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Buchdruck (15./16. Jahrhundert)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Ein "Donat", also ein früher Druck der Grammatik des Aelius Donatus aus dem Umfeld von Gutenberg, gedruckt in Mainz um 1454/56. (Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 103,1)
"Eyn manung der cristenheit widder die durken". Erste Seite des 1454 gedruckten Türkenkalenders Gutenbergs. Der handschriftliche Vermerk, der den Kalender als herausragende Seltenheit bezeichnet, stammt vom Hofbibliothekar Felix Andreas von Oefele (1706-1780). (Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 1)
Deutsche Bibelausgabe, gedruckt 1475 bei Günther Zainer in Augsburg. Die Initiale markiert den Beginn des Buchs Hiob. (Bayerische Staatsbibliothek, 2 Inc.s.a. 194-1, fol. 219)

von Christoph Reske

Der um 1450 erfundene Buchdruck erlebte eine Verbreitung vor allem in den Städten. Im heutigen Bayern entstanden erste Druckereien 1460 in Bamberg, 1467 in Augsburg und 1469 in Nürnberg. Der altbayerische Raum folgte erst ab 1480. Erste Buchhändler sind seit 1480 nachweisbar. Als Druck- und Buchhandelszentren etablierten sich Nürnberg und Augsburg. Der Buchdruck übernahm die im Handschriftenbereich verbreiteten Inhalte und damit zunächst lateinische und kirchliche Texte sowie Klein- und Gebrauchsschriften. Nachdrucke spielten eine große Rolle. Der Buchdruck war für die Verbreitung des Humanismus und der Reformation von großer Bedeutung. Seit den 1520er Jahren wurden Zensurmaßnahmen eingeführt.

Definition

Buchdruck bezeichnet im 15. und 16. Jahrhundert im engeren Sinne das Drucken von Büchern, im weiteren Sinne jegliche Druckprodukte, die mit der von Johannes Gutenberg (um 1397-1468) um 1450 in Mainz entwickelten Technologie hergestellt wurden.

Titelzahl

Für das 15. Jahrhundert lassen sich bisher fast 30.000 verschiedene Titel (inklusive über 2.300 Einblattdrucke) europaweit nachweisen, davon über 21.000 lateinischsprachige und über 3.200 deutschsprachige Werke (Incunabula Short Title Catalogue). Fast 71 % aller Inkunabeln (Bücher, die vor dem 31. Dezember 1500 hergestellt wurden) waren damit in lateinischer Sprache verfasst, nur etwa 11 % in deutscher. Der überwiegende Teil der deutschsprachigen Drucke entstand im süddeutschen Raum. Mit dem "VE15" (siehe Lit.: Eisermann) liegt ein detailliertes Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vor.

Für das 16. Jahrhundert können bisher im deutschen Sprachraum über 100.000 verschiedene Titel belegt werden (Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts, VD 16). Eine Auswertung nach Sprache lässt diese Datenbank nicht zu. Leider sind auch die wichtigen Einblattdrucke nicht berücksichtigt. Hilfsmittel sind hier das Verzeichnis von Harms (siehe Literaturliste) und die Datenbank zu den Einblattdrucken der Frühen Neuzeit in der Bayerischen Staatsbibliothek.

Ausbreitung

Für die Ausbreitung und weitere Entwicklung des Buchdrucks waren Städte von großer Bedeutung. Hier gab es Druckvorlagen aus den Bibliotheken; hier lebten Gebildete, die als Setzer oder Korrektoren arbeiten konnten; hier waren die Kapitalgeber; hier existierten Handelswege, was für den Absatz der Bücher wichtig war, und hier befand sich das Lesepublikum (Schmitz).

