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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Aus Historisches Lexikon Bayerns

Georg Hager (1863-1941), Generalkonservator von 1908 bis 1928. Foto von 1915. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)

von Egon Johannes Greipl

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) ist die bayerische Fachbehörde für Denkmalschutz und Denkmalpflege. Erster Vorläufer des Landesamtes war die 1835 von König Ludwig I. (1786-1868, König 1825-1848) eingerichtete "Generalinspection der plastischen Denkmäler des Reiches". Zunächst eng mit dem Bayerischen Nationalmuseum verbunden, wurde die Einrichtung als "Generalkonservatorium" 1908 zu einer selbstständigen Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums erhoben. Seit 1917 führt sie die Bezeichnung "Landesamt für Denkmalpflege". Das Landesamt ist dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst direkt unterstellt. Nach dem bayerischen Denkmalschutzgesetz von 1973 ist das BLfD zuständig für die Mitwirkung beim Vollzug des Denkmalschutzes, die Erforschung der Denkmäler, die Herausgabe von fachlichen Richtlinien, die Erstellung und Fortführung der Denkmalliste und der Inventare, die fachliche Beratung und Gutachtertätigkeit, die Überwachung von Ausgrabungen und die Fürsorge für die nichtstaatlichen Museen.

Vorgeschichte und Institutionalisierung

Von 1908 bis 1975 hatte das Generalkonservatorium bzw. später das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) seinen Sitz im Studiengebäude des Bayerischen Nationalmuseums in München an der Ecke Lerchenauer-/Prinzregentenstraße. Foto um 1914. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) ist die Fachbehörde für Denkmalschutz und Denkmalpflege im Freistaat. Vergleichbare Behörden entwickelten sich in ganz Deutschland seit dem 19. Jahrhundert und bestehen heute (2019) als Ausdruck der Kulturhoheit in allen Ländern der Bundesrepublik, allerdings in ganz unterschiedlicher Größe und organisatorischer Zuordnung.

Die Geschichte des Landesamtes beginnt, als König Ludwig I. (1786-1868, König 1825-1848) am 21. Februar 1835 nach französischem Vorbild die "Generalinspection der plastischen Denkmäler des Reiches" als Referat bei der "Obersten Baubehörde" einrichtete. Damit war Bayern Vorreiter einer institutionalisierten Denkmalpflege in Deutschland. Ludwig I. sah in der Geschichte und ihren Denkmälern eine wichtige Grundlage des Staates, ein Mittel zur Legitimation der Dynastie und zur Integration der neu-bayerischen Territorien, zur Stärkung des Nationalgefühls und des Ansehens Bayerns bei seinen Nachbarn. König Maximilian II. (1811-1864, König 1848-1864) gliederte die Generalinspektion am 11. November 1848 dem neuen "Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten" ein, ohne sie jedoch personell zu besetzen. Erst am 27. Januar 1868 ernannte die Regierung den Kunsthistoriker und Künstler Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck (1811-1903, Generalkonservator 1868-1885) zum Generalinspektor. Er führte, dem Kultusministerium zugeordnet, in Personalunion und unter dem neuen Titel eines "Generalkonservators" bis 1885 die Denkmalpflege und das Bayerische Nationalmuseum.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts forderten Öffentlichkeit und Landtag, diese Personalunion aufzuheben, um der Raubgräberei und dem Verkauf von Kunstwerken ins Ausland entgegenzuwirken. Der Schutz der Denkmäler sollte das Nationalbewusstsein, die Liebe zum Vaterland und zur Heimat heben. Vor allem die Interessen der Vor- und Frühgeschichte sind es gewesen, die der Verselbständigung des Generalkonservatoriums den Weg ebneten. Mit seinem Gutachten vom 29. Juni 1907 überzeugte der spätere Generalkonservator Georg Hager (1863-1941, Generalkonservator 1908-1929) das Ministerium. Prinzregent Luitpold (1821-1912, Prinzregent 1886-1912) löste am 6. September 1908 das "Kgl. Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns" aus der Verbindung mit dem Nationalmuseum und richtete eine selbständige Behörde im Zuständigkeitsbereich des seit 1847 bestehenden "Staatsministeriums des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten" ein. Heute (2018) ist das Landesamt dem "Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst" nachgeordnet. Von 1917 an führte das Generalkonservatorium Bezeichnung "Landesamt für Denkmalpflege".

