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Bayerisches Konkordat, 1924

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Austausch der Ratifikationsurkunden über das Bayerische Konkordat am 24 Januar 1925. (Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie, Archiv Kester)
Neuregelung der Besetzung von Domkanonikaten, 16. Juli 1931. (Pastoralblatt des Bistums Eichstätt 78 [1931], 66-67)
Am 16. Juni 1941 verzichtete der Freistaat Bayern darauf, gegen die Ernennung von Pfarrern "Erinnerungen" abzugeben. (Pfarramtsblatt 20 [1941], 80)

von Hermann-Joseph Busley

Da das bisherige Konkordat von 1817 stark auf den König zugeschnitten war, machte die Revolution von 1918 eine Neuregelung des Verhältnisses von katholischer Kirche und Staat in Bayern nötig. Das Konkordat von 1924/25 räumte der Kirche große Rechte ein (Ende staatlicher Besetzung kirchlicher Stellen, kirchliche Mitwirkungsrechtsrechte bei der Ernennung von Professoren, Bestandsgarantie für theologische Fakultäten, konfessionelle Lehrerbildung, Konfessionsschulen und Religionsunterricht). Der Freistaat Bayern verpflichtete sich ferner zu finanziellen Leistungen an die Kirche, größtenteils auf Basis der älteren Regelungen von 1817. Das Bayerische Konkordat gewann Modellcharakter für spätere Konkordatsabschlüsse deutscher Länder. Seine Gültigkeit wurde auch vom Reichskonkordat von 1933 nicht berührt.

Ältere Konkordate

Der Begriff Konkordat ist "die Bezeichnung für die klassische Form eines Vertrages zwischen Staat und Kirche [...] ohne Rücksicht auf inhaltlichen Umfang und politisch-rechtliche Tragweite, unabhängig auch davon, wer auf kirchlicher Seite der vertragschließende Partner ist" (Hollerbach) - also Heiliger Stuhl oder einzelne Bischöfe. Für den ersten Typus steht das den Investiturstreit beendende Wormser Konkordat zwischen Papst Calixt II. (reg. 1119-1124) und Kaiser Heinrich V. (König ab 1105/06, Kaiser 1111-1125) von 1122 oder auch das Wiener Konkordat von 1448 zwischen Kaiser Friedrich III. (1415-1493, reg. 1440-1493) und Papst Nikolaus V. (1397-1455, Papst 1447-1455), für den zweiten Typus das Salzburger Konkordat von 1583 zwischen Herzog Wilhelm V. von Bayern (1548-1626, reg. 1579-1597) und den Bischöfen der Salzburger Kirchenprovinz.

Die von der Französischen Revolution ausgehenden politischen Zäsuren Ende des 18. Jahrhunderts wirkten sich unmittelbar auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat aus. Das zwischen Napoleon (1769-1821, damals Erster Konsul der französischen Republik) und Papst Pius VII. (1742-1823, Papst 1800-1823) 1801 geschlossene Konkordat läutete europaweit eine neue Konkordatsepoche ein.

Das Bayerische Konkordat von 1817

Nach dem Zusammenbruch der bisherigen Reichskirche infolge von Säkularisation und Mediatisierung 1803 übernahm Bayern bei der Neuordnung der Verhältnisse zu Kirche und Kurie die Vorreiterrolle, was sich auch nach dem Ersten Weltkrieg wiederholte. Das seit 1806 mit teilweise mehrjährigen Unterbrechungen verhandelte Konkordat wurde zwar am 5. Juni 1817 paraphiert, aber erst nach erheblichen inhaltlichen Nachverhandlungen am 24. Oktober (König) bzw. 9. November (Papst) 1817 ratifiziert. Seine wichtigsten Inhalte waren:

