Beziehungen zum Heiligen Stuhl (19./20. Jahrhundert)
Aus Historisches Lexikon Bayerns

Die guten bayerisch-vatikanischen Beziehungen reichen weit in die Frühe Neuzeit zurück und dürfen auch für die Moderne als weitgehend problemlos gelten. Selbst konfliktreichere Phasen nehmen sich im internationalen Vergleich unkompliziert aus. Die diplomatischen Beziehungen bestanden bis 1934 durchgehend, die im 16. Jahrhundert aufgenommenen konkordatären Bindungen wurden 1817 sowie 1924/25 erneuert und bestehen bis heute. Während im 19. Jahrhundert und in der Weimarer Republik politische Interessen die bayerische Kirchen- und Vatikanpolitik dominierten, traten in bundesrepublikanischer Zeit kirchenrechtliche Aspekte in den Vordergrund.
Die diplomatischen Beziehungen
Die Entscheidung Bayerns für den Verbleib beim Katholizismus war am Beginn des 16. Jahrhunderts so frühzeitig, dezidiert und dauerhaft ausgefallen, wie in keinem anderen deutschen Territorialstaat. Das von gegenseitiger Wertschätzung, der durchgehenden Katholizität des Herzogtums und vatikanischer Privilegierung getragene Verhältnis mündete 1583 in einem Konkordat und 1605 in der Einrichtung der Vatikangesandtschaft, der ersten ständigen diplomatischen Einrichtung Bayerns überhaupt. Zunächst beauftragte das Herzog- bzw. Kurfürstentum Italiener mit der Vertretung seiner Interessen, bevor dies mit Beginn des 19. Jahrhunderts in die Hände bayerischer Diplomaten überging. Die wechselseitigen diplomatischen Beziehungen blieben über die Zäsuren von 1814/15, 1848, 1870/71 und 1919 erhalten. Letzteres war nur möglich, weil die Weimarer Verfassung zwar die "Pflege der Beziehungen zu den auswärtigen Staaten" zur alleinigen Reichssache erklärte, der Heilige Stuhl jedoch nicht als Staat galt. Überdies hatte Bayern ein unverändertes Interesse daran, seine Staatlichkeit nachzuweisen – wofür die Ausübung des aktiven und passiven Gesandtschaftsrechts ein wichtiger Baustein war –, so dass seine Vatikanvertretung bestehen blieb. Erst das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 führte zur Aufhebung dieses partikularen Gesandtschaftsrechts; zum 31. Mai 1934 legte der letzte bayerische Gesandte am Heiligen Stuhl, Otto von Ritter zu Groenesteyn (1854-1940), seine Tätigkeit nieder.
Die päpstliche Nuntiatur in München wurde 1784/85 eingerichtet. Ab 1799 verweigerte Bayern mehreren Nuntien das Agrément, der Posten wurde erst 1818 offiziell wieder besetzt. Wie die bayerische Gesandtschaft in Rom blieb auch die Nuntiatur über den Bruch von 1918/19 erhalten, ungeachtet der 1920 eingerichteten Reichsnuntiatur. Eingezogen wurde sie erst mit dem Verlust des passiven Gesandtschaftsrechts Bayerns 1934. Der letzte Nuntius, Alberto Vassallo di Torregrossa (1865-1959), residierte noch bis 1936 in München, sein Status in diesen Jahren war jedoch völlig unklar. Zur Wiedereinrichtung einer Nuntiatur nach 1949 kam es nicht.
Name | Lebensdaten | Amtszeit | Bemerkung |
---|---|---|---|
Giovanni Battista Crivelli | gest. 1627 | 1605-1627 | Agent |
Francesco Crivelli | gest. 1659 | 1627-1659 | Agent, ab 1632 Resident |
keine ständigen Vertreter | 1660-1678 | ||
Pompeo Abbate de Scarlatti | 1630-1703 | 1678-1703 | Resident |
Giovanni Battista Baron von Scarlatti | 1645-1711 | 1703-1711 | ab 1686 Vizeminister an der Seite seines Bruders Pompeo; ab 1703 Minister |
Alessandro Clemente Baron von Scarlatti | 1677-1725 | 1711-1725 | ab 1703 Vizeminister an der Seite seines Vaters Giovanni Battista; ab 1711 Minister |
Filippo Massimiliano Baron von Scarlatti | 1647-1742 | 1725-1742 | ab 1711 Vizeminister neben seinem Bruder Alessandro; ab 1725 Minister |
Pompeo Baron von Scarlatti | 1717-1770 | 1742-1765 | 1742 Prominister für Kaiser Karl VII., zugleich Gesandter Kurkölns, 1765 Pensionierung |
Giacomo Abbé Cordier | gest. 1768 | 1765-1768 | seit 1719 Sekretär von Alessandro u. Filippo Scarlatti; seit ca.1742 Legationssekretär; ab 1765 Geschäftsträger |
Gian Francesco Catena | gest. 1776 | 1768-1776 | seit 1750er Jahre Sekretär von Pompeo Scarlatti, ab 1768 Geschäftsträger und Legationssekretär |
Tommaso Marchese Kardinal de Antici | 1731-1800 | 1776-1798 | seit 1766 Ministerresident für die Kurpfalz, ab 1777 für Pfalzbayern; 1798 Rücktritt vom Gesandtschaftsposten |