Der süddeutsche Raum mit seiner ausgeprägten Städtestruktur bot ideale Bedingungen für die neue Technik. Die ersten beiden Städte mit einer Druckerei nach Mainz waren um 1460 die elsässische Reichsstadt Straßburg sowie das fränkische Bamberg. Ab 1465 wurde auch in Italien gedruckt. 1466 folgte als nächste deutsche Metropole Köln, ein Jahr später Eltville (Rheingau-Taunus-Kreis, Hessen) und 1467 schließlich die schwäbische Reichsstadt Augsburg. Alle genannten Städte waren auch Sitz eines Bistums (in Eltville residierten bis 1480 die Mainzer Erzbischöfe) - ein Umstand, der auf viele der frühen Druckorte zutrifft. Die Bischöfe hatten anfänglich großes Interesse daran, mit der neuen Technik sorgfältig redigierte, einheitliche Texte für ihre Geistlichkeit produzieren zu lassen (Schmitz). Um 1469 folgte mit der fränkischen Reichsstadt Nürnberg eine bedeutende Handelsmetropole. In Altbayern begann man erst 1480 im Bistumssitz Passau zu drucken, im Herzogtum Bayern erst 1482 in München und 1484 in Ingolstadt.

Druckorte in Franken
Druckorte Druckort seit Erstdrucker/in Anzahl der Drucker/eien im 15. und 16. Jahrhundert
Altdorf b. Nürnberg 1579 Katharina Gerlach (gest. 1591) vier Drucker
Bamberg um 1460 Albrecht Pfister (gest. 1466) elf Drucker
Coburg 1530 Hans Bär sechs Drucker
Eichstätt 1484 Michael Reyser (erw. 1479-1494/1505) ein Drucker
Forchheim 1525 Hans Bär ein Drucker
Hof 1559 Matthäus Pfeilschmidt (1528-1604) ein Drucker
Burg Hohenlandsberg (heute Ruine, Gde. Weigenheim, Lkr. Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim) 1554 Thomas Biber (1539-1561/73) ein Drucker
Kirchehrenbach (Lkr. Forchheim) 1523 Johann Schöner (gest. 1547) ein Drucker
Kulmbach 1551 Thomas Retsch (gest. 1572) zwei Drucker
Nürnberg um 1469 Johann Sensenschmidt (gest. 1491) 97 Drucker
Rothenburg ob der Tauber 1557 Albrecht Gros (erw. 1529-1567) zwei Drucker
Schweinfurt 1561 Valentin Kröner (erw. 1561-1598) ein Drucker
Würzburg 1479 Georg Reyser (gest. vermutlich 1504) elf Drucker


Druckorte in Schwaben
Druckorte Druckort seit Erstdrucker Anzahl der Drucker/eien im 15. und 16. Jahrhundert Bemerkungen
Augsburg 1468 Günther Zainer (gest. 1478) 58 Drucker
Dillingen a. d. Donau 1488 Johann Sensenschmidt (gest. 1491) zwei Drucker kontinuierliche Drucktätigkeit erst mit Sebald Mayer (gest. 1576) ab 1550
Ichenhausen (Lkr. Günzburg) 1544 Chajjim Schwarz (gest. um 1548) ein Drucker
Lauingen (Lkr. Dillingen a. d. Donau) 1472 Notname: Drucker des Hl. Augustinus 7 Drucker
Lindau 1592 Hans Ludwig Brem ein Drucker
Memmingen 1480 Albrecht Kunne (erw. 1474-1519) ein Drucker
Nördlingen 1538 Erasmus Scharpf (gest. um 1579) ein Drucker
Ottobeuren 1509 ? eine Klosterdruckerei
Thannhausen (Lkr. Günzburg) 1592 Isaac Masia mit Simon Levi Günzburg eine Druckerei
Ulm 1472 Johann Zainer (gest. um 1523 oder ca. 1493) 15 Drucker
Druckorte in Altbayern
Druckorte Druckort seit Erstdrucker Anzahl der Drucker/eien im 15. und 16. Jahrhundert
Adlersberg (Gde. Pettendorf, Lkr. Regensburg) 1556 Hans Kohl (gest. vermutlich 1559) ein Drucker
Amberg 1552 Wolf Guldenmund (gest. 1580) drei Drucker
Freising 1487 Johann Sensenschmidt (gest. 1491) mit Heinrich Petzensteiner zwei Druckereien
Ingolstadt 1484 Notname: Drucker des Lescherius (= Bartholomaeus Golsch ?) 18 Drucker
Landshut 1513 Johann Weissenburger (gest. 1535/36) drei Drucker
München 1482 Johann Schaur (gest. 1504) acht Drucker
Neuburg a. d. Donau 1544 Hans Kilian (gest. 1595) ein Drucker
Passau 1480 Hans Kilian (gest. 1595) vier Drucker
Regensburg 1485 Johann Sensenschmidt (gest. 1491) mit Johann Beckenhub (gest. nach 1491) neun Drucker
Salzburg 1485 Hans Baumann (gest. 1570) vier Drucker
Straubing um 1560 Johann Burger (gest. vermutlich 1596) zwei Drucker
Tegernsee 1573 ? eine Klosterdruckerei
Weihenstephan (Stadt Freising, Lkr. Freising) 1558 ? eine Klosterdruckerei
Wessobrunn (Lkr. Weilheim-Schongau) 1503 Lukas Zeissenmair (gest. nach 1508) eine Klosterdruckerei