  • Errichtung von zwei (statt einer, wie von Bayern gefordert) Kirchenprovinzen mit Sitz in München-Freising und Bamberg und jeweils drei Suffraganbistümern (Art. II), die insgesamt mit dem bayerischen Staatsgebiet deckungsgleich waren.
  • Errichtung und Struktur der Metropolitan- und Domkapitel sowie deren Einbindung in die Diözesanverwaltung (Art. III)
  • Staatliche Dotation der (Erz-)Bischöfe und Domkapitel (Art. IV)
  • Besetzung der acht bayerischen Bischofsstühle durch königliche Nomination (Art. IX) und der Domkapitel aufgrund königlicher, päpstlicher, bischöflicher und domkapitelscher Ernennungsrechte (Art. X)
  • Wiedererrichtung einiger Klöster (Art. VII)
  • Ausübung der königlichen Patronatsrechte bei Pfarreien und Benefizien (Art. XI)
  • Gehorsams- und Treueid der Bischöfe (Art. XV)
  • Außerkraftsetzung staatlicher Gesetze, Verordnungen und Verfügungen "insoweit sie dem Konkordat entgegenstehen" (Art. XVI)

Hauptgewinner war der König, der insbesondere durch die Art. IX (königliches Nominationsrecht auf sämtliche acht Bischofssitze), Art. X (Ernennungsrecht für alle Domdekane, für frei werdende Domherrenstellen in den sog. Päpstlichen Monaten = ungerade Monate Januar, März etc.) und Art. XI (Besetzung der Pfarreien aufgrund ererbter ebenso wie aufgrund der durch Klostersäkularisationen hinzugewonnener Patronatsrechte) seinen Einfluss zu festigen und auszuweiten vermochte.

Politische und verfassungsrechtliche Ausgangsposition 1918/19

Mit dem Untergang der Monarchie in der Novemberrevolution 1918 verlor die Kirche den Konkordatspartner auf staatlicher Seite, da das alte Konkordat in wesentlichen Teilen auf den König ausgerichtet gewesen war. Strittig war, ob der neue Freistaat nahtlos in königliche Rechte eintreten konnte oder ob das Konkordat von 1817 durch die Revolution automatisch außer Kraft getreten war. Letzteres erklärte Papst Benedikt XV. (1854-1922, Papst 1914-1922) im Herbst 1921 für zahlreiche ältere Konkordate mit den verschiedensten europäischen Staaten.

Schon wenige Tage nach dem politischen Umsturz verlangte das Kultusministerium die Verpflichtung der Geistlichen auf den neuen Volksstaat. In Anlehnung an die das Konkordat von 1817 ergänzende Tegernseer Erklärung (1821) stimmten die Bischöfe zu, soweit es sich um staatliche Dienstleistungen im übertragenen Bereich handelte. Ebenso pragmatisch verhielten sich die Bischöfe seit Anfang Dezember 1918 in der Frage der Neubesetzung vakanter Pfarreien. Mit Billigung Roms wollte man die bisherigen königlichen Präsentations- und Genehmigungsrechte stillschweigend auf die neue Regierung übertragen, von der man allerdings die Erfüllung der im Konkordat (1817) vorgesehenen Gegenleistungen erwartete.

Diesem Pragmatismus stand der seit 1917 amtierende Münchner Nuntius Eugenio Pacelli (1876-1958, seit 1939 Papst Pius XII.) eher skeptisch gegenüber. Für ihn war wie für Papst Benedikt XV. das alte Konkordat zwar noch de facto, aber nicht mehr de iure gültig. Er drängte daher auf Verhandlungen über ein neues.

Eröffnung der Konkordatsverhandlungen 1920

Ausgehend von dieser neuen verfassungsrechtlichen Lage ergriff Pacelli die Initiative. In einem 10-Punkte-Programm (sog. Pacelli-Punctation I) umriss er die Eckpunkte für ein künftiges Konkordat:

