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Bayerischer Senat

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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von Peter Jakob Kock

Vollsitzung des Bayerischen Senats 1987. (Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Der Bayerische Senat, eingerichtet mit der Verfassung von 1946, war bis zu seiner Aufhebung per Volksentscheid zum 31. Dezember 1999 die zweite parlamentarische Kammer im Freistaat. Er war ein Verfassungskompromiss zwischen Christlich-Sozialer Union (CSU) und Sozialdemokratischer Partei Deutschland (SPD). Die konservative Mehrheit wünschte ein Korrektiv zum parteipolitisch zusammengesetzten Landtag, während die übrigen Parteien, vor allem die Sozialdemokraten, eine ständische Korporation ablehnten. Geschaffen wurde schließlich eine Vertretung der sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und gemeindlichen Körperschaften des Landes mit der Hauptaufgabe, die Gesetzentwürfe der Staatsregierung zu begutachten. Über Einwendungen des Senats konnte der Landtag mit einfacher Mehrheit hinweggehen. Bayern war das einzige Bundesland, das eine Zweite Kammer in der Verfassung verankerte und verwirklichte. Der Sitz des Bayerischen Senats war das Maximilianeum.

Vorbilder für eine Zweite Kammer

Eine Ergänzung des von Parteien dominierten parlamentarischen Repräsentativsystems durch die Errichtung berufsständisch organisierter Kammern wurde bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland diskutiert. So bestand etwa in Preußen ein Volkswirtschaftsrat. Der Versuch, einen "Reichsvolkswirtschaftsrat" einzurichten, stieß auf die Ablehnung des Reichstages. Die Weimarer Verfassung sah einen Reichswirtschaftsrat vor. Er konnte lediglich Gesetze einbringen und Gesetzesvorlagen begutachten. Ein Veto gegen vom Reichstag verabschiedete Gesetze stand ihm nicht zu, so dass er letztlich bedeutungslos blieb.

Im Königreich Bayern bestand seit 1818 ein Zweikammersystem, die Kammer der Reichsräte (Erste Kammer), zusammengesetzt aus den Prinzen des Königshauses, den Vertretern des hohen Adels und Klerus sowie Mitgliedern, die der Monarch ernannte, und die Kammer der Abgeordneten (Zweite Kammer). Die Kammern waren gleichberechtigt und besaßen das absolute Vetorecht. Am 2. November 1918 schlossen Regierung und Landtagsparteien ein Abkommen über staatsrechtliche Reformen: Die Reichsrätekammer wurde um gewählte Mitglieder aus Kommunen, Handel, Industrie, Handwerk, Landwirtschaft, Hochschulen und Arbeiterschaft erweitert, entsandt von den zuständigen Berufskörperschaften sowie den Hochschul- und Kommunalgremien. Die Reichsrätekammer sollte lediglich ein zweimaliges aufschiebendes Vetorecht gegen Gesetze haben. Das Abkommen war wenige Tage späte aufgrund der revolutionären Ereignisse Makulatur, doch die geplante Zusammensetzung lässt bereits die knapp 30 Jahre später für den Bayerischen Senat gefundene Lösung anklingen.

Die Verfassung des Freistaates Bayern vom 14. August 1919 verzichtete auf eine Zweite Kammer. Im 5. Abschnitt ("Selbstverwaltung, Stiftungen") war aber die Bildung von berufsständischen Vertretungen zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben "aller schaffenden Kreise des Volkes" vorgesehen, die zur Einbringung von Gesetzesanträgen innerhalb ihres Wirkungsbereiches berechtigt sein sollten. Die Bayerische Volkspartei (BVP) verfolgte bis zum Ende der Weimarer Republik erfolglos das verfassungspolitische Ziel, in Bayern das Zweikammersystem einzurichten.

Verfassungsdebatten 1945/46

Am 8. Februar 1946 wurde Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD, 1887-1980) von der US-Militärregierung angewiesen, im Mai oder Juni Wahlen für eine Verfassunggebende Landesversammlung auszuschreiben. Zuvor sollte ein Vorbereitender Verfassungsausschuss einen Entwurf konzipieren. Die Beratungen in beiden Organen fanden in einem Klima der Solidarität und Kompromissbereitschaft statt. Doch parteiintern wurde heftig gerungen, speziell um Manifestationen bayerischer Staatlichkeit in Gestalt einer eigenen Staatsangehörigkeit und eines Staatspräsidenten. Beides scheiterte letztlich an einer großen Koalition aus dem liberalen Flügel der Christlich-Sozialen Union (CSU) um den Vorsitzenden Josef Müller (1898-1979) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), während die Errichtung einer zweiten Parlamentskammer, eines Senats, dem sozialdemokratischen Entgegenkommen zu verdanken war.

