Beziehungen zu Italien (20. Jahrhundert)
Aus Historisches Lexikon Bayerns
Die Beziehungen Bayerns zu Italien im 20. Jahrhundert waren wechselhaft, die jeweilige Wahrnehmung von einer Ambivalenz zwischen Anziehung und Abneigung, Überlegenheit und Sehnsucht geprägt. Stand in der Weimarer Zeit die Staatsregierung dem Italien Benito Mussolinis (1883-1945, Ministerpräsident 1922-1943) vor allem wegen dessen Politik der Italianisierung Südtirols ablehnend gegenüber, so besuchte der „Duce“ München als Verbündeter NS-Deutschlands später mehrmals. Nach der Besetzung Italiens durch die Wehrmacht ab 1943 verübte diese dort zahlreiche Kriegsverbrechen, an denen Offiziere und Soldaten aus Bayern beteiligt waren, z.T. an herausragender Stelle. Nach 1945 zeugen gegenseitige Politikervisiten von einem verbesserten Verhältnis, wenngleich die Südtirolfrage bis 1971 Anlass für Friktionen bot. Der kulturelle Austausch wurde durch verschiedene Akteure und die Gründung von Kulturinstitutionen von beiden Seiten gefördert. Tourismus und Arbeitsmigration verhielten sich gegenläufig: während ersterer lange nahezu ausschließlich von Nord nach Süd verlief, so die Arbeitsmigration in der Gegenrichtung. Auf wirtschaftlicher Ebene hingegen herrschte ein reger wechselseitiger Austausch.
Gegenseitige Wahrnehmung
Das bayerische Italienbild oszilliert zwischen Anziehung und Abstoßung: der Sehnsuchtsort, assoziiert mit Licht, Kunst und Kultur, Stilsicherheit seiner Bevölkerung, Lebensfreude und Genuss hier und das Land der Oberflächlichkeit dort, in dem politische und private Unzuverlässigkeit ebenso gedeihen wie Kriminalität. Die Stereotype finden sich auch umgekehrt: der fleißige, erfolgreiche Deutsche, für Bayern zahlreich ergänzt vom ewigen Biertrinker, bei zugleich latent antideutschen Ressentiments.
Die Ambivalenz, in der sich nicht zuletzt je eigene Überlegenheits- oder Inferioritätsgefühle und Sehnsüchte spiegeln, zieht sich durch das gesamte 20. Jahrhundert, erstreckt sich auf die öffentliche Wahrnehmung genauso wie auf die in der Geschichtswissenschaft oder der Politik und reicht bis in die 2000er Jahre: Die Zweifel der deutschen Kanzler Helmut Schmidt (SPD, 1918-2015) und Helmut Kohl (CDU, 1930-2017) an der italienischen Bündnistreue in den 1980er Jahren, Giulio Andreottis (1919-2013) Vorbehalte gegen die deutsche Einigung oder die wechselseitige Skepsis über die politischen Antworten auf die Banken-, Flüchtlings- und Coronakrise seit 2008 sind Beispiele hierfür. Dabei überdecken die Vorurteile, dass die tatsächliche Kenntnis über den anderen eher oberflächlich und die Verflechtungen zwischen Deutschland, Bayern und Italien, unabhängig von ihrem staatlichen Status, vielfältig waren und sind.
Politische Beziehungen
Schon seit der Neuzeit unterhielt Bayern politisch-diplomatische Beziehungen zum Papst, den italienischen Teilstaaten und ab 1865 zum neugegründeten Königreich Italien. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Außenpolitik beim Reich zentralisiert (Art. 6 Weimarer Reichsverfassung) und die bayerische Gesandtschaft am Quirinal formell aufgehoben (24. Oktober 1919), so dass die Beziehungen zwischen Bayern und Italien völkerrechtlich ihr Ende fanden. Die politischen Beziehungen spielten während der Weimarer Republik eine untergeordnete Rolle. Priorität hatte für Bayern zu dieser Zeit ein harmonisches Verhältnis zum Heiligen Stuhl, mit dem der moderne italienische Staat bis zu den Lateranverträgen von 1929 im Dauerkonflikt lag. Die innenpolitischen Verhältnisse seit der Machtübernahme der Faschisten 1922 beobachtete man in München zwar aufmerksam, letztlich aber folgenlos. Die Staatsregierungen standen der Regierung Benito Mussolinis (1883-1945, Ministerpräsident 1922-1943) weitgehend ablehnend gegenüber. Als um die Jahreswende 1925 Gerüchte über italienische Expansionsbestrebungen bis zum Karwendelgebirge und Kufstein kursierten, wurden italienische Vereine in Bayern zeitweise sogar geheimdienstlich überwacht und italienischer Sprachunterricht als Kulturimperialismus diskreditiert.
1934, mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reichs (30. Januar 1934) kamen politische Beziehungen gänzlich zum Erliegen. Während des „Dritten Reichs“ war Bayern kein selbständiger außenpolitischer Akteur, sondern nurmehr Kulisse der Reichsaußenpolitik (Mussolinis Besuche in München 1937, 1940 und 1943; Münchener Abkommen 1938).