  • Freie Besetzung aller kirchlichen Stellen ohne Mitwirkung von Staat oder Kommunen
  • Mitsprache der Bischöfe bei der Ernennung der Professoren an den theologischen Fakultäten sowie "an der philosophischen Fakultät jeder Universität" bei je einer Professur für Philosophie und Geschichte einschließlich der Möglichkeit der Abberufung wegen Unfähigkeit in der Lehre oder "moralischer Haltung"
  • Freie Verfügbarkeit über kirchliches Vermögen sowie freie Übertragung der Eigentumsrechte an bisher kirchlich genutzten staatlichen Immobilien, jedoch unter Beibehaltung der staatlichen Baupflicht bis zu einer angemessenen Ablösung
  • Recht auf Erhebung von Kirchensteuern

Schulfragen, die in den späteren Verhandlungen eine außerordentliche Rolle spielen sollten, waren dabei nicht thematisiert.

Im Oktober 1919 stellte Pacelli diesen Vorentwurf Ministerpräsident und Kultusminister Johannes Hoffmann (SPD 1867-1930, MP 1919-1920) vor; im November übersandte er ihn an die bayerischen Bischöfe mit der Bitte um weitergehende Vorschläge. Pacellis Angebot zur Aufnahme förmlicher Verhandlungen stimmten Landtag und die Staatsregierung am 20. Januar 1920 zu. Währenddessen hatte eine bischöfliche Kommission weiterführende Vorschläge erarbeitet, die in die 19 Punkte umfassende sog. Pacelli-Punctation II einflossen. "Dieser Entwurf [...] enthält bereits die wesentlichen Bestimmungen des am 29. März 1924 abgeschlossenen Konkordats" (J. Listl). Am 4. Februar 1920 wurde er Ministerpräsident Hoffmann vorgelegt und damit die Konkordatsverhandlungen eröffnet.

Reichspolitisch bedingte Verzögerung bis 1922

Dennoch zogen sich die Verhandlungen über vier Jahre hin, zumal das federführende Kultusministerium unter Franz Matt (BVP, 1860-1929, Kultusminister 1920-1926) mehr als zwei Jahre benötigte, um in verschiedenen Schritten detailliert auf die 19 Punkte einzugehen und Gegenvorschläge vorzulegen.

Ein Grund dafür war das ungeklärte Verhältnis zwischen dem Reich und den Ländern. Art. 78 der Weimarer Verfassung räumte den Ländern in außenpolitischen Fragen zwar eine gewisse Teilsouveränität ein, aber die Nationalversammlung hatte den Heiligen Stuhl nicht zu den ausländischen Staaten gerechnet. Bayern sah dies anders und erhoffte sich durch den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages eine Stärkung seiner eigenen staatsrechtlichen Stellung. Zudem galt es, Berliner "Vorüberlegungen zu einem Reichskonkordat" (Januar 1921) zu unterlaufen, das sowohl Papst Pius XI. (1857-1939, Papst 1922-1939) als auch Pacelli (seit April 1920 zusätzlich Nuntius bei der Reichsregierung) Konkordaten mit den einzelnen Ländern vorgezogen hätten. Da die Verhandlungen mit dem Reich sich langwieriger als erwartet gestalteten, drängte die kirchliche Seite spätestens seit Herbst 1922 auf einen schnellen Abschluss mit Bayern.

Eine weitere Hürde auf Reichsebene war die Schulpolitik. Begnügte sich das Konkordat von 1817 hinsichtlich der öffentlichen Schulen noch mit einem allgemein formulierten Satz, dass sich aus dem bischöflichen Hirtenamt auch die "Amtspflicht, über die Glaubens- und Sittenlehre zu wachen", herleite (Art. V Abs. 4), so werden im Konkordat von 1924 schulpolische Fragen sehr differenziert, zum Teil sogar nach einzelnen Schulgattungen geregelt (Art. 3-9 mit 18 §§):