Pietro Catena | gest. 1803 | 1798-1801 | seit 1774 Legationssekretär für Kurbayern, ab 1777 für Pfalzbayern; 1798 Geschäftsträger; 1801 Pensionierung |
kein ständiger Vertreter | 1801-1803 | ||
Dr. theol. Kasimir Freiherr von Haeffelin | 1737-1827 | 1803-1810, 1815-1827 | 1778 Wirklicher Geheimer Rat, 1782 Generalvikar des bayerischen Malteser-Großpriorats, 1783 Vizepropst des Kollegiatstifts zu Unserer Lieben Frau in München und Vizepräsident des Geistlichen Rats und kurfürstlicher Geheimer Referendär in geistlichen Sachen; 1818 zum Kardinal erhoben |
Konrad Adolf Freiherr von Malsen | 1792-1867 | 1829-1831 | seit 1813 Leutant in der bayerischen Armee; 1817 Wechsel in den diplomatischen Dienst; 1820 Legationssekretär in Stuttgart; 1824 Geschäftsträger in Turin; 1827 Ministerresident in Zürich; 1829-1831 Gesandter in Rom; 1831-1838 vorrübergehende Pensionierung; 1838-1841 Gesandter in Zürich; 1841-1849 Gesandter in Stuttgart; 1849-1854 Gesandter in Berlin; 1854-1867 Gesandter in Karlsruhe |
Karl Christian Johann Graf zu Spaur und Flavon | 1794-1854 | 1832-1854 | 1814 Leutant in der bayerischen Armee; 1818 Wechsel in den diplomatischen Dienst; 1821 Mitarbeiter bei der Gesandtschaft Wien; 1824 Legationssekretär in Wien; 1827 Legationssekretär in Zürich; 1830 Legationssekretär in Frankfurt am Main; 1832 Geschäftsträger in Rom; 1839 Ernennung zum Gesandten; 1850 zugleich Gesandter in Turin; 1851 zugleich Gesandter in Neapel. |
Ferdinand Johann Baptist Verger | 1806-1867 | 1854-1867 | 1830 Attaché in Berlin; 1833 Legationssekretär in Berlin; 1835 Legationssekretär in Wien; 1839 Geschäftsträger in Dresden; 1841 Ministerresident in Bern; 1845 Gesandter in Bern; 1848/49 Sondergesandtschaften in Dresden, Berlin, Stuttgart, Karlruhe und Frankfurt am Main; 1849 Gesandter in Bern und Karlsruhe; 1854 Gesandter in Neapel (bis 1860), Rom (Hl. Stuhl) und Turin |
Dr. Josef Hugo Sigmund | 1820-1901 | 1867-1869 | 1849 Eintritt in den diplomatischen Dienst; 1851 Legationssekretär in Frankfurt am Main; 1858-1867 Mitarbeiter im Außenministerium; 1867 Gesandter in Rom (Hl. Stuhl); 1869 Gesandter in Den Haag; 1870 Pensionierung |
Karl Theodor Ludwig Max Graf von Tauffkirchen-Guttenberg | 1826-1895 | 1869-1873 | 1850-1867 juristische Laufbahn (Staatsanwalt und Richter); 1867 Wechsel ins Außenministerium; 1867 Gesandter in St. Peterburg und Stockholm; 1869 Gesandter in Rom (Hl. Stuhl); ab 1870 beurlaubt; 1874 Gesandter in Stuttgart und zugleich Darmstadt; 1887 Gesandter in Karlsruhe |
Ludwig Karl August Graf von Paumgarten-Frauenstein | 1821-1883 | 1874-1882 | 1847 Eintritt in den diplomatischen Dienst; 1848 Geschäftsträger in Karlsruhe; 1848 Aushilfe in Berlin; 1850 Attaché in Berlin; 1852 Legationssekretär in Berlin; 1857 Legationssekretär in London; 1868 Gesandter in Florenz; 1870 Gesandter in Dresden; 1874 Gesandter am Heiligen Stuhl; 1882 Pensionierung |
Anton Freiherr von Cetto | 1835-1906 | 1883-1906 | 1856-1865 Leutnant in der bayerischer Armee; 1865 Wechsel in den diplomatischen Dienst; 1866 Legationssekretär bei der Gesandtschaft am Heiligen Stuhl; 1883 Gesandter am Heiligen Stuhl |
Georg Freiherr von und zu Guttenberg | 1858-1935 | 1906-1909 | 1881 Ministerialpraktikant im Außenministerium; 1884 Attaché in Berlin; 1885 Attaché bei der Gesandtschaft am italienischen Hof in Rom; 1887 Legationssekretär bei der Gesandtschaft am italienischen Hof in Rom; 1889 Legationssekretär in St. Petersburg; 1890 Ministerialsekretär im Außenministerium; 1893 Legationssekretär/ab 1894 Legationsrat bei der Gesandtschaft am italienischen Hof in Rom; 1896 Legationsrat in Berlin; 1903 Geschäftsträger in Paris; 1903 Gesandter in St. Petersburg; 1906 Gesandter am Heiligen Stuhl; 1910 Pensionierung |
Otto Hans Joseph Wilhelm Berthold Freiherr von Ritter zu Grünstein (seit 1921 zu Groenesteyn) | 1854-1940 | 1909-1934 | 1883-1887 Leutnant in der bayerischen Armee; 1887 Ministerialpraktikant im Außenministerium; 1889 Attaché in Berlin; 1892 Legationssekretär in Berlin; 1898 Legationssekretär der Gesandtschaft am italienischen Hof in Rom; 1903-1907 Ministerresident in Bern; 1907-1909 Gesandter in Stuttgart, Karlsruhe u. Darmstadt; 1909-1934 Gesandter am Heiligen Stuhl; 1915-1919 Führung der Geschäfte von Lugano aus; 1934 Pensionierung |
