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Landtagswahlkreise (1906-1933)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Auf der Karte sind die alten Wahlkreise vor der Reform 1906 zuerkennen. (Charte über die politische Färbung Bayerns zur Zeit des Landtags 1855: eingetheilt in Regierungs-Bezirke u. Wahlbezirke, Bayerische Staatsbibliothek Mapp. XI,635 ra)
Wahlkreiseinteilung 1906 (gültig bis 1919). Abb. aus: Karl von Krazeisen, Das bayerische Landeswahlgesetz vom 9. April 1906, München 1907, Beilage. (Bayerische Staatsbibliothek, Bavar. 1584 keb)
Die Karte verdeutlicht die Stimmkreiseinteilung bei den Landtagswahlen 1919. Die Einfärbungen verdeutlichen die Stimmverteilung der DDP bei den Wahlen. (Abb. aus Zeitschrift des Bayerischen Statistischen Landesamts 51 (1919))
Gesetz zur Abänderung des Landeswahlgesetzes für Landtagswahlen, Volksbegehren und Volksentscheidungen vom 12. Mai 1920, in: GVBl. 5 (14.2.1924), S. 29.
Wahlkreise für die Landtagswahl 1920. (Gestaltung: Stefan Schnupp, Vorlage: Spindler/Diepolder Bay. Geschichtsatlas, 40)

von Joachim Lilla

Die Wahlkreiseinteilung war in Bayern zwischen 1848 und 1932 politisch umstritten. Zunächst beendete die Wahlrechtsreform von 1906 den seit 1848 geführten Streit zwischen Landtagsparteien und Regierung um den Zuschnitt der Wahlkreise. Fortan war für die Festlegung der Wahl- und Stimmkreise der Landtag zuständig. 1906 entstanden zunächst 133 Wahlkreise, in denen 163 Abgeordnete mittels einfacher Mehrheitswahl bestimmt wurden. Im Zuge der Novemberrevolution 1918 wurde die sozialdemokratisch-liberale Forderung nach dem reinen Verhältniswahlrecht durchgesetzt. Bei der Landtagswahl 1919 stellten die bisherigen Wahlkreise nur noch Stimmkreise dar; die Sitzverteilung wurde nach den Gesamtstimmen auf Landesebene ermittelt. Im Zuge des Rechtsrucks in Bayern 1920 wurden auf Betreiben der BVP wieder Wahlkreise sowie eine Stimmkreisbindung der Abgeordneten eingeführt, um die zentralisierende Wirkung des reinen Verhältniswahlrechts abzumildern. Die Wahlkreise, die den acht Regierungsbezirken entsprachen, waren in so viele Stimmkreise unterteilt, wie dort Abgeordnete zu wählen waren. Pro Stimmkreis und Wahlvorschlag war nur ein Kandidat zulässig, so dass auf Ebene der Stimmkreise weiterhin Personen gewählt wurden. Obwohl umstritten blieb dieses System in seinen Grundzügen bis zum Ende der Weimarer Republik gültig.

Begriff und Problematik

Wahlkreise sind die kleinsten Teilräume eines Wahlgebiets, die für das Wahlergebnis entscheidend sind. In ihnen können jeweils ein Abgeordneter (Einmannwahlkreis) oder auch mehrere Abgeordnete gewählt werden.

Wahlkreise sollten in etwa gleich groß sein, um die Gleichheit der Stimmen zu gewährleisten. Als Vorteil kleiner Wahlkreise gilt die größere Nähe der Abgeordneten zu ihren Wählern. Gleichzeitig besteht vor allem beim Mehrheitswahlrecht die Möglichkeit, mittels geschickter Wahlkreiszuschnitte die Wahlergebnisse zu beeinflussen oder zu manipulieren. Bei anderen Wahlverfahren können durch Ausgleichsmechanismen regionale Ungleichgewichte ausgeglichen werden.