In der Nachkriegszeit blieben völkerrechtliche Beziehungen Sache des Bundes, doch zeugen neben italienischen Konsulaten im Freistaat (München, Nürnberg) wechselseitige Politikerkontakte und -besuche vom Fortbestehen des bayerisch-italienischen Austauschs: Einen Auftakt machte der erste CSU-Vorsitzende Josef Müller (1898-1979) mit seinen Verbindungen zur Schwesterpartei Democrazia Cristiana und der München-Besuch des italienischen Handelsministers Ivan Matteo Lombardo (1902-1980) 1949. Es schlossen sich die – als erster offizieller Staatsbesuch eines ausländischen Staatsoberhaupts in der Bundesrepublik geltende – München-Visite von Staatspräsident Giovanni Gronchi (1887-1978, Staatspräsident 1955-1962) 1956 und nicht weniger als 47 politisch motivierte Italienaufenthalte von Franz Josef Strauß (CSU, 1915-1988) an. Auch in den 2000er und 2010er Jahren reisten bayerische Ministerpräsidenten gerne nach Rom, Edmund Stoiber (CSU, geb. 1941) z.B. 2005, Horst Seehofer (CSU, geb. 1949) 2009 und 2015 und Markus Söder (CSU, geb. 1967) 2018. Stets galten die Visiten dabei auch dem Vatikan.
Jenseits konkret-inhaltlicher Fragen verfolgten Bayern, die Bundesrepublik und Italien in ihren Beziehungen immer auch allgemeine, z.T. symbolpolitische Ziele: Bayern wollte seine politische Handlungsfähigkeit zum Zweck der innerdeutschen Profilierung demonstrieren, der Bund Tradition, Kultur und landschaftliche Schönheiten des Freistaats bei Staatsbesuchen politisch fruchtbar machen; die Republik Italien wiederum wollte die Beziehungen zu einem Bundesland pflegen, in dessen Hauptstadt sich eine der wichtigsten italienischen Gemeinden Deutschlands befindet.
Bayern, Italien und der Krieg
Wie der Erste, so hat sich auch der Zweite Weltkrieg ins jeweilige kollektive Gedächtnis primär als nationale Auseinandersetzung eingegraben. Nach der Landung der Alliierten auf Sizilien (Juli 1943), Mussolinis Festnahme und dem von der neuen Regierung Pietro Badoglio (1871-1956) mit den Westalliierten abgeschlossenen Waffenstillstand (3. September 1943) besetzte die Wehrmacht die Halbinsel sowie italienisch kontrollierte Gebiete auf dem Balkan und in Griechenland mit weitreichenden Folgen: Der inhaftierte Mussolini wurde am 12. September 1943 von deutschen Fallschirmjägern befreit und nach München ausgeflogen. Später verbrachte er einige Tage auf Schloss Hirschberg bei Weilheim i.Ob., bevor er in die Pseudorepublik Saló am Gardasee übersiedelte.
Die militärische Kommandogewalt in Italien oblag dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe C, Albert Kesselring (1885-1960), gebürtig aus dem Lkr. Kitzingen, aufgewachsen in Bayreuth und in der bayerischen Armee militärisch sozialisiert. Er war für die Ideologisierung und Brutalisierung des Krieges gegen die Bevölkerung sowie für völkerrechtswidrige Befehle verantwortlich, die 10.000 bis 15.000 italienische Zivilisten das Leben kosteten. 1947 wurde er von einem britischen Militärgericht wegen des Massakers an 335 italienischen Geiseln in den "Fosse Ardeatine" (März 1944) zum Tode verurteilt, wenig später wurde die Haft reduziert, 1952 wurde er, unter dem Druck einer "Kriegsverbrecher-Lobby" (Kerstin von Lingen), vollständig begnadigt.
Neben ungezählten deutschen Verbrechen an Zivilisten wurden solche auch an italienischen Soldaten verübt. Wer sich dem Entwaffnungsbefehl vom 12. September 1943 nicht fügte, dem drohte Zwangsarbeit oder (bei Offizieren) die standrechtliche Hinrichtung. Eines der gleichermaßen drastischsten wie bekanntesten Beispiele ist die Erschießung italienischer Soldaten auf Kefalonia (Griechenland), die sich überwiegend ergeben hatten; ihre Zahl wird zwischen 2.500 und 5.000 angegeben. Wesentlich beteiligt waren Einheiten der 1. Gebirgsdivision, vorwiegend aus bayerischen Soldaten bestehend und kommandiert von dem Dachauer Major Reinhold Klebe (1913-1992) des Mittenwalder Gebirgsjägerregiments 98, wo er nach 1956 als Bataillonskommandeur fungierte.
