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Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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von Andrea M. Kluxen

Die Nürnberger Kunstakademie wurde 1662 als private Kunstschule begründet und erhielt 1699 den Rang einer reichsstädtischen Akademie. 1806 wurde die Akademie zu einer königlich-bayerischen Provinzialkunstschule und 1833 zu einer Kunstgewerbeschule. In dieser Funktion gewann sie erhebliche Bedeutung für die kunstgewerbliche Reformbewegung und blieb gleichzeitig bis nach dem Zweiten Weltkrieg künstlerisch konservativ ausgerichtet. 1928 in "Staatsschule für angewandte Kunst" umbenannt, erhielt sie 1940 wieder den Rang einer Akademie. Kriegsbedingt wurde die Akademie 1943 bis 1954 nach Ellingen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) verlagert. 1960 wurde sie endgültig der Münchner Akademie gleichgestellt. Seit den 1970er Jahren erlebte die Nürnberger Kunstakademie eine Neuausrichtung zur internationalen Kunstszene.

Die Anfänge der Nürnberger Akademie

Jakob von Sandrart (1630-1708), der erste Direktor der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste, hier dargestellt neben seiner Ehefrau Regina Christina auf einem Stich von Bernhard Vogel. (Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel A 18673)

Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation entwickelte sich der aus Italien stammende und in Paris vorbildhaft umgesetzte Akademiegedanke erst nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Anders als in Frankreich entstanden hier keine zentralistischen Kunstinstitute, sondern dezentral verteilte lose Zusammenschlüsse von Künstlern und dilettierenden Kunstfreunden, die aus privater Initiative hervorgingen: So auch in Nürnberg, als dort im Winter 1662 die erste Kunstakademie im deutschsprachigen Bereich von dem Regensburger Kupferstecher Jakob Sandrart (ca. 1630-1708), Schüler und Neffe des Künstlers Joachim von Sandrart (1606-1688), dem Ratsherren Joachim Nützel von Sündersbühl (1629-1671) und dem Architekten Elias von Gedeler (1620-1693) gegründet wurde. Sitz dieser Vereinigung war die Wohnung Sandrarts am Maxplatz.

Reorganisation unter Joachim von Sandrart

Joachim von Sandrart (1606-1688), Stich nach einem Gemälde von Johann Ulrich Mayr (1629-1704). (Gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Für den entscheidenden Aufschwung der Akademie sorgte aber erst der anerkannteste deutsche Künstler des 17. Jahrhunderts, Joachim von Sandrart, der sich 1673/74 in Nürnberg niederließ. Hier publizierte er 1675 und 1679 mit der "Teutschen Academie" die erste deutsche Kunstgeschichte. Im Sinne seiner Kunsttheorie begann Sandrart, die Nürnberger Akademie zu reorganisieren. Neben der üblichen akademischen Ausbildung, wonach der Künstler nach Modell und Antike zeichnen sollte, forderte Sandrart auch, Kunsttheorie und Naturwissenschaften, Geometrie, Perspektive, Anatomie, Proportionslehre, Architektur und klassische Literatur einzubeziehen. Auch öffnete er die Akademie für Schüler. Unter seiner Ägide wurde die Akademie zudem eine von der Stadt geförderte Institution, die daher 1674 aus der Gaststätte "Rose" am Kornmarkt in das aus dem ehemaligen Barfüßer- und Minoritenkloster neuerbaute Zucht- und Arbeitshaus ziehen konnte.

Institutionalisierung der Akademie

1699 wurde die Akademie als reichsstädtische Institution anerkannt. Im gleichen Jahr wurde der Kupferstecher und Astronom Georg Christoph Eimmart (1638-1705) Akademiedirektor, und es folgte der Umzug ins Katharinenkloster. Nun war die Akademie nicht mehr ein loser Zusammenschluss privater Art, sondern eine der Stadt verantwortliche Organisation, weshalb ein Stundenplan für das ganze Jahr aufgestellt wurde. Zudem wurden Nebenfächer und theoretische Vorlesungen eingeführt. Die öffentliche Institutionalisierung stärkte auch die gesellschaftliche Stellung der Künstler, die nun nicht mehr in die vom Rugamt streng reglementierte Handwerkerorganisationen eingebunden sein mussten.

