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Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Logo der BASF ("BASF-Ei"), das von 1922 bis 1955 für Düngemittel verwendet wurde. (Stickstoff-Düngemittel. I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft Ludwigshafen a. Rhein, Ludwigshafen, ca. 1929)

von Ludwig Hüttl (†)

Einer der größten Chemiekonzerne weltweit, zunächst mit offiziellem Hauptsitz in Mannheim, seit 1919 in Ludwigshafen am Rhein (Pfalz). Gegründet am 6. April 1865 von Friedrich Engelhorn (1821-1902), war die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) zwischen 1925 und 1945 Mitglied der I.G. Farben AG. Der Konzern stand anschließend unter französischer Kontrolle. 1952 wurde die BASF neu gegründet. Die Produktpalette umfasste im 19. Jahrhundert vor allem synthetisch hergestellte Farbstoffe; später kamen Sprengstoffe, Kautschuk, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Kunststoffe und Veredelungschemikalien hinzu. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zählte die BASF zu den größten Chemiekonzernen weltweit mit einer sehr umfangreichen Produktpalette.

Die Entstehung der BASF und die Dominanz der Farbenproduktion (1865–1901)

Friedrich Engelhorn (1821-1902), der Gründer der BASF. Ölgemälde von Otto Propheter (1875-1927), um 1900. (gemeinfrei)
Das Werk Ludwigshafen um 1866. Gemälde von Otto Bollhagen (1861-1924). (aus: Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen ca. 1922, 13)
Das Werk Ludwigshafen um 1900. (aus: Die Alizarinfarben der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik Ludwigshafen a/Rhein und ihre Anwendung auf Baumwolle, Wolle, Seide etc., Ludwigshafen um 1900)

Die Entstehung der BASF fällt in die Zeit der Frühindustrialisierung Deutschlands im 19. Jahrhundert. Ihr Gründer Friedrich Engelhorn (1821-1902) zählt zu den Pionieren des modernen Unternehmertums. Ursprünglich gelernter Goldschmied, in neunjähriger Wanderschaft durch halb Europa Erfahrungen sammelnd, wurde er 1846 in Mannheim (Baden-Württemberg) Mitglied der Innung der Gold- und Silberschmiede und Inhaber eines Juweliergeschäfts. Seine Interessen gingen jedoch weit über das erlernte Gewerbe hinaus. So gründete er 1848 eine Kommanditgesellschaft zur industriellen Herstellung und zum Vertrieb von "portativem Gas" (Leuchtgas) - ein einträgliches Geschäft zu einem Zeitpunkt, als Straßenbeleuchtungen verstärkt in den Städten installiert wurden.

Bei der Produktion von Leuchtgas mittels Verkokung fällt Steinkohlenteer an, ein bis dahin unerwünschtes und nur schwer weiterzuverarbeitendes Nebenprodukt. Der Chemiker Justus von Liebig (1803–1873) hatte bereits 1844 darauf aufmerksam gemacht, dass aus Steinkohlenteer Teerfarbstoffe (Anilinfarben) hergestellt werden könnten, aber es fehlte noch an der entsprechenden Technik. Schließlich entdeckte 1856 der Engländer William Henry Perkin (1838–1907) bei seinem Versuch, Chinin zu synthetisieren, "nebenbei" den ersten synthetischen organischen Farbstoff, Anilin-Violett (Mauvein), und ging zu dessen Produktion über. Auch Engelhorn erkannte die Bedeutung dieser Entdeckung, die seiner Überzeugung nach die bislang schwierige und unsichere Produktion von Naturfarben, die die Textilindustrie benötigte, abzulösen vermochte. Zur Herstellung von Teerfarbstoffen bzw. Farbstoffen auf Anilinbasis verpflichtete Engelhorn den Chemiker Carl Clemm (1836–1899), der bei Justus von Liebig studiert hatte, und nahm ihn in seine mit einem Kapital von 100.000 Gulden gegründete "Offene Handelsgesellschaft" als gleichberechtigten Teilhaber auf. Am 19. Juni 1861 wurde sie ins Mannheimer Handelsregister eingetragen. Engelhorn erwarb in Mannheim ein Gelände von etwa sechs Morgen und begann mit der Produktion von Anilin. Dazu benötigte das Unternehmen organische Hilfsprodukte wie Säuren und Alkalien. Um nicht von Zulieferern abhängig zu bleiben, beschloss Engelhorn, künftig diese Chemikalien selbst herzustellen.

Zu diesem Zweck gründete Engelhorn am 6. April 1865 in Mannheim-Jungbusch, im Großherzogtum Baden gelegen, eine neue Firma, die "Badische Anilin- und Sodafabrik". Sie war eine der ersten Teerfarbenfabriken in Deutschland. Da das Gelände der Gasfabrik für die geplante Erweiterung der chemischen Produktion nicht ausreichte und der Mannheimer Stadtrat den Verkauf eines Erweiterungsgeländes ablehnte, wechselte Engelhorn in das am gegenüberliegenden Rheinufer in der bayerischen Pfalz gelegene Ludwigshafen, wo der Stadtrat schon am 21. April 1865 der Niederlassung der BASF zustimmte. Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) wurde damit Firmensitz der BASF und blieb es – mit einer Unterbrechung zur Zeit der Integration der BASF in die I.G. Farben Aktiengesellschaft von 1925 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs - bis heute. Da die Kreisregierung der Pfalz der Ansiedelung von Industrieunternehmungen aufgeschlossen gegenüberstand und diese nach Kräften förderte, erhielt die BASF Engelhorns Subventionen in Höhe von 1,5 Mio. Gulden. Nach dem Abschluss der Bauarbeiten für die neuen Produktionsstätten auf dem Hemshof (Stadt Ludwigshafen, Rheinland-Pfalz) im Juni 1867 konnte die Fabrikation synthetischer Teerfarbstoffe und deren Vorprodukte aufgenommen werden.

Die Ansiedlung der BASF war eine entscheidende Weichenstellung für die weitere Entwicklung der jungen Stadt Ludwigshafen (Stadterhebung erst 1859). Ludwigshafen zählte um 1900 zu den am schnellsten wachsenden bayerischen Städten. Die Bevölkerung, die 1888 noch 25.000 Einwohner zählte, verdoppelte sich bis 1899 auf mehr als 50.000. 1921 überschritt sie die 100.000er-Marke, womit Ludwigshafen als Großstadt galt. 1965 erreichte sie mit 180.000 Einwohnern ihren Höchststand.