In Bayern waren bis 1918 die Wahlkreise örtlich ausgerichtet und sollten durchschnittlich 38.000 Einwohner umfassen. 1919 wurden die bisherigen Wahlkreise Stimmkreise der beiden einzigen Landtagswahlkreise Bayern rechts des Rheins und Pfalz. Ab 1920 bildeten die Regierungsbezirke die Wahlkreise, die in eine bestimmte, an der Zahl der Einwohner orientierte Zahl von Stimmkreisen unterteilt waren.

Die Wahlkreiseinteilung von 1848 bis 1906

Das Gesetz über die Wahl der Landtagsabgeordneten vom 4. Juni 1848 (GBl. 1848, S. 77; Dokumente III/2, Nr. 39) legte fest, dass auf 31.500 Einwohner des Königreichs Bayern ein Abgeordneter zu wählen war. Die Wahl erfolgte indirekt durch in Urwahlen gewählte Wahlmänner. Dabei oblag es der Regierung, für die sich aus dieser Regelung ergebende variable Zahl der Abgeordneten Wahlkreise zu bilden.

Fortan versuchten die vom König ernannten liberalen Regierungen mittels geschickter Wahlkreiseinteilungen, die Wahlergebnisse in ihrem Sinne zu beeinflussen (so genannte Wahlkreisgeometrie). Die dadurch benachteiligte Patriotenpartei bzw. das Zentrum sowie später auch die Sozialdemokraten forderten daher einen festen, vom Landtag zu bestimmenden Zuschnitt der Wahlkreise.

Landeswahlgesetz 1906

Die Wahlrechtsreform 1906 erfüllte diese gemeinsame Forderung von Zentrum und SPD. Das Landeswahlgesetz vom 9. April 1906 (GVBl. 1906, 131; Dokumente III/2, Nr. 51) normierte die Zahl der zu wählenden Abgeordneten. Auf Basis des Bevölkerungsstands der Volkszählung vom 1. Dezember 1900 sollte im Durchschnitt auf je 38.000 Einwohner ein Abgeordneter treffen (bisher: 31.500). Die Zahl der Abgeordneten setzte das Gesetz auf 163 fest (§ 1). Den Zuschnitt der Wahlkreise (einschl. der Einwohnerzahlen der Wahlkreise, der Stimmkreise und der Stimmkreisbestandteile) und die Zahl der in ihnen zu wählenden Abgeordneten legte die Anlage zum Gesetz nieder. Grundlage waren die Sprengel der Amtsgerichte, Städte und Stadtdistrikte auf dem Stand vom 1. Dezember 1900 (§ 2). Streng juristisch gesehen bedeutete dies eine (fiktive) Festschreibung der Bevölkerungszahl Bayerns und der einzelnen Wahlkreise (Seydel-Piloty, Bayerisches Staatsrecht I, 258, Fußn. 29).

Bayern war nun in 133 Wahlkreise aufgeteilt: In 103 (so genannten einmännigen) Wahlkreisen war je ein Abgeordneter, in weiteren 30 (so genannten zweimännigen) Wahlkreisen waren je zwei Abgeordnete zu wählen. Unabhängig davon gab es erhebliche Abweichungen vom Richtwert von 38.000 Einwohnern: Bei den einmännigen Wahlkreisen lag die Spanne zwischen 32.610 (Friedberg) und 46.294 (Ludwigshafen I) Einwohnern, bei den zweimännigen zwischen 64.450 (Oberviechtach) und 88.737 (Pirmasens) Einwohnern. Gewählt war, wer die relative Mehrheit aller im Wahlkreis abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hatte. Allerdings musste der Gewählte wenigstens ein Drittel dieser Stimmen auf sich vereinigen (Art. 1 Abs. 1 Landeswahlgesetz).