Verschulung

Der 1704 eingesetzte Akademiedirektor Johann Daniel Preißler (1666-1737) erreichte 1708 den Erlass einer Schulordnung, die bis 1821 unverändert blieb. Darin war die straffe Organisation der Arbeitszeiten und Leistungsanforderungen geregelt. Für die neue Organisation, den festgeschriebenen Lehrplan und die gestiegene Zahl der Studenten benötigte man nun zusätzliches Lehr- und Anschauungsmaterial, das die Akademie vorwiegend aus Nachlässen und Spenden erhielt. Daneben gab Preißler bedeutende Lehrbücher heraus, die bis ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder aufgelegt wurden und nicht nur an der Nürnberger Akademie in Gebrauch waren: "Die durch Theorie erfundene Practic", ein dreibändiges Zeichenbuch, das 1728 bis 1731 publiziert und 1763 von Preißlers Sohn Johann Justin (1698-1771) um einen vierten Teil erweitert wurde, und die "Gründliche Anweisung zum richtigen Entwerfen", 1734 in Nürnberg erschienen.

Niedergang im 18. Jahrhundert

Johann Eberhard Ihle, Akademiedirektor von 1771 bis 1811. Kreidezeichnung von Gustav Philipp Zwinger (1779-1819). Abb aus: Eberhard Lutze (Bearb.), Die Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, Nürnberg 1940, S. 26. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 41.432)

Im 18. Jahrhundert gewannen lediglich die Akademien der Flächenstaaten überregionale Bedeutung. In den Reichsstädten blieben die Schüler aus, wohl auch deshalb, weil es an kleineren Akademien wie Nürnberg nur einen hauptamtlichen Lehrer gab. Die Nürnberger Akademie wurde daher auch lange Zeit hauptsächlich von Schülern der Region besucht, die sich hier für die Gewerbe in Nürnberg vorbereiteten. Berühmte Nürnberger Kupferstecher wie Johann Adam Delsenbach (1687-1765) wurden hier ausgebildet. Bekannte Maler begannen zwar ihre Ausbildung in Nürnberg, verließen die Reichsstadt aber schon bald, da es außerhalb bessere Verdienstmöglichkeiten gab - so etwa der spätere kurbayerische Hofmaler Georges Desmarées (1697-1776). Einen Versuch, die Lage der Nürnberger Institution zu verbessern, unternahm der Kunsthändler und Verleger Johann Friedrich Frauenholz (1758-1822), der 1792 den ersten Kunstverein Deutschlands, den "Verein von Künstlern und Kunstfreunden" - den späteren "Albrecht-Dürer Verein" - gründete. 1798 bildete sich ein weiteres Gremium, das "Komittee zur Verbesserung der Malerakademie". Doch auch diese Fördervereine konnten die Akademie nicht aufwerten.

Königlich Bayerische Akademie

Burghof der Nürnberger Burg um 1833. Kupferstich von Georg Wilder (1794-1855). Die Akademie der Bildenden Künste war von 1818 bis 1833 im Erdgeschoss des Palas (rechts) untergebracht. Abb. aus: Hugo Barbeck, Alt-Nürnberg. Kulturgeschichtliche Bilder aus Nürnbergs Vergangenheit. 2. Band: Die Burg, Nürnberg 1895, Blatt 15. (Bayerische Staatsbibliothek, 2 Bavar. 32 v-1/5)

Nach dem Übergang der Reichsstadt Nürnberg an Bayern 1806 kam es unter König Max I. Joseph (1756-1825, reg. 1806-1825) zu einer umfassenden Neuordnung des Staates, die auch die Reform und Zentralisierung des gesamten Bildungswesens einschloss. So wurde 1808 in München die Akademie der Bildenden Künste gegründet, deren Lehrer den Professorentitel erhielten und als Beamte vom Staat besoldet wurden. Die Nürnberger Institution wurde nun zwar auch zu einer staatlichen Königlich Bayerischen Akademie, erhielt aber als "Provinzialkunstschule" nur den Rang einer Nebenstelle.

