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Abensberg, Grafschaft

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Gebiet der Herrschaft Abensberg um 1350. (Bearbeiteter Ausschnitt aus: Max Spindler/Gertrud Diepolder, Bayerischer Geschichtsatlas, München 1969, 20 © Bayerischer Schulbuchverlag)

von Helmut Flachenecker

Die Herrschaft der Abensberger fußte auf der Kontrolle von Burgen, später von Märkten und der "Haupt"-Stadt Abensberg (Lkr. Kelheim), ferner auf der Gründung einer geistlichen Institution (Kollegiatstift Essing). Die Grafschaft hatte eine weitere Basis in Allodial- und Kirchengütern. Im Spätmittelalter wurde sie in drei Ämter aufgeteilt. Eine schriftliche Verwaltung ist in Ansätzen erkennbar. Das Zentrum Abensberg verfügte – neben der Hauptburg – über Pfarrei, Markt, Kloster, Schule und eine jüdische Gemeinde. Das Gebiet der Abensberger war eine der wenigen Herrschaften, die sich dem Zugriff der Wittelsbacher entziehen konnte. Erst nach dem Aussterben der Abensberger 1485 gelangte sie in die Hände des Herzogshauses.

Herrschaftsbildung

Seit den 1130er Jahren bildete sich das Territorium der Grafen (1180 Beleg für Altmann von Abensberg als comes) bzw. Herren (seit 1275) von Abensberg heraus. Dieses lag geographisch im Bereich der unteren Altmühl, der Abens sowie der Donau westlich von Kelheim. Als eine der wenigen Adelsherrschaften konnte sie sich in einer wittelsbachischen Umgebung das gesamte Mittelalter hinweg behaupten. Ihre Burgen lagen in Abensberg (Lkr. Kelheim), Randeck (Gde. Essing, Lkr. Kelheim) und Altmannstein (Lkr. Eichstätt); sie bildeten die ersten Ansätze für eine Herrschaftsbildung. Eine weitere basierte auf einer Verbindung von Allodialgütern mit jenen von Kirchenlehen. All diese Besitzungen und Rechte bestätigte Friedrich III. (reg. 1440-1493, Kaiser seit 1452) den Abensbergern 1477 als Reichslehen. Von den Klöstern Geisenfeld, Münchsmünster (beide Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm) und St. Emmeram in Regensburg gelang es den Abensbergern, mehrere Vogteien über Klosterbesitzungen zu erlangen und - wie im Falle des emmeramschen Niederlauterbachs (Lkr. Pfaffenhofen an der Ilm) - diese mit Hilfe von eigenen Ministerialen und eines Burgenbaus zu einem Eigenbesitz und Ort einer Gerichtsschranne zu entfremden. Entsprechend wurde mit der Propstei Elsendorf (Lkr. Kelheim) verfahren. Mehrere Emmeramer Gerichtsschrannen standen unter abensbergischem Einfluss, so Peising, Dünzling (beide Gde. Bad Abbach, Lkr. Kelheim), Thann (Lkr. Kelheim), Eilsbrunn (Gde. Sinzing, Lkr. Regensburg). Ob die über Essing gelegene abensbergische Burg Randeck ebenfalls ursprünglich St. Emmeram gehörte, muss offen bleiben.

In einem weiteren Schritt verfügten die Grafen über die Vogteirechte der Augustinerchorherrenstifte Rohr (Lkr. Kelheim) (seit 1138), Schamhaupten (Gde. Altmannstein, Lkr. Eichstätt) (Mitte 13. Jahrhundert) und Paring (Gde. Langquaid, Lkr. Kelheim) (seit 1289). Um die Attraktivität ihres Marktes Essing (seit 1336) zu verbessern, gründeten sie in den 1360er Jahren dort auch ein Kollegiatstift. Dekane aus Essing wurden im 15. Jahrhundert als Kanzler und Geheimschreiber in der Verwaltung der Grafschaft eingesetzt. Eine weitere Vogtei war seit 1232 jene über das Benediktinerkloster Biburg (Lkr. Kelheim).

Stadt Abensberg um 1560, Zeichnung von Philipp Apian (1531-1589), aus seinem Teilnachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB-Hss Cgm 5379(3)).

Verfestigung der Herrschaft

Neben der Instrumentalisierung von geistlichen Institutionen wurde die Herrschaft ab dem 14. Jahrhundert systematisch mit Märkte- und Städtegründungen verfestigt. Ulrich III. von Abensberg (gest. 1367) erhielt von Kaiser Ludwig dem Bayern (reg. 1314-1347, seit 1328 als Kaiser) Markt- und Hochgerichtsrechte für Essing (1336) und Rohr (1347) bzw. von Ludwig dem Brandenburger (reg. 1347-1361 als Herzog von Oberbayern, 1323-1351 als Markgraf von Brandenburg) für Au (1349); ein weiterer Wochenmarkt für Rohr (1426) wurde vom niederbayerischen Herzog Heinrich XVI. dem Reichen (reg. 1393-1450) privilegiert. Ulrich erhielt schließlich für seinen Hauptort Abensberg 1348 Markt- und Befestigungsrechte; dieser konnte sich als einziger zu einer Stadt mit Wochen- und Jahrmarkt entwickeln (erstmals 1409 bzw. 1428 so bezeichnet). Von einem Rat ist 1366 die Rede. Der Ort besaß seit 1380 eine eigenständige Pfarrei sowie seit 1389 ein Karmelitenkloster, das 1390 päpstlich und 1391 bischöflich bestätigt wurde. Die Stifter waren Johann II., Herr von Abensberg (gest. 1397), und seine Ehefrau Agnes von Liechtenstein (gest. 1397).