Für den Vorbereitenden Verfassungsausschuss benannte Ministerpräsident Hoegner neben Mitgliedern seiner Regierung (CSU, SPD und KPD) Hans Nawiasky (1880-1961), als Staatsrechtsprofessor in der Weimarer Republik "Kronjurist der Bayerischen Volkspartei" und Verfechter des Zweikammersystems. Hoegner steuerte als Arbeitsgrundlage seinen Vorentwurf für eine "Verfassung des Volksstaates Bayern" bei, der keine zweite Kammer enthielt. In der Ausschusssitzung am 1. April 1946 sprach sich Nawiasky für einen Senat aus Vertretern der "sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und kommunalen Körperschaften des Landes" aus. Er solle "zu sachlicher Arbeit gezwungen werden, nicht zur Austragung politischer Gegensätze". Die anschließende Diskussion ergab kein einheitliches Bild: Josef Seifried (SPD, 1892-1962) und Karl Scharnagl (CSU, 1887-1964) sahen im Senat einen Stabilisierungsfaktor. Hoegner missfielen grundsätzlich "Oberhäuser", Münchens Oberbürgermeister Thomas Wimmer (SPD, 1887-1964) hielt eine zweite Kammer mit dem Prinzip der Volkssouveränität nicht für vereinbar, und Heinrich Schmitt (KPD, 1895-1951) urteilte: "In unruhigen Zeiten ist die 2. Kammer ein Übel, in ruhigen Zeiten braucht man sie nicht." Eine Zweite Kammer wurde nicht nur in Bayern erörtert, auch in Hessen, Nordrhein-Westfalen und in Württemberg-Baden dachte man darüber nach. Hessen schuf sogar in seiner Verfassung die Möglichkeit, ein weiteres zweites, aus demokratischen Wahlen hervorgegangenes Organ für die Gesetzgebung zu schaffen, das aber nie Wirklichkeit wurde. Die Überlegungen des Vorbereitenden Verfassungsauschusses legte Hoegner der US-Militärregierung vor. Das Interdivisional Committee on German Governmental Structure hatte im Grundsatz nichts gegen eine Zweite Kammer in Bayern. Die Tradition der Zwangsmitgliedschaft im deutschen Wirtschaftskammersystem wurde jedoch strikt abgelehnt. Daraus leitete die US-Militärregierung ab, dass die Senatoren von den entsendenden Gruppen auf jeden Fall demokratisch gewählt sein mussten.

Bei der Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung am 30. Juni 1946 fielen von den 180 Sitzen 109 auf die CSU, 51 auf die SPD, die übrigen auf die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV) (Partei) und die Freie Demokratische Partei (FDP). Die CSU musste trotz ihrer absoluten Mehrheit mit Kompromissen lavieren, denn parteiintern waren viele Verfassungsfragen ebenso umstritten wie zwischen den Parteien. Das bot den Sozialdemokraten die Chance, eine Mitgestaltungskompetenz zu erringen, etwa bei der Einführung des modifizierten Verhältniswahlrechts oder der Konstituierung des von der CSU gewünschten Senats. Die Sozialdemokraten fanden sich letztlich mit einer Zweiten Kammer ab, da die Dominanz des Landtags nicht angetastet wurde. Das Einspruchsrecht des Senats wurde so eng gefasst, dass der Landtag mit einfacher Mehrheit darüber hinweggehen konnte. Zuvor hatte Hoegner erklärt, dass die SPD-Fraktion allenfalls einer Körperschaft zustimmen würde, die nur Beratungs- und Begutachtungskompetenz habe. Den Kompromiss formulierte Professor Nawiasky und Justizstaatssekretär Hans Ehard (CSU, 1887-1980), der Berichterstatter war. Die Schlussabstimmung in der Verfassunggebenden Landesversammlung über den Abschnitt "Der Senat" (Art. 34 bis 42) ergab nur eine Gegenstimme. sie kam von Richard Schlesinger (KPD, 1904-1986), der monierte, die Zahl der Gewerkschaftssitze sei zu gering und damit die Arbeiterschaft nur ungenügend berücksichtigt.

Aufgaben und Befugnisse des Senats

Die Hauptaufgabe des Senats war seine Teilnahme an der Gesetzgebung in Form von gutachtlichen Stellungnahmen zu Vorlagen der Staatsregierung und seit 1958 auch zu Entwürfen aus der Mitte des Landtags. Dazu kam das Einwendungsverfahren gegen vom Landtag beschlossene Gesetze. Der Senat konnte auch eigene Gesetzesvorlagen und Anträge an den Landtag richten, der Staatsregierung Anträge vorlegen und von ihr Auskünfte einholen. Gemäß Bayerischer Haushaltsordnung wirkte der Senat beim Vollzug und bei der Kontrolle des Staatshaushalts mit. Außerdem hatten die Senatoren das Recht der Beteiligung an verfassungsgerichtlichen Verfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof und vor dem Bundesverfassungsgericht. Seine bemerkenswert fundierten und ausführlichen Stellungnahmen galten in den beiden obersten Gerichten als wertvolle Grundlage der Beratungen. Wenn sich Petitionen auf allgemeine Regelungen bezogen oder im Zusammenhang mit einem Gesetzgebungsverfahren standen, konnten sie auch an den Senat gerichtet werden. Schließlich entsandte der Senat Vertreter in den Rundfunkrat, in den Medienrat, in den Beirat beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und in weitere Gremien.