Die BASF als Farbenhersteller (bis 1901)

Die ursprüngliche Geschäftspolitik der BASF basierte auf der Überlegung, dass ihre Konkurrenzfähigkeit mit Farbstoffen und anderen hochwertigen chemischen Produkten auf lange Sicht nur durch Eigenproduktion aller notwendigen Ausgangsstoffe und Vorprodukte zu gewährleisten sei. Demgemäß produzierte die BASF Teerfarbstoffe und deren Vorprodukte selbst. Zwar vermochten die ersten chemisch hergestellten Teerfarbstoffe die traditionellen Naturfarbstoffe Krapp (Türkischrot) und Indigo (ein bereits seit der Steinzeit bekannter blauer Farbstoff, "König der Farben" genannt) noch nicht unmittelbar zu verdrängen, aber die steigende Nachfrage seitens der Textilindustrie und die technische Vervollkommnung der Produktionsverfahren beförderten den Siegeszug der neuen synthetischen Farbstoffe.

Hinzu kam die Intensivierung der chemischen Forschung. Der Chemiker Heinrich Caro (1834–1910) stand ab 1868 an der Spitze eines BASF-eigenen Forschungsteams. In Zusammenarbeit mit den Berliner Professoren Carl Graebe (1841–1927) und Carl Liebermann (1842–1914) gelang 1869 die erste Synthese eines natürlichen Farbstoffs, Alizarin, der rote Farbstoff der Krappwurzel. Mit der Alizarinsynthese eröffnete sich die BASF den Zugang zum Weltmarkt. Jahr für Jahr kamen im Rahmen der notwendigen Diversifikation (Sortimentsausweitung) neue synthetische Farbstoffe hinzu. Die Symbiose von Unternehmertum, Wissenschaft und Forschung war von Anfang an ein Kennzeichen der BASF.

Die chemische Industrie, für die die BASF ein exponiertes Beispiel ist, entwickelte sich in Deutschland zu einem der wichtigsten Industriezweige im späten 19. Jahrhundert. Durch die Fusion mit den Stuttgarter Farbenhandlungen Knosp und Siegle, die bereits weltweite Handelsbeziehungen pflegten, erhielt die BASF 1873 erstmals eine eigene Vertriebsorganisation, die ihr den unmittelbaren Kontakt zu ihren Kunden im In- und Ausland ermöglichte.

In den 1870er Jahren begann der Ausbau der BASF zum international tätigen Unternehmen: Fabrikationsniederlassungen und Auslandsvertretungen entstanden 1873 in New York, 1877 in Butirki bei Moskau und 1878 in Neuville-sur-Saône (Département Rhône, Frankreich).

1876 gelang Heinrich Caro, dem "Gründungsvater industrieller Forschung in der deutschen chemischen Industrie" (Carsten Reinhardt/Anthony S. Travis), die Herstellung von Methylenblau, das einerseits in der Textilindustrie zum Färben von Baumwolle und andererseits in der Medizin zur Sichtbarmachung des Tuberkuloseerregers Verwendung finden sollte.

Die BASF und die Farbwerke Hoechst erwarben die Rechte zur Verwertung des Indigo, dessen Synthese 1880 dem Straßburger Chemiker Adolf von Baeyer (1835–1917) gelang. Bis zu dessen technischer Herstellung im großen Stil bedurfte es allerdings noch 17 Jahre intensiver Forschung. Der Chemiker Rudolf Knietsch (1854–1906) entwickelte ein Alternativverfahren zur Schwefelsäureherstellung und ein Verfahren zur Verflüssigung von Chlorgas, einem wichtigen Grundstoff in der chemischen Industrie.

1888 wurden die verschiedenen Laboratorien in einem "Hauptlaboratorium" zusammengefasst sowie ein analytisches Untersuchungslaboratorium und ein Techniklaboratorium errichtet. Ein Patentlaboratorium bearbeitete fortan in- und ausländische Patentfragen. Ab 1890 gab es ein eigenes "Patentbüro", die nachmalige Patentabteilung. Allein in den Jahren 1877 bis 1888 hatte die BASF bereits 60 Patente für Deutschland angemeldet, gefolgt von zahlreichen weiteren Patentanmeldungen. 1891 wurde zur Beratung und Betreuung der Kunden aus der Textilindustrie die "Technische Färberei" gegründet, ein Vorläufer der späteren Anwendungstechnischen Abteilungen der BASF (Aweta).

Bis zur Jahrhundertwende stieg die BASF zur weltweit größten chemischen Fabrik auf. Sie errang die Weltmarktführung bei Herstellung und Vertrieb synthetischer Farbstoffe und deren Vorprodukten.

1901 entdeckte der Chemiker René Bohn (1862–1922) den Farbstoff Indanthren-Blau RS, der die bisherigen Indigofarben an Wasch- und Lichtechtheit übertraf und in Textilfärbereien und -druckereien eingesetzt wurde.

Kooperation und Erweiterung der Produktion (1902–1914)

1903 wurde auf Initiative des Chemikers und Industriellen Carl Duisberg (1861–1935), dem Vorstandsvorsitzenden der Aktiengesellschaft "Friedrich Bayer & Co", nach dem Vorbild des Zusammenschlusses amerikanischer Aktiengesellschaften zu Trusts, die er während einer USA-Reise kennengelernt hatte und die ihm als höchst profitabel erschienen, eine Fusion zwischen Bayer (Elberfeld/Leverkusen), BASF (Ludwigshafen), Hoechst (Hoechst), Leopold Cassella Farbwerke Mainkur & Co KG (Fechenheim), AGFA (Berlin) und der Chemischen Fabrik Kalle (Biebrich) diskutiert. Da Hoechst jedoch eigene Wege ging und seinerseits die Cassella übernahm, schlossen sich 1904 BASF, Bayer und AGFA unter Beibehaltung ihrer jeweiligen unternehmerischen Selbständigkeit zu einem "Dreibund", der Interessengemeinschaft (I.G.) Farbenindustrie, zusammen. Sie vereinbarten Erfahrungsaustausch, Verzicht auf Konkurrenz und Kooperation in der Farbenproduktion, also Rationalisierung.

Um sich Kohle als chemische Grundstoffbasis zu sichern, erwarb die BASF 1907 gemeinsam mit Bayer und AGFA die Zeche Auguste Victoria in Marl bei Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen).