Von der Handschrift zum Druck

Die 1474 in Nürnberg gedruckten "Ephemerides" des Johannes Regiomontanus. Das Werk enthält Tabellen mit den Positionen der beweglichen Gestirne (Ephemeriden) 1475 bis 1506. Das hier gewählte Blatt zeigt den Beginn des Jahres 1478 mit dem Hinweis auf die Sonnenfinsternis vom 29. Juli 1478. (Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 299)
Seite aus Ulrich Boners "Der Edelstein". Die 1461 bei Pfister in Bamberg gedruckte Fabelsammlung ist das erste gedruckte Werk deutscher Sprache. (Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel, 16.1 Eth. 2° [1], image 00011)
Darstellung des Aesop und Textbeginn aus der von Heinrich Steinhöwl herausgegebenen und bei Johann Zainer in Ulm 1476/77 gedruckten Ausgabe der Fabeln Aesops. (Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 762)
Illustrierte Seite aus dem "Theuerdanck". (Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 325a)
Titelblatt einer Luther-Flugschrift: Widder den newen Abgott und allten Teuffel, der zu Meyssen sol erhaben werden, Wittenberg 1524. Luther wendet sich gegen die Verehrung des 1523 heilig gesprochenen Benno von Meißen (gest. 1106), des heutigen Stadtpatrons von München. (Bayerische Staatsbibliothek)
Der Index der verbotenen Bücher, hier der Beginn des Verzeichnisses der verbotenen Autoren. (aus: Index Auctorum, et librorum …, Rom 1559, Bayerische Staatsbibliothek, Rar. 1630)
Blatt 19 der "Bairischen Landtaflen" von Philipp Apian, Ingolstadt 1568. (Bayerische Staatsbibliothek, Hbks F 15)

Bereits Gutenberg produzierte neben seiner berühmten lateinischsprachigen 42-zeiligen Bibel (B42) auch Klein- und Gebrauchsdrucke, so Schulschriften - wie die schon in der Handschriftenzeit äußerst beliebte lateinische Kurzgrammatik von Aelius Donatus (ca. 310-380) - und politisches Schrifttum im Zeichen der "Türkengefahr". Zu nennen sind lateinischsprachige Ablassbriefe und der deutschsprachige Kalender "Eine Mahnung der Christenheit wider die Türken". Es handelt sich hierbei um einen als Kalender für das Jahr 1455 aufbereiteten Aufruf an die Fürsten und Stände für den Kampf gegen die Türken (das einzige erhaltene Exemplar stammt aus dem Besitz des Augsburger Humanisten Konrad Peutinger [1465-1547]). Kalender waren beliebte Druckprodukte und sprachen alle Volksschichten an. In Form von Almanachen und den umfangreicheren Praktiken, die auch Hinweise zum Wetter, zur Gesundheit bzw. astrologische Prophezeiungen enthielten, waren sie für die Drucker eine sichere Einnahmequelle und wurden gerne aufgelegt. Auch Einblattdrucke - in Form von Lieddrucken oder Flugblättern mit religiösem, erzählendem oder sachlichem Inhalt - waren äußerst beliebt. Sie haben sich häufig aber nur in Form von Buchbindermakulatur erhalten.