Im Einzelnen waren die Wahlkreise wie folgt auf die Regierungsbezirke verteilt:

  • Regierungsbezirk Oberbayern: 1.323.888 Einwohner, 30 Wahlkreise (davon vier zweimännige), zu wählen: 34 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Niederbayern: 678.192 Einwohner, zwölf Wahlkreise (davon sechs zweimännige), zu wählen: 18 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Pfalz: 831.678 Einwohner, 15 Wahlkreise (davon sieben zweimännige), zu wählen: 22 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Oberpfalz und Regensburg: 553.841 Einwohner, 13 Wahlkreise (davon zwei zweimännige), zu wählen: 15 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Oberfranken: 608.116 Einwohner, 13 Wahlkreise (davon drei zweimännige), zu wählen: 16 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Mittelfranken: 815.895 Einwohner, 18 Wahlkreise (davon drei zweimännige), zu wählen: 21 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg: 650.766 Einwohner, 15 Wahlkreise (davon drei zweimännige), zu wählen: 18 Abgeordnete
  • Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg: 713.681 Einwohner, 17 Wahlkreise (davon zwei zweimännige), zu wählen: 19 Abgeordnete

Die Wahlkreiseinteilung begünstigte bei den Wahlen vor dem Ersten Weltkrieg das Zentrum. SPD und Liberale forderten dagegen die Einführung eines reinen Verhältniswahlrechts, bei der Bayern einen einzigen Wahlkreis gebildet hätte.

Wahlkreise als Stimmkreise 1919

Nach der Revolution von 1918 nutzte die Regierung Eisner die neue Lage, um die alten sozialdemokratischen Reformforderungen zu verwirklichen und das reine Verhältniswahlrecht einzuführen. Gemäß § 1 der neuen Wahlordnung für den bayerischen Landtag vom 7. Dezember 1918 (GVBl. 1918, S. 1257) bildete das ganze Land nunmehr einen Wahlkreis.

Die bisherigen 133 Wahlkreise galten für die Landtagswahl am 12. Januar 1919 als Stimmkreise, in denen 163 Abgeordnete zu wählen waren. Hinzu traten noch 17 weitere Abgeordnete, die entsprechend des Gesamtwahlergebnisses bestimmt wurden (Landesmandate, Landesabgeordnete). Im Gegensatz zum bisherigen Verfahren wurden die Abgeordneten im Stimmbezirk nicht direkt gewählt, sondern im Verhältniswahlrecht, obwohl der Wähler weiterhin wie bisher seine Stimme dem Bewerber (bzw. in zweimännigen Stimmbezirken den beiden Bewerbern) gab. Die Zuteilung der Sitze an die Kandidaten erfolgte mittels des Verfahrens nach Hagenbach-Bischoff, zudem an die 17 Landesabgeordneten, die unabhängig von ihrer im Stimmkreis erreichten Stimmenzahl von ihren Parteien namhaft gemacht werden konnten (Nawiasky, Bayerisches Verfassungsrecht, 148).

Wegen der französischen Besetzung war es unsicher, ob in der Pfalz am 12. Januar 1919 gültige Wahlen stattfinden konnten. Daher wurde am 4. Januar 1919 die Pfalz zu einem eigenen Wahlkreis bestimmt und der dortige Wahltermin auf den 2. Februar gelegt. Am 12. Januar fand daher zunächst die Wahl von 141 Abgeordneten in den 118 Stimmkreisen rechts des Rheins statt, im Anschluss daran die Bestimmung von 15 Landesabgeordneten. In den 15 Stimmkreisen der Pfalz wurden am 2. Februar 22 Abgeordnete gewählt und im Anschluss daran zwei weitere Landesabgeordnete bestimmt (Ministerialbekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom 4. Januar 1919, BayStZ 7 [1919], Nr. 5 [Zweites Blatt], 5.1.1919).

Neuausrichtung der Wahlkreiseinteilung 1920

Der konservative Umschwung nach dem Ende der Regierung Hoffmann II und der Wahl Gustav von Kahrs (BVP, 1862-1934) zum Ministerpräsidenten hatten unmittelbare Auswirkungen auf das Wahlrecht. Das Landeswahlgesetz vom 12. Mai 1920 (GVBl. 1920, S. 195) trug, da keine Partei die absolute Mehrheit hatte, deutliche Züge eines Kompromisses.

Wesentliche Neuerungen waren die von der BVP betriebene Wiedereinführung von Wahlkreisen und die Stimmkreisbindung. Die BVP wollte damit Nachteilen des Verhältniswahlrechts entgegentreten und eine Stärkung der Parteienherrschaft sowie die Zersplitterung der Parteienlandschaft vermeiden. Durch die Stimmkreisbindung sollten die Abgeordneten stärker im Kontakt mit den Wählern bleiben.