Gemäß seiner Geschäftsordnung konnte der Senat zu den ständigen Ausschüssen Sonderausschüsse zur Beratung einzelner Angelegenheiten bestellen. Davon hat er in fünf Fällen zur Beratung großer Gesetzesvorhaben Gebrauch gemacht: zur Beratung des Entwurfs einer Gemeinde-, Landkreis- und Bezirksordnung (13.10.1950-8.1.1952), zur Auswertung des Gutachtens der Arbeitsgemeinschaft für Staatsvereinfachung ("Kollmann-Gutachten", 3.11.1955-10.1.1958), zur Beratung des Entwurfs eines Bayerischen Besoldungsgesetzes (15.2.1957-10.6.1958), zur Beratung des Entwurfs eines Bayerischen Wassergesetzes (28.10.1959-2.7.1962) und zur Erörterung der Probleme des Sozialen Wohnungsbaues (16.12.1964-21.12.1965). Laut Senatsgesetz (Art. 26) konnte der Senat im Einvernehmen mit der Staatsregierung zur Prüfung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnisse des Landes oder einzelner Teile Enquete-Ausschüsse einsetzen mit dem Recht, alle erforderlichen Erhebungen vorzunehmen, Zeugen und Sachverständige vorzuladen und zu vernehmen. Ein solcher Enquete-Ausschuss wurde nie etabliert und es gibt keine Hinweise, dass die Möglichkeit erwogen wurde.

Die Beschlüsse des Senats unterlagen meist einem ungeschriebenen Grundsatz des Einvernehmens, um keine Kluft zwischen den einzelnen Gruppierungen entstehen zu lassen. Unterschiedliche Auffassungen wurden im Diskussionsverlauf sprachlich geglättet, so dass nach außen Diskrepanzen kaum artikuliert wurden. Die Folge dieser Entpolitisierung des Parlamentsablaufs war, dass Senatsdebatten in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wurden, denn das Senatsprocedere nahm der politischen Artikulation die Schärfe individueller Standpunkte oder gruppenspezifischer Interessenvertretung.

Zusammensetzung des Senats

Sitzordnung im Bayerischen Senat, gegliedert nach den verschiedenen Gruppen und Verbänden. (Handbuch des Bayerischen Senats, 1962, 14. Erg.-Lieferung 12.1.78)

Nach der Grundsatzentscheidung der Verfassunggebenden Landesversammlung für die Einrichtung des Bayerischen Senats wurde folgende Zusammensetzung beschlossen:

  • 11 Vertreter der Land- und Forstwirtschaft
  • 5 Vertreter der Industrie und des Handels
  • 5 Vertreter des Handwerks
  • 11 Vertreter der Gewerkschaften
  • 4 Vertreter der freien Berufe
  • 5 Vertreter der Genossenschaften
  • 5 Vertreter der Religionsgemeinschaften
  • 5 Vertreter der Wohltätigkeitsorganisationen
  • 3 Vertreter der Hochschulen und Akademien
  • 6 Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände

Ein festgelegter Regionalproporz existierte nicht. Allerdings achteten Verbände und Organisationen bei der Entsendung ihrer Senatsmitglieder auf regionale Ausgeglichenheit. Dies dokumentiert die Repräsentanz der jeweiligen Regierungsbezirke in Gestalt der Bezirksvorsitzenden der Verbände, zum Beispiel beim Bauernverband, den Handwerks- und den Industrie- und Handelskammern. Das Mindestalter der Senatoren betrug 40 Jahre. Sie blieben sechs Jahre im Amt (Drittelerneuerung) und hatten Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung. Eine Wiederberufung war zulässig. Vergeblich hatte Maria Deku (CSU, 1901-1983) in ihrer Fraktion und im Verfassungsausschuss der Konstituante versucht, den Frauenorganisationen fünf Vertreterinnen "aus allen Ständen und Berufsschichten" zu reservieren. Eine politische Auseinandersetzung um die Aufteilung der 60 Senatssitze fand zumindest in der Öffentlichkeit nicht statt. Nawiasky schrieb rückblickend in seinem Kommentar zur Bayerischen Verfassung lapidar, man habe sich seinerzeit in einer "Vorbesprechung" auf die "einzelnen Kategorien" und ihre Sitzzahl geeinigt.