Ein kurzzeitiges paralleles Phänomen zum Buchdruck stellten die Blockbücher dar. Bei ihnen wurden die Abbildungen meist gemeinsam mit den Texten in einen Holzstock geschnitten und von diesem gedruckt. Die von etwa 1450 bis insbesondere in den 1480er Jahren entstandenen Blockbücher haben meist religiös-erbauliche oder profan-belehrende Inhalte (Stevenson).

Auch stellte die Einführung des Buchdrucks keine sofortige Ablösung der Handschriften dar, die im 15. Jahrhundert selbst einen Produktionsanstieg erlebten, sondern es herrschte noch einige Jahrzehnte eine Koexistenz. Viele aus den Handschriften gewohnte Inhalte wurden in den Druck übernommen, in erster Linie natürlich religiöse Werke wie Bibeln, Psalter, Evangelien und Episteln. Neun der 18 deutschsprachigen vorlutherischen gedruckten Bibeln erschienen in Augsburg (zwei in Nürnberg). Die um 1475 bei Günther Zainer (gest. 1478) in Augsburg gedruckte deutsche Bibel zeigte nicht nur eine sprachliche Modernisierung, sondern - erstmals bei dieser Gattung - Holzschnittillustrationen in Form von bewohnten Initialen. Von den Handschriften übernommen wurden auch Heiligengeschichten wie die "Legenda aurea" von Jacobus de Voragine (wohl 1226-1298), Naturkundewerke wie das "Buch der Natur" von Konrad von Megenberg (1309-1374) und juristische Werke wie der "Schwabenspiegel", die allesamt erstmals Mitte der 1470er Jahre in Augsburg gedruckt wurden.

Eine Besonderheit war dagegen der Druck der Chronik von Jakob Twinger von Königshofen (1346-1420) und deutscher Epen wie der "Parzival" von Wolfram von Eschenbach (um 1170/1180-ca. 1220). Denn Chroniken und vor allem die großen epischen Werke entstammten der Kulturwelt des Adels und fanden daher oftmals nicht den Weg in den Druck. Dies war sowohl bei der Weltchronik des Rudolf von Ems (um 1200-1250/1254) als auch bei der Chronik des Martin von Troppau (vor 1230-1278) der Fall, die als Handschriften beliebt waren (Schmitt). Das Zielpublikum der Druckereien war nicht mehr der Adel, sondern das bürgerliche Publikum in den Städten.

War ein Text in den Druck überführt, konzentrierte sich dieser auf wenige Fassungen, meist in Form von sprachlicher Modernisierung; "die thematische Vielfalt der im 15. Jahrhundert handschriftlich überlieferten Texte" erreichten die Drucker nicht (Schmitt). Die anspruchsvollen Romane produzierte man vor allem in den süddeutschen Druckzentren mit vielen Auflagen. Insbesondere Augsburg bot ideale Bedingungen, da sich hier viele handschriftliche Exemplare befanden, die als Vorlage herangezogen werden konnten (Schmitt). In Augsburg entstand auch der erste bürgerliche Roman: Der "Fortunatus" wurde 1509 im Auftrag des Apothekers Johann Heybler bei Johann Otmar (gest. 1516) gedruckt.