Das Schicksal arretierter italienischer Soldaten war kaum besser: Alsbald als Militärinternierte deklariert (was ihnen den völkerrechtlichen Status als Kriegsgefangene verwehrte) wurden rund 600.000 Männer zu Zwangsarbeit verpflichtet, von der auch bayerische Betriebe ökonomisch profitierten. Daran ändert auch die Entlassung der Militärinternierten in ein Zivilverhältnis im Herbst 1944 nichts, im Gegenteil: Ab Januar 1945 wurden auf dieser Grundlage auch Offiziere zur Arbeit gezwungen. Wer sich verweigerte, dem drohte KZ-Haft; aber auch ohne Internierung im Konzentrationslager lag ihre Sterblichkeitsrate weit über der anderer westlicher Kriegsgefangener: Gabriele Hammermann nennt 25.000 tote Militärinternierte (4,2%), Mark Spoerer 32.000 (5,3%), Giovanna Procacci 45.000 (7,5%).
In der Nachkriegszeit herrschte in beiden Ländern ein Konsens des Schweigens über die Vergangenheit. Kriegsverbrechen auf italienischem Boden wurden schon ab 1956/57 von der italienischen Justiz nicht mehr verfolgt. Es war nicht zuletzt diese erinnerungspolitische Stille, die Reisen nach Italien bei Deutschen so beliebt machte, um den Preis, dass die Verbrechen im kollektiven Gedächtnis beider Seiten weitgehend ausgeblendet blieben. Dies ändert sich erst seit den 1990er Jahren.
Bayern und Südtirol
Italien profitierte von den territorialen Bestimmungen der Pariser Vorortverträge 1919 erheblich, bekam u.a. Südtirol zugeschlagen. Da die Regierungen in Wien und Berlin für ihre Revisionspolitik jedoch die Unterstützung Italiens benötigten, gestalteten sich die Beziehungen Bayerns zu Südtirol fortan eng. Während der republikanischen Jahre versuchte die Staatsregierung vor allem, der Italianisierungspolitik Mussolinis in Südtirol entgegenzutreten. In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt die "Südtirol-Rede" vom 5. Februar 1926 zu sehen, in der Ministerpräsident Heinrich Held (1868-1938, im Amt 1924-1933) die "furchtbare seelische und politische Not" der Südtiroler und die "brutale Vergewaltigung des Deutschtums" beklagte. Ziel der Rede war es, Bayern als Protektor der Südtiroler zu profilieren und zugleich die eigene (außen-)politische Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Von geringfügigen Errungenschaften wie der Herauslösung deutschsprachiger Dekanate des Bistums Trient aus dessen Verwaltung und ihre Unterstellung unter das Bistum Brixen abgesehen, blieb diese Politik indes weitgehend folgenlos.
Entsprechend groß waren die Hoffnungen, die weite Teile der Südtiroler auf die nationalsozialistische Heim-ins-Reich-Politik setzten. Umso mehr musste sie jedoch das Hitler-Mussolini-Abkommen (21. Oktober 1939) enttäuschen, das unter dem Stichwort „Option“ bekannt wurde. Das Abkommen besagte, dass die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols (und einige weitere Minderheiten in Gemeinden der Provinzen Trient, Vicenza, Verona und Udine) die Option bekam, entweder in das Deutsche Reich auszuwandern oder in ihrer Heimat zu verbleiben, wo sie jedoch keinerlei Handhabe gegen eine weitere Italianisierungspolitik haben sollten. Von den rd. 180.000 Optanten (213.000 inkl. der Nicht-Stimmberechtigten) entschieden sich zwar rund 86% für eine Umsiedlung in das Deutsche Reich, doch verließen tatsächlich lediglich 75.000 Menschen Südtirol. Die meisten von ihnen blieben auf dem Gebiet der "Ostmark", nur gut 20.000 kamen ins "Altreich". Nach dem Krieg erhielten die Ausgewanderten ein Rückkehrrecht, von dem 20.000 bis 25.000 Menschen Gebrauch machten. Bayern war von dem Abkommen somit kurz- wie langfristig wenig betroffen, wenngleich die genaue Zahl der dort verbliebenen Südtiroler unklar ist.
Wie in der Zwischenkriegszeit, nahm Südtirol in den 1950er und 1960er Jahren eine exzeptionelle Rolle in der bayerischen Öffentlichkeit und Politik ein. Angesichts der geographischen, sprachlichen und konfessionellen Nähe, des Tourismus sowie einer als historisch-kulturell verstandenen Verbundenheit entwickelte sich Bayern zu einem „Zentrum der Kulturhilfe“ (Thomas Jehle) für Südtirol. Da die Unterstützung der deutschsprachigen Südtiroler Bevölkerung politisch heikel war und offizielle außenpolitische Schritte Bundesangelegenheit waren, engagierten sich v.a. privatrechtliche Vereine wie die „Gesellschaft der Freunde Südtirols“ ideell und materiell für die Förderung der deutschsprachigen Kultur. Natürlich wohnte diesen Aktivitäten auch eine politische Komponente inne, überdies standen einige der Initiativen unter Rechtsextremismusverdacht, andere den Vertriebenenverbänden nahe. Selbst unverdächtige private Hilfsvereine hatten mit der Südtiroler Volkspartei einen dezidiert politischen Ansprechpartner. Die Kritik italienischer Medien und Behörden an der bayerischen Südtirol-Hilfe war entsprechend massiv und reichte bis zu dem Vorwurf, der separatistische „Befreiungsausschuss Südtirol“ habe für seine terroristischen Sprengstoffanschläge logistische Unterstützung aus dem Freistaat erhalten.