Das war umso bemerkenswerter, als die Gruppen der Land- und Forstwirtschaft und der Gewerkschaften mit jeweils elf Sitzen gleich groß waren. Schon in der Gründungszeit des Senats entsprach das nicht mehr Bayerns Wirtschaftsstruktur: So waren nur etwa 20 % der Bevölkerung in der Land- und Forstwirtschaft tätig, mehr als 60 % waren Arbeiter, Angestellte und Beamte. Doch hinter der Parität verbarg sich eine hochpolitische Abmachung zwischen dem bäuerlich-genossenschaftlichen Flügel der CSU um Michael Horlacher (1888-1957) und Alois Schlögl (1893-1957) und den Sozialdemokraten samt ihrem gewerkschaftlichen Anhang. Der einflussreiche Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses der CSU und Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung, Johannes Semler (1898-1973), wünschte eine Zweite Kammer als Organ der wirtschaftlichen Selbstverwaltung, unabhängig von den Gewerkschaften. Die Agrarvertreter der CSU befürchteten folglich, dass dieses Senatskonzept ihren Einfluss stark zurückstutzen würde und suchten den Pakt mit den Gewerkschaften, der in der Fraktion gutgeheißen wurde.

Senatspräsidium

Das Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten und seinen zwei Vizepräsidenten sowie den vier Schriftführern, wurde auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. Nach dem Protokoll der Staatskanzlei nahm der Präsident des Senats nach dem Ministerpräsidenten und dem Landtagspräsidenten den dritthöchsten Rang im Freistaat ein. Die protokollarischen Pflichten waren entsprechend ausgeprägt. Die Wahl von Josef Singer (1888-1980) als Vertreter der Genossenschaften 1947 neutralisierte den Wettstreit zwischen den beiden gleichstarken Blöcken der Agrarier und der Gewerkschafter. Sein Nachfolger Hippolyt Poschinger von Frauenau (1908-1990) aus der Gruppe der Land- und Forstwirtschaft konnte sich ab 1968 immerhin 14 Jahre lang an der Spitze halten, obwohl er allgemein als zurückhaltend und farblos galt. Im zweiten Anlauf gelang es Hans Weiß (1919-2008), Erster Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetages und Oberbürgermeister von Bad Kissingen, Poschinger von Frauenau abzulösen. Weiß war als ehemaliger stellvertretender CSU-Parteivorsitzender (1961 bis 1963) und Landtagsabgeordneter (1966 bis 1970) in seiner Partei bestens vernetzt und dank kommunikativen Talents und kommunalpolitischen Wirkens auch überparteilich angesehen. Nach seinem Abschied vom Senat zwölf Jahre später gelang es 1994 dem Bayreuther Juraprofessor Walter Schmitt Glaeser (geb. 1933) (Gruppe Hochschulen), seine Kandidatur mit dem Versprechen aufzubauen, dem Senat in der Öffentlichkeit mehr Publizität zu verschaffen. Das gelang ihm, allerdings im pejorativen Sinne. Schmitt Glaeser war nur knapp drei Jahre, bis zu seinem Rücktritt 1996, im Amt. Ihm folgte Heribert Thallmaier (geb. 1936) (Gruppe Gemeinden, Bürgermeister von Starnberg). Er steuerte den Senat wieder in ruhigeres Fahrwasser, konnte seine Auflösung aber nicht mehr verhindern. Die Tatsache, dass außer Josef Singer, der keiner Partei angehörte, alle Senatspräsidenten Mitglieder der CSU waren, blieb ohne nachweisbare Auswirkungen, spielte aber im Politisch-Atmosphärischen wohl eine Rolle.

Der Senat hatte also nur fünf Präsidenten in gut fünf Jahrzehnten, wobei die Gewerkschaften leer ausgingen. Sie kamen erst bei den Posten des Ersten oder Zweiten Vizepräsidenten zum Zug. Den Anfang machte der Landesbezirksvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Gustav Schiefer (1876-1954), Erster Vizepräsident 1948 bis 1953, ihm folgte 1954 bis 1960 der Gewerkschaftsführer Hans Hörner (1900-1960). Das Amt des Zweiten Vizepräsidenten kam den Gewerkschaften drei Mal zu: 1968 bis 1970 Ludwig Rinsert (1907-1981), 1970 bis 1985 Walter Roth (1922-1994) und 1994 bis 1998 Christel Beslmeisl (geb. 1940). Die Gruppe Industrie und Handel stellte 1988 bis 1993 mit Ernst Wrede (1914-2008) und 1996 bis 1999 mit Hans Haibel (geb. 1931) Erste Vizepräsidenten, Zweite Vizepräsidenten waren 1948 bis 1953 Alexander Rodenstock (1883-1953) und 1953 bis 1958 Konrad Pöhner (1901-1974). Die Gruppe Religionsgemeinschaften hatten in der Person von Audomar Scheuermann (1908-2000) in den Jahren 1970 bis 1987 ebenso einen Ersten Vizepräsidenten wie die Gruppe Wohltätigkeitsorganisationen mit Theo Eppig (1905-1964) 1961 bis 1964. Aus der Gruppe Hochschulen und Akademien kamen als Erste Vizepräsidenten 1970 Robert Sauer (1898-1970) und 1994 bis 1996 Ekkehard Schuhmann (geb. 1931), der von 1988 bis 1994 auch Zweiter Vizepräsident war. Der Gruppe Gemeinden und Gemeindeverbände gehörten als Erste Vizepräsidenten 1968 bis 1969 Josef Listl (1893-1970) und Heribert Thallmaier 1996 an, Zweiter Vizepräsident war 1958 bis 1968 Hans Bornkessel (1892-1977). Die Freien Berufe und das Handwerk stellten keine Präsidenten.

