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American Institute, München

Aus Historisches Lexikon Bayerns

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Die Coit School for American Boys war in einem Wohnhaus in der Münchner Konradstraße 14 untergebracht. (Foto von Rufus46 lizensiert durch CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)
Das Wohnhaus von Anton Pfeiffer (1888-1957) in der Münchner Hubertusstraße 22 diente dem American Institute als Sitz. (Foto von Peterf lizensiert durch CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)
Dr. Anton Pfeiffer (1888-1957). Abb aus: Amtliches Handbuch des Bayerischen Landtags, München 1929, 141. (Bayerische Staatsbibliothek Bavar. 4339 h-1929)

von Ellen Latzin

Privatschule in München, 1927 gegründet von BVP-Generalsekretär Anton Pfeiffer (1888-1957). Das Institut bot amerikanischen Schülern während des Aufenthaltes in Europa Unterricht in englischer Sprache. Nach längeren Auseinandersetzungen mit dem nationalsozialistischen Regime gab Pfeiffer die Schule 1936 auf, profitierte aber insbesondere während der amerikanischen Besatzung 1945-1949 als Leiter der bayerischen Staatskanzlei von seinen guten US-Kontakten aus dieser Zeit.

Vorgeschichte: die Coit School for American Boys

Das American Institute ging hervor aus der Coit School for American Boys in der Münchner Konradstraße 14, die seit 1907 unter der Leitung der US-Professoren James Milnor Coit (gest. 1923) und Leslie Bissell (geb. 1862) die Söhne amerikanischer Familien in Europa auf die Universität vorbereitete. 1910 trat der Neuphilologe Anton Pfeiffer (1888-1957) dort eine Stelle als Lehrer an. Als die Coit School im Sommer 1915 wegen des Ersten Weltkrieges ihren englischsprachigen Lehrbetrieb einstellte, hielt Pfeiffer den Kontakt zu US-Kreisen in München und Übersee weiter aufrecht. 1919 trat er als Lehrer in den bayerischen Staatsdienst ein.

Gründung 1927

Mitte November 1926 startete Pfeiffer, mittlerweile Generalsekretär der BVP, zu einer einmonatigen Informationsreise in die USA, um die Wiedereröffnung der amerikanischen Schule vorzubereiten. Unterstützt wurde er dabei vom Auswärtigen Amt und der Bayerischen Staatsregierung, die bereits 1922 in einem gemeinsamen Gutachten festgestellt hatten, "dass im deutschen außenpolitischen Interesse die Wiedererrichtung wünschenswert sei" (aus den Unterlagen des American Institute, 23. März 1927). Hinzu kam die kulturpolitische Konkurrenz zu Frankreich, das seit 1924 versuchte, die Erziehung junger Amerikaner in Europa zu monopolisieren, indem es amerikanische Privatschulen in Paris, Menton und in der französischsprachigen Schweiz (Lausanne) förderte.

Im Frühjahr 1927 nahm Pfeiffer im Nebenberuf den Lehrbetrieb in den Räumen seines Privathauses in der Münchner Hubertusstraße 22 auf, wo zwölf Internats- und weitere zwölf Tagesschüler Platz fanden. Die Geschäftsführung übernahm sein Bruder Josef. Unter dem Namen American Institute sollte die Schule die Arbeit der früheren Coit School fortsetzen sowie die bildungs- und kulturpolitischen Beziehungen zu den USA vertiefen. Finanzielle Unterstützung kam u. a. vom Auswärtigen Amt, vom bayerischen Kultusministerium und von der Carnegie Foundation in New York.

Standortvorteil München

Die Schule warb von Anfang an mit den Standortvorteilen Münchens: den guten Kontakten Pfeiffers zur amerikanischen Kolonie, der reichhaltigen Kultur- und Museumslandschaft, der Universität, der Nähe zu den Alpen sowie der zentralen Lage als Ausgangspunkt für Exkursionen nach Berlin, Paris oder Italien.