Grundsätzlicher italienischer Kritik ungeachtet, unterstützte auch die Staatsregierung die Förderung von Kulturarbeit in Südtirol oder engagierte sich unmittelbar, etwa bei der Restaurierung von Kloster Neustift 1973. Ein wichtiges Ziel dieses Engagements war die außen-kulturpolitische Profilierung Bayerns, doch verlor die Südtirolfrage mit der Verabschiedung des zweiten Autonomiestatuts (1971/72) an Brisanz. Die stark steigenden Touristenzahlen brachten zunehmenden Wohlstand in die Alpenregion, die politische wie ökonomische Hilfe aus Bayern trat seit den 1970er Jahren in den Hintergrund. Umgekehrt verdichtete sich die grenzübergreifende Kooperation in politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fragen im Rahmen der Ende 1972 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp), einer Konferenz der Regierungschefs, der neben österreichischen Bundesländern und Schweizer Kantonen auch Bayern und die italienischen Regionen Lombardei, Trentino sowie das Alto Adige (Südtirol) angehören.
1973 unterstützte Bayern die Restaurierung des Kloster Neustifts bei Brixen. Hier zu sehen ist der Kreuzgang des Klosters mit Fresken von Michael Pacher (um 1435-1498). (Foto: Uoaei1 lizenziert durch CC BY-SA 3.0 Deed via Wikimedia Commons)
In den 1960er Jahren entdeckten die Bayern Südtirol als Urlaubsziel neu und fuhren mit den eigenen Autos in die Region. In einer Reportage des Münchner Fotografen Georg Fuhstorfer (1915-2003) über Südtirol zeigte er verschiedene Orte der Region. Auf diesem Bild ist sein VW Käfer in der Nähe der Burgruine Treuenstein bei Bozen zu sehen. Foto, um 1960. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv fruh-08169)
Kulturpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg
In der Kulturpolitik des Freistaats nahm Italien keine zentrale Rolle ein. Überdies waren die Interessen, Strategien und handelnden Personen Bayerns und des Bundes eng verwoben. So wirkte der Münchner Dieter Sattler (1906-1968), ein Enkel des zeitweilig in Florenz lebenden Bildhauers Adolf von Hildebrand (1847-1921), zunächst als Staatssekretär für die Schönen Künste in den bayerischen Kabinetten Ehard I und II; als solcher war er die treibende Kraft für die Berufung des aus Verona stammenden Religionsphilosophen Romano Guardini (1885-1968) an die Ludwig-Maximilians-Universität München 1948. Später wurde Sattler Kulturattaché der deutschen Botschaft in Italien (1952–1959) und Botschafter beim Heiligen Stuhl (1966–1968). Neben ihm war Reinhard Raffalt (1923-1976) ein Brückenbauer zwischen Deutschland, Bayern und Italien. Der Journalist und Schriftsteller fungierte unter anderem von 1954 bis 1959 als Gründungsdirektor der Bibliotheca Germanica in Rom und prägte durch seine Bücher und Beiträge für den Bayerischen Rundfunk das Bild des Publikums von italienischer Kultur, Geschichte und Mentalität.
Daneben sorgen Institutionen wie die Società Dante Alighieri (1890 gegründet) für ein nachhaltiges zivilgesellschaftliches Engagement. Staatlich finanzierte Kulturinstitute wie das 1954 gegründete Istituto Italiano di Cultura in München oder das Goethe-Institut mit seinen verschiedenen Dependancen dienen einem intensiven Kulturaustausch. 1954 eröffnete der erste Standort in Turin, in den folgenden Jahrzehnten kamen weitere sechs Institute hinzu (Genua, Mailand, Neapel, Palermo, Rom und Triest). Drei Institute wurden 2023/24 im Zuge staatlicher Einsparungsmaßnahmen geschlossen (Genua, Triest und Turin).
Auf kommunaler Ebene existieren derzeit 158 Partnerschaften (Städte- bzw. Gemeindepartnerschaften, zzgl. zweier Landkreispartnerschaften). Die erste italo-bayerische Freundschaft schlossen 1950 das oberbayerische Hausham und Levico Terme (Trentino), der dominierende Teil folgte ab den 1980er Jahren – seitdem auch mit SPD-geführten Kommunen, was der Südtiroler Landeshauptmann Silvius Magnago (1914-2010, Landeshauptmann 1960-1989) 1971 noch abgelehnt hatte.