In den kommenden Jahren erweiterte die BASF ihre Produktpalette entscheidend. Bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war die Bedeutung des Stickstoffs als Pflanzennährstoff erkannt worden. Die Chemiker Fritz Haber (1868–1934) und Carl Bosch (1874–1940) entwickelten 1908/12 ein Verfahren zur Bindung von Luftstickstoff und zur Herstellung von synthetischem Ammoniak als Grundstoff für die Weiterverarbeitung zu Düngemitteln (Haber-Bosch-Verfahren). Die BASF errichtete in Oppau (Stadt Ludwigshafen, Rheinland-Pfalz) die erste Ammoniaksynthese-Anlage der Welt. War die BASF bis dahin schwerpunktmäßig ein Farbenhersteller gewesen, wurde sie nun zusätzlich ein wichtiger Düngemittelproduzent. Die Errichtung des Agrarzentrums Limburgerhof (Rhein-Pfalz-Kreis, Rheinland-Pfalz) bei Ludwigshafen durch die BASF 1914 bedeutete den Beginn der industriellen Agrarchemie in Deutschland.

Die BASF im Ersten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit (1914-1924)

Synthetisches Ammoniak, hergestellt nach dem Haber-Bosch-Verfahren unter extremer Hitze und Druck mit Hilfe eines Metallkatalysators und weiterverarbeitet zu Düngemitteln, vermochte einerseits die landwirtschaftlichen Ernteerträge enorm zu steigern, war aber andererseits auch für Kriegszwecke verwendbar. Im Ersten Weltkrieg (1914–1918) war die BASF in die Rüstungsproduktion des Deutschen Kaiserreiches eingebunden. Im Werk Oppau wurde Ammoniak in Salpetersäure umgewandelt und diese an die Rüstungsindustrie zur Herstellung von Sprengstoff geliefert. Ähnlich ambivalent war die Verwendung von Chlor und Phosgen. Sie dienten einerseits der Herstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln und andererseits von chemischen Kampfstoffen (Giftgas).

Um den weiter steigenden Bedarf an Ammoniak zu befriedigen, veranlasste die Reichsregierung während des Ersten Weltkriegs die BASF zum Bau eines zweiten Großbetriebs zur Herstellung von Ammoniak. Da Ludwigshafen in relativer Nähe zur französischen Grenze liegt und Luftangriffe der Alliierten befürchtet wurden, wurde ein sicherer Standort im Hinterland gesucht. Die BASF entschied sich für Leuna (Saalekreis, Sachsen-Anhalt), da die dortigen Braunkohlevorkommen als Energiegrundlage dienen konnten. 1917 nahm das Werk Leuna seinen Betrieb auf. Das dortige Ammoniaklaboratorium wurde neben Ludwigshafen zum zweiten Forschungszentrum der BASF ausgebaut. Sie plante, nach Beendigung des Krieges die erweiterten Kapazitäten zur Produktion von Dünger zu nutzen und zu diesem Zweck rechtzeitig ausreichende Kapazitäten zur Herstellung von Rohstoffen und Zwischenprodukten vorzuhalten.

Der Chemiker Fritz Günther (1877–1957) entdeckte 1916 das Textilhilfsmittel Nekal, das erste synthetische Tensid zur Reduzierung der Oberflächenspannung des Wassers. Synthetische Netzmittel werden seitdem im Geschirr- und Waschmittelbereich verwendet. Andere Tenside werden beispielsweise zur Herstellung von Dispensionsfarben oder Shampoos verwendet.

Da vor 1914 drei Viertel der BASF-Absatzmärkte für Farben im Ausland gelegen hatten und die Auslandsaktivitäten während des Ersten Weltkriegs durch das alliierte Wirtschaftsembargo weitgehend zusammenbrachen, schränkte die BASF ihre Farbenproduktion ein. Überdies wurde die Konkurrenzsituation unter den deutschen Chemieproduzenten angesichts der militärischen und politischen Entwicklung Deutschlands mehr denn je als hinderlich für den Fortgang eines für alle gewinnbringenden Geschäftsbetriebs angesehen. Daher schlossen sich 1916 die Farbenabteilungen von BASF, Bayer und AGFA mit jenen der Hoechst AG, Griesheim Elektron und Weiler-ter-Meer zur erweiterten Interessengemeinschaft Farbenindustrie zusammen. Carl Duisberg, seit 1912 Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., war treibende Kraft und geistiger Vater dieses Zusammenschlusses: Forschung, Einkauf und Absatz sollten fortan zentral gesteuert, die Gewinne nach einem Beteiligungsschlüssel aufgeteilt werden. Die übrigen Unternehmensbereiche blieben auch weiterhin selbständig.

Ammoniakwerk Merseburg (Leuna). (aus: Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen ca. 1922, 193)
Die Explosionskatastrophe vom 21. September 1921 zerstörte das Werk Oppau und mehrere Orte der Umgebung. Der durch die Explosion entstandene Krater war 125 m lang, 90 m breit und 19 m tief. (aus: Bayerisches Staatskommissariat für das Hilfswerk Oppau [Hg.], Denkschrift über die Tätigkeit des Hilfswerks Oppau, Neustadt an der Hardt 1925, Abb. 1)

Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutete einen weiteren Einschnitt in der bisherigen Entwicklung der BASF. Die Alliierten ließen die Produktionsanlagen in Leuna und Oppau teilweise demontieren. Ihre ausländischen Tochter-, Beteiligungs- und Vertriebsgesellschaften sowie im Ausland angemeldete Patente wurden beschlagnahmt. Farbstoffe - vor dem Weltkrieg Schwerpunkt der BASF-Produktion - wurden nun vermehrt auch in England, Frankreich und den USA selbst hergestellt. Die BASF hatte damit ihre einstige Spitzenposition auf dem Weltmarkt verloren. Französische Truppen besetzten mehrere Monate die Betriebsanlagen der BASF. Am Rhein verlief die Zollgrenze. Die Rohstoff-, insbesondere die Kohleversorgung war erschwert. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten konnte die BASF ihre Produktion bald wieder aufnehmen.

Eine schwere Explosion eines Düngemittelsilos, deren Ursache ungeklärt blieb, zerstörte am 21. September 1921 nicht nur das Stickstoffwerk Oppau bei Ludwigshafen, sondern tötete über 560 Menschen, und selbst die Gemeinde Oppau wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Die Gründung der I.G. Farben 1924/1925

Seit der Gründung des Dreibunds (BASF, Bayer, AGFA) 1904 und vor allem seit der Errichtung der erweiterten Interessengemeinschaft Farben 1916 intensivierte die chemischen Großindustrie Deutschlands ihre Zusammenarbeit. Die Folgen des Ersten Weltkriegs, die internationale Konkurrenz, das Währungsdesaster und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der jungen Weimarer Republik veranlassten 1923 die wichtigsten deutschen Chemiekonzerne zu einem weiteren Schritt. Sie nahmen Fusionsverhandlungen auf und einigten sich am 14. November 1924 auf die Gründung der "I.G. Farben AG", wobei die bisherige BASF die größte Einzelkomponente bildete. Die Farbwerke Hoechst AG übertrugen am 21. November 1925 ihr Vermögen auf die BASF. Die Firmen Bayer, AGFA, Griesheim Elektron und Weiler-ter-Meer schlossen sich an.