1811 wurde der in Paris ausgebildete Kupferstecher Albert Christoph Reindel (1784-1853) zum Leiter der Nürnberger Akademie berufen, die nun in den Hertelshof am Paniersplatz ziehen konnte. Reindel setzte 1823 die Anstellung von zusätzlichen Fachlehrern durch und reformierte den Lehrplan. Bereits 1819 konnte die Akademie auf Drängen Reindels größere Räumlichkeiten in der Nürnberger Burg beziehen. Gleichzeitig wurde die Akademie mit der staatlichen Gemäldegalerie verbunden, die Kronprinz Ludwig 1809 auf der Nürnberger Burg angelegt hatte. Der Direktor der Akademie war nun auch Leiter dieser Kunstsammlung. Als König Ludwig I. (1786-1868, reg. 1825-1848) die Burg zu einer seiner Residenzen umgestalten lassen wollte, mussten Akademie und Teile der Gemäldegalerie 1833 in das ehemalige Landauersche Zwölf-Brüder-Haus umsiedeln. Die Galerie wurde 1864 aufgelöst, da die Kunstschule mehr Platz benötigte.

Königliche Kunstschule und Kunstgewerbeschule

In dieser Zeit änderten sich die Akademien allgemein. Aufgrund der Gewerbefreiheit wurde das alte Werkstattsystem aufgelöst, was eine Veränderung der akademischen Struktur zur Folge hatte. Die von Jacques-Louis David (1748-1825) in Paris eingeführten Meisterklassen setzten sich langsam auch auf Reichsgebiet durch. In Nürnberg stand jedoch eine andere Umgestaltung an: Um der Hierarchie der Kunstschulen formell und nominell Ausdruck zu verleihen, wurde die Nürnberger Institution unter König Max I. Joseph 1820/21 in "Königliche Kunstschule" umbenannt und schließlich unter König Ludwig I. 1833 zu einer Kunstgewerbeschule heruntergestuft. Damit wollte Ludwig das Ansehen der Münchner Akademie heben und die Landeshauptstadt als Kunstzentrum etablieren. Die Künstlerausbildung oblag nun allein der Münchner Akademie, während die Nürnberger Institution genuine Nürnberger Gewerbe wie Graphik und Kunstgewerbe lehren sollte, um den Niedergang des Handwerks im Zeitalter der Industrialisierung zu verhindern und industriellen Produkten einen höheren Anspruch zu verleihen.

Da Handwerk und Gewerbe im Nürnberg des 19. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung erlebten, entstanden zahlreiche Unternehmen, die von der Einrichtung der Kunstgewerbeschule profitieren sollten. Die Degradierung zur Kunstgewerbeschule erwies sich daher als durchaus positiv und fruchtbringend. Während allenthalben die Akademien massiver Kritik ausgesetzt waren, konnte die Nürnberger Kunstgewerbeschule als eine der frühesten Gründungen dieses Schultyps in Deutschland neue Schwerpunkte setzen, die mit dem Einsetzen der kunstgewerblichen Reformbewegung um 1850 wirksam wurden.

August von Kreling

August von Kreling (1819-1876), Holzstich nach einer Zeichnung. Der Historienmaler war von 1853 bis zu seinem Tod Leiter der Kunstgewerbeschule in Nürnberg. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv port-029383)

1853 trat der Historienmaler August von Kreling (1819-1876) das Amt als Leiter der Kunstgewerbeschule an. Er legte besonderes Gewicht auf das Kunstgewerbe und führte neue Fächer ein. Die Schüler, die freie Künstler werden wollten, machten erst einen Abschluss an der Kunstgewerbeschule und konnten sich dann an anderen Akademien weiterbilden. 1857/58 wurde zudem ein Erweiterungsbau mit Ausstellungshalle genehmigt, wie später auch zusätzliche Werkstätten. Es etablierte sich nun ein breiteres Angebot an Fächern und Ausbildungsgängen. Aufgrund der Reformen erlangte die Kunstgewerbeschule große Anziehungskraft auf Schüler aus ganz Deutschland und dem Ausland, und die Zahl der Schüler stieg bis 1863 von 90 auf 142 und bis in die 1890er Jahre auf ca. 200. So studierte etwa der Bildhauer Adolf von Hildebrand (1847-1921) zunächst in Nürnberg, ebenso die Maler Theodor Alt (1846-1937), Rudolf Hirth du Frènes (1846-1916) und Johann Sperl (1840-1914), die später nach München gingen und dort zum Kreis um Wilhelm Leibl (1844-1900) gehörten. Und auch Künstler wie der Jugendstil-Graphiker Otto Eckmann (1865-1902) zog es zum Studium in die Reichsstadt. Aufgrund der steigenden Schülerzahlen wurden mehr Lehrer eingestellt, die zum Teil zu Professoren ernannt wurden.

