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Bamberger Tagblatt (1834-1945)

Aus Historisches Lexikon Bayerns

(Weitergeleitet von Bamberger Tagblatt (1834-1945))
Flugblatt vom 28. Oktober 1834. (Staatsbibliothek Bamberg)
Titelblatt der Ausgabe vom 30. Oktober 1834. (Staatsbibliothek Bamberg)
Titelblatt der Ausgabe vom 20. Dezember 1865. (Staatsbibliothek Bamberg)

von Stefan Knoch

Das "Bamberger Tagblatt" – 1834 als "Täglicher Anzeiger" gegründet – ist aufgrund seines langen und ununterbrochenen Erscheinungszeitraums sowie seiner relativ hohen Auflagenzahlen eine wichtige Quelle für die Geschichte Bambergs und dessen Umlands von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Es gibt keine andere gedruckte Quellengattung von dieser Vollständigkeit und Breite, die Informationen zum politischen, kulturellen und sozialen Leben der Region und zur Widerspiegelung überregionaler Ereignisse in der örtlichen Presse liefert.

Übersicht der Namensänderungen

  • ab 30.10.1834: Täglicher Anzeiger, Tagsblatt der Stadt Bamberg
  • ab 01.01.1835: Tagsblatt der Stadt Bamberg
  • ab 29.01.1835: Tagblatt der Stadt Bamberg
  • ab 20.12.1865: Bamberger Tagblatt
  • ab 29.07.1933: Fränkisches Volk / Bamberger Tagblatt
  • ab 01.10.1934: Bayerische Ostmark / Bamberger Tagblatt
  • ab 01.08.1942: Bamberger Tagblatt

Das Bamberger Zeitungswesen bis 1834

Obwohl Bamberg nach Mainz (Rheinland-Pfalz) und neben Straßburg (Frankreich) zu den ersten Buchdruckorten gehört, dauerte es bis zur Gründung der ersten regelmäßigen Zeitung im Vergleich zu anderen Städten relativ lange: Auf Initiative des Bamberger Fürstbischofs Franz Konrad von Stadion und Thannhausen (1679-1757, seit 1753 Fürstbischof) erschien am 1. Januar 1754 erstmals ein sogenanntes Intelligenzblatt mit dem Titel "Neue, Doch Gemeinnutzliche Hochfürstlich-Bambergische Wochentliche Frag- und Anzeige-Nachrichten". Hierbei handelte es sich um ein rein amtliches Verkündigungs- und Anzeigenblatt und somit um den Urahn des heutigen "Amtsblatts des Landkreises Bamberg". Erst am 1. Juli 1795 kam mit der "Bamberger Zeitung" ein Blatt politischen Inhalts auf den Markt, das unter dem französischen Emigranten Gérard Gley (1761-1830) von 1797 bis 1801 eine wöchentliche Beilage namens "Charon" enthielt, eine Art politisch räsonierende Zeitschrift. Der Titel wurde zum Jahresbeginn 1802 zur "Kurpfalzbaierischen Bamberger Zeitung" erweitert, um den Zusatz bereits ein gutes Jahr später wieder zu verlieren; seit 1. Januar 1810 erschien die Zeitung dann als "Fränkischer Merkur".

Als dritte Bamberger Zeitung ist an dieser Stelle noch "Der Bürgerfreund" zu erwähnen, der von April bis Juni 1829 zweimal wöchentlich erschien.

Gründung und Anfänge des "Bamberger Tagblatts"

Das "Bamberger Tagblatt" erschien erstmals am 30. Oktober 1834 unter dem Titel "Täglicher Anzeiger, Tagsblatt der Stadt Bamberg" im Oktav-Format und im Umfang von zwei Seiten, noch mit der Beifügung "Probeblatt", die jedoch bereits ab dem Folgetag entfiel. Zwei Tage zuvor hatte ein ebenfalls zweiseitiges Flugblatt, das die Gestaltung des Titelkopfs bereits vorwegnahm und als "Nro. 0" gezählt wurde, die neue Zeitung angekündigt, weshalb in der Literatur bisweilen der 28. Oktober 1834 fälschlicherweise als Tag der Erstausgabe genannt wird (beispielsweise: Frei, Nationalsozialistische Eroberung, 260; Simeth, Bamberger Presse, 46 und 150). Das Flugblatt und die ersten beiden Nummern wurden kostenlos verteilt; am 1. November 1834 begannen mit Nr. 3 dann die Abonnements. Als Programm nennt das erwähnte Flugblatt "die Veröffentlichung alles Guten, was in der Stadt geschieht, wenn es auch einer Erörterung in Zeitungen nicht würdig seyn sollte." Ab 1. Januar 1835 hieß die Zeitung nur noch "Tagsblatt der Stadt Bamberg", ab 29. Januar 1835 fiel dann auch das Fugen-S weg, so dass der Titel nun "Tagblatt der Stadt Bamberg" lautete. Den Namen "Bamberger Tagblatt" trägt die Zeitung erst seit dem 20. Dezember 1865.