Ende des Geschäftsjahres 1925 ging die BASF im Gesamtverband der "I.G. Farben" auf, dem damals weltgrößten Chemieunternehmen. Frankfurt am Main wurde gemeinsamer Firmensitz. Dem ersten Vorstand gehörten zunächst 83 Personen an. Carl Bosch wurde Vorstandsvorsitzender des Gesamtunternehmens, und Carl Duisberg übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat. Die bisherigen BASF-Werke Ludwigshafen und Oppau bildeten den Schwerpunkt der neu formierten "Betriebsgemeinschaft Oberrhein"; sie war der größte Arbeitgeber von Ludwigshafen und Oppau und eine der ursprünglich vier Betriebsgemeinschaften der I.G. Farben. Die Integration der BASF in den Konzern erfolgte schrittweise bis 1929. Der Primat der Technik, den die bisherige BASF ausgezeichnet hatte, trat auch in der neuen Gesamtstruktur hervor.

Die BASF als Bestandteil der I.G. Farben 1925-1939

1926 wurde das Warenzeichen "Nitrophoska" eingetragen. Dieser neue Mischdünger enthielt - wie die Bestandteile des Namens dokumentieren - die drei Hauptnährstoffe der Pflanzen, und zwar Stickstoff (Nitrogenium), Phosphat und Kali. Nitrophoska kam im folgenden Jahr auf den Markt.

Ein weiteres wichtiges Marktsegment tat sich durch die aufstrebende Automobilindustrie auf. Angesichts der zunehmenden Motorisierung und damit auch des wachsenden Benzinverbrauchs arbeitete die BASF seit 1913 an einem Verfahren, um Benzin aus Kohle zu gewinnen. 1926 gelang der nunmehrigen I.G. Farben die Kohlehydrierung nach dem Bergius-Pier-Verfahren zur Herstellung von Benzin; ein Jahr später begann die Großproduktion von Benzin in den Leunawerken (Markenname: Leuna). Ungeachtet dessen waren die Herstellungskosten höher als bei Benzin auf Erdölbasis.

Für die Reifenproduktion war Kautschuk notwendige Voraussetzung. Anstelle des natürlichen Kautschuks wurde seit Jahren nach synthetischen Alternativen geforscht. 1929 war das erstrebte Ziel erreicht. Der von den I.G. Farben produzierte "Buna" stellte weltweit die erste Kautschuk-Synthese dar, die den Naturkautschuk zu ersetzen vermochte. 1936 wurden die ersten Buna-Reifen auf der Internationalen Automobilausstellung in Berlin vorgestellt. Im Herbst 1935 begann der Bau der ersten Buna-Fabrik der I.G. Farben in Schkopau (Saalekreis, Sachsen-Anhalt). Die Braunkohlefelder Mitteldeutschlands deckten den Energiebedarf, der für die Herstellung von Benzin und Buna notwendig war; die Werke Leuna und Buna stiegen neben Ludwigshafen zu Zentren des Unternehmens auf.

Im Winter 1928/29 brachte die I.G. Farben das Frostschutzmittel Glysantin für Automobile auf den Markt. Die Gefrierpunktabsenkung lag damals bei minus 25 Grad.

1928 begannen unter Leitung des Chemikers Walter Reppe (1892–1969) die Untersuchungen über katalytische Reaktionen des Acetylens (ein farbloses Gas, das sich knapp oberhalb von 300° C entzündet) unter Druck. Diese Arbeiten, "Reppe-Chemie" genannt, ermöglichten den Aufbau zahlreicher organischer Verbindungen und Zwischenprodukte aus einfachen Bausteinen. Die Acetylenchemie bildete eine der Voraussetzungen für die Entwicklung von Kunststoffen. Mit dem Aufbau der Kunststoffindustrie eröffnete sich ein weiteres, für die Zukunft wichtiges Marktsegment.

1929 begann mit der Styrolsynthese die Kunststoffherstellung im Werk Ludwigshafen. Die Synthesen von Methanol und Harnstoff ermöglichten den Einstieg in die Chemie der Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukte. Der 1931 in den Handel gebrachte Kaurit-Leim fand Verwendung in der holzverarbeitenden Industrie und im Holzhandwerk. Vor allem Sperrholz eröffnete neue Anwendungs- und Gestaltungsmöglichkeiten und ermöglichte die technisch einwandfreie Herstellung von Spanplatten.

Für ihre Entwicklung der Hochdrucktechnik bei der Ammoniaksynthese und der Kohlehydrierung erhielten Carl Bosch und Friedrich Bergius (1884-1949) 1931 den Nobelpreis für Chemie.

1932 vereinbarten die AEG und die I.G. Farben eine Zusammenarbeit zur Herstellung des "Magnetophons". 1934 wurden die ersten 50.000 m Band ausgeliefert und ein Jahr später die ersten Geräte auf der Funkausstellung in Berlin vorgestellt.

Der Schwerpunkt der I.G. Farben-Konzernpolitik richtete sich nach wie vor auf die Expansion ihres Geschäfts und die Pflege ihrer unmittelbaren Geschäftsinteressen. Die anhaltende Krise der Weltwirtschaft seit 1929, die Devisenknappheit, der Protektionismus verschiedener ausländischer Handelspartner und die infolgedessen befürchteten negativen Auswirkungen auf das eigene Geschäftsergebnis veranlassten die I.G. Farben in den frühen 1930er-Jahren, stärker mit der Politik zusammenzuarbeiten. Seit der "Machtergreifung" 1933 kamen die I.G. Farben unter den politischen Einfluss des NS-Staates, da die Oberrheingruppe die erstrebte Selbstversorgung Deutschlands mit Treibstoffen fördern und in Kooperation mit anderen Betriebsgemeinschaften synthetischen Gummi produzieren konnte. Dies lag im Interesse des NS-Regimes und erlangte im Rahmen der Kriegsvorbereitungen eine strategische Dimension. Leuna-Kraftstoff konnte bislang mit Benzin aus Erdöl nicht konkurrieren und stellte damit eine herbe Verlustquelle für die I.G. Farben dar. Um von Einfuhren unabhängiger zu werden, wurde im Dezember 1933 ein "Benzinvertrag" zwischen dem Reich und den I.G. Farben unterzeichnet, der eine Erhöhung der Leuna-Produktion vorsah sowie die Kostenfrage und den Absatz regelte.