"Gesetz über den Senat"

Das vom Landtag Mitte Juli 1947 verabschiedete "Gesetz über den Senat" regelte die Wahl seiner Mitglieder durch die Körperschaften und Verbände und bestimmte, dass Senatoren "nur ihrem Gewissen verantwortlich und an Auftrage nicht gebunden" seien. Bei der Aufstellung der Kandidaten sollten "Frauen entsprechend ihrer Zahl und Bedeutung innerhalb der Organisationen berücksichtigt" werden. Die teils auch öffentlich geführte Debatte über die konkrete Zusammensetzung der Zweiten Kammer gestaltete sich angesichts der dabei zu Tage tretenden Verbandsinteressen mitunter denkbar kontrovers. Bedeutung und Ansehen "senatsfähiger" Körperschaften und Verbände wurden mit der Nennung im Gesetz und der Zahl ihrer Sitze unterstrichen und ihre Vertreter mit dem prestigeträchtigen Namenszusatz "Senator" bzw. "Senatorin" (Abkürzung "MdS") gesellschaftlich hervorgehoben.

Die Verteilung von fünf Sitzen auf die in Frage kommenden Religionsgemeinschaften veranlasste Kultusminister Alois Hundhammer (CSU, 1900-1974) bei der Beratung des Senatsgesetzes im Ministerrat zu der Warnung, dass es angesichts der katholischen Bevölkerungsmehrheit in Bayern "wohl Schwierigkeiten geben werde, wenn den zwei Katholiken zwei Protestanten gegenüber gestellt würden". Vergeblich verlangte er, den Vertreter der Jüdischen Kultusgemeinde zu Gunsten eines weiteren Vertreters der katholischen Kirche zu streichen. Staatsminister Willi Ankermüller (CSU, 1901-1986) meinte dagegen, wenn man der evangelischen Minderheit entgegenkomme, "wird dies sicher sehr gut aufgefasst werden".

Es blieb dann bei der im Entwurf vorgesehenen Parität von Katholiken und Protestanten. Zu Missklängen kam es im Landtag bei der Aufgabe, die ersten Senatoren gemäß den Vorschlagslisten der Organisationen zu bestätigen. Beispielsweise versuchte die CSU aus parteipolitischen Gründen vergeblich, entgegen einem Vorschlag des Journalistenverbandes in einer Kampfabstimmung einen eigenen Kandidaten für die Gruppe "Freie Berufe" durchzudrücken.

Die Frauen im Senat blieben bis zu seinem Ende trotz der im Gesetz verankerten Berücksichtigung eine verschwindende Minderheit. Die zwei weiblichen Gründungsmitglieder von 1947 vertraten die Landwirtschaft und die Gewerkschaften (allerdings gab es im Landtag von 1946 auch nur drei Frauen unter den 180 Mitgliedern). Im Laufe der Jahre bürgerte es sich ein, dass die beiden stärksten Gruppierungen (Landwirtschaft und Gewerkschaften) jeweils eine Frau in den Senat schickten. Das änderte sich erst in der Endphase des Senats, als zusätzliche Frauen aus den freien Berufen, den Genossenschaften und den Wohltätigkeitsorganisationen in den Senat kamen. In den etwas mehr als fünf Jahrzehnten nahmen von den insgesamt 317 Mitgliedern nur 17 Frauen einen Senatssitz ein.

Verhältnis zu Staatsregierung und Landtag

In den Anfangsjahren musste der Senat um seine Teilhabe an der Gesetzgebung kämpfen. Die Kooperation mit der Staatsregierung gestaltete sich schwierig, wenn es um die Begutachtung von Gesetzesvorlagen aus den Ministerien ging. Denn von wenigen Ausnahmen abgesehen, etwa beim Gesetz über den Staatshaushalt oder verfassungsändernden Gesetzen, lag es im Ermessen der Regierung, ob sie ein Gutachten der Zweiten Kammer anforderte. Schon im August 1949 schrieb Senatspräsident Singer an Ministerpräsident Ehard, die derzeitige Tätigkeit erschöpfte sich in der Stellungnahme zu den vom Landtag verabschiedeten Gesetzen (Art. 40 Bayerische Verfassung), die von diesem jedoch meist übergangen würde. Die Staatsregierung habe zwar einige Male von der Gutachterfunktion des Senats Gebrauch gemacht, zuletzt sei dieser erste Anlauf wieder vollständig zum Stillstand gekommen. Trotz des Einlenkens von Regierungschef Ehard zog sich der Schriftwechsel mit Senatspräsident Singer über mehr als zwei Jahre hin, bis sich eine für beide Seiten verbindliche Auslegung von Art. 40 Bayerische Verfassung einspielte. Seit 1958 holte die Staatsregierung gemäß einer Vereinbarung mit Senat auch Gutachten zu Gesetzentwürfen aus der Mitte des Landtags ein.