Der Anstoß für die Zeitung war vom Leiter der Königlichen Bibliothek Bamberg (heute: Staatsbibliothek Bamberg) Heinrich Joachim Jäck (1777–1847) ausgegangen, der eine tägliche Chronik der Bamberger Ereignisse als Desiderat empfand und den befreundeten Drucker Johann Michael Reindl (1807–1882) zur Gründung des "Bamberger Tagblatts" anregte. Jäck hatte anfangs wohl auch die Schriftleitung inne, gab diese jedoch bereits nach wenigen Wochen an den Juristen und Philosophen Franz Joseph Felsecker (1805-1886) ab. Nach dessen Ausscheiden Ende 1836 war für sechs Monate der Gewerbeschullehrer Johann Michael Romig (1808–1868) Schriftleiter, seit Mitte 1837 dann Johann Michael Reindl selbst, unterstützt von Christian Adam Kießling (gest. 1881). Nach Reindls Tod 1882 hatte J. B. Tretter (gest. 1885) diese Funktion inne, danach der Sohn des Gründers, J. B. Reindl, und ab Februar 1888 Anton Schuster (1850–1929).

Anfangs musste das "Bamberger Tagblatt" das Feld der politischen Nachrichten dem "Fränkischen Merkur" überlassen, der erfolgreich auf seinem diesbezüglichen Privileg pochte, und beschränkte sich auf einen historischen Tageskalender, den Abdruck von Mitteilungen und Wünschen der Leser, Anekdoten, Werbe- und Veranstaltungsanzeigen sowie auswärtige Nachrichten unpolitischer Art. Schon nach einigen Wochen wurde der historische Tageskalender durch eine Übersicht der Wetterwerte des Vortags ersetzt, zudem wurden zunehmend auch politische Meldungen gedruckt.

Die Bamberger Zeitungslandschaft im 19. Jahrhundert

Nach der Gründung des "Bamberger Tagblatts" wurden in Bamberg weitere Konkurrenzblätter ins Leben gerufen, die bisweilen nur von kurzer Dauer waren und deren Titel im folgenden zumindest genannt werden sollen, um die Rahmenbedingung zu skizzieren, unter denen das "Bamberger Tagblatt" um Leser rang.

Nur für das Jahr 1838 nachgewiesen ist das "Bamberger Morgenblatt", dessen Einzelnummern teilweise den Titelzusatz "Cronacher Anzeiger" trugen. Zum Jahresbeginn 1843 wurde der "Bamberger Beobachter, ein Blatt für alle Stände" gegründet; auch er ist jedoch nur bis Anfang 1845 nachgewiesen.

Während der Revolution von 1848/49 kam es in Bamberg wie in vielen anderen Städten zur Gründung zahlreicher neuer Zeitungen, die sich durch ihre aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen resultierende Kurzlebigkeit auszeichneten, so "Der Zuschauer in Franken" (Mai–Juli 1848), der "Wahrheitsfreund" (März–August 1848) und der "Freund der Wahrheit und des Volkes" (August 1848–Januar 1849).

In diese Reihe gehört auch das zum 1. Februar 1849 gegründete liberal-antiklerikal orientierte "Bamberger Volksblatt", das schon nach vier Monaten wieder eingestellt werden musste. Derselbe Titel wurde Ende 1852 ganz bewusst für eine neugegründete prokirchliche Zeitung gewählt, die sich mit dreimonatiger Unterbrechung bis März 1856 halten konnte. 1872 wurde das "Bamberger Volksblatt" dann ein zweites Mal wiederbelebt und sollte nun für knapp 100 Jahre die Bamberger Zeitungslandschaft mitprägen (s. u.).