Zwischen 1932 und 1936 erweiterte sich die Produktpalette des Ludwigshafener Werkes zugunsten neuer Kunststoffe und der Magnetophonbänder, wogegen die Produktion bisheriger klassischer Erzeugnisse stagnierte. Auf der Weltausstellung in Paris erhielt die I.G. Farben 1937 neun "Grand Prix" für ihre Produkte und Verfahren, unter anderem für Kohleverflüssigung, Buna und Indanthren. 1939 wurde das Polyvinylpyrrolidon (PVP) zum Patent angemeldet. Es diente als Blutplasmaersatz und fand später Anwendung in der Medizin, Pharmazie, Kosmetik und technischen Industrie.

Seit Mitte der 1930er-Jahre spielte die Oberrhein-Gruppe im Rahmen der Autarkiebestrebungen der NS-Regierung eine Schlüsselrolle beim Aufbau der Kautschukindustrie in Deutschland.

Die I.G. Farben im Zweiten Weltkrieg (1939-1945)

Während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945) lag der Schwerpunkt der Produktion der I.G. Farben auf der Herstellung kriegswichtiger synthetischer Produkte wie Stickstoff, Gummi, Benzin, Kerosin, Dieselkraftstoff, Schmier- und Kunststoffen. Weitere Produktionsanlagen zur Erweiterung der Kapazitäten wurden errichtet, so Wesseling (Rhein-Erft-Kreis, Nordrhein-Westfalen), Brüx (heute: Most, Tschechische Republik) und Blechhammer (heute: Blachownia Śląska, Polen) in Oberschlesien. Da zahlreiche männliche Werksangehörige zur Wehrmacht eingezogen wurden, traten an ihre Stelle dienstverpflichtete Frauen und ausländische Arbeiter, von denen viele Zwangsarbeiter bzw. Kriegsgefangene waren. Am 1. Juni 1941 arbeiteten beispielsweise in Ludwigshafen und Oppau bereits 4.000 ausländische Arbeiter, darunter etwa 1.350 polnische Kriegsgefangene. Zivilarbeiter stammten unter anderem aus der Slowakei, Italien, Frankreich, Rumänien und den Niederlanden. In Analogie zum Kriegsverlauf kamen insbesondere aus den besetzten osteuropäischen Gebieten nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter hinzu.

In dem 1940 vom Oberkommando der Wehrmacht in Auftrag gegebenen Buna-Werk der I.G. Farben in Monowitz bei Auschwitz wurden mehrheitlich KZ-Häftlinge eingesetzt. Die "Schutzstaffel" (SS) war für die Verfügbarkeit und Bewachung der Gefangenen zuständig; der I.G. Farben-Konzern tätigte die Investitionen und lieferte Baumaterial. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Häftlinge waren unmenschlich und verschlimmerten sich im Laufe der Zeit. Infolge des Kriegsverlaufs kam es nie zur ursprünglich geplanten, mit anderen Werken der I.G. Farben vernetzten Produktion von Kunstkautschuk und anderen synthetischen Stoffen (außer Methanol).

Im Herbst 1941 wurde in Auschwitz erstmals Zyklon B zur Tötung von Menschen getestet. Zyklon B wurde von der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch), an der die I.G. Farben seit Mitte der 1930er-Jahre mit 42,5 % beteiligt war, produziert. Es wurde aus Blausäure zum Zweck der Schädlingsbekämpfung hergestellt und war frei im Handel erhältlich. Dieses Giftgas "wurde von der SS in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau verwendet, um eine große Zahl zumeist jüdischer Häftlinge zu töten. In den Händen des Regimes war aus einem harmlosen chemischen Produkt ein Mittel zur industriellen Massenvernichtung von Menschen geworden" (Raymond G. Stokes, in: Abelshauser, Die BASF, 329).

1941 wurde eine neue Großanlage zwischen Ludwigshafen und Oppau zur Herstellung von Butindiol aus Acetylen und Formaldehyd errichtet; Butindiol dient unter anderem zur Herstellung von Vitamin B6, Arzneistoffen, Pestiziden, Herbiziden, Flammschutzmitteln, Korrosionsschutzmitteln und Weichmachern.

Im Verlauf des Krieges, insbesondere in den Jahren 1943/44, wurde das Ludwigshafener Werksgelände von den Alliierten mehrfach bombardiert. Zu den Schäden an Fabrikgebäuden und Versorgungseinrichtungen kam der allgemeine Rohstoffmangel hinzu. Ab Mitte 1944 nahm die Produktion drastisch ab und kam Ende 1944 weitgehend und im Februar 1945 ganz zum Erliegen. 1945 waren von 1.470 Fabrikgebäuden ein Drittel völlig und 60 % teilweise zerstört. Sechs Prozent blieben unversehrt.

Die Auflösung der I.G. Farben und die Wiedergründung der BASF 1952

Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete auch das Ende der I.G. Farben, obgleich die Entflechtung und Abwicklung über ihren Rechtsnachfolger, die I.G. Farbenindustrie in Abwicklung (IGiA), sich noch über Jahrzehnte hinziehen sollte. 2003 meldete die I.G. Farbenindustrie i. A. zwar Insolvenz an; ihre Aktien wurden aber bis 9. März 2012 an der Börse notiert.

Am 26. März 1945 rückten alliierte Truppen im Werk Ludwigshafen ein. Das Vermögen der I.G. Farben wurde beschlagnahmt. In der sowjetischen Besatzungszone kam es zur Demontage und Verstaatlichung. Betroffen waren insbesondere Leuna und Buna. Infolge traditioneller Geschäftsbeziehungen mit den USA, vor allem mit der nordamerikanischen "Standard Oil of New Jersey" und dem Chemiekonzern "DuPont", wurden die I.G. Farben in den Westzonen nicht zur Gänze zerschlagen. 1947/48 mussten sich 23 Vertreter der Führungsspitze der früheren I.G. Farben im sog. I.G.-Farbenprozess in Nürnberg für ihr Verhalten und Handeln während der nationalsozialistischen Ära verantworten; 13 wurden zu Haftstrafen zwischen 18 Monaten und acht Jahren verurteilt. 1950 beschloss der Alliierte Kontrollrat die Auflösung der I.G. Farben.