Die denkmalpflegerische Arbeit vor dem Ersten Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit war vor allem gekennzeichnet durch enorme Fortschritte im Bereich der Inventarisation: Allein zwischen 1917 und 1945 erschienen mehr als 50 Bände der "Kunstdenkmäler von Bayern". Die praktische Denkmalpflege konzentrierte sich neben Ausgrabungen vorwiegend auf Sakralbauten und Bauwerke in öffentlichem Besitz. In Ermangelung eines Denkmalschutzgesetzes stützte sie sich auf die rechtlichen Möglichkeiten der staatlichen Bauherrenschaft, der Stiftungsaufsicht und der Kommunalaufsicht. Die Praxis des Landesamtes in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens war gekennzeichnet durch eine konsequente, noch bis etwa 1970 andauernde Ablehnung des Historismus. Eine in einem paradoxen Kampfbegriff so bezeichnete "Schöpferische Denkmalpflege" richtete ihre "Restaurierungen" an gegenwartsgebundenen und geschmacksorientierten Vorstellungen aus, was in der Praxis zu erheblichen Verlusten von Bauwerken, Bauwerksteilen und Ausstattungen vorhergehender Epochen führen konnte. Beispiele sind die "mittelalterlichen" Umgestaltungen des Augsburger Doms und der Nürnberger Burg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre.

Das Landesamt in der NS-Zeit

Die NS-Zeit hinterließ auch im Landesamt deutliche Spuren. Amtsleiter Georg Lill (1883-1951, Landeskonservator 1929-1950), ehemaliges Mitglied der Zentrums- und später der Bayerischen Volkspartei (BVP), nach dem Krieg Gründungsmitglied der CSU, stand dem Regime ablehnend gegenüber; vor entsprechenden Folgen schützte ihn im Kultusministerium Ministerialdirektor Dr. Karl August Fischer (1885-1975, Ministerialdirektor im Kultusministerium 1933-1939). Fachlich verhielt sich Lill vorsichtig; beispielsweise setzte er dem von der NS-Stadtplanung in München betriebenen Abbruch der klassizistischen Matthäuskirche keinen Widerstand entgegen. In der scharfen Ablehnung des Historismus und im Rahmen der "Schöpferischen Denkmalpflege" lagen NS-Kulturideologie und die in der Baudenkmalpflege schon seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts geltenden Vorstellungen nicht weit auseinander, so dass es einer "Instrumentalisierung" gar nicht bedurfte. Diese "Ideologienähe" kennzeichnet in besonderem Maße auch die archäologische Denkmalpflege.

Was die alltägliche Haltung gegenüber dem Regime betrifft, waren unter den Mitarbeitern des Amtes gleichermaßen passives Abwarten, Intriganten- und Denunziantentum, aber auch Treue und Loyalität zu finden. Unmittelbar vor und während des Zweiten Weltkriegs standen fachlich ganz im Vordergrund die Vorkehrungen zum Schutz vor Bombenschäden, die fotografische Dokumentation bedrohter ortsfester Kunstwerke und die Erfassung der zum Einschmelzen bestimmten Glocken, schließlich auch noch die Wiederaufbaukonzepte für die schwer getroffenen Städte. Die entsprechenden Weisungen erhielt das Amt direkt aus Berlin. 1943 wurde das Landesamt wegen der Bombardierungen von München nach Wasserburg a. Inn (Lkr. Rosenheim) verlegt. Bei Kriegsende befand es sich in einem desolaten Zustand. Die geringen noch vorhandenen Kräfte wirkten bei der Sicherung der Trümmer und beim Wiederaufbau mit und leisteten so einen Beitrag, die geschichtliche Kontinuität und Identität Bayerns durch Reparatur und Neuaufbau der Denkmäler sichtbar in die Zukunft zu tragen.