Das Lehr- und Beratungsangebot

Die Schule bot drei verschiedene Leistungen an:

  • Eine Mittelschule mit amerikanischem Lehrplan, daran angeschlossen ein kleines Internat. Amerikanische und deutsche Lehrkräfte unterrichteten auf Englisch.
  • Beratung für amerikanische Hochschulprofessoren und Studenten bei längeren Forschungs- oder Studienaufenthalten in Deutschland sowie Unterstützung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten.
  • Mehrmonatige Sommerkurse für amerikanische Studenten mit Besichtigungsfahrten durch Bayern und Deutschland, um die landeskundlichen Kenntnisse zu vertiefen.

Seit 1929 hatte die Schule das Recht, im Auftrag der Zentralprüfungskommission in New York die College-Eintrittsprüfung durchzuführen. Pfeiffer initiierte ferner eine Kooperation mit dem diplomatischen Dienst des State Department in Washington und dem Amerikanischen Institut für internationale Studien in Florenz.

Absolventenzahlen

Bis März 1934 betreute die Schule insgesamt 150 Schüler und führte für 43 die Eintrittsprüfung für das College durch. Hinzu kamen jährlich 80-90 betreute Hochschulprofessoren, zehn bis zwölf Gruppenbetreuungen, Sommerferienkurse für Studenten mit Exkursionen sowie regelmäßige Vortrags- und Kulturveranstaltungen im American Institute.

Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten seit 1933 und endgültige Auflösung 1936

Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten setzte das Institut zunächst seine Lehr- und Beratungstätigkeit fort. Seit Herbst 1933 geriet der ehemalige BVP-Spitzenpolitiker Pfeiffer mit seinen umfassenden Auslandskontakten jedoch ins Visier der Nationalsozialisten, die seine Privatschule zudem als Konkurrenz zum Deutschen Akademischen Austauschdienst e.V. (DAAD) und zum Amerika-Ausschuss der Deutschen Akademie verstanden. Mit seiner Versetzung an die Oberrealschule Schweinfurt im Februar 1934 schien das Institut bereits am Ende, allerdings gelang Pfeiffer dank diplomatischer Hilfe aus dem In- und Ausland ein halbes Jahr später die Rückkehr nach München. Das endgültige Aus kam im April 1936, als die finanziellen Einbußen durch sinkende Studentenzahlen zu groß wurden. Pfeiffer blieb als Lehrer im Staatsdienst.

Zur Bedeutung des American Institute

Neben dem Amerika-Institut in Berlin-Dahlem und dem Austro-American Institute of Education in Wien war das Münchner American Institute die einzige Privatschule dieser Art im deutschsprachigen Raum. Seine Bedeutung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen der Zwischenkriegszeit in München beruhte primär auf der Person Pfeiffers und seinen kulturpolitischen Vorstellungen, in denen die eigenständige auswärtige Kulturpolitik der Länder eine maßgebliche Rolle spielte.

Während der Besatzungszeit 1945-1949 kamen Pfeiffer, mittlerweile Leiter der bayerischen Staatskanzlei, seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse und Kontakte zu den Vertretern der US-Militärregierung zugute. Diese rührten noch aus der Zeit im American Institute her, so etwa die Bekanntschaft mit James K. Pollock (1898-1968), Politikwissenschaftler und Gründer des Stuttgarter Länderrats, oder mit dem Berater der Militärregierung Karl Loewenstein (1891-1973).

Literatur

  • Christiane Reuter, „Graue Eminenz der bayerischen Politik“. Eine politische Biographie Anton Pfeiffers (1888-1957) (Miscellanea Bavarica Monacensia 117), München 1987, 69ff.

Quellen

  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Nachlass Anton Pfeiffer.

Weiterführende Recherche

Empfohlene Zitierweise

Ellen Latzin, American Institute, München, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/American_Institute,_München> (16.04.2024)