  • Mitwirkung des Bischofs bei der Bestellung und ggf. Abberufung von Religionslehrern an höheren Schulen (Art. 3 §§ 1-2)
  • Glaubenstreue und Bereitschaft der Lehrer an katholischen Volksschulen, im Geiste des katholischen Glaubens zu erziehen (Art. 5 §§ 1-2)
  • Religion als ordentliches Unterrichtsfach in allen Schulgattungen (Art. 4 § 3 und Art.7 § 1)
  • Beaufsichtigung und Leitung des Religionsunterrichts durch die Kirche (Art. 8)
  • konfessionelle Lehrerausbildung an staatlichen oder auch kirchlich-privaten Lehranstalten (Art. 5 §§ 3, 5-6)
  • Recht der Eltern auf Errichtung von Konfessionsschulen als Antragsschule (Art. 6)

Zwar favorisierte die von der Bayerischen Volkspartei gestützte Staatsregierung im Schulgesetz vom 1. August 1922 die Konfessionsschule als Regelschule. Die Konkordatsverhandlungen in diesem Punkt waren jedoch schwierig, da Art. 146 WRV die Simultanschule als Regel festgeschrieben hatte und das Reich ein (nie verabschiedetes) Reichsschulgesetz plante, an das die Länder gebunden gewesen wären.

Das Zögern Berlins sowohl hinsichtlich eines Reichskonkordats als auch eines Reichsschulgesetzes nutzte Bayern ab Herbst 1922, die Verhandlungen über ein Bayerisches Konkordat intensiv weiterzuführen und zu Ende zu bringen.

Der Streit um die Besetzung der Bischofsstühle

Inzwischen hatte sich allerdings eine neue und von der politischen Öffentlichkeit zunächst nicht wahrnehmbare innerkirchliche Hürde aufgebaut. Außerbayerische Domkapitel hatten Rom in einer vom Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz, dem Breslauer Erzbischof Adolf Kardinal Bertram (1859-1945), weitergeleiteten Eingabe aufgefordert, das in Preußen bisher geltende Recht freier Bischofswahlen durch die Domkapitel beizubehalten. Diese Forderung widersprach Can. 329 des erst 1917 in Kraft getretenen Codex Iuris Canonici, der die freie Ernennung der Bischöfe durch den Papst vorschrieb. Rom deutete aber in seiner geheimen Antwort (Mai 1921) einen im späteren Preußischen Konkordat (1929) verankerten Kompromiss einer Listenwahl an, die den Domkapiteln das Recht zur endgültigen Auswahl aus einem päpstlichen Dreiervorschlag einräumte.

Dieses Zugeständnis stand im Widerspruch zu den einhelligen Beschlüssen der Freisinger Bischofskonferenz von 1920 und 1921, die sich für eine strikte Einhaltung von Can. 329 ausgesprochen hatte. Dessen ungeachtet versuchten einige Mitglieder bayerischer Domkapitel ohne Wissen ihrer Bischöfe, ihre zum Teil einflussreiche landespolitische Stellung zu benutzen, um das ehemalige königliche Nominationsrecht im künftigen Konkordat durch ein freies Bischofswahlrecht der Domkapitel ersetzen zu lassen.

In heftiger Gegenwehr (seit Frühjahr 1922) und unterstützt von Pacelli gelang es den bayerischen Bischöfen unter ihrem Vorsitzenden Michael Kardinal Faulhaber, Erzbischof von München-Freising (1869-1952, 1917-1952 Erzbischof von München-Freising), die Ansprüche der Domkapitel abzuwehren. Im Konkordat erhielten sie dann aber doch ein gewisses - wenn auch sehr eingeschränktes - Vorschlagsrecht.

Der Inhalt des Konkordats von 1924

Am 29. März 1924 paraphierten im Bayerischen Außenministerium (Palais Montgelas am Münchner Promenadeplatz) Nuntius Eugenio Pacelli, Ministerpräsident Dr. Eugen von Knilling (1865-1927, MP 1922-1924), Kultusminister Dr. Franz Matt und Finanzminister Dr. Wilhelm Krausneck (1875-1927) das Konkordat, nachdem zuvor die Reichsregierung ihre Zustimmung erteilt hatte. Im einzelnen wurden – teilweise unter Bezugnahme auf das alte Konkordat von 1817 - folgende Vereinbarungen getroffen:

  • Freiheit der katholischen Religionsausübung einschließlich dem Recht zur Selbstbestimmung innerkirchlicher Angelegenheiten (Art. 1)
  • Existenz- und Vermögensrecht der Orden (Art. 2)
  • Ernennung der Professoren und Dozenten an den Katholisch-Theologischen Hochschulen bzw. den Philosophisch-Theologischen Hochschulen und der Religionslehrer an den höheren Lehranstalten (Art. 3)
  • Errichtung von "Weltanschauungsprofessuren" für Philosophie und Geschichte an den Philosophischen Fakultäten der Universitäten München und Würzburg (Art. 4 § 2)
  • konfessionelle Lehrerbildung (Art. 5 §§ 3, 5- 6)
  • Erteilung von Religionsunterricht nach erteilter Missio canonica sowie den Fortbestand bzw. auf Antrag die Gründung von Konfessionsschulen, Religionsunterricht in allen Schulgattungen (Art. 5 bis 9)
  • Einverständnis der Kurie, die Bestellung der Geistlichen von der deutschen Staatsangehörigkeit und dem Abschluss eines akademischen Studiums abhängig zu machen und bei der Ernennung von Pfarrern dem Staat die Möglichkeit zur Erhebung von "Erinnerungen" zu geben (Art. 13 und 14 § 3)
  • Verfahren bei der Bestellung der Erz- und Suffraganbischöfe aufgrund der Triennallisten der Bischöfe und Domkapitel (Art. 14 § 1). Stillschweigend hatte man das ehemalige königliche Nominationsrecht eliminiert und nicht auf den neuen Staat übertragen. Auch der Eid der Bischöfe vor ihrem Amtsantritt war entfallen. Er lebte erst durch Art. 16 des Reichskonkordats von 1933 wieder auf und wird bis heute vor dem Bayerischen Ministerpräsidenten abgelegt.
  • Ernennung und Wahl der zahlenmäßig festgelegten Mitglieder der Domkapitel einschließlich ihrer Dignitäre Dompropst und Domdekan werden dem allgemeinen Kanonischen Recht angeglichen (Art. 10 § 1b und Art. 14 § 2).

Der mit weitem Abstand umfangreichste Art. 10 ist den Staatsleistungen gewidmet. Hierbei geht es - im Gegensatz etwa zu zeitlich befristeten oder freiwillig geleisteten staatlichen Subventionen - um "eine historisch begründete, dauernde Rechtsverpflichtung des Staates gegenüber der Kirche" (Winfried Müller). Rechtsgrund sind vor allem die §§ 35 und 63 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 und der mit einer Bestandsgarantie verbundene Ablösungsauftrag des Art. 138 der Weimarer Verfassung von 1919, der 1949 vom Grundgesetz (Art. 140) bestätigt wurde. Bis auf wenige Ausnahmen entspricht der Art. 10 des Konkordats von 1924 den Artikeln IV und V des Konkordats von 1817.

In fünf Paragraphen und weiteren zehn Unterpunkten (des § 1) verpflichtete sich der Staat in Art.10 teilweise erneut, aber teilweise auch erstmals zur Einhaltung folgender Vereinbarungen:

  • Ausstattung der Erzbischöflichen und bischöflichen Stühle und ihrer Domkapitel mit realen Gütern und ständigen Fonds; nur bis zu deren zeitlich befristeten Realisierung tritt (wie bisher schon im Falle Speyer) an ihre Stelle eine standesgemäße Jahresrente, die sich bei den Weihbischöfen um eine schon 1910 vereinbarte Gehaltszulage erhöht.
  • Den (Erz-)Bischöfen, den Dignitären sowie der Hälfte der Domkapitulare und Domvikare wird eine standesgemäße Wohnung angewiesen.
  • Der Generalvikar und der bischöfliche Sekretär werden auf Staatskosten alimentiert.
  • Für die Ordinariate, Domkapitel und Archive stellt der Staat geeignete Gebäude zur Verfügung.
  • Bestandsgarantie für das Vermögen und die Einkünfte der Domkirchen und Selbstverpflichtung des Staates, im Falle fehlender Mittel zum Unterhalt der Domkirchen einschließlich deren Ausgaben für Gottesdienste und der Besoldung weltlicher Bediensteter Ausgleichszahlungen zu leisten.
  • Staatliche Zuschüsse für Knaben- und Priesterseminare
  • Ausreichende Dotationen für die Emeritenanstalten oder angemessene Zuschüsse zu den Pensionen der Emeriten
  • Bei Neuerrichtung von Seelsorgestellen oder Umwandlung bestehender wird der Staat im Rahmen seiner bisher üblichen Leistungen angemessene Einkommensergänzungen zugunsten der Seelsorgegeistlichen gewähren.

Mit dieser sehr allgemein gehaltenen Formulierung beendete man auf pragmatische Weise einen lange schwelenden Konflikt, ob es sich bei den Zahlungen für die Pfarrer um Staatsleistungen als Folge der Säkularisation (v. a. ehemals inkorporierter Pfarreien) oder um freiwillige Leistungen des Staates handele.

Schon seit Mitte der 1920er Jahre kam es bei den Bischöfen, Domkapiteln und Pfarrern zu einer Annäherung an die allgemeine Beamtenbesoldung, wobei im Laufe der Jahrzehnte mehrere Modelle erprobt wurden: Feststellung der Bedürftigkeit bei jeder einzelnen Pfarrei unter Berücksichtigung aller sonstigen Einkünfte aus dem örtlichen Benefizialvermögen, später dann Pauschalierung der Zuschüsse zugunsten des jeweiligen Pfarrers und schließlich (seit Ende der 1940er Jahre) Überweisungen von Pauschalbeträgen durch den Staat an die einzelnen Bistümer entsprechend der Zahl von deren Bekenntnisangehörigen.

  • Bestands- und Eigentumsgarantie für kirchliches Vermögen und Kirchenstiftungen einschließlich dem – durch die älteren Amortisationsgesetze eingeschränkten - Recht des Zuerwerbs neuen Eigentums (§ 4)
  • Recht zur Erhebung von Kirchensteuern auf der Grundlage der bürgerlichen Steuerlisten (§ 5). Es handelt sich hierbei nicht um eine rechtliche Neuschöpfung, sondern um die Bekräftigung entsprechender Bestimmungen in der Weimarer (Art. 137) und in der bayerischen Verfassung (§ 18 III).

Von der Paraphierung zur Ratifizierung

Auch die beiden protestantischen Kirchen, die Evangelisch–Lutherische Kirche in Bayern rechts des Rheins und die Protestantisch-Evangelisch-Christliche Kirche der Pfalz hatten bald nach der Revolution Neuregelungen des Verhältnisses Staat–Kirche angemahnt. Trotz Verhandlungsbereitschaft wollte die Staatsregierung den Abschluss des Konkordats abwarten. Unmittelbar danach wurden auch Verhandlungen mit den beiden Kirchen aufgenommen, wobei man einige Konkordatstexte unmittelbar übernehmen konnte. Am 15. November 1924 wurden die Verträge unterzeichnet. Noch am selben Tag legte die Regierung Held I dem Landtag ein Mantelgesetz vor, womit die drei Verträge in einem einzigen Gesetzgebungsverfahren zusammengefasst wurden. Mit diesem politischen Schachzug versuchte die Staatsregierung, eine parlamentarische Mehrheit zu sichern, die angesichts der weitreichenden Zugeständnisse an die Kirchen ungewiss war.