Tommaso Marchese Kardinal de Antici (1731-1800). (Österreichische Nationalbibliothek, PORT_00087710_01)
Kasimir Freiherr von Haeffelin (1737-1827). (gemeinfrei via Wikimedia Commons)
Ferdinand Johann Baptist Verger (1806-1867). (gemeinfrei via Wikimedia Commons)
Anton Freiherr von Cetto (1835-1906). Foto um 1896. (gemeinfrei via Wikimedia Commons)
Das "neue Bayern": Die Ausgangslage der Beziehungen am Beginn des 19. Jahrhunderts

Trotz grundsätzlich guter bayerisch-vatikanischer Beziehungen gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts Konfliktpunkte, weil sich die Staats-Kirchen-Beziehungen infolge dreier Umstände nachhaltig änderten: dem Ende der Reichskirche samt Säkularisation; dem Zugewinn protestantischer Untertanen und der gleichermaßen aufklärerischen wie staatskirchlichen Politik Maximilian von Montgelas՚ (1759-1838).
Der Reichsdeputationshauptschluss (1803) entschädigte Pfalzbayern für linksrheinische territoriale Verluste, u.a. durch die Mediatisierung geistlicher Hochstifte und reichunmittelbarer Klöster. Zusätzlich wurden ca. 300 landständische Klöster säkularisiert, nachdem schon 1801/02 knapp 100 Klöster von Bettelorden aufgehoben worden waren. Bis 1816 fielen infolge der napoleonischen Umwälzungen weitere Gebiete an Bayern. Fortan umfasste die bayerische Bevölkerung ca. 1/4 protestantischer Untertanen, v.a. in Franken, der Rheinpfalz und Schwaben. Die ausschließliche Katholizität, die das vormalige Altbayern (außer Pfalz-Sulzbach) geprägt und die die Grundlage päpstlicher Privilegierung gebildet hatte, war nicht mehr aufrechtzuerhalten. Überdies war Montgelas entschlossen, das Ende der Reichskirche zu einer strikt staatskirchlichen Politik zu nutzen, d.h. die Kirche einer rigiden staatlichen Kontrolle zu unterwerfen. Die wichtigsten Maßnahmen bündelte er im Religionsedikt von 1803 (erweitert 1809). Aus staatlicher Sicht waren v.a. Parität und Placet entscheidend. Ersteres dekretierte die Gleichberechtigung evangelischer und katholischer Untertanen, zweiteres bestimmte, dass kirchliche Anordnungen vor ihrer Veröffentlichung (d.h. Wirksamkeit) der Genehmigung des Kurfürsten/Königs bedurften. Diese einseitig betriebene Neuordnung des Staat-Kirche-Verhältnisses stieß auf scharfen Widerstand im Vatikan. Zur Klärung der Beziehungen sandte Montgelas 1803 die "Zentralfigur der bayerischen Kirchenpolitik" (Richard Bauer), Titularbischof Kasimir von Haeffelin (1737-1827), als bayerischen Gesandten nach Rom.
Kooperation und Konflikt: Das Konkordat von 1817
Nach langjährigen, zunächst 1806 in Regensburg, dann v.a. ab 1816 in Rom geführten Verhandlungen schloss Haeffelin eigenständig und ohne Rücksprache oder Billigung der Regierung am 5. Juni 1817 ein neues Konkordat ab. Wichtig für den Staat waren vor allem die faktische Anerkennung der Säkularisation, das dem König zugestandene Ernennungsrecht für alle bayerischen (Erz-)Bischöfe sowie die Neuzirkumskription der Diözesangrenzen, die fortan mit den Landesgrenzen übereinstimmten, so dass außerbayerische Bischöfe keine Einflussmöglichkeiten auf bayerische Belange hatten. Auf scharfe Kritik stieß in München indes die paraphierte Wiedereinführung der Katholizität als alleinige Konfession (Artikel 1) und die weitgehende bischöfliche Autonomie in kirchlichen Fragen (Artikel 12). Beides stand in diametralem Gegensatz zur bisherigen Religionspolitik. Nach längeren Diskussionen und staatlichen Revisionsversuchen wurde der Vertrag schließlich zwar vom König ratifiziert (24. Oktober 1817), die beiden oben genannten Artikel 1 und 12 aber durch gegensätzliche Regelungen des 1818 verabschiedeten Religionsedikts de facto außer Kraft gesetzt; in der politischen Praxis galten unverändert Parität und königliches Placet. Das Religionsedikt wurde als Teil der Verfassung von 1818 veröffentlicht, das Konkordat als Anhang des Religionsediktes. Ein Teil der Forschung leitet daraus den Vorrang des Religionsedikt ab, weil ihm Verfassungsrang zukomme, dem Konkordat hingegen nur einfache Gesetzeskraft. Der Forscher Karl Hausberger (1944-2024) zieht das in Zweifel, kommt aber ebenfalls zu dem Schluss, dass die Regierung keinen Zweifel daran ließ, dem Religionsedikt Vorrang einzuräumen.