Schon im Mai 1945 nahmen Belegschaftsmitglieder auf dem Gelände der einstigen BASF in Ludwigshafen die ersten Fabrikationsanlagen wieder in Betrieb. 1948 beschäftigte die BASF bereits über 21.000 Mitarbeiter. Eine schwere Explosion eines Kesselwagens im Werksteil Süd von Ludwigshafen forderte am 28. Juli desselben Jahres über 200 Menschenleben und zerstörte viele der gerade neu errichteten Gebäude.

Nach langen Verhandlungen wurde 1952 die "Badische Anilin-& Soda-Fabrik AG" mit Sitz in Ludwigshafen als eine der Nachfolgegesellschaften der einstigen I.G. Farben neu gegründet. Am 28. Mai 1953 übergab die französische Verwaltung die Verfügungsgewalt über das Werk Ludwigshafen an den Vorstand der BASF.

Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik Aktiengesellschaft 1952-1973

Die Währungsreform vom 20./21. Juni 1948 bildete die Grundlage für den Aufschwung der westdeutschen Wirtschaft in der Nachkriegszeit. Der Wiederaufbau der BASF-Anlagen in Ludwigshafen und Oppau hatte die Modernisierung der Produktion zur Folge. Sie wurde ab 1952 zunehmend auf den Wachstumsmarkt der Kunststoffe ausgerichtet. Gestützt auf bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gewonnene Forschungsergebnisse wurden Perlon, Nylon und Polyamid-Kunstfasern produziert. Polyethylen-Folien dienten vor allem Verpackungszwecken.

In den 1950er-Jahren begann die Produktion von Styropor (Schaumpolystyrol). Es fand Verwendung für Dach-, Wand- und Deckenisolierungen sowie als Verpackungsmaterial für Porzellan oder Tiefkühllebensmittel.

Erdöl und Erdgas sind Grundstoffe der modernen chemischen Industrie. Gemeinsam mit der Deutschen Shell AG gründete die BASF 1953 in Wesseling die Rheinische Olefinwerke GmbH (ROW). Sie nahm 1955 als erste deutsche petrochemische Produktionsanlage ihren Betrieb auf. Erdöl, Ölderivate und Erdgas ersetzten rasch die Kohle als Rohstoff für Chemiesynthesen. Damit begann das Zeitalter der Petrochemie, wobei die BASF wiederum eine Vorreiterrolle einnahm.

Zwischen 1954 und 1957 wurde auf dem Werksgelände von Ludwigshafen ein Bürohochhaus mit 102 m Höhe errichtet, das nach dem 1902 verstorbenen Konzerngründer "Friedrich-Engelhorn-Haus" benannt wurde.

Hatte die BASF bei der Pariser Weltausstellung 1937 durch die Vielfalt und Schönheit der von ihr produzierten synthetischen Farben die Besucher beeindruckt, so 1958 bei der Brüsseler Weltausstellung durch einen 40 Tonnen schweren Wickelkörper für Hochdrucksynthesen, der Druckverhältnissen von 5.000 bis 6.000 Atmosphären standhielt. Mit dieser Präsentation dokumentierte die BASF, dass sie High-Tech-Anlagen nicht nur für die Eigenproduktion, sondern auch für den Weltmarkt herzustellen vermochte.

Die Geschäftspolitik der BASF orientierte sich seit Ende der 1950er-Jahre international. Durch den Auf- und Ausbau von Fabrikationsanlagen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, durch Anlagenwachstum und Beteiligungen, durch den Aufbau oder Erwerb neuer Produktionsanlagen sowie durch den systematischen Ausbau eines weltweiten Verbundsystems (so beispielsweise in Frankreich, Belgien, Großbritannien, Spanien, den USA, Mexiko, Argentinien, Brasilien, Japan, Australien) setzte sie sich im Verlauf der 1959er/1960er-Jahre an die Spitze der Chemie-Branche. Das Unternehmen war fortan bestrebt, weltweit in allen Industrieländern bzw. -märkten präsent und aktionsfähig zu sein. Außerdem sollte die Rohstoffbasis gesichert und die Produktpalette um hochwertige, verbrauchernahe Erzeugnisse erweitert werden. Umweltschutz, Innovation und Globalisierung wurden seitdem als marktentscheidende Faktoren verstärkt berücksichtigt.

Die BASF Aktiengesellschaft (1973–2006)

1973, dem Jahr der ersten und folgenreichsten Ölkrise sowie heftiger Turbulenzen in der Weltwirtschaft, wurde die bisherige Badische Anilin- & Soda-Fabrik Aktiengesellschaft unter der bereits seit langem üblichen Kurzform "BASF Aktiengesellschaft" in das Handelsregister eingetragen. Sie setzte ihre Akquisitionspolitik auch in den folgenden Jahren erfolgreich fort.

Der erste eigene Steamcracker der BASF zur Aufspaltung von Rohbenzin (Naphta) unter Dampf vor allem in Ethylen und Propylen nahm 1980 seinen Betrieb in Ludwigshafen auf. Es handelt sich dabei um ein Verfahren der Petrochemie, in dem längerkettige Kohlewasserstoffe in kurzkettige Wasserstoffe zur Herstellung von Rohstoffen für Kunststoffe, Lacke, Lösemittel oder Pflanzenschutzmittel umgewandelt werden.

Die Internationalisierung des Unternehmens setzte sich konsequent fort. In Südkorea gründete die BASF beispielsweise mit Hyosung ein Gemeinschaftsunternehmen, das 1982 die Produktion von Styropor und 1985 von Polystyrol aufnahm.

1984 gründete die BASF Gruppengesellschaft Elastogran GmbH zusammen mit ungarischen Partnern die Kemipur GmbH und stieg damit erstmals in das Osteuropageschäft ein. Nach der Wende 1989/90 übernahm die Elastogran GmbH 1991 die Mehrheit an der Kemipur GmbH.

1989 nahm die Umweltzentrale im Werk Ludwigshafen ihre Arbeit auf, wodurch die Emissionswerte des Werkes und die Kühlwasserabläufe in den Rhein beobachtet werden.

In den 1990er-Jahren fokussierte der Konzern seine Aktivitäten auf die Geschäftsfelder Chemikalien, Veredelungsprodukte, Pflanzenschutz, Ernährung, Öl und Gas. Die BASF investierte vor allem in die Wachstumsmärkte Süd- und Ostasiens.

Nach der deutschen Wiedervereinigung tätigte die BASF Investitionen in den neuen Bundesländern und übernahm 1990 von der Treuhandanstalt das Synthesewerk Schwarzheide AG in der Niederlausitz. Die Tochter "BASF Schwarzheide GmbH" stellt Polyurethan-Grundprodukte und -Systeme, Pflanzenschutzmittel und andere Chemie- sowie Spezialprodukte her.