Tourismus, Dolce Vita, Alltagskultur
Italien war schon in Vormoderne und 19. Jahrhundert das Land zahlreicher Sehnsüchte. Im 20. Jahrhundert veränderte sich die Reise zum Massentourismus, mit kürzerer Aufenthaltsdauer aber weit mehr Gästen. Nach kriegsbedingtem Einbruch gingen die Zahlen schon in der Weimarer Republik wieder nach oben, vor allem im nun italienischen Südtirol: Meran erreichte 1923/24 den Vorkriegsstand an Touristen und verdoppelte diesen bis 1930. Seit 1932 flog die Lufthansa täglich von Berlin über München und Venedig nach Rom, 1938 setzten die Urlaubsreisen der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ ein. Bis Kriegsbeginn vermittelte diese zwar nur 145.000 Deutschen einen Eindruck des Landes, rückte es aber in einen allgemeinen Erwartungshorizont, der nach dem Krieg von Italienfilmen und -schlagern befeuert wurde und das Image von "dolce vita" und Sinnenfreuden vermittelte, in das zahlreiche Sehnsüchte projiziert wurden. Die Reisezahlen der Deutschen auf die Apenninhalbinsel stiegen (1955: 2,3 Mio., 1958: 4 Mio.), Italien wurde nach Österreich zum beliebtesten Auslandsreiseziel der Deutschen, die sich in den 50er Jahren einen Urlaub leisten konnten. Von Massentourismus samt seinen architektonischen Zeugen kann erst ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die Rede sein. Nun stieg der Wohlstand, mit der Fertigstellung der Brennerautobahn (1974) sowie dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Österreich (1997/98) rückte der bayerisch-italienische Raum immer näher zusammen.
Dass Urlaub keine geistige Nähe bedingte, zeigt eine Allensbach-Umfrage von 1966: Unter den Ländern, in denen Deutsche am liebsten wohnen würden, taucht Italien gar nicht auf, Sympathie empfand nur 1% der Deutschen für dessen Bewohner, Achtung überhaupt niemand. Beides lässt auf stereotype Vorstellungen schließen, wie sie nicht zuletzt in den Medien, insbesondere der Werbung vom lässig-amourösen und stilsicheren, aber eben auch schlampigen und chronisch unzuverlässigen Italiener vertreten waren und sind.
Der Tourismus in die Gegenrichtung nahm erst mit den 1980er Jahren Fahrt auf: Die Zahl der Ankünfte bzw. Übernachtungen von Italienern in Bayern stieg von 146.000/287.000 (1980) auf immerhin 673.776/1.320.895 (2019) an, wobei die Hauptdestinationen mit Oktoberfest, Königsschlössern und KZ-Gedenkstätte Dachau in Oberbayern lagen; daneben bilden die Christkindlmärkte besondere Anziehungspunkte.
Eine enge Wechselwirkung mit touristischen Erwartungen und Erfahrungen ging die italienische Gastronomie ein. Von Italienern betriebene "gelaterie" wie Restaurants gab es bereits im 19. Jahrhundert, um die Jahrhundertwende etwa das "Sarcletti", das "Cittá di Firenze", das "Wein-Restaurant al Bersagliere" oder die "Osteria Bavaria" in München. Vom Nationalsozialismus gefördert, wurden deren Besitzer im Gegensatz zu anderen Exil-Italienern nach dem Bündniswechsel Italiens 1943 nicht interniert und eröffneten nach 1945 rasch wieder ihre Geschäfte. Der eigentliche Boom italienischer Lokale setzte indes erst nach dem deutschen "Wirtschaftswunder" ein. In den 1960er Jahren gab es in München doppelt so viele italienische Restaurants wie in Berlin, zwischen 1967 und 1973 verdreifachte sich ihre Zahl auf 110, bis Ende des Jahrzehnts verdoppelte sie sich abermals. Innerhalb Deutschlands war die Landeshauptstadt der Vorbote einer Italianisierung der Gastronomielandschaft und transportierte ein Gefühl südländischer Unbeschwertheit – wozu die in Bayern außerhalb der Biergärten unüblichen Freisitze, wie sie z.B. das Eiscafé "Cadore" auf der Münchner Leopoldstraße schon in den 1950er Jahren anbot, erheblich beitrugen. Urlaubserlebnisse wurden wiedererweckt oder erträumt.
Osteria Bavaria in der Schellingstraße 62. München, 1925. Foto: Heinrich Hoffmann (1885-1957). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv hoff-6665)
Dass italienische Gerichte eine rasche Akkulturation erlebten, zeigte sich in der Verwendung des günstigen Goudas statt Mozzarellas auf der Pizza oder den großen Mengen Soße auf den Spaghetti, die vom italienischen „Primo“ zur Hauptspeise mutierten. Zugleich war und ist die italienische Küche jene ausländische Gastronomie, die Bayern am stärksten prägte – und die einzige „Gastarbeiterküche“, die es in das hohe Preissegment geschafft hat. Zudem ist in den letzten Jahren eine regionale Ausdifferenzierung „der“ italienischen Küche und eine Adaption kulinarischer Trends wie dem aus dem Piemont stammenden slow food festzustellen.