Ende des "Künstlerkonservators"

Restauratorin bei der Arbeit an einer Madonnendarstellung. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)

In die 1950er Jahre fiel die vom Kultusministerium geforderte Zusammenfassung der Bodendenkmalpflege in eine Abteilung mit zwei Außenstellen (Regensburg und Würzburg). Generalkonservator (diesen Titel führten die Amtsvorstände erneut seit 1957) Heinrich Kreisel (1898-1975, Generalkonservator 1957-1963) straffte die Organisation der Behörde und führte die Abkehr von einer ästhetisch ausgerichteten Denkmalpflege und das Ende des Typus der "Künstlerkonservatoren" herbei. Jetzt standen nicht mehr das die Gegenwartsbedürfnisse und -vorstellungen erfüllende Erscheinungsbild und die Rekonstruktion oder "Wiedergewinnung" eines bestimmten historischen Zustands der Denkmäler und Kunstwerke im Vordergrund, sondern der Erhalt des historisch gewachsenen Bestandes in möglichst allen seinen Schichten. Die Beratung und die Ausführung von Restaurierungen wurden nicht mehr den Absolventen von Kunstakademien anvertraut, sondern Mitarbeitern, die von der Kunstgeschichte, aus dem Handwerk oder von den allmählich eingerichteten einschlägigen Studiengängen der Hochschulen und Fachhochschulen kamen.

Das Landesamt und das Bayerische Denkmalschutzgesetz

In den 1950er und 1960er Jahren führten v. a. die wirtschaftliche Dynamik und der Ruf nach der autogerechten Stadt zu erheblichen Denkmalverlusten. Stadtsanierungen wie in Kempten legten wenig Wert auf die Bewahrung des historischen Bestandes. Mit enormen Fördermitteln kam es in Passau unter dem Vorzeichen des Hochwasserschutzes zum weitgehenden Untergang der historischen Ilzstadt. In Regensburg führten die Flächensanierungen in der Altstadt und der Neubau des Kaufhauses Horten am Neupfarrplatz zu flammenden Protesten. Jetzt erkannte auch die Politik dringenden Handlungsbedarf und 1973 kam das Bayerische Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) zustande. Parlamentarischer Wegbereiter dieses Gesetzes war Dr. Erich Schosser (CSU, 1924-2013, MdL 1966-1994).

Nach diesem Gesetz ist das BLfD eine direkt dem zuständigen Ministerium unterstellte Fachbehörde (nicht Vollzugsbehörde). Sie besitzt die Aufgaben

  • Mitwirkung beim Vollzug des Denkmalschutzes,
  • Erforschung der Denkmäler,
  • Herausgabe fachlicher Richtlinien,
  • Erstellung und Fortführung der Denkmalliste und der Inventare,
  • fachliche Beratung und Gutachtertätigkeit,
  • Überwachung von Ausgrabungen,
  • Fürsorge für die nichtstaatlichen Museen.

Das BLfD soll in denkmalrechtlichen Verfahren gehört werden. Der Vollzug des Gesetzes und damit die eigentliche Entscheidung obliegen aber den 132 "Unteren Denkmalschutzbehörden" (Kreisverwaltungsbehörden, i. d. R. Landratsämter und Kreisfreie Städte; Stand: 2018). Diese - von Wahlbeamten und damit politisch geleiteten Behörden - ordnen Erhaltungsmaßnahmen an, erteilen die Erlaubnis für Maßnahmen an Baudenkmälern (bis hin zur Beseitigung) sowie zum Ausgraben von Bodendenkmälern, beantragen Fördermittel und beraten die Denkmaleigentümer. Die Ausstattung der Unteren Denkmalschutzbehörden mit fachlichem Personal ist höchst unterschiedlich, so dass in vielen Fällen eine fachliche Beratung gar nicht geleistet werden kann und der Vollzug des BayDSchG nicht frei von Mängeln ist.