Grundzüge der Wahlkreiseinteilung 1920-1933

Bayern wurde in acht Wahlkreise, die den Kreisen (Regierungsbezirken) entsprachen, unterteilt, in denen eine jeweils individuell festgelegte Zahl von Abgeordneten zu wählen war. Die Zahl der Stimmkreise entsprach der Zahl der im Wahlkreis zu wählenden Abgeordneten. Pro Stimmkreis und Wahlvorschlag konnte nur ein Kandidat aufgestellt werden, doch war die Kandidatur in mehreren Stimmkreisen (aber nicht Wahlkreisen) möglich. Durch diese Stimmkreisbindung blieb es bei der Wahl von Persönlichkeiten, wobei die Wähler bis 1928 auch die Möglichkeit hatten, nur die Liste und nicht den vorgeschlagenen Kandidaten zu wählen.

Zu den Abgeordneten, die in den Wahlkreisen gewählt wurden, traten zusätzliche "Landesabgeordnete", die den Gesamtwahlvorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stimmenzahlen in ganz Bayern zur Benennung zugeteilt wurden (Reststimmenverteilung). Voraussetzung war aber, dass die Partei mindestens in einem Wahlkreis ein Mandat errungen hatte.

Das bayerische Verfahren führte dazu, dass bei unterschiedlicher Wahlbeteiligung je nach Wahlkreis eine andere Anzahl an Wählerstimmen notwendig war, um ein Abgeordnetenmandat zu erlangen. Da ländlich geprägte Regierungsbezirke wie Niederbayern während der gesamten Weimarer Zeit eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung aufwiesen, wurden auf diese Weise die dort stark vertretenen Parteien – also BVP und Bauernbund – bevorzugt. 1928 entfielen auf einen Abgeordneten in Niederbayern 21.826 Stimmen, in Mittelfranken dagegen 32.292.

Die Wahlkreiseinteilung blieb bis zum Ende der Weimarer Republik im Grundsatz erhalten (mit Ausnahme einer Sonderregelung für Coburg 1924). Da die Zahl der Landtagsabgeordneten 1920 und 1924 reduziert wurde, änderte sich zugleich die Stimmkreiseinteilung. Einwohnerzahlen der Wahlkreise, Stimmkreise und Stimmkreisbestandteile legte die jeweils neu gefassten Anlage des Landeswahlgesetzes fest.

Eine Klage mehrerer kleinerer Parteien, die sich durch die Wahlkreiseinteilung benachteiligt und die Grundsätze des Verhältniswahlrechts verletzt sahen, wies der Bayerische Staatsgerichtshof am 12. Februar 1930 ab. Er erklärte aber aus dem selben Grund das System der Landesabgeordneten in dieser und weiteren, 1931 ergangenen Entscheidungen für verfassungswidrig.

Die Wahl- und Stimmkreiseinteilung 1920

Das Landeswahlgesetz vom 12. Mai 1920 (GVBl. 1920, S. 195) bestimmte, dass in den acht Wahlkreisen 140 Abgeordnete zu wählen waren. Dazu traten 15 Landesabgeordnete. Die 140 Abgeordneten aus den Wahlkreisen verteilten sich folgendermaßen:

Pro 50.000 Einwohner (mit einer zulässigen Abweichung von 3.000 nach oben und unten) sollte ein Abgeordneter gewählt werden (vgl. v. Jan, Landeswahlgesetz 1928, 14f.).

Die Vertretung Coburgs 1920

Zu den 1919 und 1920 regulär gewählten Abgeordneten traten ab 19. März 1920 drei weitere, welche die coburgische Landesversammlung aufgrund des Staatsvertrages über die Vereinigung Coburgs mit Bayern vom 14. Februar 1920 in den Bayerischen Landtag delegierte (§ 4, GVBl. 1920, S. 336; Dokumente III/2, Nr. 21). Diese drei Coburger Abgeordneten nahmen beratend an den Verhandlungen des Bayerischen Landtags teil. Sie wurden ab 30. November 1920 durch drei am 7. November in Coburg direkt gewählte Abgeordnete ersetzt.