Der 1818 geborene Widerspruch zwischen Konkordat und Edikt blieb während des gesamten Königreichs bestehen, ebenso die divergierenden Ansichten über die Geltung der inkriminierten Passagen: Rom beharrte auf voller Katholizität und bischöflicher Autonomie, München auf Parität und Placet.
Bayerisches Konkordats vom 5. Juni 1817 in der Prunkausfertigung der Bayerischen Verfassung von 1818. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bayerischer Landtag 10295, lizenziert durch CC BY-NC-ND 4.0 via bavarikon)
Bayerisches Religions-Edikt von 1818 als Anhang der Bayerischen Verfassung von 1818. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Bayerischer Landtag 10295, lizenziert durch CC BY-NC-ND 4.0 via bavarikon)
Die Beziehungen zwischen Konkordatsabschluss und Kulturkampf: 1817/18–1869


Zu einer formellen Lösung der Differenzen kam es bis 1918 nicht. Noch in der Instruktion für den 1916 entsandten Münchner Nuntius Giuseppe Aversa (1862-1917) heißt es, nach dem Krieg sei die Aufhebung des Religionsedikts anzustreben. Jenseits dieses vatikanischen ceterum censeo hatten beide Seiten im langen 19. Jahrhundert Interesse an einvernehmlichen Verhältnissen: Bayern konnte angesichts eines rund 75% igen Anteils katholischer Untertanen schon aus Gründen des sozialen Friedens nichts an einer Konfrontation mit dem Heiligen Stuhl liegen. Ein Bruch der Beziehungen hätte überdies das Konkordat und dessen Vorteile für Staat und Monarch in Frage gestellt. Umgekehrt wollte auch Rom nicht auf die Vorzüge verzichten (v.a. auf staatliche Finanzleistungen sowie den kirchlichen Einfluss auf das Schulwesen) und wusste die traditionelle Katholizität der bayerischen Bevölkerung und die Anhänglichkeit seines Herrscherhauses an den Heiligen Stuhl zu schätzen.
Es gelang bald, die juristischen Differenzen auf pragmatischer Ebene zu übertünchen. Ein erster Schritt war die Tegernseer Erklärung König Max I. Josephs (1756-1825, König von Bayern 1806-1825) vom 15. September 1821. Einen von Kardinalstaatssekretär Ercole Consalvi (1757-1824) formulierten Text übernehmend, bekräftigte er den Charakter des Konkordats als Staatsgesetz und erklärte, dass sich der Verfassungseid der Beamten (also auch der der Bischöfe und anderer Theologen) "lediglich auf die bürgerlichen Verhältnisse" beziehe und diese zu nichts verpflichte, "was den göttlichen Gesetzen oder den katholischen Kirchensatzungen entgegen wäre". Dadurch signalisierte der König, Ordnung und Wünsche der Kirche zu respektieren; an der verfassungsrechtlichen Situation, auch an Parität und Placet, änderte sie nichts; dennoch hatte die Erklärung zentrale Bedeutung für die Beruhigung des wechselseitigen Verhältnisses.
Mittelfristig haben zwei weitere Faktoren das Verhältnis entspannt: eine zunehmend liberale Placetierungspraxis und die Kirchenpolitik König Ludwigs I. (1786-1868, reg. 1825-1848). Bereits 1824 und noch einmal 1852 wurde der Kreis nicht placetierungspflichtiger kirchlicher Verkündigungen erweitert, 1854 erhob eine Ministerialentscheidung das Placet in der regierungsamtlichen Praxis (nicht in der Verfassungstheorie!) zur Ausnahme. Kirchliche Sorgen, wonach der Staat sich in innere Angelegenheiten einmischen würde, wurden dadurch maßgeblich gemindert. Zugleich hat die Kirchenpolitik Ludwigs I. – seine ostentativ prokatholische Haltung mit zahlreichen Papstvisiten, Kirchenbauten sowie der 132 von ihm vorangetriebenen Klosterneu- bzw. -wiederbegründungen, der Gründung des Ludwig-(Missions-)vereins u.a.m. – den Boden für ein harmonisches Miteinander bereitet. Daran konnten auch Differenzen, die aus dem autoritär-monarchischen Verständnis Ludwigs von "seiner" Kirche (Heinz Gollwitzer) entstanden oder fallweise Verstimmungen des Königs (z.B. über kirchliche Würdenträger oder die kuriale Weigerung seine evangelische Gemahlin, Königin Therese (1792-1854), im Kirchenraum von St. Bonifaz beisetzen zu lassen) nichts ändern. Das bayerisch-vatikanische Verhältnis der 1820er bis 1860er Jahre blieb weitgehend freundschaftlich.