Die schärfste Waffe des Senats im Gesetzgebungsverfahren waren Einwendungen gegen vom Landtag beschlossene Gesetze, die dem Senat noch vor ihrer Veröffentlichung zur Kenntnis vorzulegen waren. Bereits 1948 wehrten sich die Senatoren gegen Versuche von Landtagspräsident Michael Horlacher (CSU, 1888-1957), die Überweisung zu vermeiden, wenn vom Senat bereits ein Gutachten vorlag. Druck von Seiten des Landtags kam auch durch die auffallend häufig geltend gemachte Dringlichkeit von Gesetzen. Im Regelfall hatte die Zweite Kammer gemäß Verfassung einen Monat Zeit, von seinen Einwendungen Gebrauch zu machen. Trugen die Vorlagen einen vom Landtag beschlossenen Dringlichkeitsvermerk, verkürzte sich die Frist auf eine Woche, was eine gründliche Erörterung im Senat praktisch unmöglich machte und damit das Einwendungsrecht erheblich erschwerte. In den ersten zwei Jahrzehnten stufte der Landtag fast jedes zweite Gesetz als "dringlich" ein.

Ein Ärgernis bestand auch für den Senat in der Praxis der Staatsregierung, aus Zeitgründen die Haushaltspläne beiden gleichzeitig vorzulegen. Eine gutachtliche Stellungnahme werde dadurch "illusorisch", beschwerte sich Senatspräsident Singer bereits 1950. Doch erst mit dem Doppelhaushalt 1960/61 wurde mit dieser Praxis Schluss gemacht und das verfassungsmäßig vorgeschriebene Gutachtung zum Haushaltsgesetz vor Beginn der Landtagsberatungen abgeschlossen.

Von 1947 bis 1999 beschloss der Senat insgesamt 48 Gesetzesvorlagen, von denen der Landtag 24 annahm und 16 ablehnte (sechs verfielen durch Diskontinuität, zwei waren anderweitig erledigt). Gutachten erstellte der Senat zu 591 Regierungsvorlagen und 431 Gesetzentwürfen aus der Mitte des Landtags. Zu den 1.474 vom Landtag beschlossenen Gesetzen wurden in 152 Fällen Einwendungen erhoben. Diesen wurde 37 Mal vollständig und 49 Mal teilweise Rechnung getragen.

Senat und Öffentlichkeit: Spektakuläre Initiativen

Der Bayerische Senat führte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein parlamentarisches Mauerblümchendasein. Seine Funktionen waren von Beginn an schwer vermittelbar, so dass seine Existenz selbst in politisch interessierten Bevölkerungskreisen kaum bekannt war. Für die Medien war der Senat immer dann erwähnenswert, wenn in Zusammenhang mit Staatsvereinfachungsdebatten seine Daseinsberechtigung in Frage gestellt wurde, oder wenn er, was denkbar selten geschah, zu brennenden Themen öffentlicher Auseinandersetzung eine prononcierte Meinung äußerte.

So erhob der Senat bereits 1951 aus moralischen Gründen Einwendungen gegen die Zulassung von Spielbanken, die der Landtag erlaubt hatte. Kurze Zeit später folgten die Abgeordneten mit knapper Mehrheit den Senatsbedenken. Das Gesetz war damit gegenstandslos. Erst vier Jahre danach machte der Landtag den Weg endgültig frei für Kasinos.

Deutschlandweit, wenn nicht sogar international, machte der Senat im Oktober 1956 Schlagzeilen , als er auf Initiative von mehr als einem Dutzend Senatoren mit dem renommierten Münchner Philosophieprofessor Aloys Wenzl (1888-1967) an der Spitze an die Staatsregierung appellierte, sie möge über den Bundesrat die Bonner Regierung auffordern, bei allen internationalen Instanzen Schritte zur "Einstellung der menschheitsbedrohenden Atombombenversuche" zu unternehmen. Einige Monate später beschloss der Bundestag ebenfalls einen Anti-Atomappell.

Das Gutachten zum Forstetat im Frühjahr 1971 nahm der Senat zum Anlass, die Verschleuderung von Grundstücken aus den Staatsforsten anzuprangern. Das Thema wurde in der Presse immer wieder aufgegriffen, bis sich der Landtag drei Jahre später zu offiziellen Missbilligungen der Grundstückspatronagen entschloss.

Eine Änderung des Vergnügungssteuergesetzes zu Gunsten des FC Bayern München nahm der Senat 1973 zum Anlass, gegen die mit CSU-Mehrheit im Landtag beschlossenen Initiativen scharf zu protestieren, die den Gleichheitsgrundsatz verletze. Nachdem der Verfassungsgerichtshof zu derselben Einschätzung kam, wurde das Gesetz später geändert.