Die BASF-Tochter Wintershall Holding AG vereinbarte 1991 mit Gazprom, dem größten Erdgasproduzenten der Welt, eine gemeinsame Vermarktung von Erdgas. Dazu gehören Planung, Bau und Betrieb von Erdgasleitungen, so die Mitte-Deutschland-Anbindungsleitung (MIDAL), die Sachsen-Thüringen-Erdgasleitung (STEGAL) und der Erdgasspeicher Rehden.

1992 nahm die erste Anlage der BASF in China, und zwar in Nanjing, ihre Produktion auf. Im selben Jahr wurde eine Chemie-Anlage in Japan gebaut. 1994 ging ein neuer Steamcracker in Antwerpen in Betrieb, der damals weltweit größte seiner Art. 1995 entstand ein neuer Standort der BASF in Altamira/Mexiko. 1996 wurde in Kooperation mit dem malaiischen Staatsunternehmen Petronas eine Großanlage zur Produktion von Acrylmonomeren in Kuantan geplant.

1999 zählte die BASF zu den Gründungsmitgliedern der Stiftungsinitiative der Deutschen Bundesregierung und der Deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft". Die BASF zahlte 110 Mio. D-Mark in diese Bundesstiftung ein, die ehemalige Zwangsarbeiter des NS-Regimes entschädigt.

Der Erdgasproduzent Gazprom, Russische Föderation, und die BASF-Tochter Wintershall gründeten 2003 das Joint Venture Achimgaz. Dieses paritätische Gemeinschaftsunternehmen weitete die gemeinsame Erdgasförderung in Sibirien aus. Im rumänischen Sighisoara begann 2004 Wintershall die Gasförderung gemeinsam mit Romgaz.

Jedes Firmenlogo drückt das Selbstverständnis eines Unternehmens aus. Deshalb fügte 2004 die "BASF" ihrer Firmierung den Slogan "The Chemical Company" hinzu.

Die BASF SE seit 2007

Tanklager der BASF in Ludwigshafen um 2010. (Press Photo BASF)
Stammwerk der BASF in Ludwigshafen um 2010. (Press Photo BASF)
Steamcracker Antwerpen um 2010. (Press Photo BASF)

Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen 2007 die Umwandlung der BASF Aktiengesellschaft in eine Societas Europaea (SE), eine Rechtsform für Aktiengesellschaften in der EU, mit der Firmierung "BASF SE". Sitz des Unternehmens und der Hauptverwaltung blieb Ludwigshafen. Nach knapp einjährigen Verhandlungen wurde die BASF SE am 14. Januar 2008 ins Handelsregister eingetragen. Ihre Hauptgeschäftsfelder sind Chemikalien, Kunststoffe/Fasern, Farbstoffe und Veredelungsprodukte, Biotechnologie und Gentechnik, Pflanzenschutz und Ernährung, Öl- und Gasförderung sowie Functional Solutions (branchen- und kundenspezifische Lösungen). Abnehmer und Kunden sind vor allem die Chemie-, Automobil- und Energieindustrie, die Landwirtschaft und die Bauindustrie, die Sektoren Gesundheit, Ernährung, Elektro/Elektronik, Textilien, Verpackung und Papier. Zum BASF-Konzern mit dem Stammwerk Ludwigshafen gehörten 2010 über 400 Unternehmen, davon über 160 als Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen, in 170 Ländern. So war beispielsweise die 100-prozentige BASF-Tochter Wintershall AG mit 20 % an der Nord Stream AG beteiligt, einem Gemeinschaftsunternehmen der Gazprom, E.ON Ruhrgas und Wintershall, das seit 2005 die Ostsee-Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland errichtet.

Die BASF SE ist der weltweit größte Chemiekonzern mit etwa 104.000 Mitarbeitern (2009/10). Der Umsatz betrug 2009 insgesamt 50,6 Mrd. €, der Nettogewinn 1,4 Mrd. Die Aktie der BASF SE wird an der Frankfurter Wertpapierbörse und an den Börsen in London und Zürich gehandelt.