Befestigt worden war das nicht zuletzt während der Revolutionszeit: Als Rom 1848 von national-republikanischen Kräften beschossen wurde, war es der bayerische Gesandte Karl Graf zu Spaur und Flavon (1794-1854), der dem verkleideten Pius IX. (1792-1878, Papst ab 1848) in seiner Kutsche zur Flucht nach Gaeta verhalf (24./25. Oktober). Der Diplomat folgte dem exilierten Papst (November 1848–April 1849), später auch nach Portici-Neapel (September 1849–April 1850) und förderte in jenen Jahren das Ansehen Bayerns am Heiligen Stuhl nachhaltig.
Der "bayerische Kulturkampf"

Die Verhältnisse trübten sich erst rund um das Erste Vatikanische Konzil 1869/70 wieder ein, als beide Seiten sich in ihrer Staatsraison bedroht sahen: Das Papsttum hatte seit langem einen schleichenden Verlust seiner weltlichen Macht zu konstatieren und reagierte mit einer Zentralisierung innerkirchlicher Befugnisse. Dies war bereits mit der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Marien (1854) oder der Verkündung des Syllabus Errorum (1864) – einer Verdammung moderner Irrtümer, die auch staatliche Handlungen umfasste – deutlich geworden und fand seinen Höhepunkt in der Erklärung der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem 1. Vatikanum (1870). Aus bayerischer Sicht bedrohte dies nichts weniger als die staatskirchlichen Rechte.
Die Münchner Regierung verweigerte den Beschlüssen des Vatikanums daher das Placet und betrachtete sie als in Bayern ungültig. Zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Staat und Kirche führte das vor allem im Umgang mit den Altkatholiken. Während Bayern diese, die Ergebnisse des Vatikanums ebenfalls nicht anerkennende, Gruppierung weiterhin als Teil der katholischen Kirche betrachtete und Geistliche, die sich zu ihr bekannten, im Amt beließ, forderte Rom deren Enthebung. Der Konflikt wurde erst gelöst, als Kultusminister Johann von Lutz (1826-1890, 1869-1890 Kultusminister, Ministerratsvorsitzender 1880-1890) 1890 die Altkatholiken für abtrünnig erklärte, ohne von der Gültigkeit des Religionsedikts abzurücken, d.h.: Bayern verweigerte den Beschlüssen des Vatikanums weiterhin das Placet. 20 Jahre nach Beginn des Konflikts hatte dies jedoch seine Brisanz verloren, weil für beide Akteure andere Probleme in den Vordergrund getreten warten und das Interesse an einvernehmlichen Beziehungen überwog.
Die Beziehungen während der Prinzregentenzeit


Nach 1890 harmonisierten sich die Verhältnisse weiter. In München wich die restriktive Placetierungspraxis der Kulturkampfzeit einer weit entgegenkommenderen Interpretation: Innerkirchliche Aussagen bedurften fortan keiner staatlichen Bestätigung mehr. Die Regierung beanspruchte sie nur dann noch, wenn sie an der disziplinarischen Durchsetzung lehramtlicher Meinungen beteiligt war, wenn also z.B. Theologieprofessoren oder Pfarrer mit Hilfe der staatlichen Gewalt abgesetzt werden sollten. Wann und in welcher Form dies geschehen sollte, war zwischen München und Rom zwar (wie im Fall des Münchner Theologieprofessors Joseph Schnitzer, 1859-1939) immer wieder umstritten, konnte letztlich aber stets einvernehmlich gelöst werden. Schnitzer war von der Kurie 1908 wegen seiner als modernistisch geltenden Lehrmeinungen suspendiert und mit einem Interdikt sowie einem Publikationsverbot belegt worden; das Kultusministerium wiederum entließ seinen Beamten nicht, sondern versetzte ihn lediglich in die philosophische Fakultät.
Über mehrere vatikanische Anordnungen, die sich gegen modernistische Strömungen innerhalb der katholischen Theologie richteten – dem Dekret Lamentabili und der Enzyklika Pascendi (1907), der Borromäus-Enzyklika, dem Antimodernisteneid und dem Privilegium fori (1910) oder dem Dekret Quantavis diligentia (1911) – kam es zu diplomatischen Interventionen Bayerns. Meinungsverschiedenheiten bestanden auch über der Frage, ob gemischtkonfessionelle Gewerkschaften zuzulassen seien. Der Kern der Auseinandersetzungen lag in je unterschiedlichen Zielsetzungen: Während Rom darauf zielte, nationalkirchliche Entscheidungsspielräume einzuschränken, den weltkirchlichen Führungsanspruch zu zementieren und moderne theologische Strömungen wie das Eindringen lebensphilosophischer Gedanken, die historisch-kritische Bibelauslegung oder die Infragestellung des neuscholastischen Systems (vereinfachend als Modernismus bezeichnet) abzuwehren, ging es München um die Verteidigung staatskirchlicher Rechte, die Durchsetzung umfassender Regulierungsansprüche des modernen Staates und die Wahrung des konfessionell-gesellschaftlichen Friedens. Trotz konträrer Standpunkte gelang es stets, strittige Fragen ohne Zerwürfnisse beizulegen; anders als Preußen drohte München auch nie mit dem Abbruch der Beziehungen.