Die Königliche Villa in Regensburg entstand zwischen 1854 und 1856 nach Entwürfen von Ludwig Foltz (1809-1867) als Sommerresidenz. Seit 2007 befindet sich darin die Dienststelle für Niederbayern und Oberpfalz. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)
Schloss Seehof (Lkr. Bamberg), die ehemalige Sommerresidenz der Bamberger Fürstbischöfe, wurde 1975 vom Freistaat Bayern erworben und bis in die 1990er Jahre unter der Leitung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) umfangreich restauriert. U. a. wurde die im Bildvordergrund zu sehende Kaskade bis 1995 wiederhergestellt. Heute befindet sich hier die Dienststelle des BLfD für Ober- und Unterfranken. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Foto: Lantz, 1998)
Der Innenhof der sog. Alten Münze in München. Das Gebäude wurde von 1563 bis 1567 als Marstall- und Kunstkammergebäude unter Herzog Albrecht V. (reg. 1550-1579) errichtet. Seit 1986 befindet sich darin der Hauptsitz des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD). (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Foto: Forstner, April 2008)

In der Folge des BayDSchG wurde das Landesamt personell ausgebaut. Es erweiterte erheblich seine methodischen Grundlagen und sein Tätigkeitsspektrum. In diese Zeit fielen die Verankerung der Naturwissenschaften innerhalb der Denkmalpflege und die Einrichtung des Zentrallabors (1979). In Nürnberg, Ingolstadt und Thierhaupten (Lkr. Augsburg) wurden Dienststellen der Bodendenkmalpflege und ein sog. Bauteilearchiv eingerichtet. Seit 1975 war in Schloss Seehof (Lkr. Bamberg) die für Unter- und Oberfranken zuständige Dienststelle ansässig. Archäologische Großgrabungen (Main-Donau-Kanal) trugen zur Popularisierung der Bodendenkmalpflege bei, ebenso die Prospektion mit Luftbild und Magnetometer. In München bezog das Amt, bisher auf mehrere Gebäude verteilt, das repräsentative Dienstgebäude der sog. Alten Münze in unmittelbarer Nähe des Alten Hofes. Im Jahr 1989 kam die Museumsbetreuung, die 1979 dem Bayerischen Nationalmuseum zugeordnet worden war, als Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen wieder ans Landesamt zurück (Dienststellen München und Weißenburg). Gesamtrestaurierungen, vor allem der großen barocken Kirchen, wurden seit den 1970er Jahren intensiv vom Landesamt betreut. Die bislang verdammte Epoche des Historismus erfuhr eine Neubewertung.

Das Publikationswesen gewann stets weiter an Umfang und Bedeutung. Die Bibliographie aller vom Landesamt in den ersten 100 Jahren seines Bestehens (1908-2008) publizierten Werke - von der Reihe bis zum Aufsatz - umfasst annähernd 250 Druckseiten (Greipl 2008, Bd. IV). Das "Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege" und das "Archäologische Jahr in Bayern" dokumentieren die fachliche Tätigkeit des Landesamt. In der Regel zweimal im Jahr erscheinen die "Denkmalpflege Informationen", in unregelmäßiger Folge die Zeitschrift "Museum Heute", die "Arbeitshefte" und die "Denkmalpflege Themen". Das klassische "Großinventar" ("Kunstdenkmäler von Bayern") beschränkt sich inzwischen auf Schwerpunkte wie die Stadt Bamberg oder den Regensburger Dom. Die Reihe der "Denkmaltopographien" schreitet - wenn auch zögerlich - voran.

Schwierige 1990er Jahre

Die politischen Rahmenbedingungen der Denkmalpflege verschlechterten sich ab 1990 und zwangen zur Konzentration und Neuorientierung. Die Denkmalpflege war in einen zunehmenden Begründungs- und Rechtfertigungszwang geraten. Die finanziellen Mittel wurden in den folgenden Jahren stark gekürzt. Standen 1990 im Haushalt noch 40.000.000 DM, so waren es 2018 nur noch 12.000.000 € (Inflation und Preissteigerungen der vergangenen 30 Jahre sind unberücksichtigt).

Neuausrichtung des Landesamtes

Ausgrabung der römischen Benefiziarer (Polizei-)Station in Obernburg am Main (Lkr. Miltenberg). (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)
In der Luftbildaufnahme sind alle Gebäude einer römischen Villa rustica in der Nähe des heutigen Marktes Gaimersheim (Lkr. Eichstätt) als negative Bewuchsmerkmale deutlich erkennbar. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Foto: Klaus Leidorf, 1990)

