und September 1952 aus München ins Ausland restituiert wurden; 909 im Januar 1952 an Österreich übergebene Objekte werden hinzugezählt.

Nach dem im November 1947 in Kraft getretenen Gesetz Nr. 59 der US-Militärregierung bezeichnete die "innere Restitution" die Rückerstattung innerhalb Deutschlands an Personen, die "aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus" beraubt worden waren. Anders als bei der "äußeren Restitution" konnten im Rahmen der "inneren Restitution" die Eigentümer selbst beim CCP die Rückgabe beantragen. An "deutsche Eigentümer" einschließlich deutscher Museen wurden laut der Abschlussbilanz der TVK gut 23.000 Objekte zurückgegeben.

Auch Protagonisten des NS-Kunstraubs und hohe NS-Funktionäre beziehungsweise ihre Familien (z. B. Göring, Adolf Weinmüller, Baldur von Schirach) beanspruchten und beantragten beim CCP die Rückgabe von privatem Kunstbesitz. Nach der Prüfung aufgrund der damals bestehenden Kenntnislage wurde diesen Anträgen in vielen Fällen entsprochen.

Der "Restbestand CCP" in deutscher Verantwortung

Die meisten der vom Gebiet der heutigen Bundesrepublik aus durchgeführten Restitutionen erfolgten durch die CCPs in München und Wiesbaden. Bis Herbst 1949 war der größte Teil der zu restituierenden Bestände zurückgegeben worden. Die US-Militärregierung übertrug Teile des Restbestands aus München an den CCP Wiesbaden; zu diesem Zeitpunkt war er als derjenige bestimmt, der weiterhin Rückgaben unter amerikanischer Kontrolle durchführen sollte. Die in München noch vorhandenen circa 10.800 Objekte wurden 1949 in die Verantwortung des bayerischen Ministerpräsidenten übergeben. Es handelte sich um Werke, die hauptsächlich für den "Sonderauftrag Linz", NSDAP-Funktionäre und Amtsinhaber erworben worden waren, sowie um das von der Besatzungsmacht beschlagnahmte Vermögen nationalsozialistischer Organisationen. Die Untersuchung der noch ausstehenden Fälle des "Restbestands CCP" war von den deutschen Stellen zu leisten; die Abwicklung der Restitutionen ins Ausland aber blieb vorerst noch in der Hand der USA.

Die Kultusministerkonferenz der Länder der drei westlichen Besatzungszonen richtete 1949 einen trizonalen Ausschuss für die Rückgabe von Kunstwerken ein, der alle diesbezüglichen Unterlagen sammeln, kritische Fragen behandeln und die Restitutionen der drei westlichen Zonen koordinieren sollte. Dieser "Ausschuss für die Restitution von Kunstgut" wurde 1952 aufgelöst und seine Aufgaben an die neu gegründete TVK übergeben.

Im Februar 1952 übergab die amerikanische Besatzungsmacht die Restbestände der CCPs Wiesbaden und München in die Treuhänderschaft der deutschen Bundesregierung. Die Kulturabteilung des Auswärtigen Amts, in dessen Obhut die Objekte selbst und die Unterlagen übergegangen waren, richtete ein Sonderreferat unter der Bezeichnung "Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt" mit Außenstellen in Wiesbaden und München ein.

Im März 1953 ging die Verwaltung der Wiesbadener Bestände an die Münchner Außenstelle der TVK über. Bis zu ihrer Auflösung 1962 war sie für die Kunstwerke zuständig, die schon der CCP als "non identified property" geführt hatte. Etwa die Hälfte der gut 10.000 Werke, die die TVK 1952 übernommen hatte, wurde bis September 1961 Anspruchsberechtigten ausgehändigt. Der Rest bestand aus Objekten aus ehemaligem Reichsbesitz und dem Vermögen nationalsozialistischer Organisationen, aus dem Vermögen belasteter Personen und von unbekannten Eigentümern. Vor der Auflösung der TVK 1962 wurden diese Bestände zwischen dem Bund und den Ländern aufgeteilt. Den Direktiven des Alliierten Kontrollrats Nr. 50 und Nr. 57 zufolge gingen die Objekte aus dem Eigentum nationalsozialistischer Protagonisten und Organisationen an dasjenige deutsche Land über, in dem sie sich bei Kriegsende befunden hatten.

Nach längeren juristischen Klärungen wurden 1960 die Restbestände der Sammlung Göring zwischen dem Freistaat Bayern und dem Bund aufgeteilt und 1961 übergeben. Die an den Freistaat Bayern transferierten Werke befinden sich heute v. a. in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und im Bayerischen Nationalmuseum sowie in weiteren bayerischen Museen. 1966 und 1974 wurden die als weniger wertvoll erachteten Gemälde und weitere Gegenstände aus der Sammlung Göring zugunsten des Freistaats versteigert.

Die Restbestände aus Reichsbesitz, also diejenigen Werke, die aus Reichsvermögen erworben worden waren, gingen zum 1. Januar 1963 an das Bundesschatzministerium über. Objekte von geringem künstlerischen Wert, deren Eigentümer nicht hatten ermittelt werden können, wurden 1966 und 1974 versteigert. Die Oberfinanzdirektion München übernahm die treuhänderische Verwahrung der etwa 3.500 Inventarnummern, bis sie die Treuhänderschaft im Jahr 2000 an die Oberfinanzdirektion Berlin übergab. Seit 2004 befinden sich die Objekte in der Obhut des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen.

Literatur

  • Elga Böhm, Der Central Collecting Point München – erste Kunstsammelstelle nach Kriegsende 1945, in: Kölner Museums-Bulletin 4 (1987), 24–29.
  • Iris Lauterbach, Der Central Collecting Point in München. Kunstschutz, Restitution, Neubeginn, Berlin/München 2015. [mit ausführlichen Literatur- und Quellenangaben]
  • Iris Lauterbach, The Central Collecting Point in Munich. A New Beginning for the Restitution and Protection of Art, Los Angeles 2018.
  • Craig Hugh Smyth, Repatriation of Art from the Collecting Point in Munich after World War II. Background and Beginnings. With Reference especially to the Netherlands (Gerson Lecture 3), Maarssen/Den Haag 1988.

Quellen

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Iris Lauterbach, Central Art Collecting Point (1945-1949), publiziert am 4.10.2016; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Central_Art_Collecting_Point_(1945-1949)> (29.03.2024)