Dass Pius X. (1835-1914, Papst ab 1903) 1910 äußerte, Bayern sei "das beste und ruhigste Land" der Erde, mag den schwierigen außenpolitischen Verhältnissen des Vatikans geschuldet gewesen sein (Frankreich, Spanien und Portugal hatten die diplomatischen Beziehungen am Jahrhundertbeginn abgebrochen), zeigt aber, dass der Pontifex Interesse an einem konfliktfreien Auskommen hatte. Ausdruck fand die Wertschätzung nicht zuletzt in der Erhebung des Münchner Erzbischofs Franziskus von Bettinger (1815-1917) zum ersten bayerischen Nationalkardinal seit Bestehen des Königreichs (25. Mai 1914).
Die Beziehungen im Ersten Weltkrieg
Die wechselseitigen Beziehungen blieben mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges zunächst unverändert bestehen. Nachdem die beiderseitigen Bemühungen, Italien vom Kriegseintritt auf Seiten der Entente abzuhalten, im Frühsommer 1915 gescheitert waren, musste auch der bayerische Vatikangesandte Italien bzw. das von Italien garantierte vatikanische Gebiet verlassen (23. Mai 1915), obwohl er völkerrechtlich nicht am Quirinal, sondern beim Papst akkreditiert war und, anders als sein preußischer Kollege, für einen Verbleib in Rom plädiert hatte. Bayern hatte schlichtweg den reichspolitischen Vorgaben Folge zu leisten; der Gesandte verließ Rom und verlegte die diplomatische Vertretung bis Ende 1919 nach Lugano (Schweiz). Wichtige politische Fragen, in die das Papsttum während des Krieges involviert war (Überlegungen zur Verlegung des Papstsitzes nach Liechtenstein; Versuch eines Separatfriedens mit Belgien; päpstliche Friedensinitiative), wurden deutscherseits maßgeblich von der Reichs-, nicht der Staatsregierung behandelt.
Der Vatikan wiederum nutzte für die Besprechung zentraler (kirchen-)politischer Fragen seine Münchner Nuntiatur, verhandelte in der Sache aber mit Berlin. Die Verantwortung lag bis 1916 bei Nuntius Andreas Frühwirth (1845–1933, Nuntius in Bayern 1907–1916) und (nach einem kurzen Intermezzo von Giuseppe Aversa; 1862–1917, Nuntius in Bayern 1916–1917) bei Eugenio Pacelli (1876–1958, Nuntius in Bayern 1917–1925, ab 1939 Papst Pius XII.). Pacelli war es auch, der die Friedensinitiative Benedikts XV. (1854-1922, Papst ab 1914) vom 1. August 1917 direkt an die Reichsregierung übermittelte. Eine selbstständige bayerische Kirchenpolitik erlosch in den Jahren des Weltkrieges zwar nicht, trat jedoch hinter die Reichsaußenpolitik zurück. Bayern sah sich auf symbolpolitische Akte wie die Erhebung Mariens zur Landespatronin (Patrona Bavariae) beschränkt, die die römische Ritenkongregation im April 1916 ganz im Sinne des bayerischen Ministerratsvorsitzenden Georg von Hertling (Zentrum, 1843-1919) mit dem Hinweis auf die (siegreiche) Schlacht am Weißen Berg von 1620 ("in exemplum praeuntibus, et praesertim Maximiliano I") gewährte.