Vollversammlung des Bayerischen Senats im Senatssaal. Foto: ca. 1984. (Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Mit großer Akribie nahm der Senat neben den Änderungen des Rundfunkgesetzes den Entwurf der Staatsregierung für ein "Medienerprobungs- und entwicklungsgesetz" unter die Lupe, das den Weg freimachte für die Einführung des Privatfunks in Bayern. Das Gutachten vom Mai 1984 unterstrich vor allem die verfassungsrechtlich gebotene "Rundfunkfreiheit" nach Artikel 111a der Bayerischen Verfassung, der die öffentlich-rechtliche Verantwortung und Trägerschaft festschreibt. Deshalb pochten die Senatoren mit Erfolg auf eine stärkere Stellung des Medienrats, ohne, wie so oft, das Einlenken der Staatsregierung groß publik zu machen.

Reformvorschläge für Staatsvereinfachung

Im Laufe seiner Geschichte war der Senat immer wieder mit Reformvorschlägen oder sogar Vorstößen konfrontiert, ihn komplett zu streichen, wie es die 1966 bis 1970 im Bayerischen Landtag vertretene Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) forderte. Meist jedoch drehten sich Debatten um das Problem, wie der Zweiten Kammer mehr Effektivität zu ermöglichen sei, etwa mit dem Ausbau des Einwendungsrechts. Das Kollmann-Gutachten zur Staatsvereinfachung in Bayern vom April 1955 stellte den Senat zwar nicht in Frage, wollte aber seine Zusammensetzung geprüft wissen. Die aus 13 Sachverständigen bestehende Arbeitsgemeinschaft unter Leitung von Staatsrat Ottmar Kollman (1886-1969) empfahl, die Senatoren sollten zu einem Viertel aus allen Landesteilen kommen, gewählt von den Bezirkstagen, fünf Achtel durch die Körperschaften des öffentlichen und privaten Rechts bestimmt werden, das restliche Achtel sollten Persönlichkeiten mit besonders hervorragender Erfahrung im öffentlichen Dienst stellen, berufen vom Ministerpräsidenten im Einvernehmen mit Landtag und Senat. Ein echtes Vetorecht des Senats lehnte das Gutachten wegen der fehlenden direkten Legitimation durch das Volk ab. Außerdem wurde die Einsetzung eines gemeinsamen Ausschusses von Landtag und Senat empfohlen, ähnlich dem Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat.

Im Landtag diskutierte der von Anfang 1955 bis 1958 tagende "Ausschuss zur Einbringung von Vorschlägen für die Verwaltungsreform" unter Vorsitz von Philipp Held (CSU, 1911-1993) das Kollmann-Gutachten. Beim Kapitel "Senat" folgte der Ausschuss bei nur einer Enthaltung der Meinung des Gutachtens, die Zweite Kammer sollte erhalten bleiben mit unveränderten Befugnissen und gleicher Zusammensetzung. Lediglich drei von acht Abgeordneten schlossen sich dem Kollmann-Vorschlag an, Senatoren vom Ministerpräsidenten ernennen zu lassen. Der CSU-Abgeordnete Alfred Seidl (1911-1993) nahm das Kollmann-Gutachten zum Anlass, 1961 eine Initiative zur Streichung des gesamten Abschnitts "Senat" (Artikel 34 bis 42 Bayerische Verfassung) zu starten. Er scheiterte mit seinem Gesetzentwurf bereits in der Ersten Lesung, nur sechs FDP-Abgeordnete wollten ihm folgen. Seidl, der später Fraktionsvorsitzender, Justizstaatssekretär und Innenminister war, sah den Senat in einer Reihe von Institutionen, die unter den veränderten politischen und staatsrechtlichen Verhältnissen keine Berechtigung mehr hätten.

Nach einer langen Phase der Akzeptanz kam die Zweite Kammer in den neunziger Jahren wieder in politische Turbulenzen. Der Ruf nach Reformen schallte nun auch in die Landesparlamente hinein, als Forderungen nach einem "schlanken Staat" aufkamen. Der Bayerische Landtag wurde in diesem Zusammenhang um 24 auf 180 Sitze verkleinert. Die SPD-Fraktion stellte fest, "wichtige politische und gesellschaftliche Änderungen in dieser Zeit geben Anlass, die Bayerische Verfassung weiterzuentwickeln". Ihr Antrag zur Einsetzung eines "Verfassungsrates", der auch die "Frage einer Zweiten Kammer" aufwerfen sollte, wurde von der CSU abgelehnt. Der Senat hatte gleichwohl nun an zwei Fronten zu kämpfen, gegen wachsende Ressentiments, die von einer wieder in Mode kommenden Parlamentskritik angeheizt wurden, und gegen negative Schlagzeilen, die sein Präsident Schmitt Glaeser mit herabwürdigenden Äußerungen zur Bedeutung des Landtags auslöste.