Diese Situation war mit der von 1817 vergleichbar, als das alte Konkordat zusammen mit dem Protestantenedikt als Anhang zum älteren Religionsedikt (1809) in die Verfassung von 1818, also an sehr untergeordneter Stelle, aufgenommen worden war. Beide Male, 1817/18 und 1924/25, verwehrte man den Konkordaten den ihnen zukommenden Rang eines völkerrechtlichen Staatsvertrages. Die Regierung von Ministerpräsident Heinrich Held (1868-1938, MP 1924-1933) versicherte jedoch dem Heiligen Stuhl, dass das (Mantel-)Gesetzgebungsverfahren nur aus politischen und parlamentarisch-taktischen Rücksichten gewählt worden und der Regierung sehr wohl der Unterschied zwischen dem Konkordat als völkerrechtlichem Staatsvertrag und den protestantischen Kirchenverträgen als Staatsverwaltungsverträgen bewusst sei.

Nach Bekanntwerden der Vertragstexte erhob sich vor allem in einem Teil der Lehrerschaft, der von antikirchlich eingestellten Verbänden vertreten wurde, Widerspruch gegen die Festschreibung der Konfessionsschule und der konfessionellen Lehrerbildung – eine Debatte, die nach 1945 erneut aufflammen sollte. Im Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags und abschließend im Plenum wurde nicht minder heftig diskutiert. Bayerische Mittelpartei (DNVP) und Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) zwangen den Ministerpräsident, dem Mantelgesetz eine Regierungserklärung beizufügen, die das Konkordat durch eine Art Mentalreservation relativierte. Trotz deutlicher Verstimmung des Heiligen Stuhls und des Nuntius blieb der Regierung keine andere Wahl, wollte sie vor allem die aufgebrachte Lehrerschaft als auch die hinter dieser stehende parlamentarische Minderheit einigermaßen beruhigen.

Der Landtag nahm das Mantelgesetz am 15. Januar 1925 mit 73:52 Stimmen an. Befürworter waren Bayerische Volkspartei (BVP), Bayerischer Bauernbund und Bayerische Mittelpartei (DNVP), Gegner SPD und Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) sowie der Völkische Block. Die mit den Kirchen abgeschlossenen Verträge erhielten damit staatsrechtliche Geltung. Die Ratifikationsurkunden tauschte am 24. Januar 1925 Nuntius Eugenio Pacelli mit Ministerpräsident Dr. Heinrich Held im "Montgelas-Saal" des Münchner Außenministeriums in Anwesenheit fast des gesamten Kabinetts aus.

Ausblick und Würdigung

Da es in der Weimarer Republik trotz mehrfacher Anläufe nicht zu einem Reichskonkordat kam, konnte den Ländern dieses Recht nicht länger vorenthalten werden. Eine Vorreiterrolle übernahm das Bayerische Konkordat von 1924, das dann bald eine Vorbildfunktion für die Konkordate mit Preußen (1929) und Baden (1932) ausüben sollte. "Damit hat sich auf Grund der Neuordnung in der Weimarer Reichsverfassung das staatskirchenrechtliche 'System der vertragsgesicherten autonomen Trennungskirchen' durchgesetzt" (Alexander Hollerbach mit einem Zitat von Ulrich Stutz).

Auch das Reichskonkordat von 1933 liegt ungeachtet veränderter politischer Vorgaben auf dieser Linie. Das Bundesverfassungsgericht stellte am 26. März 1957 grundsätzlich fest, dass das Reichskonkordat weiterhin Gültigkeit besitzen sollte. Daher legen auch heute die neu ernannten bayerischen Bischöfe ihren Amtseid nach Art. 16 Reichskonkordat ab. Trotz des fortbestehenden Reichskonkordats beachtet der Vatikan die im Grundgesetz von 1949 festgeschriebene Kulturhoheit der Länder, deren ältere Konkordate grundsätzlich weitergelten. Neue Konkordate oder andere Vertragsformen sind mit den Ländern Niedersachsen (1965), Hessen (1963 und 1974), Nordrhein-Westfalen (1984), Saarland (1985), Sachsen (1996), Thüringen (1997), Mecklenburg-Vorpommern (1997), Sachsen-Anhalt (1998), Brandenburg (2003), Bremen (2003), Hamburg (2005) und Schleswig-Holstein (2009) abgeschlossen worden.