Die Änderung der Ausbildung im Zuge der Kunstgewerbereformen ging einher mit der Entwicklung des Historismus. Kreling wurde als Wiederentdecker Nürnbergischer Kunst gepriesen, da er die Neorenaissance in der Kunstgewerbeschule etablierte. In Nürnberg existierte als Besonderheit mit dem Nürnberger Stil auch eine ortstypische Sonderausprägung des Historismus, entwickelt von den Akademieprofessoren Friedrich Wilhelm Wanderer (1840-1910) und Conradin Walther (1846-1910). Der stark rückwärtsgewandte Charakter der Nürnberger Kunst blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten.

Neubau der Schule

Stich der Fassade des Neubaus der Nürnberger Kunstgewerbeschule. (Abb.: Zeitschrift für Bauwesen 48, 1898, Bl. 21)

Krelings Nachfolger verstärkten die kunstgewerbliche Ausrichtung der Schule. Auf der ersten Bayerischen Landesausstellung 1882 in Nürnberg, deren Gebäude der 1877 berufene Akademiedirektor Adolph Gnauth (1840-1884) entworfen hatte, stellte auch die Kunstgewerbeschule ihre Erzeugnisse im Nürnberger Stil aus. Aufgrund der Raumnot, der immer wieder monierten schlechten Lichtverhältnisse und der mangelhaften sanitären Anlagen wurde ab 1894 ein Neubau der Kunstgewerbeschule nach Plänen von Konradin Walther und Karl Hammer (1845-1897) – seit 1885 Direktor der Kunstschule – im Stil der Nürnberger Renaissance in der Flaschenhofstraße errichtet (1897 bezogen).

Retrospektive Ausrichtung

Seit 1895 war die Kunstgewerbeschule wegen ihrer retrospektiven Kunstpolitik immer wieder in die öffentliche Kritik geraten. Für die Einführung fortschrittlicher Elemente wie des Jugendstils in die Nürnberg Kunstszene sorgte das Bayerische Gewerbemuseum in Nürnberg, das den Ruf der Kunstgewerbeschule schon bald überflügelte. Die Kunstgewerbeschule hingegen orientierte sich am Heimatschutzstil. Gleichzeitig wurden weitere Werkstätten eingerichtet. Voraussetzung für das Studium waren nun eine Lehre und Zeichenunterricht; nach sechs Semestern konnten begabte Studenten zu Meisterschülern ernannt werden. 1907 wurden erstmals Frauen zum Studium zugelassen, für die allerdings eine eigene Klasse für weibliche Kunsthandarbeiten eingerichtet wurde.

Staatsschule für angewandte Kunst

Der Erste Weltkrieg bedeutete historisch-politisch wie kulturell einen herben Einschnitt. Während vielerorts ein neuer Kunstdiskurs auch in Kunstschulen geführt wurde, blieb Nürnberg von diesen Auseinandersetzungen unberührt. Unterdessen war der Architekt Eduard Brill (1877-1968) 1920 zum Direktor der Nürnberger Kunstgewerbeschule berufen worden, der er bis 1939 vorstand. Er richtete die Klassen für Möbelkunst und Gebrauchsgraphik neu ein, um eine größere Breitenwirksamkeit zu haben. Besonders die Gebrauchs- und Werbegraphik unter Max Körner (1887-1963) sollte diesen Ansprüchen genügen und zu überregionaler Geltung kommen, die maßgeblich auf die Gebrauchsgraphik der 1920er und 1930er Jahre wirkte. Ein Schüler Körners, der in den 1930er Jahren in die USA emigrierte und dort als ein Hauptvertreter der Pop Art bekannt wurde, war Richard Lindner (1901-1978). Unter Brill gelang der Nürnberger Institution ein erster Schritt zur Rückgewinnung des Akademiestatus. Als anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Münchner Kunstgewerbeschule diese 1928 in "Staatsschule für angewandte Kunst" umbenannt wurde, erhielt die Nürnberger Kunstgewerbeschule aus Paritätsgründen gleichzeitig diesen Titel. Die Schule gliederte sich nun in eine Unter- und eine Oberstufe, deren Besuch gleichwertig dem Teilbesuch einer Akademie war. Allerdings wurden im Unterschied zu einer Akademie keine freien Künstler ausgebildet; die Nürnberger Institution stand weiterhin für Kunstgewerbe und Gebrauchskunst. Die künstlerische verbunden mit der handwerklichen Ausbildung sollte die Schüler für Handwerk und Industrie vorbereiten. Malerei, Graphik, Bildhauerei und Architektur hatten daher nur im Rahmen der Gebrauchskunst ihre Berechtigung.