Übersicht: Wichtige Etappen auf dem Weg der BASF zum transnationalen Unternehmen

  • Im brasilianischen Guaratingueta begannen 1955 die von der BASF und einheimischen Partnern gegründete Firma Idrogal mit der Herstellung von Kunststoffdispersionen, Styropor und Textilhilfsmitteln. Das Werk wurde in der Folgezeit zum größten Standort der BASF in Südamerika ausgebaut.
  • Die BASF und die Dow Chemical Company gründeten 1958 in Freeport/Texas (USA) ein Joint Venture (Gemeinschaftsunternehmen), und zwar die Dow Badische Chemical Company zur Produktion von Grundchemikalien für Faservorprodukte, später für Faserprodukte. Damit begannen die US-Aktivitäten der BASF.
  • Mit französischen Partnern gründete die BASF ebenfalls 1958 die Dispersions Plastiques S.A. zur Produktion von Styropor und Kunststoffdispersionen.
  • In Argentinien gründete die BASF gemeinsam mit argentinischen Firmen 1958 die Sulfisud S.A. zur Herstellung von Färberei-Hilfsmitteln.
  • In Japan begann 1963 die Yuka Badische Company Ltd. die Produktion mit Styropor. Zunächst ein Gemeinschaftsunternehmen mit japanischen Partnern, nahm 1988 die BASF mit einer eigenen Anlage die Produktion auf.
  • 1964 wurde analog zu Ludwigshafen am Rhein ein Zweigwerk am Meer, die BASF Antwerpen, gegründet. Antwerpen wurde der zweitgrößte Standort der BASF in Europa zur Produktion von Düngemitteln, Faservorprodukten, Kunststoffen und Chemikalien.
  • 1965 erwarb die BASF die Glasurit-Werke M. Winkelmann AG, eines der damals bedeutendsten Unternehmen der europäischen Lackindustrie.
  • 1966 wurde in Barcelona die BASF Española S.A. gegründet. Tarragona stieg bald zu den wichtigsten Standorten des Unternehmens in Europa auf.
  • 1967 übernahm die BASF die Dr. Beck & Co. AG, ein Unternehmen zur Herstellung von Isolierlacken und Isolationswerkstoffen für die Elektroindustrie. 1968 erwarb sie die Mehrheitsbeteiligung an der Kölner Lackfabrik "Herbol-Werke Herwig Haarhaus AG" und 1970 die Firmen "Siegle und Kast + Ehinger", die in der Druckfarbensparte tätig waren.
  • 1968 begann die BASF mit dem Aufbau eines firmeneigenen Pharmabereichs. Bislang war sie als Lieferantin von Vorprodukten tätig gewesen. Mit dem Erwerb der seit 1927 bestehenden renommierten Nordmark-Werke GmbH, Hamburg, stieg sie 1968 selbst in die Pharmaproduktion ein.
  • Durch den Zusammenschluss mit der Wintershall AG, einem deutschen Erdöl- und Erdgasproduzenten, sicherte sich die BASF ab 1969 den Zugang zu petrochemischen Grundstoffen.
  • Die BASF erwarb 1969 die Wyandotte Chemicals Corporation mit Produktionsstätten in Wyandotte/Michigan und Geismar/Louisiana und baute damit ihre US-Aktivitäten aus. Diese Akquisition, die bis dato die höchsten Investitionen eines deutschen Unternehmens in den USA erforderlich machte, sowie jene der Elastomer/Elastogran-Gruppe in Europa eröffneten 1971 den Weg in das Gebiet der Polyurethan-geschäumten Kunststoffe, die vor allem im Fahrzeugbau und im Freizeitbereich Verwendung finden.
  • 1975 erweiterte die BASF ihr Engagement im Pharmabereich durch den Erwerb der Mehrheit an der Knoll AG, die ihr Stammwerk ebenfalls in Ludwigshafen hatte. Ende 1982 übernahm sie die Knoll-Gruppe zu 100 %. Das Engagement im Pharmasektor wurde 2001 durch den Verkauf der BASF-Pharmasparte an Abbot Laboratories/Illinois, USA, beendet.
  • 1977 begann die BASF ihre Polymerdispersionenproduktion in Cengkareng/Indonesien, deren Produkte unter anderem in der Papier-, Anstrich-, Textil-, Klebstoff- und Bauindustrie eingesetzt werden. 1978 erwarb sie die Dow Badische Company in [37.2707, -76.70746|Williamsburg]]/Virginia zu 100%.
  • In den USA erwarb die BASF 1984 von Celanese das Arbeitsgebiet Faserverbundwerkstoff und verstärkte außerdem ihre nordamerikanischen Aktivitäten im Faserbereich durch die Übernahme der American Enka. Der Erwerb des nordamerikanischen Lackherstellers Inmont Corporation bedeutete einen Schritt zur Erschließung des nordamerikanischen Lack- und Druckfarbenmarktes. Zum Jahreswechsel 1985/86 wurden die nordamerikanischen BASF-Aktivitäten in der Gruppengesellschaft BASF Corporation neu strukturiert.
  • Im finnischen Hamina ging 1999 eine neue Anlage für Polymerdispersionen in Betrieb. Maina ist damit der nördlichste Produktionsstandort der BASF. Die Stärkung ihrer Position im Pflanzenschutzmittelgeschäft erfolgte durch die Übernahme des Pflanzenschutzgeschäfts der American Home Products Corporation (2000) und eines Teils der Pflanzenschutzproduktion von Bayer (2003).
  • Der neue Verbundstandort Nanjing in China nahm 2005 seinen Betrieb auf.

Literatur

  • Werner Abelshauser (Hg.), Die BASF – Von 1865 bis zur Gegenwart. Geschichte eines Unternehmens, München 2. Auflage 2003.
  • BASF Aktiengesellschaft (Hg.), Chemie für die Zukunft, Ludwigshafen 1990.
  • Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (Hg.), Im Reiche der Chemie. Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart, Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG Ludwigshafen am Rhein/Düsseldorf/Wien 1965.
  • Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (Hg.), Sicherheit in der Chemie. BASF-Symposium vom 15. November 1978 in Ludwigshafen (Bibliothek Technik und Gesellschaft), Köln 1979.
  • Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (Hg.), Spritzgussmassen, Ludwigshafen am Rhein 1963.
  • BASF Aktiengesellschaft (Hg.), Unser Boden. 70 Jahre Agrarforschung der BASF Aktiengesellschaft, Köln 1985.
  • Friedhelm Borggrefe, Juden in der BASF (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein 27), Ludwigshafen am Rhein 2000.
  • Friedrich Wilhelm Euler, Die Familie Engelhorn in Mannheim. Vorfahren und Nachkommen des Gründers der BASF, Kommerzienrat Friedrich Engelhorn (1821-1902), Mannheim 1986.
  • Gustav Jacob, Friedrich Engelhorn. Der Gründer der badischen Anilin- & Soda-Fabrik, Mannheim 1959.
  • Knoll Aktiengesellschaft BASF Gruppe (Hg.), 100 Jahre im Dienst der Gesundheit 1886–1986, Ludwigshafen am Rhein 1986.
  • Norbert Koubek/Christian Kunze, Langfristige Strategien der BASF im Rahmen der Veränderungen auf dem Weltchemiemarkt. Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 1994.
  • Alfred von Nagel (u. a.), Stickstoff. Die Chemie stellt die Ernährung sicher (Schriftenreihe des Unternehmensarchivs der BASF Aktiengesellschaft 3), Mannheim 2. Auflage 1991.
  • Jürgen Räuschel, Die BASF. Zur Anatomie eines multinationalen Konzerns (Kleine Bibliothek Politik Wissenschaft Zukunft 54), Köln 1975.
  • Carsten Reinhardt, Forschung in der chemischen Industrie. Die Entwicklung synthetischer Farbstoffe bei BASF und Hoechst, 1863 bis 1914 (Freiberger Forschungshefte D 202: Wirtschaftswissenschaften, Geschichte), Freiberg 1997.
  • Lisa Sanner, "Als wäre das Ende der Welt da". Die Explosionskatastrophen in der BASF 1921 und 1948 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein 42), Ludwigshafen am Rhein, 2015.
  • Hans Schröter, Friedrich Engelhorn. Ein Unternehmer-Porträt des 19. Jahrhunderts, Landau in der Pfalz 1991.
  • Gerhard Wolf, Die BASF. Vom Werden eines Weltunternehmens (Schriftenreihe des Firmenarchivs der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG 6), Ludwigshafen am Rhein 1970.

Quellen

  • Jürgen Nürnberger, BASF AG Ludwigshafen am Rhein. Eine Firmenbibliographie 1865–1990. 2 Bände (Arbeiten zur Landeskunde der Pfalz 1 und 5), Ludwigshafen am Rhein 1990–1991.

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Ludwig Hüttl, Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF), publiziert am 17.09.2012; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Badische_Anilin-_und_Sodafabrik_(BASF) (19.04.2024)