Unternehmertypen und Handel

Die meisten Drucker stiegen als Nachdrucker in das neue Gewerbe ein. Lediglich ein Drittel wagte es, neue Titel zu verlegen (Schmitt). Nur wenige verfügten über genügend Kapital, um auch als Verleger zu agieren. Als Verleger hatte man auf seine Kosten die Herstellung eines Buches zu finanzieren, ließ also im Voraus bei Lohndruckern produzieren, weshalb das richtige Einschätzen von Titel und Auflagenhöhe über Erfolg oder Misserfolg entschied. Vereinzelt finden sich auch Drucker, die ihre Presse nur betrieben, um eigene Werke zu produzieren. Meist handelt es sich bei diesen um Gelehrte (z. B. in Nürnberg der bedeutende Astronom und Mathematiker Johannes Regiomontanus [1436-1476]). In Nürnberg gehörte hierzu aber auch der Barbier Hans Folz (um 1435/1440-1513), der seine eigenen Werke für die untere Mittelschicht des Stadtbürgertums auf seiner eigenen Presse druckte. Seine einfachen Drucke waren für den regionalen Nürnberger Raum gedacht und wurden dort auch vertrieben (Rautenberg). Das Gegenteil stellte der Nürnberger Drucker Anton Koberger (um 1440-1513) dar. Er agierte im Bereich der Großkaufleute und war der bedeutendste Druckerverleger und Buchhändler der Inkunabelzeit. Seine Produkte wurden über das Fernhandelsnetz abgesetzt, deren wichtigste süddeutsche Knotenpunkte Augsburg und Nürnberg waren. Diese beiden Städte versorgten auch Ober- und Mittelitalien, Nürnberg zusätzlich Osteuropa.

Viele der Druckerverleger verschoben ihre Aktivitäten im 16. Jahrhundert zum Verlag und ließen ihre Werke bei Lohndruckern produzieren. Schon ab etwa 1480 können auch auf eigene Rechnung tätige reine Buchführer (Buchhändler mit Platz- und/oder Wanderhandel) nachgewiesen werden. Einige von ihnen entwickelten sich im 16. Jahrhundert zu großen Sortimentern (Buchhändler mit festem Ladengeschäft). Der bedeutendste Buchhändler der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde der Augsburger Georg Willer (tätig 1548-1593; Rautenberg). Ihm ist die Einführung von Messkatalogen zu verdanken, in denen die Verleger ab 1564 ihre Novitäten ankündigten.

Humanismus und Buchdruck

Humanistische Drucke hatten in Italien, dem Ursprungsland des Humanismus, den größten Anteil. Von den antiken Texten dominierten insbesondere die Schriften von Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.). Die Druckzentren des Humanismus nördlich der Alpen waren Basel und Straßburg. Hier wurden vor allem lateinischsprachige Werke produziert. Franken, Schwaben und Altbayern spielten insbesondere bei den deutschsprachigen humanistischen Drucken eine wesentliche Rolle.

Frühestes Beispiel ist der um 1463 bei Albrecht Pfister (gest. 1466) im fränkischen Bamberg gedruckte "Ackermann aus Böhmen" von Johannes von Tepl (auch Johannes von Saaz, ca. 1350-1414/1415). Pfister war bis 1460 Sekretär des Bamberger Bischofs und hatte im Ackermann wie auch in der 1461 fertiggestellten Fabelsammlung "Der Edelstein" von Ulrich Boner (gest. 1340) Holzschnitte zur Illustration verwendet – die ersten in der Buchdruckgeschichte.

Die Humanisten belebten auch die Gattung der Chroniken. Die sogenannte Schedelsche Weltchronik wurde vom Nürnberger Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) kompiliert und 1493 in Nürnberg bei Anton Koberger auf Kosten von Nürnberger Kaufleuten gedruckt. Den humanistischen Ansprüchen wurde sie jedoch nicht gerecht, so dass man für eine, allerdings nie erschienene zweite Auflage den berühmten Humanisten Conrad Celtis (1459-1508) heranziehen wollte. Er - wie auch der bayerische Geschichtsschreiber Johannes Aventinus (1477-1534) - reisten zu Klosterbibliotheken, um griechische, lateinische und deutsche Handschriften zu entdecken. Ihr Bestreben war, diese durch den Druck nicht nur zu verbreiten, sondern auch für die Nachwelt zu erhalten (Füssel, Buchkultur).