Der anfangs größte Konkurrent des "Bamberger Tagblatts", der "Fränkische Merkur", wurde zum 6. August 1848 eingestellt, scheint jedoch seine Fortsetzung ab dem 1. September 1848 unter dem Titel "Bamberger Zeitung" gefunden zu haben, die bis zum 30. November 1865 erschien.

Ab dem 1. Januar 1876 gab es die "Baunach- und Itzgrundzeitung", die schon 1877 in "Neue Allgemeine Zeitung für Franken und Thüringen" umbenannt wurde und ab dem 1. Oktober 1880 bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1920 "Allgemeine Zeitung für Franken und Thüringen" hieß.

Weitere hier zu nennende Bamberger Zeitungstitel (Erscheinungsdauer in Klammern) sind der "Volksfreund" (1851), das "Bamberger Morgenblatt" (1853–1856), die konservative "Neue Bamberger Zeitung" (1869/70), die "Bamberger Neuesten Nachrichten" (1860–1923) und das anfänglich als "Bamberger Stadt- und Landbote" erschienene "Bamberger Journal" (1881–1888).

Die Entwicklung des "Bamberger Tagblatts" bis 1933

Das "Bamberger Tagblatt" war zwar parteipolitisch unabhängig, grundsätzlich jedoch konservativ ausgerichtet. Seit dem 7. Juli 1905 erschien es nicht mehr im traditionellen Oktav-, sondern im Berliner Format.

Gemäß verlagseigenen Angaben betrug die Auflagenhöhe des "Bamberger Tagblatts" 1913 gut 20.000 Exemplare und erreichte Mitte der 1920er Jahre dann ihren Höhepunkt mit fast 30.000 Stück, um bis 1933 wieder auf rund 20.000 Exemplare zurückzugehen (Angaben nach: Frei, Nationalsozialistische Eroberung, 261). Bei diesen Zahlen ist jedoch zu beachten, dass sie auf den offiziellen Meldungen des Verlags beruhen, der im Hinblick auf das Anzeigengeschäft – wie auch die anderen Zeitungsverlage – ein Interesse daran hatte, möglichst hohe Stückzahlen vorzuweisen.

Die Zeitung blieb bis zum Tod der Witwe des Gründers 1902 im Besitz der Familie Reindl und wurde dann an Richard Freiherr von Michel-Raulino (DNVP, 1864-1926) verkauft. Dieser war engagiertes DNVP-Mitglied, und entsprechend national-konservativ war das "Bamberger Tagblatt" unter ihm ausgerichtet. Nach seinem Tod 1926 verblieb die Zeitung im Besitz der Familie und behielt ihre politische Orientierung bei.

Zunehmend wurde das 1872 wiedergegründete "Bamberger Volksblatt" (s. o.) zu einer ernsthaften Konkurrenz des "Bamberger Tagblatts". Das "Volksblatt" verfocht nachdrücklich die Sache der katholischen Kirche, von der es insbesondere seit Beginn der 1920er Jahre konsequent unterstützt wurde, und stand der Bayerischen Volkspartei nahe. Es konnte dem "Bamberger Tagblatt" einen bedeutenden Teil seiner Leser abwerben, so dass dessen Auflagenhöhe bis 1933 auf 20.000 Exemplare sank.

Daneben gab es kurzlebige Neugründungen wie die "Bamberger Zeitung", ein Wochenblatt für Leser des Mittelstands mit häufig wechselndem Titelzusatz (1928–1933), und die beiden NS-Wochenblätter "Die Flamme" (1926–1933) und "Bamberger Beobachter". Letztgenannter erschien ab Mai 1932, wurde ab Anfang 1933 als "Bamberger Sonntagszeitung" fortgeführt und im Februar 1934 eingestellt.

Das "Bamberger Tagblatt" im Dritten Reich

Aufgrund der Nähe des "Bamberger Tagblatts" zur DNVP verwundert es nicht, dass der Leitartikel der Ausgabe vom 31. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers (NSDAP, 1889-1945, Reichskanzler ab 1933) zum Reichskanzler zwar nicht frenetisch feierte, aber doch als wohl einzig verbliebenen Weg aus der politischen Krise Deutschlands ansah.