Mitte des 15. Jahrhunderts ist in Abensberg ein Schulmeister nachweisbar, jedoch muss schon früher Schulunterricht stattgefunden haben, da bereits 1412 ein Student aus Abensberg an der Wiener Universität erwähnt ist. Auch eine jüdische Gemeinde mit Synagoge konnte sich – laut dem gebürtigen Abensberger Aventin (1477-1534) – zumindest zeitweise ansiedeln (1398/99, 1458). Die Zentralitätsfunktion der Stadt, die von ihren Bewohnern 1471 dem besonderen Schutz Mariens übertragen wurde, blieb auf die Grafschaft beschränkt.

Das vorübergehend in bayerische Hände geratene Altmannstein, das von Ludwig dem Bayern Rechte und Freiheiten erhalten hatte – weitere Informationen fehlen –, konnte 1374/76 von den Abensbergern zurückerworben werden.

Stellung der Grafschaft zwischen dem Reich und Bayern

Die Herrschaft Abensberg konnte nur aufgrund ihrer auf Ludwig den Bayern zurückgehenden zahlreichen Privilegien gehalten werden, die Karl IV. (reg. 1346-1378, seit 1355 Kaiser) 1350 bestätigte. Hinzu kam ein ständig variierendes Mit- und Gegeneinander mit den bayerischen Herzögen, so dass die Unabhängigkeit durch Aufrechterhaltung eines Schwebezustandes gewahrt werden konnte.

Burg Randeck oberhalb von Essing, Holzschnitt von Jost Amman (1539-1591), um 1560, aus dem Nachlass Philipp Apians in der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB-Hss Cgm 5379(3)).


Dreiteilung / Übergang an Bayern

Die Teile Altmannstein, Abensberg, Randeck und Rohr besaßen somit alle ein geistliches und ein weltliches Zentrum, mit Hilfe Parings wurde der östliche Herrschaftsbereich kontrolliert. Die Grafschaft wurde verwaltungsmäßig im 15. Jahrhundert in die drei Ämter Abensberg, Randeck und Altmannstein eingeteilt.

Nach dem Aussterben der Abensberger 1485 besetzte Herzog Albrecht IV. von Bayern-München (reg. 1465-1508, seit 1505 Herzog von Bayern) deren Herrschaft. Hielt er die Reichsgrafschaft zunächst als Pfand, erwarb er sie 1493 endgültig von König Maximilian I. (reg. 1486-1519, seit 1508 Kaiser) und organisierte sie fürderhin als oberbayerisches Pflegamt.

Quellenlage

Die Quellenlage ist desperat. Im Stadtarchiv Abensberg sind überwiegend Akten aus der kommunalen Verwaltung seit dem 19. Jahrhundert überliefert; wenige Archivalien finden sich im Abensberger Stadtmuseum. So muss sich das Material – sofern es nicht ediert wie etwa in den Monumenta Boica vorliegt – aus mehreren Beständen monastischer Institutionen vorwiegend des Bayerischen Hauptstaatsarchivs zusammengesucht werden, so etwa für das Augustinerchorherrenstift Rohr. Ansonsten sind im Hauptstaatsarchiv der Bestand "Gerichtsliteralien Abensberg" bzw. im Staatsarchiv Landshut jener des "Landgerichts Abensberg" für die (früh)neuzeitliche Geschichte der Region zu konsultieren.

Einen Überblick über die Entwicklung der Herrschaftsverhältnisse im Raum Abensberg bietet der 2015 erschienene Band des Historischen Atlasses Bayern von Emma Mages.

Literatur

  • Helmut Flachenecker, Abensberg (A. Dynastie – B. Grafschaften und Herrschaften – C. Residenzen), in: Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich (Residenzenforschung 15/IV), Ostfildern 2012, 125-129.
  • Maximilian Georg Kroiß, Abensberg, in: Edeltraud Klueting/Stephan Panzer/Andreas H. Scholten (Hg.), Monasticon Carmelitanum. Die Klöster des Karmelitenordens (O.Carm.) in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart, Münster 2012, 133-144.
  • Hardo-Paul Mai, Die Traditionen, die Urkunden und das älteste Urbarfragment des Stiftes Rohr 1133-1332 (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte. Neue Folge 21), München 1966.
  • Paul Mai, Die Stifte der Augustinerchorherren in Schamhaupten, Stadtamhof und Paring (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 12), Regensburg 1978.
  • Waltraut Schnepf, Das Kollegiatstift zum Heiligen Geist in Essing (1367-1795) (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg. Beiband 4), Regensburg 1991.
  • Erich Stahleder, Abensbergs Bürgergemeinde von der Stadtwerdung bis Aventin (1348-1534) (Weltenburger Akademie Arbeitsblätter Heft 5), o. O. 1980.

Quellen

Weiterführende Recherche

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Empfohlene Zitierweise

Helmut Flachenecker, Abensberg, Grafschaft, publiziert am 21.03.2016; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Abensberg,_Grafschaft> (28.03.2024)