Für die Nachwahlen im ehemaligen Freistaat Coburg bestanden die folgenden Stimmkreise (Coburger Regierungsblatt 1920, S. 638-644):

  1. Stimmkreis Coburg-Stadt
  2. Stimmkreis Neustadt-Sonnefeld-Königsberg i. Bay.
  3. Stimmkreis Coburg Land-Rodach

Wahl- und Stimmkreiseinteilung 1924/28

Durch die Änderung des Landeswahlgesetzes am 21. Juli 1921 wurde für die folgende, 1924 stattfindende Landtagswahl ein eigener Wahlkreis IX Coburg mit zwei Stimmkreisen gebildet, die später in dem - dann um zwei Stimmkreise zu erweiternden - Wahlkreis V Oberfranken aufgehen sollten. Diese Bestimmungen blieben trotz der 1924 erfolgten Verkleinerung des Landtags wirksam.

Eine Verkleinerung des Landtags erfolgte durch die Novellierung des Landeswahlgesetzes mit dem Änderungsgesetz vom 6. Februar 1924 (GVBl. 1924, S. 29). Fortan waren in den Wahlkreisen (bei gleichzeitiger Verringerung der Zahl der Stimmkreise) nur noch 113 Abgeordnete (etwa ein Abgeordneter pro 62.000 Einwohner) zu wählen; die Anlage mit den Stimmkreisen wurde entsprechend abgeändert. Weiterhin waren 15 Landesabgeordnete zu benennen, so dass sich für die folgenden Wahlen eine Gesamtzahl von 128 Abgeordneten ergab:

Da 1924 aber im Wahlkreis Coburg zwei Abgeordnete zu wählen waren, belief sich die Zahl der 1924 tatsächlich gewählten Abgeordneten auf 129.

Weitere Änderungen des Landeswahlgesetzes, die sich erst bei der Landtagswahl 1928 auswirkten, erfolgten am 18. Juli 1925 (GVBl. 1925, 209). 1928 wurden 128 Abgeordnete gewählt.

Planungen zur Neueinteilung 1931/32

Im Zusammenhang mit der "Wahlrechtskrise" 1930/31 beschloss der Landtag am 3. März 1931 eine Änderung des Landeswahlgesetzes (GVBl. 1931, 124f.). Nach Fortfall der 15 Landesabgeordneten waren künftig sämtliche 128 Abgeordneten aus den Wahlkreisen zu wählen. Um eine aufwändige neue Stimmkreiseinteilung zu vermeiden, behielt der Landtag die 113 Stimmkreise bei und wollte die Neuumschreibung erst auf Basis neuer Volkszählungsergebnisse durchführen.

Das Prinzip der Stimmkreisbindung blieb aber erhalten, so dass nach wie vor pro Stimmkreis und Liste nur ein Kandidat aufgestellt werden konnte. Dies war möglich, da es angesichts der Parteienzersplitterung ausgeschlossen war, dass eine Partei mehr Sitze erhielt, als der Wahlkreis Stimmkreise enthielt (von Jan, Landeswahlgesetz 1932, 58-59).

Als Kompromisslösung wurde für die Wahl von 1932 die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten kurzerhand erhöht:

Die bei diesem Verfahren an sich wünschenswerte Vermehrung der Stimmkreise erfolgte aber nicht. Die Zusammenlegung mehrerer Kreise (Regierungsbezirke), die zugleich die Wahlkreise bildeten, im Zuge der Staatsvereinfachung 1932 blieb ohne Auswirkungen auf die Wahlkreiseinteilung.