Einige Monate später trat die Eigentümerfamilie nach zähen Verhandlungen die Verlagsrechte an den Gauverlag Bayerische Ostmark in Bayreuth ab, so dass das "Bamberger Tagblatt" mit der Bamberger Nebenausgabe des erst seit dem 1. Oktober 1932 bestehenden NS-Blatts "Fränkisches Volk" fusionieren und seit dem 29. Juli 1933 unter dem Titel "Fränkisches Volk / Bamberger Tagblatt" firmieren konnte. Ab dem 1. Oktober 1934 hieß die Zeitung dann "Bayerische Ostmark / Bamberger Tagblatt", bevor die Umbenennung des "Gaues Bayerische Ostmark" in "Gau Bayreuth der NSDAP" eine erneute Titeländerung nötig machte: Ab Mitte Juni 1942 erschien die Zeitung daher zunächst mit dem zusätzlichen Hinweis im Kopf, dass die nötige Titeländerung "aus technischen Gründen" nicht sofort umgesetzt werden könne. Ab der Ausgabe vom 1./2. August 1942 lautete der Titel dann (wieder) "Bamberger Tagblatt".

Das "Bamberger Volksblatt" war nach jahrelangem politischen Zermürbungskrieg schließlich Anfang September 1939 verboten und mit dem Konkurrenzblatt "Bayerische Ostmark / Bamberger Tagblatt" vereinigt worden.

Ausblick: Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

Das "Bamberger Tagblatt" wurde nach dem 11. April 1945 von den US-amerikanischen Besatzungsbehörden verboten, die vom 19. Mai bis zum 13. November 1945 als Ersatz den "Bayerischen Tag" herausgaben. Erst ab dem 8. Januar 1946 erschien mit dem "Fränkischen Tag" wieder eine Zeitung in Bamberg, und zwar in den Gebäuden und mit Hilfe der Maschinen des "Bamberger Tagblatts". 1953 einigten sich die Eigentümer des "Fränkischen Tags" und die Familie Michel-Raulino als ehemalige Eigentümerin des "Bamberger Tagblatts" auf die Gründung einer neuen Verlagsgesellschaft mit jeweils hälftiger Beteiligung. Infolge dieser Regelung setzt der "Fränkische Tag" seit dem 14. Januar 1954 die Jahrgangszählung des "Bamberger Tagblatts" fort, sieht sich also in dessen direkter Nachfolge.

Im Jahr 1949 war die frühere Konkurrenzzeitung des "Bamberger Tagblatts", das "Bamberger Volksblatt", als "Neues Volksblatt" wiederbegründet worden. Dieses wurde 1953 umbenannt in "Bamberger Volksblatt" und schließlich zum 1. Januar 1970 vom "Fränkischen Tag" aufgekauft.

Literatur

  • Rudolf Albart, Von Albrecht Pfister bis zum FT. Eine Kurzgeschichte der Bamberger Presse, Bamberg 1955.
  • Wilhelm Raimund Beyer, Zwischen Phänomenologie und Logik. Hegel als Redakteur der Bamberger Zeitung, Köln 2. Auflage 1974.
  • Norbert Frei, Nationalsozialistische Eroberung der Provinzpresse. Gleichschaltung, Selbstanpassung und Resistenz in Bayern, Stuttgart 1980.
  • Hans Kapfinger (Hg.), Die neue bayerische Presse, Passau 1948.
  • Elisabeth Papp, Bamberg, in: Walther Heide (Hg.), Handbuch der Zeitungswissenschaft. 1. Band (1940), 403-407.
  • Elisabeth Papp, Die Anfänge der Presse in Bamberg (bis zur Säkularisation), Würzburg 1940.
  • Anton Schuster, Die Erfindung der Buchdruckerkunst und deren Verbreitung in Bamberg, nebst Geschichte des Bamberger Zeitungswesens, Bamberg 1890.
  • Georg Seiderer, Formen der Aufklärung in fränkischen Städten, München 1997.
  • Hans Wagner/Norbert Haimerl, Wort gehalten: Der "Fränkische Tag", in: Hans Wagner (Hg.), Enzyklopädie der bayerischen Tagespresse, München 1990, 379-396.

Quellen

Weiterführende Recherche

Tagblatt der Stadt Bamberg, Bamberger Tagblatt, Fränkisches Volk/Bamberger Tagblatt, Bayerische Ostmark/Bamberger Tagblatt

Empfohlene Zitierweise

Stefan Knoch, Bamberger Tagblatt (1834-1945), publiziert am 01.12.2014; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bamberger_Tagblatt_(1834-1945) (20.04.2024)