Rückgewinnung des Akademiestatus 1940

Die von Wilhelm Nida-Rümelin (1876-1945) geschaffene Plakette der Akademie der Bildenden Künste feiert die Rückgewinnung des Akademiestatus 1940. Abb. aus: Eberhard Lutze (Bearb.), Die Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, Nürnberg 1940, Titelblatt u. S. 2. (Bayerische Staatsbibliothek, 4 41.432)

Unter dem 1939 berufenen Direktor Hermann Gradl (1883-1964), der auch Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste/Gau Franken war und als "Lieblingsmaler des Führers" galt, wurde die Kunstschule auf Wunsch Adolf Hitlers (1889-1945) 1940 wieder zur Akademie erhoben, was wohl der exponierten Stellung Nürnbergs als "Stadt der Reichsparteitage" zu verdanken war. Als besondere künstlerische Aufgabe und Herausforderung sah man in Nürnberg die Gestaltung des Reichsparteitagsgeländes an. Doch wurden Künstler der Nürnberger Akademie dafür kaum engagiert. Die beiden Akademieprofessoren Ludwig Ruff (1878-1934) und dessen Sohn Franz Ruff (1906-1979) entwarfen die Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände. Die Innenausstattung sollte ebenfalls von Nürnberger Professoren entworfen werden, kam jedoch nicht mehr zur Ausführung. Einzige direkt aus der Gestaltung des Reichsparteitagsgeländes erfolgte Änderung an der Akademie war die Einrichtung der Nürnberger Gobelinmanufaktur 1941, die auf Veranlassung von Irma Goecke (1895-1976), der Leiterin der Klasse für Bildstickerei und -wirkerei, vom Zweckverband der Reichsparteitage gegründet wurde, um die Bauten der NSDAP mit Gobelins auszustatten, aber auch, um Lehrlinge auszubilden und alte Gobelins zu restaurieren. Alle anderen Arbeiten für das Reichsparteitagsgelände wurden von Albert Speer (NSDAP, 1905-1981) und seinem Arbeitsstab ausgeführt, was die nationale Bedeutung der Maßnahme verdeutlicht. Die Nürnberger Akademie bot für diese umfangreichen Aufgaben weder Kapazität noch die auf Reichsebene geforderte Ausrichtung. Als 1943 das Akademiegebäude durch Fliegerangriffe stark beschädigt wurde, musste die Akademie in das ehemalige Deutschordensschloss Ellingen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen) ausweichen. Mit dem Einmarsch der Amerikaner wurde die Akademie geschlossen.

Nachkriegszeit in Ellingen

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schien eine Rückkehr der Akademie nach Nürnberg aussichtslos. Das alte Akademiegebäude in der Flaschenhofstraße wurde nach notdürftiger Wiederherstellung 1948 an die Justiz übergeben. In Ellingen konnte im Frühjahr 1946 mit Genehmigung der Militärregierung der Betrieb der Akademie im Schloss wiedereröffnet werden. Die kommissarische Leitung wurde 1945 Max Körner übertragen. In den ersten Nachkriegssemestern erweiterte sich das Kollegium kontinuierlich. Es gab die Fächer Malerei, Bildhauerei, Architektur- und Städtebau, Gebrauchsgraphik, Gold- und Silberschmiedekunst. Während sich die angewandten Fächer mit Künstlern wie dem Architekten Sep Ruf (1908-1982) oder dem Gold- und Silberschmied Andreas Moritz (1901-1983) neu orientierten, hingen die freien Künste wie Malerei und Bildhauerei in Nürnberg nach wie vor den traditionellen Stilrichtungen an.