Die Beziehungen während der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus
Schon vor dem Krieg war die preußische Vatikanpolitik zunehmend tonangebend geworden. Selbst im bayerischen Landtag hatte es Stimmen gegeben, die für die Aufgabe der eigenen Gesandtschaft plädierten, primär aus Kostengründen. Während des Krieges forcierte Berlin die Pläne zur Aufhebung des einzelstaatlichen Gesandtschaftsrechts, nach der Revolution von 1918 verlangte die neue Reichregierung einen solchen Schritt. Im Entwurf der Reichsverfassung vom Januar 1919 war er bereits vorgesehen, und anders als Ministerpräsident Kurt Eisner (USPD, 1867-1919) war das Kabinett von Johannes Hoffmann (SPD, 1867-1930) hierzu auch bereit. In den nachfolgenden Wochen wurde die Formulierung von Artikel 4 RV (später: Art. 78) jedoch abgeändert: Nun sollten nicht mehr die "Beziehungen zum Ausland" ausschließliche Reichssache sein, sondern die "Beziehungen zu auswärtigen Staaten". Einen Vatikanstaat aber gab es zwischen der nationalstaatlichen Einverleibung Roms 1870 und den Lateranverträgen von 1929 nicht. Gleichwohl stimmten Hoffmann und die Reichsregierung darin überein, alle Partikulargesandtschaften einzuziehen, zumal Bayern aufgrund der Reichsverfassungsbestimmungen ohnehin seine staatskirchlichen Hoheitsrechte (Placet, Bischofsernennungsrecht u.a.m.) zu verlieren drohte. Es war vor allem dem Wirken des zum Jahreswechsel 1919/20 nach Rom zurückgekehrten bayerischen Vatikangesandten Otto von Ritter und dem resoluten Eintreten Kardinalstaatssekretärs Pietro Gasparri (1852-1934) für den Erhalt der Gesandtschaft zu verdanken, dass im Februar 1920 zwischen Berlin, München und Rom vereinbart wurde, neben den neu zu errichtenden Beziehungen auf Reichsebene (Reichsbotschaft/Rom, Nuntiatur/Berlin) die bayerische Gesandtschaft und die Münchner Nuntiatur zu erhalten. Die Reichsregierung stimmte sogar der Kautel Roms zu, ein zu beachtendes Gutachten abgeben zu können, falls die bayerische Gesandtschaft einmal aufgehoben werden sollte – eine Zusage, die die Regierung Hitler 1934 ignorierte.
Während der Weimarer Republik bestanden die völkerrechtlichen Beziehungen zwischen Bayern und dem Vatikan somit unverändert fort. Für zahlreiche kirchenpolitische Gegenstände nahm die diplomatische Vertretung eine initiierende, informative oder vermittelnde Rolle wahr, wenngleich die wichtigere Funktion dem päpstlichen Nuntius Eugenio Pacelli zukam, der bis 1925 die Reichs- und die Münchner Nuntiatur in Personalunion führte. Grund für die Beibehaltung des formell nachrangigen Münchner Postens waren die ab Ende 1919 eingeleiteten Verhandlungen über ein bayerisches Konkordat, dem Pacelli eine Musterfunktion für nachfolgende Staatskirchenverträge zudachte. Tatsächlich sollte es das erste abgeschlossene Nachkriegskonkordat werden, und es enthielt weitgehende Zugeständnisse an die Kirche. Für den Freistaat war – neben der Regelung kirchenpolitischer Aspekte – vor allem wichtig, eigenständige Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, waren Konkordate doch die einzigen völkerrechtlichen Verträge, deren Abschluss die Reichsverfassung den Ländern noch zubilligte.
Hatten die Beziehungen zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl nach Abschluss des Konkordats 1924/25 und der endgültigen Übersiedlung Pacellis nach Berlin am 18. August 1925 bereits an Dignität verloren, gingen die Nationalsozialisten 1933 rasch an die Einziehung der Partikularvertretungen. Von der Kurie betriebene Versuche zu deren Erhalt, zu denen auch die ungewöhnlich schnelle Heiligsprechung des niederbayerischen Laienbruders Konrad von Parzham (1814-1894) 1934 zählt (Seligsprechung: 1930), blieben wirkungslos. Auf Grundlage des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs (30. Januar 1934) wurden die bayerische Gesandtschaft und die Münchner Nuntiatur zum 31. Mai 1934 aufgehoben, die völkerrechtlichen Beziehungen endeten.
Das Verhältnis zu Rom wurde in München seit 1933 nur noch unter kirchenrechtlichen (und ideologischen) Vorzeichen gesehen und – obwohl das Konkordat weiter Gültigkeit besaß – überdies weitgehend Berlin überlassen. Fortbestand hatten die Beziehungen auf innerkirchlicher (Bischofsbesuche in Rom; Austausch der Bischöfe über das Vorgehen gegenüber dem Nationalsozialismus; Mitwirkung an der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ 1937 u.a.m.) und informeller Ebene, wobei für letztere nicht zuletzt die Abstimmung des (seit dem Jahresende 1939 dauerhaft in Italien weilenden) ehemaligen Kronprinzen Ruprecht (1869-1955) mit dem Heiligen Stuhl in politischen Fragen weiterer Klärung bedarf. Dieser pflegte mit dem vormaligen Nuntius Pacelli (seit 1939: Pius XII.) ein enges Verhältnis und lancierte über den Vatikan u.a. seine Vorstellungen über den Aufbau und die Staatsform eines Nachkriegsdeutschlands an die Alliierten. Inwieweit auch Widerstandspläne zur Sprache kamen – etwa jene, über die der spätere erste CSU-Vorsitzende Josef Müller (1898-1972) im Vatikan gesprochen hat –, ist nach gegenwärtigem Stand der Forschung unklar.