Nachhaltig geprägt haben italienische Produkte und italienisches Lebensgefühl den Alltag auch auf anderen Feldern, etwa dem der Mode, der Mobilität, Musik oder dem des Kinos. Bemerkenswerterweise bedingt das Label „Made in Italy“ – im Gegensatz zur Amerikanisierung bzw. „McDonaldisierung“ – kaum Verlust- oder globalisierungsbedingte Egalisierungsängste, sondern gilt als Zeichen von Stil und Genuss: Italienische Schuhe und Kleidung, die Vespa oder der Cinquecento präg(t)en das Lebensgefühl, teure Sportwagen à la Lamborghini oder Ferrari die Träume ganzer Generationen: Schon 1950 wurden im Münchner Haus der Kunst im Rahmen einer Modenschau Modelle von Germana Marucelli (1905-1983) und Schuhe von Salvatore Ferragamo (1898-1960) vorgeführt, und BMW erwarb die Lizenz für einen Nachbau der Isetta (1955).
Italienische Musiker wiederum konnten nach dem Zweiten Weltkrieg an die Erfolge frühneuzeitlicher Künstler in Bayern anknüpfen; das gilt für Luciano Pavarotti (1935-2007) in der Oper genauso wie für Domenico Modugno (1928-1994) ("Nel blu, dipinto di blu"; 1958) und Milva (1939-2021) auf dem Feld des Schlagers oder Gianna Nannini (geb. 1954) und Eros Ramazotti (geb. 1963) auf dem der Popmusik.
Wirtschaftsbeziehungen
Der Übergang von einer agrarisch zu einer industriell bestimmten Wirtschaft gelang Italien erst zwischen 1930 und 1960. Mussolinis Politik war staatsinterventionistisch (Gründung des Istituto di Ricostruzione Industriale) und auf Abschottung vom Weltmarkt angelegt. Sie konnte aber nur auf dem Feld der Investitions- und Rüstungsindustrie Erfolge erzielen, nicht bei Konsumgütern. Im Jahrzehnt nach 1929 rückte Italien vom neunten auf den vierten Platz der deutschen Im- und vom achten auf den dritten Platz der Exportstatistik, zielte aber weiterhin auf Erhalt wirtschaftlicher Autarkie.
Dank verhältnismäßig geringer Zerstörungen erreichte die italienische Wirtschaft bereits 1947 wieder das Produktionsniveau von 1938. Ministerpräsident Alcide De Gasperi (1881-1954, Ministerpräsident 1945-1953) schloss noch mit der Bizone Handelsverträge, deren Volumen zwar nach Großbritannien, aber vor Frankreich rangierte. 1948 wurde in München die zweite deutsch-italienische Handelskammer in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet. 1953 übertraf Italien sein Im- und Exportvolumen der Vorkriegszeit, Ende der 1960er Jahre war das Land zu einer der leistungsfähigsten Wirtschaftsmächte der Welt geworden und Deutschland sein wichtigster Wirtschaftspartner. Dabei blieb der Anteil von Industriearbeitern im westeuropäischen Vergleich gering; Priorität hatten die Produktion von Konsumgütern sowie die Stärkung der Bauwirtschaft, des Dienstleistungssektors (v.a. des Tourismus) und der Export landwirtschaftlicher Güter. Die 1912 errichtete Großmarkthalle in München wurde zur Verteilerstelle für Obst und Gemüse aus Italien weit über Bayern hinaus. 1950 ging der größte Teil italienischer Agrarexporte in den Freistaat. Staatliche Handels- und Wirtschaftsverhandlungen führte allerdings stets der Bund.