Eine wichtige Aufgabe der deutschen Humanisten lag in ihrer Übersetzertätigkeit. So sorgten sie dafür, dass italienische Novellen in Deutschland rezipiert wurden. Am beliebtesten wurde "Griseldis", die zehnte Novelle aus Giovanni Boccaccios (1313-1375) "Decameron", die in der lateinischen Fassung des italienischen Humanisten Francesco Petrarca (1304-1374) im Umlauf war. Der Ulmer Humanist Heinrich Steinhöwel (1411-1479) nutzte diese für seine Übersetzung ins Deutsche und ließ sie 1471 bei Günther Zainer in Augsburg erscheinen. Sie erlebte zahlreiche Nachdrucke bis ins 16. Jahrhundert hinein. Äußerst beliebt war auch Steinhöwels deutsche Übersetzung der Fabeln des Aesop, die erstmals um 1476/1477 bei Johann Zainer (gest. um 1523) in Ulm mit zahlreichen Holzschnitten erschienen und dann in verschiedenen oberdeutschen Städten nachgedruckt wurden.

Ein sehr aktiver Nachdrucker war Johann Schönsperger d. Ä. (um 1455-1521), der zum Hofbuchdrucker Kaiser Maximilians I. (reg. 1486-1519, Kaiser ab 1508) aufstieg. Der Kaiser war ein Förderer von Kunst und Wissenschaft und war bestrebt, historische Ereignisse für die Nachwelt durch Drucke zu sichern. Schönsperger druckte für ihn 1514 sein "Gebetbuch", versehen mit Federzeichnungen, u. a. von Albrecht Dürer (1471-1528), und 1517 sein Heldenepos "Theuerdanck", das mit Holzschnitten u. a. von Hans Burgkmaier d. Ä. (1473-1531) ausgestattet wurde und das zu den schönsten Büchern des 16. Jahrhunderts gehört.

Reformation und Buchdruck

Als 1517 die Reformation in Deutschland begann, war der Buchdruck bereits etabliert. Martin Luther (1483-1546) sah im Buchdruck ein Gottesgeschenk, welches das Wort Gottes im Sinne der Reformation zu verbreiten half (Schmitz). Erreichten die Auflagen zuvor durchschnittlich etwa 300 Exemplare (pragmatisches Schrifttum wie Ablassbriefe sind deutlich höher anzusetzen), betrugen die Auflagen nun 1.000 Exemplare und mehr (Rautenberg). Das Zentrum der reformatorischen Druckproduktion war zwar Wittenberg, doch bedurften die äußerst begehrten Lutherschriften in Form von Sammelausgaben wegen ihres größeren Umfangs höhere Investitionen und wurden daher vorrangig im süddeutschen Raum, insbesondere in Augsburg, produziert (Schmitz). Ein Drittel der gesamten deutschsprachigen Buchproduktion in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entfiel auf Lutherschriften. Bis zu Luthers Tod erschienen über 300 seiner Bibelausgaben (Füssel, Gutenberg).

Die charakteristischen Publikationsformen der Reformation waren jedoch Flugschriften und Flugblätter. Die nur aus einem Blatt bestehenden, häufig mit Illustrationen versehenen Flugblätter dienten vor allem der Meinungssteuerung (Moeller). Sie waren schnell und kostengünstig zu produzieren, ebenso wie die oft nur acht Blätter umfassenden Flugschriften. Sie wurden meist ambulant vertrieben und erreichten 1523/1524 ihren quantitativen Höhepunkt. In deren Produktion dominierte neben Straßburg und Basel insbesondere Augsburg. Die anfänglich noch lateinischsprachigen Flugschriften waren zu diesem Zeitpunkt bereits zu über 90 % deutschsprachig (Schmitz).