Im November 1999 erteilte das Ministerium dem Landesamt den Auftrag zu einer umfassenden Reform. Die unübersichtliche und zersplitterte Organisation wurde zu vier Stabsstellen zusammengefasst. Die Zahl der Außen- bzw. Dienststellen wurde halbiert. Auch das fachliche Profil wandelte sich: Die Denkmalerfassung in Bayern folgte seit 2001 dem Leitbild der sog. Integralen Denkmalpflege: Sowohl Bau- wie Bodendenkmäler sind Quellen und Zeugnisse vergangener Epochen der Geschichte. Konsequent wurden Bau- und Bodendenkmäler nunmehr in einer gemeinsamen bayerischen Denkmalliste geführt. Die Bodendenkmalpflege führte kaum mehr eigene Ausgrabungen durch, sondern wandelte sich zu einer beratenden und vermittelnden Institution. Das Schwinden finanzieller Ressourcen und die Notwendigkeit, den Nutznießer der Denkmalzerstörung stärker an den Grabungskosten zu beteiligen, führten zur vermehrten Anwendung des Veranlasserprinzips, zur Etablierung von privaten Grabungsfirmen und zur Formulierung von Grabungsrichtlinien.

Neues Aufgabengebiet: Denkmäler des 20. Jahrhunderts

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts traten bislang vernachlässigte Denkmalgattungen in den Blick, z. B. Zeugnisse der NS-Zeit, Industriedenkmäler, technische Denkmäler, Bauten der Nachkriegsmoderne und der Postmoderne. Die Absicht, Bauten der NS-Zeit in die Denkmalliste einzutragen, stieß auf erhebliche Widerstände: 1979 stoppte das Kultusministerium die Bemühungen, Bauten auf dem Obersalzberg in die Liste aufzunehmen. Noch 1985 mussten die baulichen Reste am Obersalzberg aus dem Entwurf der Denkmalliste gestrichen werden. Mit dem Münchener Olympiapark, 1972 fertig gestellt und 1998 in die Denkmalliste aufgenommen, war der Sprung in die 1970er Jahre vollzogen. Nach 1989 wurden mehrere Kasernenanlagen in die Denkmalliste eingetragen, nach 2006 auch mehrere, im Konfliktfall zur Sperrung von Verkehrswegen oder der Sprengung von Brücken dienende, bauliche Anlagen und ein militärischer Abhörturm im Bayerischen Wald als Zeugnisse des 1990 zu Ende gegangenen Kalten Krieges.

Kooperationen und Austausch des Landesamtes

Internationalisierung und Globalisierung spiegelten sich auch in der Denkmalpflege. Schon unter Generalkonservator Michael Petzet (geb. 1933, Generalkonservator 1974-1999) kam es seit den 1970er Jahren zu internationalen Aktivitäten des Landesamtes. Projekte in China, Jordanien, im Jemen, in Japan, Tschechien und in der Ukraine schlossen sich an. Ihren sichtbaren Ausdruck fand die Internationalisierung der bayerischen Denkmalpflege in den UNESCO-Welterbestätten:

  • Residenz Würzburg, 1981;
  • Wieskirche (eigtl. Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies; Lkr. Weilheim-Schongau), 1983;
  • Altstadt von Bamberg, 1993;
  • Limes (Teilerbe), 2005;
  • Altstadt von Regensburg und Stadtamhof, 2007);
  • Prähistorische Pfahlbauten (Teilerbe) bei Pestenacker (Lkr. Landsberg a.L.), Unfriedshausen (Lkr. Landsberg a.L.), vor der Roseninsel im Starnberger See, 2011;
  • Markgräfliches Opernhaus Bayreuth, 2012.

Zusammenfassung

Das Foto der Burganlage zu Burghausen entstand um 1870 durch den Münchner Fotograf Ferdinand Finsterlin (1843-1917). Schon früh zählte die Inventarisation bayerischer Denkmäler zu den Aufgaben des späteren Landesamtes für Denkmalpflege. Neben dem Verzeichnen kam auch bald das Erstellen von fotografischen Dokumentationen hinzu. Mittlerweile umfasst das Bildarchiv ca. 1,2 Mio. Aufnahmen. (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Foto: Ferdinand Finsterlin, um 1870)

Die Entwicklung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Bayern seit 1945 ist geprägt durch den gesetzlichen Schutz der Denkmäler, durch den institutionellen Ausbau und die Internationalisierung der Denkmalpflege, ihre Verwissenschaftlichung und Professionalisierung, durch die Einrichtung einschlägiger Studiengänge, eine unübersehbare Flut von Fachpublikationen mit schwer zu beurteilender Rezeption, und seit 2006 durch die Digitalisierung der Denkmalfachdaten und ihre Bereitstellung im Internet, durch den Aufbau eines Fachinformationssystems und die Professionalisierung und Digitalisierung des bedeutenden Bildarchivs. Trotz allem gelang es aber immer noch nicht, in ausreichendem Umfang nach wissenschaftlichen Kriterien einheitliche Maßstäbe für das denkmalpflegerische Handeln zu entwickeln.