Rückkehr nach Nürnberg 1954

Der Architekt Sep Ruf (eigtl. Franz Joseph Ruf, 1908-1982) wollte in den 1950er Jahren Gebäude "entmaterialisieren". Bei diesem 1952/54 fertiggestellten Pavillon der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg ersetzte er hierzu Wände durch komplette Glasflächen. (Quelle: Roland Halbe Fotografie)

Bei der ersten Einschreibung nach dem Krieg wurden 73 Studenten - hauptsächlich aus der Region - aufgenommen. Arbeits- und Unterrichtsmaterial war kaum vorhanden. Daneben trug auch die geographische Lage Ellingens dazu bei, dass die Studentenzahlen stetig abnahmen, so dass der 1948 berufene Direktor Fritz Griebel (1899-1976) die Rückkehr der Akademie nach Nürnberg als das Hauptanliegen seiner Amtszeit ansah. Dies wurde schließlich genehmigt, ein Grundstück an der Bingstraße in der Nähe des Tiergartens zur Verfügung gestellt und mit den Planungen begonnen.

Die Grundsteinlegung fand 1950 statt, und schon 1954 konnte die neue Akademie teilweise bezogen werden. Der Architekt und Akademieprofessor Sep Ruf, der in den 1950er und 1960er Jahren die Architektur in Deutschland stark mitgeprägt hatte, verwirklichte mit der Akademie in Nürnberg ein Pavillonsystem, das sich als Gesamtkomplex in das leicht abschüssige Waldgebiet integriert. Die formalen und ästhetischen Elemente der Anlage überwiegen; der funktionale Gebrauch der Gebäude wurde hingegen schon bald in Zweifel gezogen: Bauliche Mängel, funktionale Unzulänglichkeiten wie mangelhafte Belichtung und zu geringe Raumhöhe wurden kritisiert. Schon bald nach Fertigstellung der Anlage erwies sich diese als zu klein, so dass verschiedene Anbaumaßnahmen nötig wurden: 1962 kam ein Pavillon für Maltechnik, 1979 die Bronzegießerei, 1990 ein Pavillon mit Büros und Seminarraum und 1993 ein weiteres Bildhaueratelier hinzu.

Präsidialverfassung und Studentenunruhen

Der Maler und Innenarchitekt Wunibald Puchner (1915-2009) leitete von 1969 bis 1975 die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv timp-018125)

1960 konnte die formale Gleichrangigkeit mit der Münchner Akademie und die Integration in die Hochschullandschaft erreicht werden, indem die Nürnberger Direktorialverfassung der Präsidialverfassung der Münchner Akademie angepasst und der Hochschulstatus bestätigt wurde. Aus dem 1957 zum Direktor gewählten Maler Otto Michael Schmitt (1904-1992) wurde nun ein Präsident. Seitdem konnten auch an der Nürnberger Akademie Kunsterzieher ausgebildet, Staatsexamen abgenommen und später auch Diplome vergeben werden. Nun konnten auch internationale Künstler für Lehraufträge gewonnen werden: Anfang der 1960er Jahre gab etwa der ehemalige Bauhauslehrer Johannes Itten (1888-1967) an der Akademie einen Farb- und Formkurs.

In den folgenden Jahren gab es zwei große Probleme zu bewältigen: Zum einen die gymnasiale Kunsterzieherausbildung, zum andern die Zeit der Studentenunruhen. Die Kunsterzieherausbildung zog einen Anstieg der Studierendenzahlen nach sich. Außerdem musste für die von der Lehrerprüfungsordnung geforderten neuen Studienfächer Material und Personal zur Verfügung gestellt werden. Die daraus resultierende Raumnot konnte erst behoben werden, als 1985 die historische Kaiserburg in Lauf an der Pegnitz (Lkr. Nürnberger Land) als Ausweichquartier für die Kunsterzieher übernommen wurde.

Der 1973 eingesetzten Hochschulreform waren seit 1968 heftige Auseinandersetzungen auch an der Akademie vorausgegangen. Allerdings konnte der damalige Präsident Wunibald Puchner (1915-2009) den Betrieb der Akademie während der Studentenunruhen aufrechterhalten. Das Bayerische Hochschulgesetz sah nun für die Akademien die Gliederung in ein Grund-, Haupt- und Aufbaustudium, die Einführung von Zwischenprüfungen, theoretische Ausbildung und Werkstattscheine vor. Für das Kunsterzieherstudium wurden neue Studienfächer eingeführt. Unterdessen konnte man 1971 das Dürerjahr feiern, und aus diesem Anlass wurden das erste Mal Akademiepreise vergeben. 1980 wurde die Gesellschaft der Freunde der Akademie gegründet, die an die Vorgängervereinigungen des 18. Jahrhunderts anknüpfte.