Abschaffung durch Volksentscheid

Dem schließlich unumgänglichen Rücktritt von Schmitt Glaeser als Senatspräsident Anfang November 1996 war seine bayernweite Imagekampagne für den Senat vorausgegangen, mit der er gleichzeitig die "qualitative Leistungsfähigkeit" der Landtagsabgeordneten anzweifelte und ihr "fehlendes Fachwissen" anprangerte. Das Presseecho stellte nicht nur die Person von Präsident Schmitt Glaeser in Frage, sondern zog die Institution Senat plötzlich in einen Strudel der Kritik und Anfeindung. Der neue Senatspräsident Heribert Thallmair konnte die Entwicklung nicht mehr stoppen. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die bei der Landtagswahl 1994 nur 2,1 % der Stimmen erhalten hatte, verabschiedete, von der Presse kaum wahrgenommen, auf ihrem Landesparteitag 1996 den Grundsatzbeschluss, ein Volksbegehren für die Abschaffung des Senats zu starten. Angetrieben vor allem vom ÖDP-Landesvorsitzenden Bernhard Suttner (geb. 1949, Sohn des gleichnamigen Senators, Schneidermeisters und Präsidenten der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz) nahm die Kampagne gegen den Senat Fahrt auf. Das Volksbegehren "Schlanker Staat ohne Senat" wurde auch von den Landtagsparteien SPD und Grünen sowie von der FDP mitgetragen. Mit 10,5 % der Wahlberechtigten wurde die notwendige Mehrheit knapp erreicht.

Bei dem nun anstehenden Volksentscheid über den Gesetzentwurf zur Senatsabschaffung konnten die Wahlberechtigten auch über ein Senatsreformgesetz der CSU entscheiden, das die Zusammensetzung des Senats umgestalten wollte: Gedacht war an die Vertretung von Frauen, Familien, Jugend, Behinderten, Sport und Umweltschutz. Das Wählbarkeitsalter sollte dem des Landtags entsprechen. Im Vorfeld des Volksentscheids fand eine wahkampfähnliche Kampagne statt, bei der von den Gegnern auch die Kosteneinsparung von rund neun Millionen DM im Jahr als Argument herhalten musste. Für den Volksentscheid gegen den Bayerischen Senat stimmten am 8. Februar 1998 69,2 %, für das Reformgesetz der CSU 23,8 %; 7,1 % waren gegen beide Vorlagen. Die Wahlbeteiligung betrug 39,9 %. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof, angerufen vom Senat, entschied Mitte September 1999, die Abschaffung des Bayerischen Senats widerspreche nicht dem "demokratischen Grundgedanken" der Verfassung (Artikel 75, Bayerische Verfassung). Diese "Ewigkeitsklausel" diene zwar dem "Schutz von Kerninhalten der Verfassung". Dazu zähle aber nicht die Existenz des Bayerischen Senats.

In der letzten Senatssitzung am 14. Dezember 1999 sagte Präsident Thallmair, die Sehnsucht nach runden Tischen und Gutachtergremien belege, dass dem Senat eine Funktion noch nicht abhanden gekommen sei, doch "der gute Rat wird leise gegeben, aber unsere Informationsgesellschaft schreit geradezu nach kurzen und lauten Schlagworten". Der eigentliche Schlusspunkt für den Bayerischen Senat fand bereits am 24. November im Landtag statt. Einstimmig und ohne Aussprache wurde das Ausführungsgesetz zur Auflösung der Zweiten Kammer mit Wirkung vom 1. Januar 2000 angenommen.

Literatur

  • Ursula Bares-Rauen, Die Entwicklungsgeschichte des bayerischen Zweikammersystems und dessen Ausformung im Bayerischen Senat nach vierzigjähriger moderner bayerischer Verfassungsgeschichte, Würzburg 1991.
  • Jendral Hansjürgen, Der Bayerische Senat, Sonderfall im Föderalismus und parlamentarisches Modell für Korporatismus? EIn Theorie-Ansatz zur verfassungsrechtlichen Institutionalisierung von organisierten Interessen, Frankfurt am Main 1993.
  • Peter Jakob Kock, Warum im Senat so viele Landwirte wie Gewerkschafter sitzen. Protokoll beweist: Der CSU-Wirtschaftsflügel wurde ausgebootet, in: Maximilianeum 4 (1992).
  • Helga Schmöger (Bearb.), Der Bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch 1947-1997 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 10), Düsseldorf 1998.
  • Helga Schmöger (Bearb.), Der Bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch, 1998-1999, Ergänzungsband, München 2001.

Quellen

Verhandlungen und Verwaltungsakten des Bayerischen Senats sowie Bildmaterial sind im Bayerischen Hauptstaatsarchiv überliefert.

  • Handbuch des Bayerischen Senats

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Peter Jakob Kock, Bayerischer Senat, publiziert am 19.06.2024; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerischer_Senat> (13.10.2024)