Die Landtagswahlkreise nach 1932

Nach 1932 war die Wahlkreiseinteilung nicht mehr relevant. Durch das Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder vom 31. März 1933 (RGBl. 1933 I, S. 153, § 4) wurden "die Volksvertretungen der Länder" aufgelöst und nach den Stimmenzahlen, die bei der Wahl zum Deutschen Reichstag am 5. März 1933 innerhalb eines jeden Landes auf die Wahlvorschläge entfallen waren, neu gebildet. Die Stimmen der KPD blieben dabei unberücksichtigt. Die Zahl der Sitze orientierte sich in Bayern und den anderen größeren Ländern an einer Verteilungszahl (in Bayern: 40.000). Die Wählergruppen erhielten so viele Sitze, wie die Verteilungszahl in ihrem Ergebnis enthalten war. Der auf diese Art neu gebildete Landtag hatte 103 Mitglieder.

Nach dem Zweiten Weltkrieg behielt man in Bayern das System aus der Weimarer Zeit prinzipiell bei, anfangs gegen erneuten Widerstand der SPD: Wahlkreise sind die Regierungsbezirke, die in Stimmkreise unterteilt sind. Die Stimmkreise haben insofern größeres Gewicht, als hier mit einer Erststimme ein Direktkandidat gewählt wird, wobei der Wähler eine weitere Stimme für Listen der Parteien auf Wahlkreisebene hat. Zur Ermittlung der Sitzverteilung werden die Stimmen für Direktkandidaten und Listen gemeinsam gewertet. Eventuelle Ungleichgewichte (eine Partei erhält im Wahlkreis mehr Direktmandate, als ihr laut Stimmenanteil zustehen) fangen Ausgleichsmandate für andere Parteien auf.

Dokumente

Literatur

  • Heinrich von Jan (Hg.), Das bayerische Landeswahlgesetz für Landtagswahlen, Volksbegehren und Volksentscheidungen vom 12. Mai 1920 mit der Landeswahlordnung vom 12. Mai 1920, München u. a. 1920 (mit Ergänzungsheft 1924).
  • Heinrich von Jan (Hg.), Das bayerische Landeswahlgesetz für Landtagswahlen, Volksbegehren und Volksentscheidungen in der Fassung vom 30. März 1928 mit der Landeswahlordnung vom 30. März 1928, München 1928.
  • Heinrich von Jan (Hg.), Das Bayerische Landeswahlgesetz für Landtagswahlen, Volksbegehren und Volksentscheidungen in der Fassung vom 14. März 1932 mit der Landeswahlordnung vom 14. März 1932, München u. a. 1932.
  • Heinrich von Jan, Verfassung und Verwaltung in Bayern 1919-1926, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts 15 (1927), S. 1-50. (Jan, Verfassung 1927)
  • Heinrich von Jan, Verfassung und Verwaltung in Bayern 1927-1930, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts 19 (1931), S. 1-33. (Jan, Verfassung 1931)
  • Joachim Lilla, Der Bayerische Landtag 1918/19 bis 1933. Wahlvorschläge – Zusammensetzung – Biographien (Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 21), München 2008.
  • Hans Nawiasky, Bayerisches Verfassungsrecht, München/Berlin/Leipzig 1923.
  • Max von Seydel, Bayerisches Staatsrecht. 1. Band: Die Staatsverfassung, bearb. von Robert Piloty (Das öffentliche Recht der Gegenwart 21), Tübingen 1913. (Seydel-Piloty, Bayerisches Staatsrecht I)
  • Klaus Unterpaul, Die Grundsätze des Landeswahlrechts nach der Bayerischen Verfassung im Lichte der Entwicklung von 1946 bis 1989 (Beiträge zum Parlamentarismus 7), München 1992.

Quellen

  • Karl Bosl (Hg.), Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern. 3. Abteilung: Bayern im 19. und 20. Jahrhundert. 2. Band: Die Bayerische Staatlichkeit, unter Mitwirkung von Werner K. Blessing bearb. von Rolf Kiessling und Anton Schmid, München 1976.
  • Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich (1918: den Volksstaat, 1919: den Freistaat) Bayern, München 1906, 1918 bis 1933.

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Joachim Lilla, Landtagswahlkreise (1906-1933), publiziert am 31.07.2008; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landtagswahlkreise_(1906-1933)> (28.03.2024)