Liste der Generalkonservatoren des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege
Name Lebensdaten Amtszeit Ausbildung
Georg Hager 1863-1941 1908-1929 Kunsthistoriker
Georg Lill 1883-1951 1929-1950 Kunsthistoriker
Joseph Maria Ritz 1892-1960 1950-1957 Kunsthistoriker
Heinrich Kreisel 1898-1975 1957-1963 Kunsthistoriker
Torsten Gebhard 1909-1994 1963-1974 Volkskundler
Michael Petzet 1933-2019 1974-1999 Kunsthistoriker
Egon Johannes Greipl geb. 1948 1999-2013 Historiker
Mathias Pfeil geb. 1961 seit 2014 Architekt

Literatur

  • Wolfgang Eberl, Dieter Martin, Jörg Spennemann (Hg.), Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar mit einer fachlichen Einführung von Michael Petzet, 7. Auflage, Stuttgart 2015.
  • Michael Falser, Wilfried Lipp (ICOMOS Österreich), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (Monumenta III), Berlin 2015.
  • Egon Johannes Greipl (Hg.), 100 Jahre Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 4 Bände, Regensburg, 2008.
  • Egon Johannes Greipl, Eine Bilanz nach 14 Jahren. Denkmalpflege in Bayern 1999 – 2013, in: Bayerische Akademie der Schönen Künste (Hg.), Jahrbuch 28 / 2014, Göttingen 2015, 98-110.
  • Egon Johannes Greipl, Erinnerung und Authentizität. Anmerkungen zum Verhältnis von Denkmälern und Gedenkstätten, in: Gabriele Hammermann, Dirk Riedel (Hg.), Sanierung, Rekonstruktion, Neugestaltung. Zum Umgang mit historischen Bauten in Gedenkstätten, Göttingen 2014, 65-73
  • Egon Johannes Greipl, Fachliche Einführung, in: Wolfgang Eberl, Dieter Martin, Egon Johannes Greipl (Hg.), Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerrechtlicher Aspekte, 6. Auflage, Stuttgart 2007, 13–32.
  • Egon Johannes Greipl, Robust, sperrig und unterschätzt: Bayern und seine Industriedenkmäler, in: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.), Industriekultur in Bayern (Edition Bayern) München 2012, S.104-109.
  • Johannes Hallinger, Georg Lill und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 1947, in: Iris Lauterbach (Hg.), Kunstgeschichte in München 1947. Institutionen und Personen im Wiederaufbau (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München 22), München 2010, 143-156.
  • Gerhard Hetzer/Michael Stephan (Hg.), Entdeckungsreise Vergangenheit. Die Anfänge der Denkmalpflege in Bayern (Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 50), München 2008.
  • Hans Michael Körner, Staat und Geschichte im Königreich Bayern (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte, herausgegeben von der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 96), München 1982.
  • Viktoria Lukas-Krohm, Denkmalschutz und Denkmalpflege von 1975 bis 2005 mit Schwerpunkt Bayern (Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg 19), Bamberg 2014.
  • Dieter Martin, Michael Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl., München 2016.
  • Werner Schiedermair, Denkmalpflege - Was ist das? Dargestellt am Beispiel der Baudenkmalpflege, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 68 (2005) 111-134.
  • Wolfgang Schöller, Stadtplanung und Denkmalpflege in Regensburg. 1950-1975 (Regensburger Studien 15), Regensburg 2010.

Quellen

Weiterführende Recherche

Externe Links

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Empfohlene Zitierweise

Egon Johannes Greipl, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, publiziert am 26.02.2019; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Landesamt_für_Denkmalpflege (28.03.2024)