Der transalpine Handel Italiens wies Anfang der 1950er trotz der Exporte ein Defizit auf, das Rom mit der Wiederbelebung der Saisonwanderung mildern wollte, die in dem Anwerbeabkommen von 1955 mündete. Gleichwohl fanden ausgewählte italienische Industrieprodukte frühzeitig ihren Markt in Bayern: Der Fiat 500 oder der Vespa Roller wurden in den 1950er Jahren in steigendem Maß importiert. Schon 1951 baute die im niederbayerischen Pilsting (Lkr. Dingolfing-Landau) beheimatete Firma Hans Glas ihren Goggoroller nach italienischem Vorbild, und Messerschmitt produzierte seit 1955 für Piaggio die Vespa in Lizenz in Augsburg. Zur selben Zeit erwarb BMW von Iso Rivolta die Lizenz zum Nachbau der Isetta, die in den ersten fünf Jahren bereits 160.000 Mal verkauft wurde. Obwohl auch in Italien Mitte/Ende der 50er Jahre wirtschaftliche Prosperität einsetzte, kamen die Wachstumsraten in weit geringerem Maß beim Konsumenten an als nördlich der Alpen. Erst ab 1969/70 stieg mit den Löhnen der Lebensstandard, nicht zuletzt, weil die italienische Industrie international wettbewerbsfähiger wurde: Barilla wurde mit der Übernahme moderner Verpackungstechniken vom kleinen Unternehmen zur Weltmarke, Benetton praktizierte Franchising. Nun erst, Mitte der 1970er Jahre, setzte die Italianisierung vor allem der Esskultur auf breiter Basis ein: Pasta und (Tiefkühl-)Pizza hielten Einzug (nicht zuletzt infolge der steigenden Zahl berufstätiger Frauen, der Ein-Personen-Haushalte und Alleinerziehender, was weniger Zeit zum Kochen bedingte), später auch Tiramisù, Amarettini und Espresso. Zugleich wuchs die Zahl italienischer Restaurants, deren Betreiber überwiegend aus Italien nachziehende Gastronomen waren und nicht den „Gastarbeitern“ entstammten. Verlustängste auf bayerischer Seite waren so groß, dass die CSU 1969 im Bundestag ein Gaststättengesetz einbrachte, das eine Prüfung zu Fragen des Lebensmittelrechts und der Hygienevorschriften vorsah. Auf mangelnde Sprachkenntnisse ausländischer Betreiber setzend, erwartete sie sich hiervon einen Vorteil für traditionelle Gastwirte, scheiterte mit ihrem Vorhaben jedoch im Plenum.
Ausflug des Münchner Vespa-Clubs an den Schliersee, 1956. Foto: Felicitas Timpe (1923-2006). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv timp-021379)
Der Zeichner und Schriftsteller Reiner Zimnik (1930-2021) beim Aussteigen aus einer BMW Isetta, 1955/1959. Foto: Georg Fruhstorfer (1915-2003). (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv fruh-00705)
Für Bayern war Italien in den 1950ern ein, von den 1960ern bis in die 1980er Jahre der wichtigste Außenhandelspartner. Noch gegenwärtig nimmt das Land eine wichtige Position ein: 2010 war Italien der jeweils drittgrößte Importeur nach Bayern bzw. Abnehmer bayerischer Waren (nach Österreich und China im Import bzw. den USA und Österreich beim Export). Allein 28,9% des bayerischen Bierexports gingen über die Alpen, fast dreimal so viel wie auf den zweitwichtigsten Mark USA (11%). Zwischen der Gründung der EWG 1958 und 1970 stieg das Ausfuhrvolumen Bayerns von 320 Mio. DM auf 2.168 Mio. DM, was einem Anteil von 8,4% (1958) bzw. 13,7% (1970) entsprach. Der deshalb von bayerischer Seite gewünschte Ausbau des Verkehrsnetzes zur weiteren Durchdringung des kaufkräftiger gewordenen italienischen Marktes blieb jedoch Wunschtraum: Weder die „Alemagna“-Autobahn von München über das Zillertal nach Venedig noch die Schnellstraße von Mailand über Kempten nach Ulm (samt Untertunnelung des Stilfserjochs) wurden realisiert. Lediglich der Wunsch nach einem Brennerbasistunnel, wie ihn Regierungsvertreter Norditaliens, Tirols und Bayerns auf der vom bayerischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Anton Jaumann (CSU, 1927-1994) initiierten Konferenz in München (11. September 1978) artikulierten, entfaltete spät Wirkung: Voraussichtlich in den 2030er Jahren soll er in Betrieb gehen.
Die italienischen Seehäfen spielten für den bayerischen Außenhandel keine Rolle. Rohöl kam zunächst über norddeutsche Häfen nach Bayern und war in München entsprechend teurer als in Hamburg. Als Energie mit der anziehenden Konjunktur für den Freistaat wichtig wurde, bedrohten deren hohe Kosten die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Industrie. Ab 1959 wurde durch die Planung und den Bau von zwei Erdölpipelines von Genua (CEL-Pipeline, fertiggestellt 1966, 1997 stillgelegt) und Triest (TAL-Pipeline mit Abzweig ins bayerische Chemiedreieck, seit 1963, fertiggestellt 1967) nach Ingolstadt Abhilfe geschaffen. Entlang der Donau entstanden daraufhin zahlreiche Raffinerien, der Ölpreis sank, die bayerische Industrie prosperierte.
Arbeitsmigration
Arbeitsmigration von Nord nach Süd spielte in quantitativer Hinsicht im 20. Jahrhundert keine entscheidende Rolle, sieht man von hochspezialisierten Gruppen wie Profifußballern ab. Italien hingegen erlebte zwischen 1860 und 1980 eine beispiellose Massenauswanderung, die von der faschistischen Politik lediglich gebremst wurde, aber erst in den 1980er Jahren signifikant abebbte. Nach der Banken- und Wirtschaftskrise stiegen die Zahlen seit 2008 wieder an und erfass(t)en nun stärker als zuvor junge, akademisch ausgebildete Menschen, was einen erheblichen „brain drain“ in Italien bedingt(e). Alleine zwischen 2006 und 2017 kletterte die Zahl der im Ausland lebenden Italiener von 3,1 Mio. auf knapp 5 Mio., d.h. um über 60%. Auch in Bayern stieg der Anteil von Italienern im selben Zeitraum massiv an.