Bereits 1521 hatte der katholische Kaiser Karl V. (reg. 1519-1556, als Kaiser ab 1530) alle Lutherschriften verboten. Viele der ihm direkt unterstellten Reichsstädte hinderte dies jedoch nicht daran, sich dem lutherischen Glauben zuzuwenden - so auch Nürnberg und Augsburg. Einige ihrer Drucker produzierten sogar vorrangig reformatorisches Schrifttum, wie etwa Hans Guldenmund (gest. 1560) in Nürnberg oder Philipp Ulhart d. Ä. (um 1500-1567/68) in Augsburg. Wegen dortiger antikatholischer Ressentiments siedelte Alexander Weissenhorn I. (gest. 1549) 1540 nach Ingolstadt über und druckte ausschließlich katholische Werke. Hingegen lassen sich bei Hans Schobser (gest. 1530) in München sowohl katholische als auch reformatorische Werke finden. Welche Bedeutung Druckorten wie Nürnberg zukam, zeigt die Bitte Luthers 1525 an den Nürnberger Rat, doch wegen der Nähe zu Wittenberg mit Nachdrucken seiner Werke etwa zwei Monate zu warten, damit die Wittenberger Drucker auch von ihrer Arbeit leben könnten (Schmitz).

Die Obrigkeiten versuchten stets, die Kontrolle über die Druckprodukte zu behalten. 1529 wurde im Reichsabschied von Speyer eine Vorzensur eingeführt und ein Jahr später im Reichsabschied von Augsburg im Impressum die Nennung von Druckort und Drucker vorgeschrieben. 1548 schrieb die Reichspolizeiordnung noch vor, den Namen des Autors zu nennen. Um die seit der Reformation entstandenen konfessionellen Konflikte beizulegen, wurde 1555 im Augsburger Religionsfrieden den Reichsständen Religionsfreiheit gewährt und auferlegt, dass keine der zugelassenen Religionen durch Druckschriften geschmäht werden dürfe. 1559 ließ der Papst mit dem "Index librorum prohibitorum" eine Liste mit für Katholiken verbotenen Büchern erscheinen; 1564 folgte der tridentinische Index. Mit dem Konzil von Trient (1545-1563) leitete die katholische Kirche die Gegenreformation ein. In deren Dienst stellten sich die Druckereien in Köln, Dillingen und Ingolstadt. Dem Ingolstädter Professor für Mathematik und Medizin Philipp Apian (1531-1589) wurde dies jedoch zum Verhängnis. Er weigerte sich 1569, den Eid auf das Tridentinum zu leisten, und musste deshalb Bayern verlassen. Nur ein Jahr zuvor waren in seiner Ingolstädter Druckerei die "Bairischen Landtaflen. XXIII." erschienen, die auf seiner topographischen Aufnahme von Bayern beruhen.

1570 erleichterte schließlich der Reichsabschied von Speyer die Überwachung der Druckereien, deren Betrieb man nur noch in Reichs-, Residenz- und Universitätsstädten erlaubte (in der Reichspolizeiordnung von 1577 bestätigt).