Die Beziehungen nach 1945

Rechtlich hätte nach dem Krieg die Möglichkeit zur Wiedererrichtung einer bayerischen Vertretung am Heiligen Stuhl bestanden. In der Münchner Staatskanzlei wurden entsprechende Überlegungen angestellt, "aus den bekannten Gründen, unter denen die Betonung der bayerischen Eigenstaatlichkeit an erster Stelle zu stehen scheint", wie die Deutsche Botschaft am Heiligen Stuhl 1954 an die Bonner Zentrale berichtete. Vergleichbar besorgte Notizen des Auswärtigen Amts finden sich bis 1960, auch die Einrichtung einer Nuntiatur in München hielt man für denkbar, wenngleich unwahrscheinlich. Da die Bundesregierung derartige Schritte für politisch inopportun hielt, wurde die Wiedererrichtung einer Gesandtschaft von München indes nie forciert.
Auf politischer Ebene werden die Beziehungen zur römischen Kurie vom Kultusministerium und der Staatskanzlei seit Kriegsende als wichtiger Teil der Pflege zu den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verstanden – nicht nur, wenn Modifizierungen an dem weiterhin gültigen Konkordat von 1924 vorgenommen werden, wie es beispielsweise bei der Einführung der christlichen Gemeinschaftsschule als Regelschule (1968) oder der Veränderung der universitären Landschaft und ihres Lehrangebots (z.B. 1974, 1978, 1988) der Fall war. Auch bei der Ernennung bayerischer Bischöfe suchen München und Rom das Einvernehmen, und bayerische Delegationen mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze waren und sind regelmäßige Gäste bei öffentlichkeitswirksamen Ereignissen im Vatikan. Daneben gibt es zahlreiche innerkirchliche, institutionelle oder private Verbindungen, von denen die Verantwortung des Bayerischen Rundfunks innerhalb der ARD für die Vatikan-Berichterstattung nur eine ist. Umgekehrt pflegt auch die Kurie unverändert besondere Beziehungen zum Freistaat, wovon nicht zuletzt die Ausrichtung des Eucharistischen Weltkongresses in München (1960), die starke Berücksichtigung bayerischer Stationen bei den Deutschlandbesuchen Johannes Pauls II. 1980 und 1987 und natürlich der Bayernbesuch Benedikts XVI. (1927-2022, Papst 2005-2013) 2006 zeugen.
Insgesamt wurden bisher lediglich Teilaspekte erforscht, die die bayerisch-vatikanischen Beziehungen nach 1945 berühren, allen voran die Schulfrage. Fragen der kirchlichen Zeitgeschichte im Allgemeinen werden im Wesentlichen in nationaler Perspektive behandelt, Themen zum Nationalsozialismus und zur vatikanischen Ostpolitik stehen dabei im Vordergrund. Arbeiten unterhalb der Nationalgeschichte, die dezidiert die wechselseitigen Beziehungen zum Gegenstand haben, liegen indes praktisch nicht vor. Die etatistischen Beziehungen und herausragende Themen (z.B. das Konkordat) des 19. Jahrhunderts sind besser erforscht, doch besteht auch hier Nachholbedarf hinsichtlich moderner methodischer Zugriffe.
Literatur
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- Michael F. Feldkamp, Bemühungen um Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Nicolaus Buhlmann/Peter Styra (Hg.), Signum in bonum. Festschrift für Wilhelm Imkamp zum 60. Geburtstag (Thurn und Taxis Studien. Neue Folge 1), Regensburg 2011, 235–247.
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- Jörg Zedler (Hg.), Der Heilige Stuhl in den internationalen Beziehungen 1870–1939 (Spreti Studien 2), München 2010.
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Quellen
- Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Akten der Gesandtschaft Päpstlicher Stuhl.
- Faulhaber. Kritische Online-Edition der Tagebücher Michael Kardinal von Faulhabers (1911–1952).
- Eugenio Pacelli. Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte von 1917 bis 1929.
- Rolf Kießling/ Anton Schmid (Bearb. unter Mitwirkung von Werner K. Blessing), Kultur und Kirchen (Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern, Abt. III., 8), München 1983.
- Systematische Zusammenstellung der Verhandlungen des bayerischen Episkopats mit der Königlich-Bayerischen Staatsregierung von 1850 bis 1889 über den Vollzug des Konkordates, Freiburg i.Br. 1905.
- Werner Werner (Hg.), Die deutschen Konkordate und Kirchenverträge der Gegenwart. Textausgabe mit den amtlichen Begründungen sowie mit Ergänzungsbestimmungen, vergleichenden Übersichten, Schrifttumshinweisen und einem Sachverzeichnis, Göttingen 1962.
- Hubert Wolf/Klaus Unterburger (Bearb.), Eugenio Pacelli. Die Lage der Kirche in Deutschland, Paderborn u.a. 2006.
Weiterführende Recherche
Externe Links
Verwandte Artikel
- Bayerisches Konkordat, 1924
- Beziehungen zu Italien (19. Jahrhundert)
- Beziehungen zu Italien (20. Jahrhundert)
- Bischofsernennung (19./20. Jahrhundert)
- Konkordatspolitik (seit 1945)
Empfohlene Zitierweise
Jörg Zedler, Beziehungen zum Heiligen Stuhl (19./20. Jahrhundert), publiziert am 11.02.2025; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Beziehungen_zum_Heiligen_Stuhl_(19./20._Jahrhundert)> (17.03.2025)