Insgesamt verließen zwischen 1861 und 1980 fast 29 Mio. Menschen ihr Land, von denen lediglich 10 Mio. zurückkehrten. 3,35 Mio. Migranten führte ihr Weg nach Deutschland, zwei Drittel von ihnen verblieben dort.
Während die Weimarer Republik infolge der wirtschaftlichen Schwächephasen wenig attraktiv für Arbeitsmigration war, kamen zwischen 1938 und 1943 rund eine halbe Million italienische Arbeiter nach Deutschland. Staatlich organisiert, war für das Reich vor allem der Einsatz von Fachkräften relevant, die als Angehörige eines verbündeten Staates in sensiblen Industrien eingesetzt werden konnten. Hiervon profitierten auch, wenngleich nicht vorrangig, in Bayern ansässige Betriebe wie Krauss-Maffei (München) oder Messerschmidt (Regensburg). Nach dem Übertritt Italiens auf die Seite der Alliierten verloren diese Arbeiter ihre Privilegien und waren z.T. nationalsozialistischem Terror ausgesetzt. Neben ihnen wurden nach dem Bündniswechsel Italiens bis Ende 1944 427.238 gefangene Soldaten als Zwangsarbeiter eingesetzt.
Die freiwillige Arbeitsmigration war bis weit ins 20. Jahrhundert hinein männlich dominiert. Erst in der Zeit des italienischen Faschismus, dann der frühen Bundesrepublik zogen Frauen und ganze Familien nach Bayern. Noch die im Rahmen des Anwerbeabkommens von 1955 nach Bayern Strömenden trafen überwiegend alleine am Münchner Hauptbahnhof ein, von wo sie zentral vor allem in die metallverarbeitenden Industriegebiete Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens, Bayerns und Hessens weitergeleitet wurden. Die Vorstellung, diese "Gastarbeiter" würden nur zeitlich begrenzt bleiben, ihr häufig niedriger Bildungsstand und eine nicht vorhandene Integrationspolitik führten zu gesellschaftlicher Isolation sowie der Ausbildung zahlreicher, zwischen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit changierender Stereotype von „unordentlich“ über „heißblütig-amourös“ bis „infantil“ und „kriminell“.
Seit Beginn des Familiennachzugs in den 1970er Jahren sind Italiener ein fester Bestandteil der bayerischen Gesellschaft. Die erhoffte Erhöhung des Sozialprestiges hat sich in der Breite dieser Einwanderergeneration nicht erfüllt, was Frustrationen bedingte und deren im migrantischen Vergleich hohes Rückkehrbedürfnis (mit-)erklärt. Die Inklusion der zweiten und dritten Generation ist zwar vorangeschritten, und im (medial) verbreiteten Bild gelten Italiener als gut integriert, allerdings sind auch positive Wahrnehmungen stark stereotypisiert („dolce vita“, Kulturaffinität, Stilsicherheit, Genussfähigkeit, Familienzusammenhalt). Die deutschen Italienvorstellungen sind dergestalt mitunter nicht nur selbst zum Klischee erstarrt, sondern zeigen Ansätze einer Separierung nach ethnischen Kriterien, die eine gelungene Integration der Zuziehenden erschwert; mit der Lebenswirklichkeit haben sie jedenfalls wenig zu tun: Anfang der 1990er Jahre hatten Italiener innerhalb der großen migrantischen Gruppen das niedrigste Durchschnittseinkommen, und hinsichtlich ihres Bildungsstandes sowie der Arbeits- und Einkommensverhältnisse sind die Nachfolgegenerationen der „Gastarbeiter“ gegenwärtig weiterhin unterdurchschnittlich.
Ende 2021 lebten in Bayern 107.540 Italiener, etwa ein Sechstel aller von der Apenninhalbinsel Stammenden in Deutschland. Im Freistaat bilden sie die sechststärkste Ausländergruppe (2010 noch die zweitstärkste nach den Österreichern), wobei München mit rd. 28.000 hinter Berlin die Stadt mit der zweitgrößten italienischen Gemeinde bundesweit ist.
Ankunft italienischer "Gastarbeiter" am Hauptbahnhof in München, Juni 1960. Foto: Rudi Dix (1924-1995). (Stadtarchiv München (Rudi-Dix-Archiv) FS-NL-RD-0668-A-18)
Italienische "Gastarbeiter" im Sägewerk der Firma Aicher, Rosenheim, 1960er Jahre. (Stadtarchiv Rosenheim, Fotosammlung F 10177)
Literatur
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Quellen
Weiterführende Recherche
Externe Links
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Empfohlene Zitierweise
Jörg Zedler, Beziehungen zu Italien (20. Jahrhundert), publiziert am 02.05.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Beziehungen_zu_Italien_(20._Jahrhundert)> (04.12.2024)