Literatur

  • Peter Amelung (Hg.), Der Frühdruck im deutschen Südwesten: 1473-1500, Ausstellung und Katalog. 1. Teil: Ulm, Stuttgart 1979.
  • Stephan Füssel, Johannes Gutenberg, Reinbek 1999. (mit Wirkungsgeschichte des Buchdrucks)
  • Ferdinand Geldner, Die Buchdruckerkunst im alten Bamberg, Bamberg 1964.
  • Ferdinand Geldner, Die deutschen Inkunabeldrucker. Ein Handbuch der deutschen Buchdrucker des 15. Jahrhunderts nach Druckorten. 1. Teil: Das deutsche Sprachgebiet, Stuttgart 1968.
  • Ferdinand Geldner, Inkunabelkunde (Elemente des Buch- und Bibliothekswesens 5), Wiesbaden 1978.
  • Helmut Gier/Johannes Janota (Hg.), Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wiesbaden 1997.
  • Michael Giesecke, Der Buchdruck in der frühen Neuzeit, Frankfurt am Main 4. Auflage 2006.
  • Jürgen Gramlich, Rechtsordnungen des Buchgewerbes im Alten Reich. Genossenschaftliche Strukturen, Arbeits- und Wettbewerbsrecht im deutschen Druckerhandwerk, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 41 (1994), 1-145.
  • Heinrich Grimm, Die Buchführer des deutschen Kulturbereichs und ihre Niederlassungsorte in der Zeitspanne 1490 bis um 1550, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 7 (1967), Sp. 1153-1772.
  • Konrad Haebler, Handbuch der Inkunabelkunde, Leipzig 1925 (Nachdruck 1979).
  • Wolfgang Harms/Michael Schilling, Das illustrierte Flugblatt der frühen Neuzeit, Stuttgart 2008.
  • Volker Honemann u. a. (Hg.), Einblattdrucke des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Probleme, Perspektiven, Fallstudien, Tübingen 2000.
  • Hans-Jörg Künast, "Getruckt zu Augspurg". Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zwischen 1468 und 1555 (Studia Augustana 8), Tübingen 1997.
  • Horst Kunze, Geschichte der Buchillustration in Deutschland. Das 15. Jahrhundert. 2 Teilbände, Frankfurt am Main [u. a.] 1975.
  • Horst Kunze, Geschichte der Buchillustration in Deutschland. Das 16. und 17. Jahrhundert. 2 Teilbände, Frankfurt am Main [u. a.] 1993.
  • Sabine Mertens/Elke Purpus/Cornelia Schneider (Hg.), Blockbücher des Mittelalters. Bilderfolgen als Lektüre. Gutenberg-Museum Mainz, Mainz 1991, darin Beitrag von: Allan Stevenson, The Problem of the Blockbooks, 229-262.
  • Bernd Moeller, Stadt und Buch. Bemerkungen zur Struktur der reformierten Bewegung in Deutschland, in: Wolfgang J. Mommsen (Hg.), Stadtbürgertum und Adel in der Reformation. Studien zur Sozialgeschichte der Reformation in England und Deutschland, Stuttgart 1979, 25-49.
  • Christoph Reske, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Auf Grundlage des gleichnamigen Werkes von Josef Benzing (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 51), Wiesbaden 2007.
  • Barbara Tiemann (Hg.), Die Buchkultur im 15. und 16. Jahrhundert. 2. Halbband, Hamburg 1999, darin Beiträge von: Anneliese Schmitt, Tradition und Innovation von Literaturgattungen und Buchformen in der Frühdruckzeit, 9-120; Stephan Füssel, Die Bedeutung des Buchdrucks für die Verbreitung der Ideen des Renaissance-Humanismus, 121-161; Wolfgang Schmitz, Reformation und Gegenreformation in der Entwicklung von Buchdruck und Buchhandel, 253-338; Ursula Rautenberg, Buchhändlerische Organisationsformen in der Inkunabel- und Frühdruckzeit, 339-376.

Quellen

  • Michael Diefenbacher/Manfred H. Grieb (Hg.), Das Nürnberger Buchgewerbe. Buch- und Zeitungsdrucker, Verleger und Druckhändler vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Quellen zur Geschichte der Stadt Nürnberg 31), Nürnberg 2003.
  • Falk Eisermann, Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation VE 15. 3 Bände, Wiesbaden 2004.
  • Gesamtkatalog der Wiegendrucke. 1.-7. Band: Leipzig 1925-1938 (Neudruck 1968), 8.-11. Band (derzeit), Stuttgart 1972/78-2008. (auch online zugänglich einschließlich der gesamten Kopien der alten Aufnahme – siehe "Externe Links")
  • Wolfgang Harms (Hg.), Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. 7 Bände, Tübingen 1980-1997.
  • Hans-Joachim Köhler, Bibliographie der Flugschriften des 16. Jahrhunderts. 3 Bände, Tübingen 1991-1996.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Christoph Reske, Buchdruck (15./16. Jahrhundert), publiziert am 11.04.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Buchdruck_(15./16._Jahrhundert) (29.03.2024)