Aus dem selben Grund ist auch das Bayerische Konkordat von 1924/25 weiterhin gültig. Es erfuhr allerdings Änderungen, und zwar entweder im Wortlaut oder durch zusätzliche Vereinbarungen. So verzichtete 1941 der Freistaat Bayern auf die Möglichkeit, "Erinnerungen" gegen neu zu ernennende Pfarrer zu erheben. Eine große Welle von Änderungen sah die Nachkriegszeit: Zwischen 1958 und 1988 wurde achtmal die Bestimmungen zu Lehrerbildung, Bekenntnisschulen sowie Universitäten und Hochschulen modifiziert.

Die in den Länderkonkordaten geregelten Sachfragen sind meist ähnlich: Schulen, Hochschulen, freiwillige oder durch Gesetz festgelegte Leistungen des Staates an die Kirchen. Deren Lösungen können jedoch sehr verschieden ausfallen, z. B. hinsichtlich Bischofswahlen und –ernennungen: Während in Bayern die Bischöfe und Domkapitel turnusmäßige, jedoch Rom nicht bindende Triennallisten einreichen (Art. 14 § 1 BayK), gilt in den ehemals preußischen Provinzen weiterhin das Preußische Konkordat von 1929, wonach Rom im Falle einer Vakanz dem jeweiligen Domkapitel einen Dreiervorschlag unterbreitet, aus dem dieses dann den künftigen Bischof auswählen kann.

Literatur

  • Hermann-Joseph Busley, Konkordate von 1817 und 1924, in: Hildebrand Troll (Hg.), Kirche in Bayern. Verhältnis zu Herrschaft und Staat im Wandel der Jahrhunderte. Katalog zur Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs anlässlich des 88. Deutschen Katholikentages 1984 in München, München 1984, 180-195 und 241-246.
  • Georg Franz-Willing, Die bayerische Vatikangesandtschaft 1803-1934, München 1965.
  • Alexander Hollerbach, Konkordat und Konkordatslehrstühle, in: Görres-Gesellschaft (Hg.), Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. 3. Band, Freiburg 7. Auflage 1987, Sp. 620-627.
  • Eugen Kleindienst, Das eigene Finanzaufkommen kirchlicher Rechtsträger nach der Säkularisation, in: Erwin Gatz (Hg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. 6. Band: Die Kirchenfinanzen, Freiburg 2000, 85-107.
  • Joseph Listl, Die konkordatäre Entwicklung von 1817 bis 1988, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte. 3. Band: Vom Reichsdeputationshauptschluß bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Sankt Ottilien 1991, 427-463.
  • Hugo Maser, Evangelische Kirche im demokratischen Staat. Der bayerische Kirchenvertrag von 1924 als Modell für das Verhältnis von Staat und Kirche, München 1983.
  • Winfried Müller, Staatsleistungen an die Katholische Kirche in Bayern, in: Erwin Gatz (Hg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. 6. Band: Die Kirchenfinanzen, Freiburg 2000, 108-126.
  • Lydia Schmidt, Kultusminister Franz Matt (1920-1926). Schul-, Kirchen- und Kunstpolitik in Bayern nach dem Umbruch von 1918 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 126), München 2000.

Quellen

  • Hermann-Joseph Busley (Bearb.), Die staatlichen Akten zum Bayerischen Konkordat von 1924 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen). (in Bearbeitung)
  • Ernst Rudolf Huber/Wolfgang Huber (Bearb.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts. 4. Band: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 1988.
  • Heinz Hürten (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1918-1933. 2 Bände (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 51), Paderborn 2007.
  • Joseph Listl (Hg.), Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland. Textausgabe für Wissenschaft und Praxis, Berlin 1987.
  • Ludwig Volk (Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945. 1. Band: 1917-1934 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte A 17), Mainz 1975.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Hermann-Joseph Busley, Bayerisches Konkordat, 1924, publiziert am 02.06.2009; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Konkordat,_1924 (29.03.2024)