Neuausrichtung seit den 1970er Jahren

Der Bildhauer Wilhelm Uhlig (geb. 1930) (rechts) war von 1984-1987 Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Von Uhlig stammen u. a. die Büsten von Albert Einstein (1879-1955) und Theresia Gerhardinger (1797-1879), Gründerin der Kongregation der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau, die in der Walhalla bei Regensburg Aufstellung fanden. (Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv timp-018009)
Im Wenzelschloss (auch: Burg Lauf) in Lauf befand sich von 1985 bis 2003 eine Außenstelle der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. (Foto von Rainer Lippert lizensiert als gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Erst seit den 1970er Jahren kann man eine Neuorientierung der Akademie hin zur internationalen Kunstszene verzeichnen, wozu auch die Partnerschaften mit Hochschulen in Budapest, Helsinki, Krakau, Palermo, Sassari, Urbino oder Wien zu zählen sind. Künstler wie Georg Karl Pfahler (1926-2002), Heinz Schillinger (1929-2008), Johannes Grützke (geb. 1937), Werner Knaupp (geb. 1936), Diet Sayler (geb. 1939), Rolf-Gunter Dienst (geb. 1942), Hans-Peter Reuter (geb. 1942), Tim Scott (geb. 1937), Claus Bury (geb. 1946), Uwe Fischer (geb. 1958), Peter Angermann (geb. 1945) oder Ottmar Hörl (geb. 1950) zogen vermehrt Schüler aus ganz Deutschland und dem Ausland an. Hier absolvierten Künstler wie Herbert Achternbusch (geb. 1938), Alf Schuler (geb. 1945), Tita Giese (geb. 1942), Peter Angermann (geb. 1945) und Leni Hoffmann (geb. 1962) ihr Studium. Mit Rainer Beck (geb. 1947) übernahm 1987 erstmals ein Kunsthistoriker die Leitung der Akademie. Ihm folgte der Textilkünstler Hanns Herpich (geb. 1934) nach, dessen Amtszeit durch die Einrichtung eines Medienlabors, die Institutionalisierung von Diplomstudiengängen für einen Teil der angewandten Klassen und den Bau einer bereits von Beck initiierten eigenen Ausstellungshalle gekennzeichnet ist.

Mit der Ausstellungshalle (seit 1997) und einer Akademie-Galerie (seit 2007) verfügt die Akademie der Bildenden Künste heute über Ausstellungsräume im Stammgebäude wie auch im Stadtzentrum. 2010 wurde vom Bayerischen Landtag der Ausbau der Nürnberger Gebäude genehmigt, so dass die Kunsterzieher 2013 die Außenstelle in Lauf aufgeben und nach Nürnberg zurückkommen konnten. Das Charakteristikum der Nürnberger Akademie, die Klassen für angewandte Kunst, wurden in den letzten Jahren vermehrt in Klassen für Freie Kunst umgewandelt, wie etwa die Klassen für Textilkunst, Innenarchitektur und Gold- und Silberschmieden. Heute zählt die Akademie in Nürnberg etwa 300 Studierende aus dem In- und Ausland, die von 16 Professoren in den Fächern Freie Kunst, Bildende Kunst, Malerei, Bildhauerei, Freie Kunst/Gold- und Silberschmieden, Grafik-Design/Visuelle Kommunikation, Künstlerische Konzeptionen/Kunst und Öffentlicher Raum, Architektur und Stadtforschung, Kunstgeschichte und Kunsterziehung unterrichtet werden.

Direktoren und Präsidenten der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg

Leiter der privaten Akademie
Name Lebensdaten Amtszeit
Jakob Sandrart 1630-1708 1662-1672
Joachim Nützel von Sündersbühl 1629-1671 1662-1672
Elias von Gedeler 1620-1693 1662-1672
Georg Christoph Eimmart 1638-1705 Mitglied
Wilhelm van Bemmel 1630-1708 Mitglied
Johann Franz Ermels 1631-1693 Mitglied
Johann Murrer 1644-1713 Mitglied
Joachim von Sandrart 1606-1688 1672-1688
Georg Christoph Eimmart 1638-1705 1688-1699
Johann Paul Auer 1638-1687 1688-1699
Direktoren (ab 1699)
Name Lebensdaten Amtszeit Bemerkungen
Georg Christoph Eimmart 1638-1705 1699-1704
Johann Daniel Preissler 1666-1737 1704-1737
Johann Martin Schuster 1667-1738 1737-1738
Paul Decker d. J. 1685-1742 1738-1742
Johann Justin Preissler 1698-1771 1742-1771
Johann Eberhard Ihle 1727-1814 1771-1811
Albert Christoph Reindel 1784-1853 1811-1853
August von Kreling 1819-1876 1853-1876
Adolph Gnauth 1840-1884 1877-1884
Karl Hammer 1845-1897 1885-1897
Franz Brochier 1852-1926 1897-1920
Eduard Brill 1877-1968 1920-1939
Hermann Gradl 1883-1964 1939-1945
Max Körner 1887-1963 1946-1948 kommissarisch
Fritz Griebel 1899-1976 1948-1957
Otto Michael Schmitt 1904-1992 1957-1965
Präsidenten (ab 1960)
Name Lebensdaten Amtszeit
Otto Michael Schmitt 1904-1992 1957-1965/1967-1968
Karl Hans Walter 1911-1971 1965-1967
Wunibald Puchner 1915-2009 1969-1975
Günter Voglsamer 1918-2004 1975-1984
Wilhelm Uhlig geb. 1930 1984-1987
Rainer Beck geb. 1947 1987-1995
Hanns Herpich geb. 1934 1995-1998
Karlheinz Lüdeking geb. 1950 1998-2002
Ulla Mayer geb. 1948 2002-2005
Ottmar Hörl geb. 1950 seit 2005

Status der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg

  • 1662 private Kunstakademie
  • ab 1699 Reichsstädtische Akademie
  • ab 1806 Königlich Bayerische Akademie (Provinzialkunstschule)
  • ab 1820/21 Königliche Kunstschule
  • ab 1833 Kunstgewerbeschule
  • ab 1928 Staatsschule für angewandte Kunst
  • seit 1940 Akademie der Bildenden Künste

Literatur

  • Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (Hg.), 350: Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, Nürnberg 2012.
  • Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (Hg.), Geartete Kunst. Die Nürnberger Akademie im Nationalsozialismus. Begleitband zur Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Nürnberg 2012.
  • Rainer Beck (Hg.), Kunst im Brennpunkt der Akademien. Festschrift Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg 1662-1987, München 1988.
  • Oliver Boberg (Hg.), Neue Wege der Kunsthochschulen in die Gesellschaft. Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, anlässlich des Symposiums "Heraus aus dem Elfenbeinturm! Neue Wege der Kunsthochschulen in die Gesellschaft" vom 22.-24. Juni 2007, Nürnberg 2007.
  • Hans Dickel, Die Akademie der bildenden Künste Nürnberg nach 1945 und die Didaktik ihrer Architektur (Sep Ruf), in: Wolfgang Ruppert (Hg.), Zwischen Deutscher Kunst und internationaler Modernität, Weimar 2007, 169-180.
  • Doris Gerstl, Die Jahre 1968/69 an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 99 (2012), 305-319.
  • Gesellschaft der Freunde der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (Hg.), Die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, Nürnberg 1983.
  • Kirstin Heinichen, Die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg von Sep Ruf, Nürnberg 2006.
  • Matthias Henkel (Hg.), 1662-1806. Die Frühzeit der Nürnberger Kunstakademie. Ausstellungskatalog der Museen der Stadt Nürnberg, Nürnberg 2012.
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  • Georg Schrötter, Die Nürnberger Malerakademie und Zeichenschule im Zusammenhang mit dem Kunstleben der Reichsstadt von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1821. Nach literarischen und archivalischen Quellen dargestellt, Würzburg 1908.
  • Wilhelm Schwemmer, Die Geschichte der Akademie, in: Gesellschaft der Freunde der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg (Hg.), Die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, Nürnberg 1983, 9-53.
  • Franz Winzinger (Hg.), Dreihundert Jahre Akademie der bildenden Künste in Nürnberg, Nürnberg 1962.

Quellen

  • Eberhard Lutze, Die Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, Nürnberg 1940.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Akademie Nürnberg, Nürnberger Akademie, 1833-1928 Kunstgewerbeschule, 1928-1940 Staatsschule für angewandte Kunst, 1940-1945 Akademie der bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage

Empfohlene Zitierweise

Andrea M. Kluxen, Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, publiziert am 13.05.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Akademie_der_Bildenden_Künste_in_Nürnberg> (25.04.2024)